Einleitung eines Finanzstrafverfahrens, subjektive Tatseite
Entscheidungstext
Beschwerdeentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat in der Finanzstrafsache gegen den Bf. wegen Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gemäß § 83 Abs. 1 FinStrG
zu Recht erkannt: I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
II. Der Bf. wird mit seinem Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, auf diese Entscheidung verwiesen.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom hat das Finanzamt Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen den Beschwerdeführer (Bf.) zur SN xxxxx ein finanzstrafbehördliches Untersuchungsverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, dass dieser im Amtsbereich des Finanzamtes Innsbruck fortgesetzt vorsätzlich hinsichtlich der Jahre 1999 bis 2001 unter Verletzung der abgabenrechtlich gebotenen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Verkürzung an Einkommensteuer im Gesamtbetrag von € 5.425,61 bewirkt habe, indem die Einkünfte aus der selbständigen Tätigkeit als Wanderführer nicht erklärt worden seien. Er habe hiemit ein Finanzvergehen nach § 33 Abs. 1 FinStrG begangen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerechte Beschwerde des Beschuldigten vom , in welcher im Wesentlichen wie folgt vorgebracht wurde:
Aus Umstellungs- und Gesundheitsgründen (Nachtdienst) sei die berufliche Tätigkeit des Bf. als Krankenpfleger von 100 auf 50 Prozent gekürzt worden. Er sei verheiratet und habe drei Kinder. Seitens der Gemeinde bzw. dem Tourismusverband und der Skischule S. sei ihm die Möglichkeit gegeben worden, durch diverse Tätigkeiten einen Zusatzverdienst zu erwirtschaften. Er sei auch ehrenamtlich bei der Bergrettung in S. im Einsatz. In den letzten Jahren habe er im Sommer Wanderführungen durchführen sollen, wobei ein Arbeitsverhältnis nicht möglich gewesen sei, sondern er darüber Rechnungen ausstellen sollte. Von allen Seiten, auch bei telefonischer Auskunft beim Finanzamt Innsbruck, sei ihm zu verstehen gegeben worden, dass er Arbeitnehmer sei und geringfügige Einkünfte aus seinen Wanderführungen nicht versteuert werden müssten. Umso größer sei seine Überraschung gewesen, als bei ihm eine Steuerprüfung durchgeführt und letztendlich ein Nachzahlungsbetrag vorgeschrieben worden sei. Bei seinen Einkünften aus der unselbständigen Tätigkeit sei die Lohnsteuer laufend abgezogen und allfällige Nachzahlungen sofort entrichtet worden. Obwohl ihm das immer noch nicht begreiflich sei, habe er diese Einkommensteuer sofort bezahlt. Seit Mai 2002 würde er diese Tätigkeit beim Tourismusverband S. als angemeldeter Mitarbeiter durchführen. Selbst wenn tatsächlich irgendwelche Erklärungen nicht richtig gewesen sein sollten, habe er sich nichts zu Schulden kommen lassen. Der Betrag sei sofort entrichtet worden und dem Finanzamt sei deshalb keine Einbuße entstanden. Weitere Zahlungen seien für ihn nicht verkraftbar und zumutbar. Ein Verdacht eines Finanzvergehens liege daher objektiv und subjektiv nicht vor. Der Bf. beantragte, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und das Strafverfahren einzustellen, zumindest jedoch von der Verhängung einer Strafe abzusehen.
Bemerkt wird, dass nach Ergehen des angefochtenen Bescheides, jedoch noch vor Vorlage der Beschwerde an die Finanzstrafbehörde II. Instanz das Finanzamt Innsbruck eine Strafverfügung ausgefertigt hat, gegen die der Bf. durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter Einspruch erhoben hat.
Zur Entscheidung wurde erwogen:
Gemäß § 82 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde I. Instanz die ihr zukommenden Mitteilungen und Verständigungen daraufhin zu prüfen, ob genügende Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind. Das Gleiche gilt, wenn sie z.B. aus eigener Wahrnehmung vom Verdacht eines Finanzvergehens Kenntnis erlangt. Ergibt diese Prüfung, dass die Durchführung des Strafverfahrens nicht in die Zuständigkeit des Gerichtes fällt, so hat die Finanzstrafbehörde das verwaltungsbehördliche Finanzstrafverfahren einzuleiten. Gemäß § 83 Abs. 1 FinStrG ist die Einleitung des Strafverfahrens aktenkundig zu machen und der Verdächtige von der Einleitung unter Bekanntgabe der ihm zur Last gelegten Tat sowie der in Betracht kommenden Strafbestimmung zu verständigen (§ 83 Abs. 2 FinStrG).
Aus dem Vorgesagten ergibt sich, dass anlässlich der Einleitung des Finanzstrafverfahrens keine endgültigen Lösungen, sondern nur Entscheidungen im Verdachtsbereich zu treffen sind. Die endgültige Sachverhaltsklärung und abschließende rechtliche Beurteilung sind vielmehr dem Untersuchungsverfahren und der abschließenden Entscheidung (Strafverfügung, Erkenntnis, Einstellungsbescheid) vorbehalten (siehe z.B. ).
Hinsichtlich des Begriffes Verdacht hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass ein Verdacht nur aufgrund von Schlussfolgerungen aus Tatsachen entstehen kann. Ein Verdacht bestehe sohin, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen ().
Im Zuge einer Betriebsprüfung beim Tourismusverband S. wurde festgestellt, dass der Bf. als selbständiger Wanderführer in den Jahren ab 1999 Entgelte erhalten hat, die bisher nicht der Besteuerung unterzogen wurden. Daraufhin wurde beim Bf. zu AB-Nr. Bp 101089/02 eine Prüfung der Aufzeichnungen gemäß § 151 Abs. 1 BAO für die Zeiträume 1999 bis 2001 durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass der Bf. als selbständiger Wanderführer tätig war und auch die Wartung des Berg- und Wanderführerkonzepts in S. (Beschilderung und Markierung der Wanderwege) betrieben hat. Für diese Leistungen wurden an den Tourismusverband S. Rechnungen erstellt. Eine Besteuerung dieser Tätigkeit ist nicht erfolgt. Der Prüfer hat die Einnahmen aufgrund der ausgestellten Rechnungen bzw. Zahlungen durch den Tourismusverband S. ermittelt. Da über die Betriebsausgaben keine Aufzeichnungen und Belege vorgelegen sind, wurden die Gewinne für 1999 bis 2001 gemäß § 184 BAO geschätzt. Es wurden die Kilometergelder für das eigene Kraftfahrzeug, die Zahlungen an Gehilfen und die Kosten für die Hüttenbenützung der Bergrettung S. als Ausgaben berücksichtigt. Außerdem wurden die sonstigen Aufwendungen mit 10% der Betriebseinnahmen berücksichtigt.
Auf diese Weise wurden folgende Werte ermittelt:
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1999 | 2000 | 2001 | |
Betriebseinnahmen | S 88.600,00 | S 165.455,00 | S 145.256,00 |
geschätzter
Gewinn | S 62.000,00 | S 95.000,00 | S 80.000,00 |
Aufgrund dieser Feststellungen ergaben sich Nachforderungen an Einkommensteuer für 1999 von € 1.356,51, für 2000 von € 2.283,45 und für 2001 von € 1.785,65, die dem Bf. mit Bescheiden vom vorgeschrieben wurden. Diese Bescheide sind unbekämpft in Rechtskraft erwachsen.
Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Veranlagungsakt und dem Strafakt des Bf. sowie aus dem Arbeitsbogen und dem Bericht gemäß § 151 Abs. 3 BAO über das Ergebnis der Prüfung der Aufzeichnungen vom , AB-Nr. Bp 101089/02, hier insbesondere aus der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom .
Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.
Aus den obigen Feststellungen ergibt sich auch nach Ansicht der Rechtsmittelbehörde der Verdacht, dass der Bf. dadurch, dass er seine 1999 bis 2001 ausgeübte Tätigkeit als Wanderführer der Finanzbehörde nicht angezeigt und er die daraus erzielten Einkünfte nicht bekannt gegeben und dadurch eine Verkürzung an Einkommensteuer von insgesamt € 5.425,61 bewirkt hat, die objektive Tatseite des § 33 Abs. 1 FinStrG verwirklicht hat.
Wenn in der Beschwerdeschrift vorgebracht wird, dass "der Betrag" sofort entrichtet worden sei und dem Finanzamt deshalb keine Einbuße entstanden sei, so ist auf die Bestimmung des § 33 Abs. 3 lit. a FinStrG zu verweisen, wonach eine Abgabenverkürzung bewirkt ist, wenn Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen sind, zu niedrig festgesetzt wurden oder - was hier der Fall ist - infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist (Anmeldefrist, Anzeigefrist) nicht festgesetzt werden konnten. Eine nachträgliche Entrichtung der durch das Finanzamt Innsbruck festgesetzten Abgaben vermag den bereits verwirklichten Tatbestand nicht zu beseitigen.
Hinsichtlich der subjektiven Tatseite ist beim Finanzvergehen nach § 33 Abs. 1 FinStrG Vorsatz erforderlich. Vorsätzlich handelt, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet (§ 8 Abs. 1 FinStrG). Der Bf. hat in den Jahren 1999 bis 2001 aus seiner Tätigkeit als Wanderführer Betriebseinnahmen in Höhe von insgesamt S 399.311,00 (entspricht € 29.019,06") und daraus resultierende Einkünfte von insgesamt S 237.000,00 (entspricht € 17.223,46) erzielt. Es ist allgemein bekannt und bedarf keines steuerlichen Spezialwissens, dass bei Erzielung von Einkünften in diesem Ausmaß bei der Finanzbehörde entsprechende Erklärungen einzureichen sind. Auch der Bf. hat von dieser Verpflichtung zweifelsfrei gewusst. Wenn nunmehr vorgebracht wird, der Bf. habe auch beim Finanzamt Innsbruck die Auskunft erhalten, dass er geringfügige Einkünfte aus seinen Wanderführungen nicht versteuern müsse, so ist dazu zu bemerken, dass die in drei Jahren erzielten Einnahmen in Höhe von beinahe S 400.000,00 in diesem Zusammenhang nicht mehr als "geringfügig" anzusehen sind und dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass den auskunftserteilenden Stellen - die nach dem Beschwerdevorbringen die Auskünfte "zu Beginn" der Tätigkeit des Bf. erteilt haben - eine entsprechende Prognose über die Höhe der Einnahmen bzw. Einkünfte bekannt war. Im Hinblick auf die doch erhebliche Höhe der Einnahmen bzw. Einkünfte des Bf. und auf den inkriminierten Zeitraum, der drei Jahre umfasst, vermag das Beschwerdevorbringen den Vorsatzverdacht nicht zu entkräften. Vielmehr besteht nach Ansicht der Beschwerdebehörde der Verdacht, dass der Bf. es jedenfalls ernstlich für möglich gehalten hat, dass die erzielten Einkünfte zu versteuern sind, er aber dennoch die Anzeige seiner Tätigkeit und die Abgabe entsprechender Erklärungen unterlassen hat. Es liegen damit auch ausreichende Verdachtsmomente hinsichtlich der subjektiven Tatseite vor.
Da somit ausreichende Verdachtsmomente bestehen, dass der Bf. den im Einleitungsbescheid angeführten Tatbestand in objektiver wie in subjektiver Hinsicht verwirklicht hat, musste der Beschwerde ein Erfolg versagt bleiben.
Der rechtsfreundliche Vertreter des Bf. hat im bereits oben angesprochenen Einspruch gegen die Strafverfügung verschiedene Einwendungen vorgebracht. Der Vollständigkeit halber wird bemerkt, dass auch das dort erstattete Vorbringen den Tatverdacht nicht zu beseitigen vermag. Wenn die Höhe des strafbestimmenden Wertbetrages bestritten wird, so ist zu bemerken, dass die Betriebsprüfung ihr nach Ansicht der Rechtsmittelbehörde schlüssiges und nachvollziehbares Ergebnis - insbesondere was die Feststellung der Fahrtkosten betrifft - offensichtlich unter Mitwirkung des Bf. ermittelt hat. Von einem negativen Betriebsergebnis kann in Anbetracht der vorliegenden Ermittlungsergebnisse derzeit jedenfalls nicht ausgegangen werden. Die entsprechenden Einwendungen des Bf. zum strafbestimmenden Wertbetrag werden im erstinstanzlichen Untersuchungsverfahren zu würdigen sein. Zum Vorbringen, der Bf. habe nicht vorsätzlich gehandelt, wird auf obige Ausführungen zur subjektiven Tatseite verwiesen.
Abschließend wird festgehalten, dass im Rahmen der gegenständlichen Rechtsmittelentscheidung nur zu untersuchen war, ob für die Einleitung des Strafverfahrens ausreichende Verdachtsmomente gegeben waren. Die endgültige Beantwortung der Frage, ob der Bf. das Finanzvergehen nach § 33 Abs. 1 FinStrG begangen hat, bleibt dem Ergebnis des Untersuchungsverfahrens nach den §§ 115 ff FinStrG vorbehalten.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 164 FinStrG ein weiteres ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen aber das Recht zu, gegen diesen Bescheid binnen sechs Wochen nach dessen Zustellung Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof und/oder beim Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof muss -abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 169 FinStrG wird zugleich dem Amtsbeauftragten das Recht der Erhebung einer Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingeräumt.
Innsbruck,
Zusatzinformationen
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Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 8 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 33 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
Schlagworte | Einleitung Finanzstrafverfahren Abgabenhinterziehung Vorsatz |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
FAAAB-59557