Keine Vorsteuer, wenn lieferndes oder leistendes Unternehmen an der in der Rechnung ausgewiesenen Geschäftsanschrift nicht existent ist.
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/1426-W/03-RS1 | Die Behauptung der Leistungsempfängerin, dass es ihr nicht zumutbar ist, stets und laufend zu erheben, ob die Geschäftsanschrift des liefernden oder leistenden Unternehmens noch aktuell ist, bleibt im Anwendungsbereich des UStG ohne Relevanz, da das Rechnungserfordernis der richtigen Anschrift ein rein formal und objektiv zu betrachtendes Sachverhalts- und Tatbestandslement ist (in Ablehnung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise , 0134; , wonach sich der GH bei einem vergleichbaren Vorbringen auf einen Formalstandpunkt zurückgezogen hat). |
RV/1426-W/03-RS2 | Wird eine nach wie vor im Firmenbuch eingetragene GmbH unbenannt und eine neue Geschäftsanschrift bekanntgegeben, an der mittlerweilen andere natürliche Personen, die mit der GmbH nichts zu tun haben, dort als Mieter aufscheinen, dann ist mangels einer aktuellen Abgabestelle nicht mittels Hinterlegung gem 8 ZustellG, sondern mittels Zustellung gem § 25 ZustellG durch Anschlag an der Amtstafel vorzugehen, wenn auch der verbleibende Gesellschafter-Geschäftsführer keinen aufrechten Wohnsitz mehr in Österreich hat und die steuerliche Vertreterin der GmbH ihre Vollmacht zurückgelegt hat. |
Folgerechtssätze | |
RV/1426-W/03-RS1 | wie RV/2272-W/02-RS1 Der Vorsteuerabzug setzt nach § 12 Abs 2 Z 1 UStG 1994 das Vorliegen einer den Bestimmungen des § 11 UStG 1994 entsprechenden Rechnung voraus. Weist eine Rechnung als leistenden Unternehmer eine Gesellschaft aus, die an der angeführten Anschrift nicht existent gewesen ist und fehlt überdies die geforderte Leistungsbeschreibung, ist ein Vorsteuerabzug mangels Vorliegens einer dem § 11 UStG 1994 entsprechenden Rechnung nicht möglich. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw. gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 3. und 11. Bezirk, den Gerichtsbezirk Schwechat und die Stadtgemeinde Gerasdorf betreffend Festsetzung von Umsatzsteuer für die Monate 1-8/2002 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Die Bw. wurde im Februar 2002 gegründet und als im Baugewerbe und Handel mit Waren aller Art tätige GmbH im Firmenbuch eingetragen. In der Folge langten beim Finanzamt für die Monate Jänner bis August Umsatzsteuervoranmeldungen ein, die insgesamt eine Vorsteuer in Höhe von € 48.549,72 ergaben.
Im Zuge einer UVA-Prüfung wurde festgestellt, dass sich die Bw. im Prüfungszeitraum März bis August als Subunternehmerin einer HB GmbH bediente, für deren Leistungen sie Vorsteuern iHv € 25.717,32 geltend machte. Seitens der BP stellte sich die Adresse der HB GmbH in **** Wien DG 31 als Scheinadresse heraus, zumal sie dort nie tätig gewesen wäre. Am genannten Ort hätte sie weder ein Mietverhältnis innegehabt, noch wäre das Unternehmen an diesem Ort bekannt gewesen. Auch mit dem Geschäftsführer und Alleingesellschafter dieses Unternehmens, Herrn I. B. hätte kein Mietverhältnis an der genannten Adresse bestanden. Desweiteren wäre festgestellt worden, dass auch die angegebene Telefonnummer nicht existiere. Da für einen nicht existierenden Leistungserbringer seitens der Bw. ein Vorsteuerabzug in Anspruch genommen wurde, wurde diese iHv € 25.717,32 im Rahmen einer bescheidmäßigen Umsatzsteuerfestsetzung 1-8/2002 nicht anerkannt und kamen anstatt von € 48.549,72 Vorsteuern lt. BP iHv € 22.832,40 zum Ansatz, während die erklärten Umsätze von € 262.221,86 erklärungsgemäß übernommen wurden. Dies ergab sohin eine Zahllast von € 29.611,97.
Gegen diesen Bescheid wurde von der steuerlichen Vertreterin der Bw. Berufung eingebracht und vorgebracht, dass die Bw. zu Beginn der Geschäftstätigkeit mit der HB GmbH sehr wohl deren Adresse besichtigt hätte und es wären dort Vorbereitungsmaßnahmen für die Einrichtung eines Büros ersichtlich gewesen. In der Folge wären die Abschlüsse und Abrechnungen nicht mehr in den Büroräumen vorgenommen worden. Es wäre auch für ein Unternehmen nicht zumutbar, laufend und ständig nachsehen zu müssen, ob Büros und Geschäftsräumlichkeiten vorhanden seien. Dies würde dem normalen Geschäftsleben widersprechen. Betrachtet man zB den Versandhandel, bestehe für den Konsumenten kaum die Möglichkeit zu prüfen, ob der Firmensitz, das Lager oder die Filiale existent seien. Gerade im Baugewerbe müßte unter größtem Zeitdruck gearbeitet werden und wären Koordinationen nur telefonisch möglich. Auch der Wissensvorsprung der Behörde (StNr. etc.) könne von einem Privaten aufgrund des Datenschutzes nicht aufgeholt werden, ebenso könne nicht überprüft werden, ob Steuern bezahlt werden würden oder nicht. Im gegenständlichen Fall wäre sogar die Steuerbehörde hinsichtlich der Abwicklung befragt worden und wurde seitens der Bw. bekanntgegeben, dass mit einer Firma dieser Art Tätigkeiten ausgeübt werden. Die Tatsache, dass die Rechnungen der Steuerbehörde übermittelt worden wären, zeige, dass der Bw. die Offenlegung wichtig gewesen wäre. Der Einbehalt der USt für den Subunternehmer wäre jedoch von dessen Geschäftsführer abgelehnt worden, da dies als Einmischung in seine Belange gewertet worden wäre und er auf ordnungsgemäße Bezahlung der Rechnung bestanden hätte. Die Bw. hätte daher von Beginn der Tätigkeit an die Finanzbehörde vom Vorhandensein dieses Subunternehmens, den Aktivitäten und der gelegten Rechnung informiert, könne aber nicht zur Verantwortung gezogen werden, wenn der Subunternehmer seinen Abgabenverpflichtungen nicht im hinreichenden Maße nachgekommen sei. In Anwesenheit des Prüfungsorgans wäre der Geschäftsführer der belangten Firma via Handy (die Nummer wäre auch der Finanzbehörde bekannt) zu einem Termin gebeten worden, den dieser jedoch nicht einhielt. Die Bw. hätte sich seither im Rahmen ihrer beschränkten Möglichkeiten bemüht, die Hintergründe und Beweise für die Existenz der HB GmbH zu erlangen und die HB GmbH dürfte im Rahmen eines Einsatzes der SEG bei einem Baueinsatz vor kurzem überprüft worden sein. Die Bw. wäre weiters bemüht, darüber Unterlagen und Nachweise zu bekommen, um sie als zusätzliche Unterlagen dieser Berufung anschließen zu können. Folgende Schlüsse könnten gezogen werden:
- Nachdem als einzige Problematik eine unrichtige Geschäftsadresse vorliege, könne von einer formal ordnungsgemäßen Rechnung ausgegangen werden;
- Die Bw. hätte sich bemüht, die Geschäftstätigkeit mit der Subunternehmerin, auch durch Vorlage der Rechnung offenzulegen. Die Bw. hätte aber keine Handhabe, der Subunternehmerin Zahlungs- und Meldemodalitäten vorzuschreiben. Auch bestehe kein Rechtsanspruch von Übersiedlungen Kenntnis zu erlangen.
- Die geltende Rechtslage bestrafe leider den gutgläubigen Konsumenten, während die Gründung einer GmbH problemlos ermöglicht werde, wobei ein Ausweis genüge. Steuer- und SV-Behörden würden anläßlich einer GmbH-Gründung nicht informiert werden, wodurch Scheinfirmen und solche, die nur kurze Zeit arbeiten wollten, ohne den abgabenrechtlichen Erfordernissen zu entsprechen, Tür und Tor geöffnet werde. Gutgläubige Firmen, die seriös arbeiten wollen, würden durch diese Rechtslage geschädigt werden und würden später, sollte vom Geschäftspartner der steuerlich Obulus nicht geleistet worden sein, zur Kasse gebeten werden. Es wäre seitens der Bw. nicht zumutbar, noch mehr Unterlagen über den Geschäftspartner zu erhalten. Es obläge außerdem nicht der Steuerpflichtigen, Erhebungen durchzuführen, die aufgrund der Rechtslage und des Datenschutzes nicht durchführbar seien; auch dürfe der zwangsläufig bestehende Wissensnachteil nicht zum Nachteil des Stpfl. führen. Wenn es schon der Behörde nicht möglich sei, so umfassendes Datenmaterial zu erhalten, um Stpfl. zeitgerecht zur ordnungsgemäßen Abgabenentrichtung anzuhalten, sei dies schon gar nicht einem gutgläubigen Geschäftspartner möglich.
In der Stellungnahme der BP zur Berufung verweist diese auf die VwGH-Rechtsprechung , 95/15/0179. Demnach sei der richtige Name und die richtige Adresse des leistenden Unternehmens auf der Rechnung anzuführen, andernfalls diese mit einem Formmangel belastet wäre. Dies gelte auch dann, wenn der Leistungsempfänger gutgläubig gewesen wäre. Die Ungreifbarkeit eines Leistungserbringers sei Risiko des Leistungsempfängers. Dieses Risiko könne nicht auf die Abgabenbehörde übertragen werden (). Erhebungen der Abgabenbehörde hätten ergeben, dass die HB GmbH an der bekannten Adresse nicht existierte. Auch der Hausverwaltung der Liegenschaft P.F. wäre die Firma HB GmbH nicht bekannt gewesen; vielmehr wäre das Gebäude zur Gänze für Wohnzwecke genutzt gewesen. Auch die in der Folge von der HB GmbH bzw Herrn I. B. bekanntgegebenen Adressen, nämlich in der WBG hätten nicht existiert. Rücksprachen mit den zuständigen Hausverwaltungen und örtliche Besichtigungen durch die Finanzbehörden hätten ergeben, dass die Fa HB GmbH dort nie tätig gewesen wäre. Außerdem sei darauf zu verweisen, dass die Straßenbezeichnung immer falsch angegeben worden wäre, nämlich mit WBG1. Tatsächlich existiere in Wien aber nur eine WBG. Diese Tatsache ließe darauf schließen, dass die HB GmbH mit dieser Adresse nicht sehr vertraut gewesen wäre.
In der Gegenäußerung der Bw. reagiert diese auf die BP-Stellungnahme dahingehend, als die Besichtigung der Räumlichkeiten der HB GmbH mit Beginn der Vertragsübernahme erfolgt wäre und sich diese im Einrichtungsstadium befunden hätten. Aufgrund des Datenschutzes hätte die Bw. keine Handhabe der Einsichtnahme in Mietverträge. Die Erhebungen der Steuerbehörde wären 1/2 Jahr später mit Wissensvorsprung und umfangreicheren Erhebungsmöglichkeiten erfolgt. So gesehen könne die Bw. nicht wissen, ob ein Mietvertrag vorliege, die angebliche Wohnung tatsächlich als Büro geblieben oder ein privater Wohnungsmieter vorliege. Alle erforderlichen Unterlagen, Firmenbuchauszug, Ausweis etc. wären abverlangt und dem Finanzamt 08 auch alle Rechnungen mit der HB GmbH im Faxwege vorgelegt worden (Beilage). Desweiteren wäre angefragt worden, ob die HB GmbH auch die Umsatzsteuer abführe, was zumindest anfangs auch passiert sein dürfte. Der Finanzbeamte schien mit den Unterlagen einverstanden zu sein, weshalb, bevor die UVA-Prüfung erfolgte, der Sachverhalt offengelegt worden wäre und auch die Adresse des Unternehmens auf den Rechnungen ersichtlich gewesen wäre. Somit wäre die Bw. der Meinung, sämtliche Vorkehrungen für den Vorsteuerabzug getroffen zu haben und hätte die Bw. auch das Finanzamt hinsichtlich der Rechnungslegung der HB GmbH unterrichtet. Im Zuge der Besprechung der Umsatzsteuerprüfung hätte die Sekretärin der Bw., Fr. St den Geschäftsführer der HB GmbH angerufen (unter Beisein des Prüfers) und hätte ihm zu einem Termin in der Folgewoche geordert, der jedoch nicht eingehalten worden wäre. Es wären schließlich weitere Bescheinigungen eingeholt worden, welche die Existenz der HB GmbH untermauern sollten, wie die Bescheinigung der Gewerbeberechtigung, Ansuchen um Erteilung einer StNr., Bestätigung der Gebietskrankenkassa, wonach die HB GmbH ihren Pflichten zur Bezahlung der SV-Beiträge nachkomme, ZMR Abfrage bzgl. I. B., Ausweiskopie und diverse Anmeldungen von Dienstnehmern an die Wiener Gebietskrankenkassa.
Die Abwicklungen vor Ort wären nach Kontrolle der Arbeiten, etwaiger Mängelbehebungen und Abnahme durchgeführt, abgerechnet und beglichen worden.
Die Abgabenbehörde zweiter Instanz nahm Einsicht in die von der Bw. angesprochenen Beilagen und in sämtliche, auch im Arbeitsbogen der BP aktenkundigen Rechnungskopien der HB GmbH, deren Vosteuervolumen in Summe den von der BP gekürzten Vorsteuerbetrag ergibt.
Mit Schreiben vom teilte die steuerliche Vertretung mit, dass sie die Vollmacht schon am gegenüber der Bw. zurückgelegt hat, die Bw. aufgrund eines aktuellen Firmenbuchauszuges in die S.R.I GmbH unbenannt wurde und mehrere Geschäftsführerwechsel erfolgten, dass eine Kontaktaufnahme mangels einer funktionierenden Telefonnummer oder einer aktuellen Firmenanschrift nicht möglich ist, keine Aufzeichnungen der steuerlichen Vertretung vorgelegt wurden und ein Honorarrückstand von € 5.546,40 bestünde, der nach erfolglosen Einbringungsversuchen per ausgebucht worden wäre. Aus einer seitens der Abgabenbehörde zweiter Instanz durchgeführten Firmenbuchabfrage am geht hervor, dass der Firmenname der Bw. in S.R.I Bauplanung GmbH unbenannt (per lt. einer Faxmitteilung der Bw. vom ), sich die neue Geschäftsanschrift in der StrG, 1080 Wien befindet, als Geschäftsführer nunmehr ein B. L. seit angeführt und bei allen Gesellschaftern mit Ausnahme von B. L. der Vermerk "Funktion gelöscht" angeführt sind. Eine ZMR-Abfrage ergab, dass L. B. zuletzt in der SchG wohnhaft war und sich amtlich am abgemeldet hat (seither ohne aufrechten Wohnsitz). So auch lt. Mitteilungen des Erhebungsdienstes des Finanzamtes 08 vom 9.1. und , welcher darauf hinwies, dass die Adresse StrG lt. HVWB Top** bis ca 3/2003 an einen C. W. vermietet war, seitdem leer stand und ab an einen D. H. vermietet ist. Eine ha. Rücksprache mit der HVWB ergab, dass D. H. wie auch der nunmehrige Mieter H. S. nichts mit der Bw. zu tun hätten oder mit dieser in Verbindung stünden. Die Vollstreckungsstelle des Finanzamtes 03 teilte u.a. erfolglose Einbringungsmaßnahmen bei der Bw. mit, dass ein Konkursantrag gestellt worden wäre, der wegen örtlicher Unzuständigkeit zurückgewiesen wurde und nach Abschluß dieses Berufungsverfahrens die amtswegige Löschung im Firmenbuch beantragt werden würde. Der Rückstand wäre bei der Bw. als uneinbringlich anzusehen und allfällige Haftungen wären noch nicht geltend gemacht worden.
Über die Berufung wurde erwogen:
Strittig ist, ob die von der HB GmbH in Rechnung gestellten Leistungen erbracht und die auf diesen Rechnungen aufscheinende, unzutreffende Adresse einen Rechnungsformmangel darstellen oder nicht. Mit dieser Streitfrage verbunden ist ein Vorsteuerabzug iHv € 25.717,32.
Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist gem § 12 Abs 1 Z 1 UStG 1994 u. a. eine von einem anderen Unternehmer erbrachte Leistung sowie eine den Formvorschriften des § 11 UStG 1994 entsprechende Rechnung.
Gem § 11 Abs 1 Z 1 UStG 1994 ist Rechnungserfordernis u. a. der Name und die Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmens.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes führt schon eine unrichtige Adresse des liefernden oder leistenden Unternehmens zur Versagung des Vorsteuerabzuges und kann darin kein kleiner, dem Vorsteuerzug nicht hinderlicher Formalfehler gesehen werden (Erk. vom , 99/13/0020, ÖStZB 2001, 192). So auch , 95/13/0072 (ÖStZB 2001, 466): "Sofern eine Gesellschaft an den in den Rechnungen angeführten Anschriften nicht existent gewesen ist, haftet den Rechnungen der formale Mangel eines Fehlens der Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmens an" (Erk. , 90/15/0042).
In diesem Sinne auch Ruppe (UStG-Kommentar § 11 Tz 60), wenn er ausführt: "Ist eine Leistung ausgeführt worden, scheint aber in der Rechnung als leistender Unternehmer eine Firma auf, die unter der angegebenen Anschrift gar nicht existiert, so fehlt es an der Angabe des leistenden Unternehmers. Es liegt daher keine Rechnung vor, die zum Vorsteuerabzug berechtigt" (; , 94/13/0133, ÖStZB 1997 131; BFH , BStBl 1979 II 345; ebenso Scheiner/Kolacny/Caganek im Kommentar MwSt § 11 Tz 98)..."Fehlen Angaben über den Namen und die Adresse des leistenden Unternehmers, steht der Vorsteuerabzug auch dann nicht zu, wenn dem Leistungsempfänger Name und Anschrift bekannt sind...Gleiches gilt, wenn die Adresse unrichtig ist (unter der angegebenen Adresse nie eine Geschäftstätigkeit entfaltet wurde"; oa 94/13/0133 und , 94/13/0230, ÖStZB 1998, 109).
Inwieweit es nun dem Leistungsempfänger, vorliegend der Bw., subjektiv zumutbar ist oder nicht, von der richtigen Adresse des liefernden oder leistenden Unternehmens Kenntnis zu erlangen, spielt bei dieser objektiv und formal zu betrachtenden Rechtslage zum § 11 UStG keine Rolle. Die von der Bw. diesbezüglich im Berufungsverfahren angestrengten Überlegungen mögen allenfalls bei der einkommensteuerrechtlichen Gläubiger- und Empfängerbenennung (§ 162 BAO) Relevanz haben, nicht jedoch bei Anwendung des Umsatzsteuergesetzes, welches gerade in Hinblick auf den Vorsteuerabzug strenge Formalanforderungen beinhaltet (zur Ablehnung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise siehe , 0134, ÖStZB 1997, 131 und , ÖStZB 1991, 397). Im letztzitierten Erkenntnis brachte der Bf. vor, "dass er sich in geeigneter Weise vergewissert habe, dass die Rechnung über die für sein Unternehmen erbrachten Lieferungen und sonstigen Leistungen von einem Unternehmen stammen. Das Gesamtbild der Verhältnisse habe für den Bf. keinen Zweifel über die Unternehmereigenschaft der Fa aufkommen lassen...". Der VwGH hat auf dieses behauptete Bemühen, welches vergleichbar ist mit den vorliegenden Behauptungen des Bw., alles zumutbare unternommen zu haben, um die Aktualität der Geschäftsanschrift des Leistungsempfängers in Erfahrung zu bringen, in keinster Weise reagiert und hat sich bei der Abweisung des Beschwerdebegehrens auf den bei den Rechnungserfordernissen formalistischen Standpunkt zurückgezogen.
Der Sachverhalt der Unrichtigkeit der Adresse des leistenden Unternehmens ist im übrigen gar nicht strittig, zumal sich die Bw. nur dahingehend rechtfertigt, dass ihr an diesem Rechnungsmangel kein Verschulden träfe und ihr Erhebungen in Hinblick auf die Angabe einer aktuellen Geschäftsanschrift auf den Rechnungen weder zumutbar noch möglich wären. Aufgrund den durchgeführten und unwiderlegten Erhebungen, wonach an der Adresse des leistenden Unternehmens in der MMG von dieser dort nie eine Geschäftstätigkeit entfaltet wurde, ist ein Rechnungsmangel als erwiesen anzusehen, was zur Konsequenz hat, dass die strittige Vorsteuer nicht anzuerkennen ist.
Bezeichnend ist auch das Verhalten der Bw. selbst, die, sollte die HB GmbH tatsächlich existiert und Leistungen ausgeführt haben, aufgrund ihrer Geschäftsverbindung auch die Möglichkeit gehabt hätte, mittels einer Rechnungsberichtigung in den Genuß des Vorsteuerabzuges zu kommen. Stattdessen hat die Bw. dasselbe Verhalten wie die HB GmbH gesetzt, indem sie im Laufe des Verfahrens für die Abgabenbehörden, ja sogar für ihre steuerliche Vertreterin mangels Geschäftsanschrift und behördlich gemeldetem Geschäftsführer ungreifbar wurde, obwohl sie gerade dieses, von gewissen GmbH`s praktizierte, schädliche Verhalten gegenüber gutgläubigen Dritten in der Berufung auf das Schärfste angeprangert hat.
Indem schon der Formmangel der Unrichtigkeit der Adresse des liefernden oder leistenden Unternehmens zur Versagung des Vorsteuerabzuges führt, muss auf die im Raum stehende Frage, ob überhaupt die in Rechnung gestellten Leistungen erbracht wurden, nicht mehr eingegangen werden.
Gem § 120 BAO haben Abgabepflichtige ihrem zuständigen Finanzamt alle Umstände anzuzeigen, die hinsichtlich einer Abgabe vom Einkommen, Vermögen, Ertrag oder Umsatz die persönliche Abgabepflicht begründen, ändern oder beendigen. Eine derartige Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen (§ 119 Abs 1 BAO). Indem die Bw. der Abgabenbehörde zweiter Instanz (§ 279 BAO) keine aktuelle Geschäftsanschrift mitteilte, zumal an der gegenständlichen Top in der StrG mittlerweilen andere, natürliche Personen Mieter sind, die mit der Bw. nichts zu tun haben, fehlt eine Abgabestelle für die Bw. als Bescheidadressat. Dies umso mehr, als die steuerliche Vertretung die Vollmacht zurückgelegt hat und auch der verbliebene Gesellschafter/Geschäftsführer, B. L. keinen aufrechten Wohnsitz hat.
Gem § 8 ZustellG hat eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen. Wird diese Mitteilung unterlassen, so ist...die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann.
Gem § 25 ZustellG können Zustellungen an Personen, deren Abgabestelle unbekannt ist, kein Zustellbevollmächtigter bestellt ist und nicht gem § 8 vorzugehen ist, durch Anschlag an der Amtstafel, dass ein zuzustellendes Schriftstück bei der Behörde liegt, vorgenommen werden. Findet sich der Empfänger zur Empfangnahme des Schriftstückes nicht ein, so gilt, wenn gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, die Zustellung als bewirkt, wenn seit dem Anschlag an der Amtstafel zwei Wochen verstrichen sind.
Da im vorliegenden Fall kein Zustellbevollmächtigter genannt, eine aktuelle Geschäftsanschrift nicht mitgeteilt und auch der verbliebene Gesellschafter/Geschäftsführer keinen aufrechten Wohnsitz im Inland hat, erfolgte eine Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung.
Wien,
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 11 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 8 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 § 25 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 |
Schlagworte | Rechnung Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmens an Geschäftsanschrift nicht existent Vorsteuer keine aktuelle Geschäftsanschrift Bescheidadressat Zustellung durch Anschlag an der Amtstafel |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
ZAAAB-59533