OGH vom 24.03.2023, 6Ob22/23p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Nowotny, Dr. HoferZeniRennhofer, Dr. Faber und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S* Rechtsanwälte GmbH, *, 8010 Graz, Schmiedgasse 2, als Treuhänderin im Sinne des § 157b IO im Sanierungsverfahren der A* GmbH Co KG (AZ * des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz), vertreten durch Dr. Norbert Scherbaum, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei B* GmbH *, vertreten durch Engelhart Richter Partner Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 12 Mio EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 110/22k104, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens und dessen Aktenwidrigkeit wurden geprüft; sie liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
[2] 2. Es trifft zwar zu, dass in widersprüchlichen Feststellungen, die eine abschließende rechtliche Beurteilung nicht ermöglichen, ein Feststellungsmangel liegt, dem erhebliche Bedeutung zukommt (vgl RS0042744). Ein derartiger Widerspruch liegt aber entgegen den Behauptungen in der Revision nicht vor.
[3] Der Umstand, dass ein (in der Sache befasster) Steuerberater sowie zwei Prüforgane übereinstimmend von einer Heilung der – tatsächlich gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstoßenden – Vorabentnahme (siehe dazu die im ersten Rechtsgang ergangene Entscheidung zu 6 Ob 207/20i = RWZ 2021, 186 [Wenger] = Foglar-Deinhardstein, GES 2021, 159 = GesRZ 2021, 252 = [Artmann] = Gaggl, wbl 2021, 611) durch die nachfolgende Gewinnausschüttung ausgingen und es „allenfalls galt, einen Monat zwischen Einbringungsstichtag und Bilanzstichtag zu überbrücken“, tritt nicht zwingend in einen Widerspruch zur Feststellung über den Hinweis des Steuerberaters darauf, dass es noch offen sei, was die neue Judikatur derzeit bedeute, und dass „im schlimmsten Fall“ die gesamte Einbringung nichtig sein könne. Die bloße Äußerung einer (allenfalls auch unrichtigen) Rechtsmeinung besagt denklogisch noch nicht, dass nicht mögliche Alternativen – sollte die geäußerte Auffassung nicht zutreffen – zur Sprache gekommen sind und darüber aufgeklärt wurde. Dies umso mehr, wenn doch nach den Feststellungen gerade unsicher war, welche Konsequenzen aus der neuen Judikatur zu ziehen seien, und die Nichtigkeit der „gesamten Einbringung“ in den Raum gestellt wurde. Noch weniger zwingend ist der von der Revision gezogene (durch Feststellungen aber nicht gedeckte) Schluss, dass der Steuerberater über die Umstände und Risiken keine ausreichenden Kenntnisse und kein Problembewusstsein gehabt hätte, weil von Beratern auch unter Offenlegung einer bestehenden Rechtsunsicherheit häufig eine (sich später gegebenenfalls auch als unrichtig herausstellende) Ersteinschätzung oder Erstmeinung zu einer bestimmten Rechtsfrage abgegeben wird.
[4] 3. Der Prüfungsbericht nach § 273 UGB soll als schriftliches Ergebnis der Abschlussprüfung ganz grundsätzlich das Ergebnis der Prüfung umfassend wiedergeben (vgl zum Berufständischen Gliederungsvorschlag Müller in Straube/Ratka/Rauter, UGB II/RLG³ § 273 Rz 18). Nach § 274 Abs 6 UGB (in der gemäß § 906 Abs 11 iVm Abs 18 UGB anzuwendenden Fassung BGBl I 2004/161; vgl nun § 274 Abs 8 UGB) hatte er auch den Bestätigungsvermerk oder den Vermerk über die Versagung zu enthalten.
[5] Wie sich aus der Zusammenschau der im Ersturteil – wenn auch an verschiedenen Stellen – enthaltenen Sachverhaltselemente ergibt, legte das Erstgericht zugrunde, dass die Aufnahme des Umstands, dass die stattgefundene Anteilsübertragung gegen Kapitalerhaltungsvorschriften verstößen könnte, in den Prüf-(ungs-)bericht, nicht dazu geführt hätte, dass diese Maßnahme im Konzern rückgängig gemacht, andere Maßnahmen zum Vermögensausgleich getroffen worden wären oder die Konzernmutter die von der KG an eine bestimmte andere Tochtergesellschaft gewährten Darlehen übernommen hätte. Es hätten auch Einwände der Abschlussprüfer nicht dazu geführt, dass die Entscheidungsträger innerhalb des Konzerns anders gehandelt hätten. Ein (von der Klägerin in der Berufung auch nicht ansatzweise relevierter) Feststellungsmangel zu (nun unterstellter) anderer Reaktion auf einen Vermerk über die Versagung der Bestätigung liegt damit nicht vor, zumal der Prüfungsbericht als einen seiner Teile auch den Vermerk über die Bestätigung oder Versagung des Jahresabschlusses zu enthalten hatte und die Ausführungen des Erstgerichts als abschließende und umfassende Gesamtreaktion zu verstehen sind.
[6] Darin, dass die Vorinstanzen auf Basis dieser Feststellungen eine Haftung der Beklagten als Prüferin mangels Kausalität deren Verhaltens für den Schaden ablehnten, liegt keine erhebliche Rechtsfrage.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2023:0060OB00022.23P.0324.000 |
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