OGH vom 06.12.2022, 14Os105/22f

OGH vom 06.12.2022, 14Os105/22f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. MichelKwapinski, Dr. Mann, Dr. SetzHummel LL.M. und Dr. Sadoghi in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Lonin in der Strafsache gegen * S* wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, § 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom , GZ 12 Hv 7/21s543, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * S* im zweiten Rechtsgang entsprechend dem im ersten Rechtsgang (vgl dazu 14 Os 111/20k) ergangenen rechtskräftigen Schuldspruch wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, § 148 zweiter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Rechtliche Beurteilung

[2] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

[3] Entgegen der Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) verstößt die (nur im Rahmen allgemeiner Strafzumessungserwägungen erfolgte) Wertung des „sich aus den Feststellungen ergebende(n) äußerst ausgeklügelte(n) Tatplan(s), der von enormer krimineller Energie zeugt“ (US 4), als erschwerend nicht gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 32 Abs 2 StGB). Letzteres verbietet nämlich nur die Heranziehung von Strafbemessungsgründen, die bereits die Strafdrohung (im Sinn von Strafsatz) bestimmen (RIS-Justiz RS0130193; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 711), während der zuvor wiedergegebene Aspekt für die gegenständliche Subsumtion nicht maßgeblich ist. Die – dem widersprechende – Meinung, Betrug beruhe „in der Regel auf einem planvollen Vorgehen des Täters“, weshalb dieser Umstand nicht erschwerend gewertet werden dürfe (vgl dazu den vereinzelt gebliebenen, von der Beschwerde aber ins Treffen geführten Rechtssatz RIS-Justiz RS0091223), findet im Gesetz keine Deckung (vgl RIS-Justiz RS0130193 [T3]).

[4] Die weitere Rüge (Z 11 dritter Fall) richtet sich gegen die ausdrückliche Verneinung der Voraussetzungen des Milderungsgrundes nach § 34 Abs 2 StGB durch das Erstgericht. Sie behauptet, dem Angeklagten sei ab seiner Festnahme am bis zu seiner Enthaftung am „aufgrund der (…) Nichtigkeit“ des im ersten Rechtsgang ergangenen Urteils die persönliche Bewegungsfreiheit entzogen worden und habe das Strafverfahren auch mehr als drei Jahre nach der Festnahme des Angeklagten „ua aufgrund mit Nichtigkeiten behafteter Urteile“ nicht rechtskräftig beendet werden können. Weiters sei die Ausfertigung des im zweiten Rechtsgang ergangenen Urteils dem Verteidiger erst „verspätet“ am zugestellt worden, weil am irrtümlich nur das Protokoll über die Hauptverhandlung übermittelt worden
sei. Unter Berücksichtigung des „keineswegs überdurchschnittlichen Aktenumfangs“, der „geringen rechtlichen Komplexität der Strafsache“, des Beitrags des Angeklagten zur Wahrheitsfindung, der Notwendigkeit eines zweiten Rechtsgangs wegen des mit Nichtigkeit behafteten Urteils im ersten Rechtsgang und des gegenständlich vorliegenden Verstoßes gegen das Beschleunigungsgebot nach § 9 StPO erweise sich die Dauer des Strafverfahrens als zu lange und wäre der Milderungsgrund nach § 34 Abs 2 StGB in Anschlag zu bringen gewesen.

[5] Indem die Beschwerde den überdurchschnittlichen Aktenumfang, die Komplexität der zahlreichen Vorwürfe (auch) gegen den Angeklagten beinhaltenden Strafsache und den großen, insbesondere aus dem Auslandsbezug resultierenden Verfahrensaufwand in Abrede stellt, wird – mit Blick auf die gegenständliche Verfahrensdauer von dreieinhalb Jahren – eine insgesamt unverhältnismäßig lange Verfahrensdauer (vgl dazu RISJustiz RS0124901, RS0116663) nicht aufgezeigt.

[6] Eine längere Phase behördlicher Inaktivität (vgl RIS-Justiz RS0124901 [T3]) ist aus dem Umstand, dass dem – damals nicht mehr in Haft befindlichen – Rechtsmittelwerber die Ausfertigung des Urteils sieben Wochen nach der Verkündung zugestellt wurde, nicht abzuleiten. Mit dem bloßen Hinweis auf die (durch den Obersten Gerichtshof von Amts wegen erfolgte) Kassation mehrerer Fakten des im ersten Rechtsgang gegen den Beschwerdeführer ergangenen Schuldspruchs wird eine ins Gewicht fallende grundrechtsrelevante Säumigkeit der Strafverfolgungsbehörden ebenfalls nicht dargelegt.

[7] Bleibt anzumerken, dass das Erstgericht bei der Strafzumessung die dem Beschwerdeführer entstandene „Belastung durch die Dauer des Strafverfahrens“ mildernd berücksichtigt hat (US 4).

[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

[9] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2022:0140OS00105.22F.1206.000

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