Innerstaatliche und zwischenstaatliche Qualifikation der Einkünfte eines Unternehmensberaters
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2006/14/0057 (früher 2004/15/0012) eingebracht. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.
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Rechtssätze | |
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Stammrechtssätze | |
RV/0039-F/03-RS1 | Ein Unternehmensberater, dem eine gewerberechtliche Nachsicht vom Befähigungsnachweis lediglich auf Grund der hinreichenden tatsächlichen Befähigung gemäß § 28 Abs. 1 Z 2 GewO 1994 erteilt wurde, übt keine selbständige, sondern eine gewerbliche Tätigkeit aus. |
RV/0039-F/03-RS2 | Der Begriff ”selbständige Tätigkeit” in Art. 14 DBA-Liechtenstein ist nach der jeweiligen innerstaatlichen Rechtslage im Zeitpunkt des Abschlusses des DBA-Liechtenstein zu interpretieren (; , 2000/15/0116). Zum maßgeblichen Zeitpunkt zählten Einkünfte eines Unternehmensberaters nach österreichischem Besteuerungsrecht nicht zu den selbständigen, sondern zu den gewerblichen Einkünften, weswegen abkommensrechtlich die Zuteilungsregel des Art. 7 DBA-Liechtenstein (Unternehmensgewinne) zur Anwendung kommt, die das Besteuerungsrecht dem Betriebsstättenstaat, gegenständlich Liechtenstein, zuweist. Österreich als Ansässigkeitsstaat rechnet nach Art. 23 Abs. 2 DBA-Liechtenstein jene Steuern, die zufolge des Abkommens in Liechtenstein erhoben werden dürfen, auf die vom Gesamteinkommen zu erhebende Steuer an. |
Entscheidungstext
BerufungsentscheidungDer unabhängige Finanzsenat hat durch den Senat XYZ über die Berufung des Bw., vertreten durch Mag. Alexander Kantner, gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch, vertreten durch Dr. Brigitte Metzler, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2001 nach in Feldkirch durchgeführter mündlicher Berufungsverhandlung entschieden: Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Festsetzung der Abgabe erfolgt endgültig.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe betragen:
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Einkommen | (1.030.600,00
S) | 74.896,62
€ |
Einkommensteuer | (401.800,00
S) | 29.199,94
€ |
Ausländische
Steuer (3.778,35 SFr x 8,95
S) | (33.816,24
S) | 2.457,53
€ |
Festgesetzte
Einkommensteuer | (367.983,76
S) | 26.742,00
€ |
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Gegenständlich vertrat das Finanzamt die Ansicht, dass die in Liechtenstein erzielten Einkünfte des Bw. als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren und in Österreich der Besteuerung zu unterziehen sind.
In der gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2000 und 2001 jeweils vom erhobenen Berufung vom brachte der steuerliche Vertreter des Bw. Folgendes vor: Die vom Bw. in Liechtenstein erzielten Einkünfte als selbständiger Unternehmensberater seien auf Grund des Doppelbesteuerungsabkommens mit Liechtenstein nicht in Österreich, sondern in Liechtenstein steuerpflichtig. Auf Grund des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein seien gemäß Artikel 14 Einkünfte, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus einem freien Beruf oder aus sonstiger selbständiger Tätigkeit ähnlicher Art beziehe, in dem Staat steuerpflichtig, in dem regelmäßig über eine feste Einrichtung verfügt werde. Nach innerstaatlichem Recht seien Einkünfte aus der Tätigkeit eines selbständigen Unternehmensberaters Einkünfte gemäß § 22 Z 1 lit. b EStG 1988. Unternehmensberater im Sinne des § 22 EStG 1988 sei jemand, der eine Tätigkeit im Sinne des Erlasses des Bundesministeriums für Finanzen vom , Z 061202/2-IV/6/92, bzw. im Sinne der Verordnung über den Unternehmensberater-Befähigungsnachweis (BGBl. Nr. 254/1978) ausübe. Der Befähigungsnachweis gemäß Unternehmensberater-Befähigungsnachweis-Verordnung könne durch verschiedene Nachweise, wie zB Studium und Praxis, Prüfung, etc., erbracht werden. Der Bw. habe den Nachweis seiner Befähigung durch seine Praxis erbracht und deshalb den Befähigungsnachweis in Form einer Nachsicht erhalten. Nicht die Prüfung an sich sei der Befähigungsnachweis, sondern das Zeugnis über eine abgelegte Prüfung, der Nachweis über eine erbrachte Praxis, der Nachweis über ein abgeschlossenes Hochschulstudium, etc. Wie schlussendlich der Befähigungsnachweis erbracht werde, sei nicht relevant dafür, ob diese Tätigkeit wie eine Tätigkeit im Sinne des § 22 EStG 1988 ausgeübt werde oder nicht. Maßgeblich sei, dass tatsächlich ein Befähigungsnachweis vorliege, und natürlich auch, dass die Tätigkeit im Sinne des oben zitierten Erlasses auch ausgeübt werde. Dass es sich bei der vom Bw. ausgeübten Tätigkeit um eine Unternehmensberatertätigkeit im Sinne des § 22 EStG 1988 handle, sei offenbar seitens des Finanzamtes unstrittig; es werde ihm lediglich die Art der Befähigung abgesprochen. Da aber ein Befähigungsnachweis in Form des Gewerbescheines in Liechtenstein und ein Befähigungsnachweis in Form einer Nachsicht im Sinne der Unternehmensberater-Befähigungsnachweis-Verordnung vorliege, erziele der Bw. Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Sinne des § 22 EStG 1988, da er sowohl eine entsprechende Tätigkeit ausübe als auch die für die Ausübung erforderlichen Befugnisse besitze.
Das Finanzamt wies die Berufung vom mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab. Begründend führte es dazu wie folgt aus: Nach Lehre und Rechtsprechung seien für die Beurteilung einer Tätigkeit als Unternehmensberater die formalrechtlichen Kriterien unter Anknüpfung an die gewerberechtlichen Befähigungsnachweise maßgebend. Unter die Gruppe der Unternehmensberater würden Personen fallen, die ihre Befähigung zur Unternehmensberatung auf Grund eines abgeschlossenen Hochschulstudiums oder durch eine Prüfung gemäß der Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie über den Befähigungsnachweis für das gebundene Gewerbe der Betriebsberater einschließlich der Betriebsorganisatoren, BGBl. Nr. 254/1978, erworben hätten. Da grundsätzlich den freien Berufen gemeinsam sei, dass sie eine qualifizierte Ausbildung erforderten, und die aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Einkommensteuergesetzes hervorgehende Absicht des Gesetzgebers im Wortlaut des Gesetzes Deckung finden könne, liege die im § 22 EStG 1988 genannte Berufstätigkeit eines Unternehmensberaters nicht vor, wenn die gewerberechtlichen Voraussetzungen (die Ablegung der vorgesehenen Prüfung) nicht erfüllt würden. Nach der strengen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei allein der Umstand, dass eine Tätigkeit ausgeübt werde, die dem Tätigkeitsbereich des Unternehmensberaters entspreche, für das Erfordernis der qualifizierten Ausbildung nicht ausreichend. Daraus folge, dass der Unternehmensberater-Befähigungsnachweis nicht durch Praxis erbracht werden könne.
Mit Schreiben vom begehrte der steuerliche Vertreter des Bw., die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorzulegen. Er führte ergänzend Folgendes aus: Das Amt der Vorarlberger Landesregierung habe dem Bw. mit Bescheid vom die Nachsicht vom Befähigungsnachweis im Gewerbe der Unternehmensberater erteilt. Gelange die Behörde daher zur Auffassung, dass die Befugnis nur für Einkünfte nach dem wirksam und nicht auf das gesamte Veranlagungsjahr 2001 anzuwenden sei, so sei eine Jahresaufteilung in der Form vorzunehmen, dass sieben Zwölftel des Gewinnes des Jahres 2001 den "Einkünften bis Juli 2001" und fünf Zwölftel den "Einkünften nach Juli 2001" zuzurechnen seien.
In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung brachte der Bw. ua. Folgendes vor: Er habe die Hauptschule besucht und das Gymnasium mit Matura abgeschlossen. Außerdem habe er ein Betriebswirtschaftsstudium und ein Jusstudium begonnen; er habe aber beide nicht beendet. Seit seinem 23. Lebensjahr sei er im Bereich "Marketing und Kommunikation" tätig. Zunächst sei er fünf Jahre lang bei der Fa. K in H beschäftigt gewesen. Seit dem Jahr 1987 sei er in Liechtenstein im Bereich "Kommunikation und Unternehmensberatung" (Spezialgebiet Sportsponsoring und Sportmarketing) tätig; zuerst bei der Fa. O und dann bei der L AG. Seine Tätigkeit übe er ausschließlich in Liechtenstein aus.
Der Senat hat erwogen:
Strittig ist, ob die vom in Vorarlberg ansässigen Bw. im Jahr 2001 erzielten Einkünfte als solche aus selbständiger Tätigkeit (§ 22 Z 1 lit. b EStG 1988) oder als solche aus Gewerbebetrieb (§ 23 Abs. 1 EStG 1988) anzusehen sind und welchem Staat das Besteuerungsrecht an den jeweiligen Einkünften zusteht.
Unbeschränkt steuerpflichtig sind alle natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, mit ihrem Welteinkommen. Grundsätzlich ist bei einem internationalen Steuerfall zunächst der inländische Besteuerungsanspruch nach inländischem Recht zu ermitteln. Zu klären gilt es, ob steuerbare Einkünfte vorliegen und welcher Einkunftsart sie gegebenenfalls zuzurechnen sind. Sodann ist auf der Grundlage des Doppelbesteuerungsabkommens zu entscheiden, ob und inwieweit der Besteuerungsanspruch aufrecht erhalten werden kann. Im letzten Schritt ist schließlich der innerstaatlich ermittelte und dann abkommenskonform adaptierte Besteuerungsanspruch nach inländischem Recht durchzusetzen.
Seit Inkrafttreten des Einkommensteuergesetzes 1988 gehören Einkünfte aus der Berufstätigkeit der Unternehmensberater zu den Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit (§ 22 Z 1 lit. b leg. cit.). Das Einkommensteuergesetz selbst enthält keine Definition des Begriffes "Unternehmensberater". Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage jedoch sollen unter die Gruppe der Unternehmensberater Personen fallen, die ihre Befähigung durch ein abgeschlossenes Hochschulstudium oder durch die Ablegung einer Prüfung gemäß der Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie über den Befähigungsnachweis für das gebundene Gewerbe der Betriebsberater einschließlich der Betriebsorganisatoren, BGBl. Nr. 254/1978, erworben haben. Gemäß § 1 dieser Verordnung ist die Befähigung für das gebundene Gewerbe der Betriebsberater einschließlich der Betriebsorganisatoren durch das Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Prüfung nachzuweisen. Die erwähnte Verordnung wurde durch die Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über den Befähigungsnachweis für das Gewerbe der Unternehmensberater einschließlich der Unternehmensorganisatoren, BGBl. II Nr. 34/1998, außer Kraft gesetzt; gemäß § 1 dieser Verordnung ist die Befähigung für das gebundene Gewerbe der Unternehmensberater ua. auch durch das Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Unternehmensberaterprüfung nachzuweisen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () liegt die im § 22 EStG 1988 genannte Berufstätigkeit eines Unternehmensberaters dann nicht vor, wenn der Steuerpflichtige zwar eine Tätigkeit ausgeübt hat, die dem Tätigkeitsbereich des Unternehmensberaters entspricht, aber die gewerberechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt worden sind. Der Verwaltungsgerichtshof hat im zitierten Erkenntnis die Qualifizierung einer Tätigkeit als Unternehmensberater im Sinne des § 22 EStG 1988 bei einem Steuerpflichtigen abgelehnt, der im Streitjahr mangels vollständig abgelegter Prüfungen laut Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie über den Befähigungsnachweis für das gebundene Gewerbe der Betriebsberater einschließlich der Betriebsorganisatoren, BGBl. Nr. 254/1978, die gewerberechtlichen Voraussetzungen nicht erbringen konnte (der Beschwerdeführer war in diesem Fall kein Hochschulabsolvent).
Da nach den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage nur solche Personen unter den Begriff Unternehmensberater fallen sollen, die ihre Befähigung durch ein abgeschlossenes Hochschulstudium oder eine Prüfung gemäß der Verordnung, BGBl. Nr. 254/1978, erworben haben, kann dem Finanzamt nicht entgegengetreten werden, wenn es mangels Vorliegen der genannten Voraussetzungen, die Tätigkeit des Bw. nicht unter § 22 Z 1 EStG 1988 subsumiert hat.
Zum Einwand des steuerlichen Vertreters (gestützt auf den steuerrechtlichen Kommentar von Doralt und Quantschnigg/Schuch), dass der Bw. die Befugnis zur Ausübung des Gewerbes des Unternehmensberaters durch Nachsicht vom Befähigungsnachweis erreicht habe und deshalb die Voraussetzung vorliege, um die Einkünfte des Bw. unter die selbständigen Einkünfte gemäß § 22 EStG 1988 subsumieren zu können, ist Folgendes zu sagen:
Gemäß § 22 GewO 1994 (in der im Streitjahr gültigen Fassung) ist für die Ausübung von gebundenen Gewerben, zu denen gemäß § 124 leg. cit. auch die Unternehmensberatung gehört, ein Befähigungsnachweis erforderlich. Die Befähigung für die Ausübung eines Gewerbes kann auf zweierlei Arten nachgewiesen werden. Einerseits bestehen "starre" Nachweisregelungen, die in der Gewerbeordnung selbst oder in dazu ergangenen Ausführungsverordnungen (siehe vorgenannte Verordnungen) festgelegt sind. Können die darin vorgesehenen formellen Nachweise nicht vorgelegt werden, so besteht andererseits die Möglichkeit einer Nachsicht vom Befähigungsnachweis (§ 28 leg. cit.). § 28 Abs. 1 leg. cit. differenziert zwischen der sog. vollen Befähigung und der hinreichenden tatsächlichen Befähigung. Wird die volle Befähigung nachgewiesen, so ist die Nachsicht vom Befähigungsnachweis zu erteilen. Der Gesetzgeber versteht darunter, dass der Gewerbetreibende die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen besitzt. Das ist von der Behörde aufgrund des Bildungsganges und der bisherigen Tätigkeit zu beurteilen. Maßstab für die Beurteilung dieser Nachsichtsvoraussetzungen bilden Rechtsvorschriften, und zwar die im Gesetz oder in den einschlägigen Befähigungsnachweisverordnungen (siehe zB die vorgenannten Verordnungen) festgelegten formellen Qualifikationsbelege. Was unter einer hinreichenden tatsächlichen Befähigung zu verstehen ist, wird nicht näher definiert; auszugehen ist aber davon, dass sie den Qualifikationsanforderungen der starren Befähigungsnachweisregelung nicht gleichwertig ist. Bei der hinreichenden tatsächlichen Befähigung muss der Nachsichtswerber dartun, dass er nach seiner bisherigen Betätigung immerhin über so viel Kenntnis verfügt, als erforderlich ist, um Leistungen zu erbringen, die in der Regel von Inhabern des betreffenden Gewerbes verlangt werden. Er muss in der Lage sein, nicht nur die Ausführung der in der Regel im Rahmen des Gewerbes zu erbringenden Leistungen zu überwachen, sondern sie auch selbst zu verrichten. Beurteilungsmaßstab bilden bestimmte "tatsächliche Verhältnisse" und nicht Rechtsvorschriften wie bei der vollen Befähigung. Die Nachsichtserteilung ist in diesem Fall nur bei Vorliegen eines von zwei gesetzlich vorgeschriebenen Ausnahmegründen zulässig. Entweder ist dem Nachsichtswerber die Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises wegen "seines Alters, seiner mangelnden Gesundheit oder aus sonstigen, in seiner Person gelegenen wichtigen Gründen nicht zuzumuten" (§ 28 Abs. 1 Z 2 lit. a leg. cit.) oder "besondere örtliche Verhältnisse" sprechen für die Nachsichtserteilung [§ 28 Abs. 1 Z 2 lit. b leg. cit.; vgl. dazu Hattenberger, Die Befähigungsnachweisregel nach der (EWR-angepassten) GewO 1994, ÖZW 2001, Seite 70 ff].
Der unabhängige Finanzsenat pflichtet dem Vorbringen des steuerlichen Vertreters des Bw. zwar grundsätzlich bei, dass die gewerberechtliche Voraussetzung auch dann gegeben ist, wenn eine Nachsicht vom Befähigungsnachweis erteilt worden ist. Es ist für die Frage des Vorliegens von Einkünften im Sinne des § 22 EStG 1988 jedoch zu unterscheiden, ob die Nachsicht aus dem Grund der vollen Befähigung oder dem Grund der hinreichenden tatsächlichen Befähigung erteilt worden ist. Im gegenständlichen Fall wurde dem Bw. mit Bescheid vom die Nachsicht aus dem Grund der hinreichenden tatsächlichen Befähigung erteilt (§ 28 Abs. 1 Z 2 leg. cit.). Welchen besonderen Nachsichtsgrund er im Nachsichtsansuchen geltend gemacht hatte, war dem Bw. allerdings nicht mehr erinnerlich (vgl. Niederschrift über den Verlauf der mündlichen Berufungsverhandlung). Unter Berücksichtigung der vorherigen Ausführungen, insbesondere jener, dass der Nachweis der hinreichenden tatsächlichen Befähigung nur dann ausreicht, wenn entweder in der Person gelegene Voraussetzungen wie zB das Alter bzw. gesundheitliche Gründe oder besondere örtliche Verhältnisse hinzutreten, ist gegenständlich davon auszugehen, dass der Bw. nicht über jene Voraussetzungen verfügt, die einer vollen Befähigung entsprechen.
Aus der Regierungsvorlage ist ersichtlich, dass die Tätigkeit eines Unternehmensberaters im Sinne des § 22 EStG 1988 durch eine besondere Vorbildung qualifiziert sein muss. Da den freien Berufen gemeinsam ist, dass sie eine qualifizierte Ausbildung erfordern (bei den unter § 22 Z 1 lit. b EStG 1988 aufgezählten Berufen, wie Ärzten, Rechtsanwälten, Notaren usw. stellt eine fundierte und hochwertige Ausbildung eine wesentliche Grundvoraussetzung dar), wird auch für die Qualifikation einer Tätigkeit des Unternehmensberaters als freier Beruf eine einschlägige theoretische Grundausbildung vorausgesetzt. Es vermag daher jedenfalls durch die gegenständlich im Rahmen des Nachsichtsverfahrens festgestellte hinreichende tatsächliche Befähigung ein tatsächlich erbrachter Befähigungsnachweis nicht ersetzt zu werden.
Aus den genannten Gründen kann die Tätigkeit des Bw. nicht unter die in § 22 EStG 1988 genannte Berufstätigkeit eines Unternehmensberaters subsumiert werden.
Abschließend ist festzuhalten, dass für den Bw. nichts gewonnen wäre, wenn seine Einkünfte den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit im Sinne des § 22 EStG 1988 zugeordnet würden, denn nach Auffassung des unabhängigen Finanzsenates sind die Einkünfte des Bw. auf Grund des statischen Verständnisses des Begriffes "selbständiger Arbeit" im Art. 14 DBA-Liechtenstein auch in diesem Fall unter die Zuteilungsregel des Art. 7 Abs. 1 DBA-Liechtenstein zu subsumieren.
Gemäß Art. 7 Abs. 1 DBA-Liechtenstein dürfen Gewinne eines Unternehmens eines Vertragstaates nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass das Unternehmen seine Tätigkeit im anderen Vertragstaat durch eine dort gelegene Betriebsstätte ausübt. Übt das Unternehmen seine Tätigkeit in dieser Weise aus, so dürfen die Gewinne des Unternehmens in dem anderen Staat besteuert werden, jedoch nur insoweit, als sie dieser Betriebsstätte zugerechnet werden können.
Gemäß Art. 14 DBA-Liechtenstein dürfen Einkünfte, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus einem freien Beruf oder aus sonstiger selbständiger Tätigkeit ähnlicher Art bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass die Person für die Ausübung ihrer Tätigkeit in dem anderen Vertragstaat regelmäßig über eine feste Einrichtung verfügt. Verfügt sie über eine solche feste Einrichtung, so dürfen die Einkünfte in dem anderen Staat besteuert werden, jedoch nur insoweit, als sie dieser festen Einrichtung zugerechnet werden können.
Zum Vorbringen des steuerlichen Vertreters des Bw., dass die Änderungen im Einkommensteuergesetz 1988 nur dazu dienten, die Abgrenzungsproblematik, die früher schon bestanden habe, in den Griff zu bekommen, bzw., dass es sich nicht um eine Neuregelung oder Andersregelung, sondern nur um eine Klarstellung handle, da schon aus damaliger Sicht die Zuordnung der Einkünfte eines Unternehmensberaters zu den selbständigen Einkünften richtig gewesen wäre (vgl. Niederschrift über den Verlauf der mündlichen Berufungsverhandlung), ist Folgendes zu sagen:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der entsprechende Abkommensbegriff nach der innerstaatlichen Rechtslage im Zeitpunkt des Abschlusses des Abkommens zu interpretieren (vgl. zur Maßgeblichkeit des österreichischen Rechtes im Zeitpunkt des Abschlusses des Doppelbesteuerungsabkommens ; ; ). Der Verwaltungsgerichtshof vertrat in seinen Erkenntnissen die Auffassung, dass es unzulässig und rechtsirrig sei, den Abkommensbegriff dynamisch zu interpretieren, nämlich in dem Sinn, dass jede Änderung des Einkommensteuergesetzes auch ohne ausdrückliche Regelung in der Anwendung des Doppelbesteuerungsabkommens Niederschlag finde. Dass dem nicht so sein könne, ergebe sich bereits aus dem Charakter des Doppelbesteuerungsabkommens als völkerrechtlichem Vertrag, der nicht durch gesetzgeberische Maßnahmen eines Vertragspartners einseitig änderbar sei. Eine nach Abschluss des Doppelbesteuerungsabkommens eintretende Änderung des innerstaatlichen Rechts könne keine Rückwirkung auf die Abkommensauslegung auslösen.
Der Abkommensbegriff "selbständige Arbeit" ist demnach so zu interpretieren, wie sich die (innerstaatliche) Rechtslage bei Abschluss des Abkommens dargestellt hat. Unabhängig davon, welche Absicht des Gesetzgebers hinter der Aufnahme der Tätigkeit eines Unternehmensberaters in den Katalog der freien Berufe stand, ist Tatsache, dass die Tätigkeit eines Unternehmensberaters kraft ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung im EStG 1988 zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit führt. Aufgrund der Regelung des § 22 Z 1 lit. b EStG 1988 zählen erst seit dem Jahr 1989 die Einkünfte aus der Tätigkeit als Unternehmensberater zu den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit. Nach der innerstaatlichen Rechtslage im Zeitpunkt des Abschlusses des Abkommens - hier im Jahre 1970 - führte eine derartige Tätigkeit zu Einkünften aus Gewerbebetrieb (zur von Lehre und Rechtsprechung bezüglich der Qualifikation der Einkünfte eines Unternehmensberaters vor dem Inkrafttreten des EStG 1988 vertretenen Auffassung vgl. Hofstätter-Reichel, Die Einkommensteuer - EStG 1972, § 22 Tz 48 und die dort zitierte Judikatur). Aufgrund des statischen Verständnisses der selbständigen Arbeit in Art. 14 DBA-Liechtenstein ist die innerstaatliche Änderung der steuerlichen Behandlung von Unternehmensberatern unbeachtlich. Deshalb ist abkommensrechtlich auch nicht die Zuteilungsnorm für selbständige Arbeit iSd Art. 14 DBA-Liechtenstein, sondern jene für Unternehmensgewinne iSd Art. 7 DBA-Liechtenstein maßgeblich.
Demzufolge hat Österreich als Wohnsitzstaat das Recht, die gesamten Liechtensteinischen Unternehmensgewinne des Bw. zu besteuern. Gleichzeitig wird auf die darauf entfallende inländische Einkommensteuer die in Liechtenstein erhobene Steuer angerechnet (vgl. Art. 7 in Verbindung mit Art. 23 Abs. 2 DBA-Liechtenstein). Nachdem deren Höhe anlässlich der mündlichen Berufungsverhandlung bekannt gegeben wurde, erfolgt die Festsetzung der Einkommensteuer 2001 endgültig.
Gesamthaft gesehen war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Feldkirch,
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 22 Z 1 lit. b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 Art. 7 DBA FL (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Liechtenstein (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 24/1971 Art. 14 DBA FL (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Liechtenstein (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 24/1971 Art. 23 Abs. 1 DBA FL (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Liechtenstein (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 24/1971 |
Schlagworte | Unternehmensberater gewerberechtliche Voraussetzungen Doppelbesteuerungsabkommen Liechtenstein |
Verweise | |
Anmerkung | Siehe informativ auch Neuber, Unternehmensberaterprüfung als Voraussetzung für das Vorliegen der selbständigen Tätigkeit als Unternehmensberater gem § 22 Z 1 lit b EStG 1988, ÖStZ 1997, 150.
Abweichend: EAS 1964 (ARD 5277/23/2002; SWI 2002, 6), wonach auf Einkünfte eines Unternehmensberaters Art. 14 DBA-Liechtenstein Anwendung findet. |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at