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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 21.03.2003, RV/0585-G/02

Vorsoll ist kein Spruchbestandteil

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0585-G/02-RS1
Der Spruch des Umsatzsteuerjahresbescheides umfasst nicht das Vorsoll (erkennbar aus: "bisher war vorgeschrieben", "...ergibt sich eine Nachforderung"). Der Aussage über das Vorsoll und die Differenz zwischen dem "Vorsoll" und der Abgabenhöhe kommt jedenfalls dann ausschließlich Informationscharakter zu, wenn für diese Differenz keine Fälligkeit festgesetzt wird.
RV/0585-G/02-RS2
Der ausländische Unternehmer bleibt trotz der Einbehaltungs- und Abfuhrpflicht des Leistungsempfängers gemäß § 27 Abs. 4 UStG 1994 kumulativ Steuerschuldner (er ist nicht "Haftender"). Bei allenfalls vereinbarungswidrigem Verhalten eines Leistungsempfängers iSd § 27 Abs. 4 UStG 1994 kann dies nur durch eine zivilrechtliche Auseinandersetzung und weder durch die Bekämpfung des Vorsolls im Bemessungsbescheid noch durch ein Abrechnungsbescheidverfahren nach § 216 BAO geklärt werden.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Ingrid Seeling gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 1997 in der gemäß § 293 BAO berichtigten Fassung vom entschieden:

Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Auf der Grundlage der vom oa. steuerlichen Vertreter unterfertigen Umsatzsteuererklärungen 1997 erging unter dem der Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1997, in welchem die Veranlagung - hinsichtlich Bemessungsgrundlage, Steuersatz, Steuerbetrag und Vorsteuer - unverändert bzw erklärungsgemäß erfolgte.

Trotzdem brachte die steuerliche Vertreterin innerhalb zweimal verlängerter Rechtsmittelfrist gegen diesen Bescheid, gerichtet an die D. Kft (= Korlatolt felelössegü tarsasag, entspricht der GesmbH im österr. Recht), mit Schriftsatz vom das Rechtsmittel der Berufung ein, wobei der Bescheid mit der Datumsangabe, der Abgabenart und der Steuernummer, aber auch dem "Berufungsbegehren" und dem "Antrag" inhaltlich objektiv ausreichend nach den Inhaltserfordernissen des § 250 Abs 1 BAO konkretisiert ist (cf. Ritz, BAO², § 85 Tz 1), sodass die in der Berufung im Rubrum angeführte Bezeichnung "Herrn G. D." nicht zum Anlass einer Zurückweisung "a limine" wegen fehlender Aktivlegitimation zu nehmen sein wird. In diesem Zusammenhang wird auf die Eingabe der steuerlichen Vertreterin vom über die Verlegung des Wohn- und Berufssitzes nach Ungarn und den Firmennamen und die Adresse "D. Kft" sowie den auf D. Kft lautenden Fragebogen anlässlich der Erteilung einer Steuernummer für ausländische Unternehmer, eingegangen beim Finanzamt Graz-Stadt am , und den aus dem Ungarischen übersetzten Gesellschaftsvertrag vom hingewiesen, der in seinem Punkt 13 G. D. als (Allein)Geschäftsführer für die ersten fünf Jahre ausweist.

In dieser Berufung, erstellt - wie erwähnt - von einem berufsmäßigen Parteienvertreter, ist als unmissverständliche Anfechtungserklärung (§ 250 Abs 1 lit b BAO) enthalten: "Die Berufung richtet sich gegen die Höhe der gutgeschriebenen Vorauszahlungen" und wird weiter der Antrag (§ 250 Abs 1 lit c BAO) gestellt, die Vorauszahlungen mit 54.630,00 S (dieser Betrag wurde in der USt-Erklärung vom als entrichtete Vorauszahlungen bzw durchgeführte Gutschriften angeführt) und die Umsatzsteuer- und Vorsteuerbeträge laut der in den nächsten Tagen nachzureichenden berichtigten USt-Erklärung für 1997 abzuändern. Dieser Ankündigung folgte die Abgabe einer berichtigten USt-Erklärung für 1997 vom 28. Jänner1999, die das Finanzamt zum Anlass einer damit korrespondierenden Bescheiderlassung gemäß § 293 BAO vom genommen hat, welche im Hinblick auf ihre eingeschränkten Rechtswirkungen (vgl. Ritz, BAO², § 293, Tz 19) bzw das Hinzutreten dieses Berichtigungsbescheides zur angefochtenen Erstfassung bzw dessen Einbeziehung in das ggst. Berufungsverfahren (vgl. Ritz, BAO², § 293 Tz 21) nicht von (gesonderter) Relevanz für die ggst. Entscheidung ist.

In der Berufung verwies die Bw begründend darauf, dass die Leistungen des Bw nicht als solche für Werbe- und Öffentlichkeitsarbeit iSd § 3a Abs 10 UStG (Katalogleistungen) anzusehen seien, weshalb § 19 UStG nicht zur Anwendung komme. Da auch die Verordnung BGBl 800/1974 nicht angewendet wird, unterlägen die Umsätze daher § 27 Abs. 4 UStG (=Verpflichtung des Leistungsempfängers zur Einbehaltung der USt und zu deren Abfuhr auf Namen und für Rechnung des leistenden Unternehmers an das für diesen zuständige Finanzamt unter gleichzeitiger Haftung des Leistungsempfängers für diese Steuer).

Die Bw sei demnach ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachgekommen und habe alle Unterlagen zur Verfügung gestellt, die der Ermittlung der einzelnen Bemessungsgrundlagen, Umsatzsteuerbeträge und der Leistungsempfänger möglich machten. Aus dem UStG könne für die Bw keinerlei Haftung "für die von einzelnen Leistungsempfängern nicht oder falsch abgeführten Beträge" (!) abgeleitet werden.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung vom als unbegründet abgewiesen. Neben dem Hinweis auf die entsprechend der berichtigten USt-Erklärung für 1997, eingegangen am , mit Berichtigungsbescheid gemäß § 293 BAO vom festgesetzte Bemessungsgrundlage und Vorsteuer wurde in der Begründung ausgeführt, dass dem Antrag, die auf die sich ergebende USt-Schuld anzurechnenden Vorauszahlungen mit 54.630,00 S festzusetzen, entgegenzuhalten war, dass Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Abgabepflichtigen und der Abgabenbehörde über die Erfüllung eines Tilgungstatbestandes im Wege eines zu beantragenden Abrechnungsbescheides iSd § 216 BAO auszutragen sind und dass die Haftung der inländischen Leistungsempfänger für die Einbehaltung und Abfuhr von Umsatzsteuer gemäß § 27 Abs. 4 UStG 1994 die Inanspruchnahme des ausländischen Unternehmers nicht ausschließe.

Innerhalb mehrmals verlängerter Frist wurde mit Schreiben vom der Antrag auf Vorlage der Berufung gegen den USt-Bescheid 1997 vom an die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt und ausdrücklich nochmals die Anfechtungserklärung (§ 250 Abs. 1 lit. b BAO) mit dem gleichen Wortlaut wie in der Berufung wiederholt ("Die Berufung richtet sich gegen die Höhe der für 1997 gutgeschriebenen Vorauszahlungen") und der Antrag gestellt, die Vorauszahlungen mit 54.630,00 S statt mit 33.031,00 S gutzuschreiben.

In der Begründung wurde unter Bezugnahme auf § 27 Abs. 4 UStG reklamiert, dass "Herr D." seinen gesetzlichen Verpflichtungen nachgekommen sei, die auf den Rechnungen ausgewiesene USt nicht erhalten habe und andererseits auf jeder Rechnung vermerkt habe, dass die USt an das Finanzamt Graz-Stadt unter seiner Steuernummer einzuzahlen ist. Es könne sich nur um Fehlbuchungen oder Fehldeklarationen (schwierige Zuordnung der Zahlungen, wenn von Leistungsempfängern USt-Beträge von mehreren Rechnungen bezahlt werden) handeln, und habe sich "Herr D." bereit erklärt, aktiv an der Aufklärung mitzuwirken.

Rein rechtlich könne die Initiative nur vom Finanzamt ausgehen, da es laut § 27 Abs. 4 UStG "Herrn D." untersagt ist, die USt einzubehalten. Schon gar nicht könne aus dem UStG die Möglichkeit abgeleitet werden, die Umsatzsteuerbeträge nachträglich zu vereinnahmen und an das Finanzamt abzuführen. Eine allfällige Haftung gemäß UStG bzw BAO könne nur als Ausfallshaftung verstanden werden und nicht als reines Wahlrecht des Finanzamtes, von wem der Umsatzsteuerbetrag einzufordern ist, wie in der Berufungsvorentscheidung zitiert wurde. Ohne Versuch einer Aufklärung seitens des Finanzamtes könne auch keine allfällige Ausfallshaftung entstehen. Außerdem spricht § 27 Abs. 4 von einer Haftung des Leistungsempfängers, falls dieser schuldhaft nicht einbehalten hat. Ohne Mitwirkungen der Bw durch korrekte USt-Erklärungen wäre der Fall beim Finanzamt gar nicht evident. Die Ausführungen der steuerlichen Vertreterin schließen mit der Frage, wo denn daher eine Schuldhaftigkeit bei ihrem Mandanten zu sehen sei.

Das Finanzamt hat sodann die von der Bw schon bisher (Anlagen 1 bis 3 zur "USt-VA für das Kalenderjahr 1997" vom , beinhaltend gleiche Ziffern wie die USt-Jahreserklärung 1997 vom ; Anlagen betreffend Ausgangsfakturen mit Bruttobetrag und [glaublich] an das Finanzamt abgeführter Umsatzsteuer) und mit Eingaben der steuerlichen Vertreterin vom übermittelten Ausgangsfakturen sehr wohl zum Gegenstand weiterer Überprüfungen (Ermittlungen) gemacht.

Mit Schreiben der steuerlichen Vertreterin vom wurden Listen der u.a. das Jahr 1997 betreffenden Beträge, die auf den Abgabenkonten nicht eingegangen sind, mit dem Ersuchen um Kontrolle, ob sich diese Beträge auf dem Evidenzkonto noch befänden, übermittelt.

Mit Vorhalt vom betreffend "Vorlageantrag - USt 1997" wurden weitere Ermittlungshandlungen des Finanzamtes bezüglich auf dem Verwahrungskonto verbuchter Zahlungen für die Bw. angekündigt und die Mitwirkung der Bw hinsichtlich größerer Kunden (Austria Tabak) bezüglich deren Kontoauszügen mit Überweisungsdaten der USt-Zahlungen angefordert.

Im Akt finden sich in weiterer Folge unter dem Datum 24. bzw behördliche Vermerke, dass alle Zahlungen, die im Vormerk für drei Jahre waren, ordnungsgemäß verrechnet wurden (in Verwahrung betr. D. Kft) unter Steuernummer XY, dass für Nachforschungen Zahlungsbestätigungen erforderlich wären; dass keine Einzahlungen von Austria Tabak in Verwahrung sind [Austria Tabak war Hauptleistungsempfänger laut neuer Anlage 1 über netto 148.015,00 S].

Schließlich findet sich auf dem Vorhalt vom der amtliche Vermerk, dass laut Steuerberaterin der Akt der Finanzlandesdirektion vorgelegt werden möge und dass erst jetzt durch die Genannte der ATW- (Austria Tabakwerke) Kontoauszug überprüft werde.

Letztlich soll nicht unerwähnt bleiben, dass laut Aktenvermerk vom gegenüber Herrn S. auf Seiten der steuerlichen Vertretung in einem Telefonat abermals darauf hingeweisen wurde, dass das Vorsoll nicht Spruchbestandteil des Umsatzsteuerbescheides ist und dass es der "korrekte" Weg wäre, einen Abrechnungsbescheid zu verlangen und dann allenfalls dagegen zu berufen. Der Angerufene (Herr S.) meinte, dass die Leistungsempfänger womöglich gar nicht eingezahlt hätten, sondern diese Rechnungen falsch verbucht hätten. Die Organwalterin des Finanzamtes ersuchte demnach den Angerufenen einen Abrechnungsbescheid zu verlangen und dann der Behörde (USt-Referat) davon eine Kopie zukommen zu lassen. Nach Bereinigung des Vorsolls werde der Vorlageantrag zurückgezogen werden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Mit Erkenntnis vom , 2001/14/0203, hat der VwGH das Vorsoll eines Umsatzsteuerbescheides nicht dem Spruch desselben zugeordnet. Er hob darin einen Aufhebungsbescheid nach § 299 BAO auf, da für einen derartigen Aufhebungsbescheid keine rechtliche Handhabe bestand, weil die aufgehobenen Umsatzsteuer-Jahresbescheide nicht über eine kassenmäßige Gebarung absprechen bzw abgesprochen haben. Mit den aufgehobenen USt-Jahresbescheiden wurde weder über die Erlassung eines Abrechnungsbescheides nach § 216 BAO abgesprochen - in Parenthese sei darauf verwiesen, dass auch im Gegenstandsfall ein Antrag iSd § 216 BAO trotz Hinweises des Finanzamtes gerade nicht gestellt wurde bzw offenkundig vermieden werden sollte - , noch stehen die Wirkungen eines USt-Jahresbescheides der Erlassung eines solchen Abrechungsbescheides entgegen.

Die Aussage über das "Vorsoll" gehört - auch wenn sie in der optischen Bescheidgestaltung dem Spruchteil zugeordnet ist - nicht zum normativen Abspruch des Bescheides.

Die Berechnung der Differenz zwischen der aktuellen Steuerfestsetzung und der bisherigen Festsetzung (bzw Selbstberechnung und Erklärung) der Steuer wird nur zur Nachricht übermittelt, quasi als Serviceleistung. Auch Rechtsschutzüberlegungen gebieten es nicht, dass diese Differenz zum normativen Inhalt des Bescheides gehört. Diesbezüglich hat sich der VwGH schon im Erk vom , 92/13/0130, geäußert, dass in einem Umsatzsteuerbescheid stets die für ein bestimmtes Jahr insgesamt geschuldete Umsatzsteuer festgesetzt wird, ohne Rücksicht darauf, ob und in welcher Höhe diese Umsatzsteuer bereits durch Vorauszahlungen entrichtet wurde. "Die Berücksichtigung von Vorauszahlungen erfolgt im Wege der Verrechnung auf dem Abgabenkonto und führt dort zu einer entsprechenden Gutschrift".

Im Einzelnen hielt der VwGH der Ansicht der bel. Beh. entgegen, "dass die Worte "bisher war vorgeschrieben" oder "...ergibt sich eine Nachforderung" der in Rede stehenden Bescheidteile erkennen lassen, dass diese Teile nicht zum Spruch des Bescheides gehören. Der Aussage über das Vorsoll und der Differenz zwischen dem Vorsoll und der Abgabenhöhe kommt jedenfalls dann ausschließlich Informationscharakter zu, wenn für diese Differenz keine Fälligkeit festgesetzt wird. Dieser Teil der Bescheide bringt in einem solchen Fall keinen normativen Willen der Behörde zum Ausdruck. Im Übrigen erwähnt auch § 198 Abs 2 BAO das Vorsoll nicht.

Der VwGH nimmt damit auch ausdrücklich auf § 198 Abs. 2 Satz 3 BAO Bezug, wonach sich, wenn auf diesen Umstand hingewiesen wird (dabei handelt es sich eben um einen Hinweis, keinen normativen Spruchbestandteil), in Sachverhalten, wo die Fälligkeit einer Abgabenschuldigkeit bereits vor deren Festsetzung eingetreten ist, sich eine nähere Angabe über den Zeitpunkt der Fälligkeit der festgesetzten Abgabenschuldigkeit erübrigt.

Dementsprechend enthalten Umsatzsteuer-Jahresbescheide (wie der gegenständliche vom idF vom gemäß § 293 BAO) mit Nachforderungen im Hinblick auf die Fälligkeitsregelung in § 21 Abs. 1 UStG und die dezidierte Anordnung in § 21 Abs. 5 UStG, wonach durch eine Nachforderung auf Grund der Veranlagung keine von Abs 1 abweichende Fälligkeit begründet wird (vgl. Ritz BAO², § 198 Tz 4; Ruppe, UStG 1994², § 21 Tz. 41; Ellinger/Bibus/Ottinger, Abgabeneinhebung, Orac, Wien 1995, § 210 Tz. 9), den Hinweis:"Dieser Betrag war bereits fällig".

Der VwGH vertritt demnach - entgegen Ritz, BAO², § 198 Tz. 15 - die Rechtsmeinung, dass die Aufzählung der Spruchbestandteile durch § 198 Abs. 2 BAO taxativ ist und daher im Bereich von Selbstbemessungsabgaben wie der USt das auf den dem Finanzamt bekannt gegebenen Verrechnungsweisungen bzw eingezahlten Beträgen des Steuer- oder des Abfuhrpflichtigen (nach § 27 Abs. 4 UStG) beruhende "Vorsoll" nicht Spruchbestandteil ist.

Nur § 216 BAO bietet die taugliche und wirksame Handhabe durch eine der Rechtskraft fähige behördliche Erledigung Meinungsverschiedenheiten über die Erfüllung bestimmter Tilgungstatbestände herbeizuführen, egal ob diese aus der Sphäre des Abgabepflichtigen oder der Behörde herrühren, zumal kassentechnische Vollziehungsakte (Buchungen) nicht bescheidmäßig erfolgen und nicht der Rechtskraft fähig sind (Ritz, BAO², § 216 Tz. 1).

Korrespondierend damit stellt das Vorsoll - als Summe der aus den USt-Voranmeldungen bzw USt-Abfuhren iSd § 27 Abs. 4 UStG resultierenden Buchungen auf dem Abgabenkonto - innerhalb des USt-Jahresbescheides keinen Spruchbestandteil dar, zumal dem Gesetzgeber nicht zu unterstellen ist, er wolle dem Abgabepflichtigen die Möglichkeit bieten, etwaige Versäumnisse, sich Klarheit über die kassentechnischen Gebarungsakte (durch Antrag auf Erlassung eines Abrechnungsbescheides) zu verschaffen bzw selbst erteilte unrichtige Verrechnungsweisungen außerhalb der Frist des § 214 Abs. 5 BAO (= Berichtigungsmöglichkeit innerhalb zweier Monate ab Erteilung der unrichtigen Weisung; durch BGBl I 142/2000 ab auf drei Monate verlängert) im Wege der Bekämpfung des Jahresveranlagungsbescheides (!) mit dem Antrag auf Abänderung der bisher vorgeschriebenen Beträge (= Vorsoll) zu sanieren (vgl. FJ 1/1997, 22 "Die Bedeutung und die rechtliche Qualifikation des Vorsolls im Abgabenbescheid").

In diesem Zusammenhang und anlässlich ihrer Ausführungen in der Berufung, wonach für die Bw. aus dem UStG keinerlei Haftung für die von einzelnen Leistungsempfängern nicht oder falsch abgeführten Beträge (!) ableitbar wäre, ist die Bw. daran zu erinnern, dass allfällige Umbuchungs- oder Überrechnungsanträge (der abfuhrpflichtigen Leistungsempfänger iSd § 27 Abs. 4 UStG auf das Abgabenkonto der Bw.) nicht nur keine Verrechnungsweisungen iSd § 214 Abs. 4 BAO darstellen, sondern auch sich § 214 Abs 4 BAO andererseits nur auf Verrechnungsweisungen ein und desselben Abgabepflichtigen hinsichtlich eines bestimmten (für ihn selber eröffneten) Abgabenkontos bezieht (vgl auch Ritz, BAO², § 239 Tz. 4 und 5: hinsichtlich der Verfügungsberechtigung bei Rückzahlungen im Fall irrtümlicher Einzahlung) und schließlich Umbuchungen bzw Überrechnungen zugunsten eines anderen Abgabepflichtigen - zB zugunsten der Bw von Abgabenkonten der Leistungsempfänger iSd § 27 Abs. 4 UStG) - nur unter der Voraussetzung des § 215 Abs. 4 BAO bezüglich deren Abgabenkonten, beantragt werden können (cf. Kolacny/Mayer, UStG² (1997), § 27 Tz. 12 aE, betr. Umbuchungen vom Sammelkonto auf das Steuerkonto des ausländischen Unternehmers).

Daraus erhellt mit aller Deutlichkeit, dass die Folgen derartiger - unter Umständen diffiziler - Gebarungsfragen nicht Inhalt des Spruches des Abgabenbescheides sein können, sondern dem dafür eigens vorgesehenen Verfahren nach § 216 BAO vorbehalten bleiben müssen (cf ; , 81/15/0126: kein abgabenrechtlicher Eingriff in das autonome Verfügungsrecht eines anderen Kontoinhabers, bzw kein Recht, die Gesetzmäßigkeit der Verrechnung auf dem Abgabenkonto eines anderen Abgabepflichtigen anzuzweifeln, außer auf dem Wege des Zivilrechts; cf Ritz, BAO², § 215 Tz. 12; ; , 1131/59; , 94/15/0033, und zivilrechtliche Judikatur).

Aus welchen Erwägungen auch immer - zB wegen noch aufrechter Geschäftsbeziehungen zu Leistungsempfängern? - die Bw diese zivilrechtliche Auseinandersetzung trotz ihrer Ausführungen am Ende der Berufungsschrift scheut (vgl Ruppe UStG 1994², § 27 Tz. 21; Rau/Dürrwächter et alii, dUStG-Komm. § 18 Tz. 856.2 u. 856.3) bzw auf einen Nachweis der Abführung der Umsatzsteuer an das Finanzamt durch die Leistungsempfänger "verzichtet", welchem zivilrechtlich Erfüllungswirkung zukäme, kann ohne Kenntnis der zivilrechtlichen Vereinbarungen (Brutto- oder Nettobetrag unter Anrechnung des Abfuhrbetrages zwischen Leistendem [Bw] und Leistungsempfängern vereinbart?) nicht beurteilt werden und muss die Bw als Leistende in der Regel selbst wissen, ob sie den Brutto- oder den Nettobetrag vereinnahmt hat (cf zB EvBl 1998/83: Im Anwendungsbereich des § 27 Abs. 4 UStG 1994 steht dem ausländischen Unternehmer grundsätzlich nur der vereinbarte Preis unter Abzug der geschuldeten [vom inländischen Leistungsempfänger abzuführenden] Umsatzsteuer zu; Arnold, Schuld und Haftung im Steuerrecht, Orac 2000, Rz 198, Fn 222b, Schriften zum österreichischen Abgabenrecht, Bd 41). MaW sind keinerlei Gründe eingewendet worden bzw erkennbar, die die Bw daran gehindert hätten, stichprobenweise die Überweisungen von Umsatzsteuer der (inländischen) Leistungsempfänger auf ihr Abgabenkonto beim Finanzamt Graz-Stadt laufend und nicht erst im Nachhinein nach Bescheiderlassung des Jahresbescheides zu überprüfen.

Bei vereinbarungswidrigem Verhalten eines Leistungsempfängers durch Nichtabfuhr der USt trotz Zahlung des bloßen Nettoentgelts an die Bw bleibt dieser nur die zivilrechtliche Auseinandersetzung und kann das Prozessrisiko letztlich auch nicht im Wege eines Abrechnungsbescheidverfahrens nach § 216 BAO - auch im Abrechnungsverfahren trifft die Partei die Behauptungslast und die Konkretisierungspflicht hinsichtlich der Frage der strittigen Verrechnungsvorgänge und Gebarungskomponenten; vgl. Ritz, BAO², § 216 Tz. 5 aE, - und schon gar nicht im Wege einer Berufung gegen die Abgabenfestsetzung (unter Bekämpfung des vermeintlich unrichtigen Vorsolls) auf die Behörde - über die im konkreten Fall ohnedies getroffenen Ermittlungshandlungen hinausgehend - überwälzt werden.

Den Ausführungen im Vorlageantrag bezüglich "Haftung" der Bw ist konzis zu entgegnen:

Die Pflichten des ausländischen Unternehmers, die sich aus dem UStG ergeben, werden durch eine Haftungsbestimmung für den Leistungsempfänger grundsätzlich nicht berührt (Kolacny/Mayer, UStG (1997)², § 27 Anm 10 [vgl ]). Der ausländische Unternehmer bleibt Steuerschuldner (nicht: "Haftender") in den Fällen des § 27 Abs. 4 UStG (vgl K-S-W, § 25 Anm. 26; Haunold, Mehrwertsteuer bei sonstigen Leistungen, Linde 1997, S. 299, Fn 78). Die Verpflichtung des Leistungsempfängers zur Einbehaltung und Abführung der USt im Namen und für Rechnung des leistenden Unternehmers lässt die Steuerschuld des ausländischen Unternehmers für die (seine) im Inland ausgeführten Lieferungen und sonstigen Leistungen unberührt. Die Einbehaltungs- und Abfuhrpflicht des Leistungsempfängers gemäß § 27 Abs. 4 UStG dient vielmehr - kumulativ - der Sicherung des Steueraufkommens durch Etablierung einer verschuldensunabhängigen Haftung (cf. Arnold, Schuld und Haftung im Steuerrecht, Orac 2000, Rz 12, Schriften zum österreichischen Abgabenrecht, Bd 41). Die eigene - daher keine Haftung, letztere in der Regel für fremde Schuld, Ritz, BAO², § 7 Tz 1 - Steuerschuld des ausländischen Unternehmers erlischt grundsätzlich erst mit der Zahlung durch den Steuerschuldner (hier: den ausländischen Unternehmer = die Bw) oder den Haftungspflichtigen (Abfuhrpflichtigen nach § 27 Abs. 4 UStG).

Die Haftungsinanspruchnahme des Leistungsempfängers i.S.d.§ 27 Abs. 4 UStG ist aber - auch von der Bw unbestritten - nicht Gegenstand des Umsatzsteuerbescheides 1997 und besteht sonach keine Veranlassung zu diesbezüglichen Einlassungen in der ggst Entscheidung. In diesem Kontext soll aber nicht unerwähnt bleiben, dass die Bw nie dezidiert behauptet hat, welche Leistungsempfänger den Steuerabzug (die Steuerabfuhr) hinsichtlich einzelner Rechnungen unterlassen hätten; ein Umstand, der im Hinblick auf die grundsätzliche Subsidiarität der Haftung (cf ; , 91/16/0045; Ritz, BAO², § 224 Tz. 2 und 3; dort Erwähnung der § 27 Abs. 4 UStG-Haftung) von Relevanz wäre und welches nicht existente Vorbringen der Bw eben keinen konkreten Anhaltspunkt für die Inanspruchnahme einzelner Leistungsempfänger als Haftungspflichtiger bietet (geboten hat).

Stoll, BAO, 2684, führt aus, dass "die Berufungsbehörde eine Frage nicht entscheiden kann und darf, die gar nicht Gegenstand des vorangegangenen Verfahrens war und auch nicht vom Spruch des angefochtenen Bescheides umschlossen ist. Eine solche Frage, die im Wege einer Berufung in das Verfahren eingebracht wurde, die aber nicht Angelegenheit des erstinstanzlichen Verfahrens war und nicht den Inhalt des Spruches der Abgabenbehörde erster Instanz gebildet hat, darf im Rechtsmittelverfahren nicht in sachliche Behandlung genommen werden. Die Berufungsbehörde darf also nicht ein anderes Thema zum Gegenstand ihrer Entscheidung machen, als es jenes war, das ihr durch den Gegenstand des Verfahrens in der vorhergehenden Rechtstufe - die Sache also - vorgezeichnet ist (vwGH , 1850/65 A). Die Berufungsbehörde würde, wenn die Partei mit ihrer Berufung über diese Grenzen hinaus geht, über den Bereich also, der durch den Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens vorgegeben war, dann, wenn sie in diese von der Berufung vorgebrachte Frage sachlich eingeht und meritorisch entscheidet, über eine nicht mit dem erstinstanzlichen Verfahren übereinstimmende Sache, sondern über ein anderes Verfahrensobjekt absprechen (vgl /213)." Sache kann aber immer nur - siehe nachstehend - diejenige Angelegenheit sein, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde gebildet hat (cf ).

Schließlich verkörpert das Erfordernis der "Identität der Sache" einen tragenden Grundsatz. Dieses Gebot setzt voraus, dass (vgl. Stoll, BAO, 2800) "die zu erledigende Sache, also die Angelegenheit, die Gegenstand des Verfahrens der Abgabenbehörde erster Instanz war, mit der Sache identisch ist, die in die Sachentscheidung der Rechtsmittelbehörde einbezogen wird (). Sache ist in diesem Zusammenhang die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Abgabenbehörde erster Instanz gebildet hat (vgl ). Die Abgabenbehörde zweiter Instanz darf sohin in einer Angelegenheit, die überhaupt noch nicht oder nicht in der von der Rechtsmittelentscheidung in Aussicht genommenen rechtlichen Art Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen war, keinen Sachbescheid (im Ergebnis erstmals) erlassen ( u , 2123/71). Würde die Rechtsmittelbehörde diese Befugnis für sich in Anspruch nehmen, wäre dies ein Eingriff in die sachliche Zuständigkeit der Behörde erster Instanz (; , 364/79 u , 84/17/151)."

Im Zusammenhang mit dem zuletzt angeführten Erkenntnis ist im Gegenstandsfall festzuhalten, dass die Berufungsbehörde die im Berufungsantrag begehrte Aussage bezüglich des Vorsolls nicht treffen konnte, da diese noch gar nicht Inhalt des USt-Bescheides bzw eines erstinstanzlichen Bescheides (Abrechnungsbescheides gemäß § 216 BAO) gewesen ist und eine meritorische Entscheidung der Berufungsbehörde den Berufungsbescheid im diesbezüglichen Umfang mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG belastet hätte.

Im Hinblick auf die ausdrückliche Anordnung in § 278 BAO i.d.F. vor BGBl I 97/2002 (vgl. Stoll, BAO 2733, 2734; sowie bezüglich der Zuständigkeit des Senatsvorsitzenden bei Zurückweisung in Senatsfällen: 2735, 2736) war demnach ein Rechtsmittel auch dann zurückzuweisen, wenn sich die Abgabenbehörde (hier: erste Instanz) trotz Vorliegen eines Zurückweisungsgrundes irrtümlich in ein Rechtsmittelverfahren eingelassen hat und dieses - selbst längere Zeit hindurch - fortgeführt hat (, Slg. 3306/F.).

An diesem Vorrang von Formalerledigungen (vgl die dezidierte Anführung der Zurückweisungen "(§ 273)" in § 289 Abs 1 idF BGBl I 97/2002) hat sich durch das AbRmRefG nichts geändert (vgl. Ritz, BAO-Handbuch, Linde, Wien 2002, 227). Da im Gegenstandsfall ein Antrag iSd § 323 Abs. 12, Satz 1, BAO idF BGBl I 97/2002 auf Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat (bis ) nicht gestellt worden ist, oblag gemäß § 282 Abs. 1 BAO idF BGBl I 97/2002 die ggst. (Formal-) Entscheidung dem Referenten.

Abschließend ist resümierend festzuhalten, dass die Berufung gegen einen Bescheid, der den von der Berufung vorausgesetzten Abspruch - maßgebend ist allein der Inhalt des Begehrens (cf. Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO, E 4 zu § 273), der im Gegenstandsfall sich "gegen die Höhe der gutgeschriebenen Vorauszahlungen" richtet, und in einer keinerlei Zweifel Raum gebenden Diktion durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter artikuliert wird - nicht enthält, als unbegründet zurückzuweisen ist (Ellinger et alii, aaO, E 25). Die Berufung gegen einen Bescheid, der wie im Gegenstandsfall der Umsatzsteuerbescheid in Gestalt des (im Berufungswege bekämpften) Vorsolls den vorausgesetzten Abspruch eben nicht enthält, ist als unzulässig zurückzuweisen (; bekämpfbar ist nur der Spruch eines Bescheides: Ellinger et alii, aaO, E 26, 27).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Graz,

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 27 Abs. 4 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 198 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Vorsoll
Spruchbestandteil
Nichtabfuhr der USt durch inländische Leistungsempfänger ausländischer Unternehmer
Verweise
Anmerkung
VwGH im Erk. vom , 2001/14/0203, im Gegensatz zu Ritz, BAO², § 198 Tz. 15

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at