Keine Umsatzsteuerschuld und kein Vorsteuerabzug auf Grund formal mangelhafter Rechnung
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/0150-L/02-RS2 | Eine in einer formal mangelhaften Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer kann nicht als Vorsteuer abgezogen werden. |
Folgerechtssätze | |
RV/0150-L/02-RS1 | wie RV/0153-G/02-RS1 Die Rechtsfolgen des § 11 Abs.14 UStG 1994 treten für den Rechnungsaussteller auch dann ein, wenn er mit der von ihm in der Rechnung genannten Person nicht ident ist (hier: Der Rechnungsaussteller hat sich in den von ihm ausgestellten Rechnungen des Namens einer anderen Person bedient); fehlt jedoch in einer Rechnung ein Rechnungsbestandteil zur Gänze (zB die Angabe des Leistungszeitraumes), so kann durch deren Ausstellung der Tatbestand des § 11 Abs.14 UStG 1994 nicht erfüllt sein. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bwin., vertreten durch Dr. Hermann Aflenzer gegen die Bescheide des Finanzamtes Urfahr betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftssteuer für das Jahr 1995 entschieden: Der Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1995 wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Berufung gegen den Bescheid betreffend Körperschaftssteuer für das Jahr 1995 wird gemäß § 256 Abs. 3 BAO als gegenstandslos erklärt.
Der Bescheid betreffend Körperschaftssteuer für das Jahr 1995 bleibt unverändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Umsatzsteuer 1995 betragen:
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Gesamtbetrag der
Entgelte | 8.495,28
€ (116.897,64 S) |
20% Umsatzsteuer | 1.699,06
€ (23.379,53 S) |
Gesamtbetrag der
Vorsteuern | 4.109,33
€ (56.545,62 S) |
Gutschrift | 2.410,00
€ (33.166,00 S) |
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Die Bwin befasste sich nach der Aktenlage mit der Abhaltung von Seminaren. Aufgrund der beim FA am eingelangten Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 1995 ergab sich eine Umsatzsteuer Gutschrift in Höhe von 43.933,00 S (3.192,74 €).
Mit Vorhalt vom wurde die Bwin unter anderem aufgefordert, belegmäßig dieses Guthaben, insbesondere auch die Anschaffungen betreffend die Positionen 1 bis 5 der "Afa-Liste" nachzuweisen. Aufgrund einer im Rahmen einer UVA Prüfung durchgeführten Belegdurchsicht war aktenkundig, dass die in der Buchhaltung für die Positionen 1 bis 4 vorhandenen Belege keine Umsatzsteuer auswiesen.
Die aufgrund des Vorhalts am beim FA vorgelegten Belege zu den fraglichen Lieferpositionen weisen nun 20% Umsatzsteuer aus, enthalten aber kein Lieferdatum (und kein Ausstellungsdatum). Die Belege enthalten lediglich nicht unterfertigte Hinweise "Rechnungsbetrag dankend erhalten am...".
Niederschriftlich gaben die auf den Belegen angeführten Verkäufer gegenüber dem FA als Auskunftspersonen an, dass die Verkäufe der gegenständlichen Büroeinrichtungsgegenstände aus dem Privatvermögen und demgemäss auch ohne Umsatzsteuerausweis auf den ausgestellten Belegen erfolgt seien. Die nunmehr vorgelegten und Umsatzsteuer ausweisenden Rechnungen seien weder von den Verkäufern ausgestellt noch an diese jemals übermittelt worden.
In dem am ergangenen Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1995 schrieb das FA der Bwin eine Steuerschuld kraft Rechnungslegung nach "§ 11 UStG 1994" in Höhe von 9.166,67 S vor. Darüber hinaus verweigerte das Finanzamt mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 12 UStG 1994 den Abzug dieser Umsatzsteuer als Vorsteuer. Erforderlich sei dies nach dem Schreiben des FA vom im Wesentlichen deshalb, da die von den Verkäufern ausgestellten Rechnungen keine Umsatzsteuer ausweisen würden und nicht mit den dem FA vorgelegten Belegen ident seien. Aufgrund einer weiteren (nicht strittigen) Vorsteuerkürzung ergab sich sodann eine verminderte Umsatzsteuer-Gutschrift in Höhe von 23.999,- S.
In der gegen die Vorschreibung der Steuerschuld kraft Rechnungslegung und gegen die Versagung des Vorsteuerabzugs eingebrachten Berufung brachte die Bwin vor: Nachdem der Verkäufer auf den "Übernahmequittungen" lediglich den Vermerk "inklusive 20 % USt" angebracht habe, seien der Bwin auf Anraten des Steuerberaters neue Belege in korrigierter Form zugestellt worden. Da es nachweislich auch zu einem Geldfluss gekommen sei, möge die Steuerschuld kraft Rechnungslegung storniert und der Vorsteuerabzug aus den betroffenen Rechnungen anerkannt werden.
Auf Vorhalt des FA wurden mit Schreiben vom dem FA die ursprünglich vom Verkäufer ausgestellten Belege vorgelegt. Diese weisen keinen Lieferzeitpunkt und keine Umsatzsteuer aus. Es findet sich auf diesen Belegen auch kein Hinweis "inklusive 20% Ust". Sie weisen lediglich folgende Formulierung aus: "Kaufpreis ATS Betrag incl." und "Rechnungsbetrag dankend in Bar erhalten am Datum" und Unterschrift des Verkäufers.
Das FA hat diese Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. Begründet wurde die Abweisung im Wesentlichen damit, dass ein Vorsteuerabzug nur aufgrund einer von einem anderen Unternehmer ausgestellten Rechnung möglich sei. Da die in den Belegen angeführten Verkäufer nicht Unternehmer gewesen seien, wäre ein Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Darüberhinaus sei die Umsatzsteuer nach "§ 11" vorzuschreiben, da aufgrund des selben Schriftbildes der vorgelten Belege und der Eingaben der Bwin sowie der glaubhaften Aussagen der Verkäufer angenommen werden müsse, dass die Bwin die (die Umsatzsteuer ausweisenden) Rechnungen selber ausgestellt hätte.
Gegen diese Berufungsvorentscheidung stellte die Bwin mit Schreiben vom einen Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Mit Berufungsvorlage vom wurde die gegenständliche Berufung an die Abgabnebehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorgelegt.
Mit Schreiben vom wurde der Vorlageantrag betreffend den ursprünglich ebenfalls mit Berufung bekämpften Körperschaftssteuerbescheid für 1995 zurückgezogen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäss § 11 Abs. 14 UStG 1994 schuldet derjenige den Umsatzsteuerbetrag, der in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt. Nach der Rechtsprechung des VwGH (vgl. Erkenntnisse vom , 2001/14/0023; , 99/14/0062) kann zwar auch eine Person, die mit der auf der Rechnung als leistender Unternehmer ausgewiesenen Person nicht ident ist, den Tatbestand des § 11 Abs. 14 UStG 1994 auslösen. Nach dieser Rechtsprechung kann aber eine Rechnung, welche nicht zur Gänze den formalen Voraussetzungen des § 11 UStG 1994 entspricht, zu keine Umsatzsteuerschuld kraft Rechnungslegung führen. Der Zweck des § 11 Abs. 14 UStG 1994 besteht eben darin, einen ungerechtfertigten Vorsteuerabzug zu verhindern.
Nach § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 setzt der Vorsteuerabzug unter anderem das Vorliegen einer in formaler Hinsicht dem § 11 Abs. 1 entsprechenden Rechnung, die von einem anderen Unternehmer ausgestellt wurde, voraus. Fehlt einer als Rechnung bezeichneten Urkunde etwa der Lieferzeitpunkt, vermag dieser Beleg keinen Anspruch auf Vorsteuerabzug zu begründen.
Aufgrund des Akteninhalts und der vorgelegten Belege ist davon auszugehen, dass die Bwin die gegenständlichen Belege (mit Ust-Ausweis) selbst erstellt hat. Da diese Belege keinen Zeitpunkt der Lieferung aufweisen, entsprechen diese nicht dem § 11 Abs. 1 UStG 1994. Schon aus diesem Grund vermögen diese Belege nach der jüngeren Rechtsprechung des VwGH weder einen Anspruch auf Vorsteuerabzug noch eine Steuerschuld aufgrund Rechnungslegung auszulösen. Das Vorliegen der Unternehmereigenschaft der Verkäufer oder das Zugehen einer eventuell erstellten Gutschrift an die Verkäufer war daher nicht näher zu untersuchen.
Aus den angeführten Gründen ist zusammenfassend festzuhalten, dass die Vorschreibung der Umsatzsteuer kraft Rechnungslegung zu Unrecht erfolgte, der Abzug der ausgewiesenen Steuer aber zu versagen ist, weshalb spruchgemäss zu entscheiden war.
Da der Vorlageantrag hinsichtlich des ursprünglich ebenfalls angefochtenen Körperschaftssteuerbescheides für das Jahr 1995 mit Schreiben vom zurückgezogen wurde, war diese Berufung gemäß § 256 Abs. 3 BAO als gegenstandslos zu erklären.
Linz,
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 11 Abs. 14 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Schlagworte | Rechnungsausstellung Rechnungsbestandteile Umsatzsteuerschuld für Ausstellung von Scheinrechnungen Vorsteuerabzug aus mangelhaften Rechnungen |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
OAAAB-56479