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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 11.11.2003, RV/4558-W/02

1.) Vorsteuerberichtigung bei Änderung der Verhältnisse 2.) Keine Auflösung eines steuerfreien Betrages, wenn dieser zu Unrecht gebildet wurde

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/4558-W/02-RS1
Bei Veräußerung einer Liegenschaft im gleichen Jahr, in dem eine Großreparatur getätigt wurde, hat die Vorsteuerberichtigung zur Gänze, u. zw. nach § 12 Abs. 11 UStG und nicht nach § 12 Abs. 10 UStG, zu erfolgen.
RV/4558-W/02-RS2
Wurde ein steuerfreier Betrag nach § 28 Abs. 5 EStG seinerzeit zu Unrecht gebildet, weil die Liegenschaft nicht den einschränkenden Bestimmungen des MRG über Mietzinsbildung unterworfen war, kann auch keine Auflösung dieses steuerfreien Betrages erfolgen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Walpurga Schneider-Kolovratnik, gegen die Bescheide des Finanzamtes für den 9., 18. und 19. Bezirk und Klosterneuburg in Wien betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für das Jahr 1999 entschieden:

Die Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 1999 wird als unbegründet abgewiesen.

Dieser angefochtene Bescheid bleibt unverändert. Der Bescheid betreffend Einkommensteuer 1999 wird abgeändert. Die Einkommensteuer wird für das Jahr 1999 festgesetzt mit € 0.

Bemessungsgrundlagen:


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ATS
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (= Einkommen)
-17.004
d.s.
-1.235,74

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Die Bw. hat mehrere Jahre das in ihrem Eigentum stehende, im Erbweg erworbene Haus H 7 vermietet. Nach einem Aktenvermerk des abgabenrechtlichen Erhebungsdienstes des Finanzamtes für den 9., 18. und 19. Bezirk und Klosterneuburg handelt es sich hierbei um ein ebenerdiges Haus mit ca. 80 m2 Wohnfläche; laut Bewertungsakt wurde als "Art des Grundstückes" "Einfamilienhaus" angeführt. Nachdem der Mieter im September 1998 ausgezogen war, wurde das Haus in den ersten Monaten des Jahres 1999, überwiegend im März und April, einer durchgreifenden Renovierung unterzogen und sodann mit Kaufvertrag vom gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG umsatzsteuerfrei veräußert.

Für die Reparaturaufwendungen wurde der Vorsteuerabzug beansprucht und die als Instandsetzungsaufwendungen qualifizierten Aufwendungen gem. § 116 Abs. 5 Z 2 lit. a EStG mit den in den Jahren 1994 und 1995 nach § 28 Abs. 5 EStG gebildeten steuerfreien Beträgen verrechnet.

Während das Finanzamt die Meinung vertritt, die Reparaturaufwendungen stünden im Zusammenhang mit der Liegenschaftsveräußerung, weshalb weder ein Vorsteuerabzug zustehe noch eine Verrechnung mit steuerfreien Beträgen hätte erfolgen dürfen, bringt die Bw. vor, dass ursprünglich kein Verkauf, sondern eine neuerliche Vermietung beabsichtigt gewesen sei. Bereits ab Oktober 1998, also unmittelbar nach Beendigung des letzten Mietverhältnisses, seien Kostenvoranschläge eingeholt und die Reparaturen in Auftrag gegeben worden.

Mittels Auskunftsersuchen vom wurde die Käuferin der in Rede stehenden Liegenschaft vom Finanzamt befragt, zu welchem Zeitpunkt die Bw. die konkrete Ansicht zum Verkauf des Hauses gehabt hätte. Die Käuferin bezeichnete diesen Zeitpunkt mit Jänner 1999, ab Februar oder März sei sie in konkrete Verkaufsverhandlungen getreten.

Das Finanzamt wies sodann die Berufung mittels Berufungsvorentscheidung vom ab, in deren Begründung auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen Reparatur und Verkauf hingewiesen und auf die Aussage der Käuferin Bezug genommen wurde.

Im Vorlageantrag verwies die Bw. auf ihr Berufungsbegehren und legte der Eingabe das Schreiben eines Architekten vom bei, in dem dieser bestätigte, dass er im Oktober 1998 mit der Bw. nach einer Objektbesichtigung den Umfang der Instandhaltungsarbeiten, ausgelegt auf eine Neuvermietung ab Februar 1999, besprochen habe.

Über die Berufung wurde erwogen:

1) Umsatzsteuer 1999:

Der unabhängige Finanzsenat erachtet es aufgrund des oben angeführten Schreibens des Architekten vom als durchaus glaubwürdig, dass der Bw. nach Beendigung des Mietverhältnisses im September 1998 ursprünglich noch Vermietungsabsicht unterstellt werden kann.

Dies ändert aber nichts daran, dass diese Absicht zu einem späteren Zeitpunkt aufgegeben wurde. Der ebenfalls glaubwürdigen Aussage der Käuferin, dass dies im Jänner 1999 geschehen sei, wurde nicht entgegen getreten. Diese Aussage widerspricht auch keineswegs derjenigen des Architekten.

Damit sieht es der unabhängige Finanzsenat als erwiesen an, dass Kostenvoranschläge und Auftragserteilung vor Aufgabe der Vermietungsabsicht, Durchführung der Reparaturen und Zahlung aber danach erfolgten. Maßgeblich für die Abzugsfähigkeit von Vorsteuern (und auch von Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung) ist jedoch der Zeitpunkt der Reparaturdurchführung; da zu diesem keine Vermietungsabsicht bestanden hat, können die die Reparaturen betreffenden Vorsteuern keine Berücksichtigung finden.

Das (umsatzsteuerlich) gleiche Ergebnis würde allerdings auch eintreten, wenn die Vermietungsabsicht bejaht werden könnte; § 12 Abs. 11 UStG lautet nämlich:

"Ändern sich bei einem Gegenstand, den der Unternehmer für sein Unternehmen hergestellt oder erworben hat oder bei sonstigen Leistungen, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, die Voraussetzungen, die für den Vorsteuerabzug maßgebend waren (Abs. 3), so ist, sofern nicht Abs. 10 zur Anwendung gelangt, eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung eingetreten ist."

§ 12 Abs. 10 UStG ist deshalb nicht anwendbar, weil die Änderung der Verhältnisse durch den Verkauf des Hauses nicht in einem auf die Großreparatur folgenden, sondern im selben Jahr eingetreten ist. Daher hätte aus diesem Titel eine zum gleichen steuerlichen Ergebnis führende vollständige Berichtigung des Vorsteuerabzuges erfolgen müssen.

2) Einkommensteuer 1999:

Gemäß § 28 Abs. 5 EStG in der für die Jahre 1994 und 1995 geltenden Fassung war Voraussetzung für die Bildung eines steuerfreien Betrages unter anderem, dass die nach mietrechtlichen Vorschriften verrechnungspflichtigen Einnahmen sämtliche mit dem Grundstück (dem Gebäude) im Zusammenhang stehenden Werbungskosten überstiegen haben. Welche Einnahmen mietrechtlich verrechnungspflichtig sind, ergibt sich aus § 20 MRG.

Nun handelt es sich bei dem in Rede stehenden Gebäude um ein Einfamilienhaus. Auf Wohnungen in einem Wohnhaus mit nicht mehr als zwei selbständigen Wohnungen waren aber gemäß § 1 Abs. 4 Z.2 MRG - wiederum in der für 1994 und 1995 geltenden Fassung - die Bestimmungen des MRG nur teilweise, u. zw. im Wesentlichen nur betreffend Kündigungsschutz, Eintrittsrecht und Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag, anwendbar. Die Zinsbildung erfolgt hingegen frei und unterliegt auch nicht § 20 MRG.

Mangels verrechnungspflichtiger Mieteinnahmen bestand daher 1994 und 1995 keine Berechtigung zur Bildung eines steuerfreien Betrages nach § 28 Abs. 5 EStG. Ein zu Unrecht gebildeter steuerfreier Betrag kann aber auch nicht 1999 aufgelöst werden; dies unabhängig davon, ob verfahrensrechtlich die Möglichkeit besteht, die unrichtigen Einkommensteuerbescheide 1994 und 1995 nachträglich abzuändern. Verwiesen wird auch darauf, dass die Höhe des steuerfreien Betrages nicht Spruchbestandteil des Einkommensteuerbescheides ist (), weshalb auch keine bindende diesbezügliche Feststellung in den Jahren der Bildung erfolgt ist.

Unter Bezugnahme auf die Ausführungen unter Punkt 1 wurde daher ein Verlust in Höhe von € - 1.235,74 angesetzt. Da im Bereich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung keine Möglichkeit eines Verlustvortrages besteht, wird ergänzend darauf hingewiesen, dass die Bw. durch das Unterbleiben der Berücksichtigung eines höheren Verlustes, etwa aus dem Titel von Instandsetzungszehnteln, nicht beschwert sein kann.

Wien,

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Vermietungsabsicht
Vorsteuerberichtigung
verrechnungspflichtige Einnahmen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at