Strittig ist der Umfang der Bemessungsgrundlage der ermäßigten Glücksspielabgabe gemäß § 58 Abs. 3 GSpG für Glücksspiele (z.B. Verlosungen) im Rahmen von Preisausschreiben bzw. Gewinnspielen. Sind unter der Bemessungsgrundlage „in Aussicht gestellter Gewinn“ alle „weltweit“ in Aussicht gestellten Gewinne oder nur die in Österreich tatsächlich ausgezahlten Gewinne zu verstehen oder ist eine Aufteilung vorzunehmen? (Stattgabe, Zulassung der Revision)
Revision eingebracht (Amtsrevision). Beim VwGH anhängig zur Zl. Ro 2015/16/0035. Mit Erk. v. gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in der Sache selbst entschieden durch Abänderung des angefochtenen Erkenntnisses.
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Rechtssätze | |
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Stammrechtssätze | |
RV/7101620/2013-RS1 | Bemessungsgrundlage der ermäßigten Glücksspielabgabe gemäß § 58 Abs. 3 GSpG für Glücksspiele im Rahmen von Gewinnspielen bzw. Preisausschreiben sind weder alle „weltweit“ in Aussicht gestellten Gewinne noch nur die in Österreich tatsächlich ausgezahlten Gewinne, sondern im Hinblick auf den Grundtatbestand des § 57 Abs. 1 GSpG – da die Bf. die Gewinne nicht ländermäßig ausschrieb, sondern „Gesamt“ anbot – nur die verhältnismäßig auf die Rechtsgeschäfte an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgte, in Aussicht gestellten Gewinne. Der in Aussicht gestellte Gewinn als Bemessungsgrundlage entspricht „einem fiktiven Einsatz“ der Mitspieler, die vom Inland aus teilnehmen. Da die Bf. das Gewinnspiel/Preisausschreiben an den Kauf ihrer Produkte anknüpfte, wurden die in Aussicht gestellten „weltweiten“ Gewinne nach dem durchschnittlichen Prozentsatz der in Österreich erfolgten Umsätze der letzten drei Jahre hochgerechnet und als Bemessungsgrundlage für die 5%ige Glücksspielabgabe herangezogen. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag.Dr. Hedwig Bavenek-Weber in der Beschwerdesache Bf.+Adr+Vertreter, gegen den Bescheid gemäß § 201 BAO des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , StNr. x1**** betreffend Festsetzung der ermäßigten Glücksspielabgabe gemäß § 57 Abs. 1 GSpG iVm § 58 Abs. 3 GSpG (Glücksspiele im Rahmen von Gewinnspielen/Preisausschreiben) zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird stattgegeben und gemäß § 279 Abs. 1 BAO der Bescheid gemäß § 201 BAO abgeändert:
Die ermäßigte Glücksspielabgabe gemäß § 58 Abs. 3 GSpG wird von der Bemessungsgrundlage 13.200 x 5% = 660 Euro festgesetzt.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
Strittig ist der Umfang der Bemessungsgrundlage der ermäßigten Glücksspielabgabe gemäß § 58 Abs. 3 GSpG für Glücksspiele (z.B. Verlosungen) im Rahmen von Preisausschreiben bzw. Gewinnspielen. Sind unter der Bemessungsgrundlage „in Aussicht gestellter Gewinn“ alle „weltweit“ in Aussicht gestellten Gewinne oder nur die in Österreich tatsächlich ausgezahlten Gewinne zu verstehen oder ist eine Aufteilung vorzunehmen?
Bemerkt wird, dass die Verfahren der Beschwerdeführerin (Bf.) vom Unabhängigen Finanzsenat auf das Bundesfinanzgericht übergegangen ist. Die entsprechende Gesetzesstelle lautet:
„§ 323 Abs. 38 BAO: Die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge sind vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.....
„§ 323 Abs. 39 BAO: Soweit zum eine Befugnis zur geschäftsmäßigen Vertretung im Abgabenverfahren vor den Abgabenbehörden zweiter Instanz besteht, ist diese auch im Beschwerdeverfahren vor den Verwaltungsgerichten gegeben.“
Überblick:
1. Verfahrensablauf
2. Rechtliche Grundlagen
2.1. Der Grundtatbestand des § 57 Abs. 1 GSpG
2.2. Ermäßigte Glücksspielabgabe
2.3. Entstehung und Entrichtung der Abgabenschuld
3. Sachverhalt
4. Begründung
4.1. Wesen der „steuerlichen Ausspielung“
4.2. Einbettung der Glücksspiele im Rahmen von Gewinnspielen (Preisausschreiben) in der „steuerlichen Ausspielung“
4.3. Teilnahme vom Inland aus als zentrales Merkmal
4.4. Bemessungsgrundlage
4.4.1. Einsatz (Entgelt, Preis), den der Teilnehmer zahlt
4.4.2. Hoffnung auf eine Gewinnchance = in Aussicht gestellter Gewinn
5. Berechnungsmodus - Verhältnisrechnung
6. Zusammenfassung
7. Schlussfolgerungen
8. Zulässigkeit der Revision
1. Verfahrensablauf
Mit Schreiben vom wurde bekanntgegeben, dass die Bf., die ihren Sitz nicht im Inland hat, in der Zeit vom bis folgendes Preisausschreiben in Einem für den Raum Deutschland und Österreich durchgeführt hat:
Kunden kaufen drei Bf**** Produkte in einem beliebigen Supermarkt. Die Kunden haben die Möglichkeit, den Einkaufsbeleg an ein notarielles Schließfach zu senden. Dieses Schließfach wird einmal wöchentlich unter Aufsicht eines Notars geöffnet. Mit den Einsendungen wird einmal pro Woche eine Ziehung vorgenommen. Die Gewinner der Ziehung erhalten einen Einkaufsgutschein im Wert von 1.000,00 Euro von dem Supermarkt, von dem der Einkaufsbeleg stammt. An diesem Gewinnspiel haben auch Teilnehmer in Österreich teilgenommen und gewonnen. Zwischenzeitlich waren Gewinne von 25.000 Euro an österreichische Kunden ausgeschüttet worden.
Weiters wurde beantragt, die Bf. von der Verpflichtung zur elektronischen Anmeldung zu befreien und die Anmeldung auf dem aus dem Internet heruntergeladenen Formular GSp50 durchführen zu dürfen, da es sich bei dem Gewinnspiel um eine einmalige Angelegenheit handle.
Nach den beigelegten Teilnahmebedingungen war die Teilnahme auf Deutschland und Österreich beschränkt. Gewinne im Gesamtwert von 220.000 Euro wurden in Aussicht gestellt. Der Aktionszeitraum war vom x1****x2**** 2012.
Am ersuchte das Finanzamt die Bf. um Ergänzung:
„…. Da sich das Gewinnspiel auch an die österreichische Öffentlichkeit richtete, unterliegt das von …. der Bf. …. durchgeführte Gewinnspiel (Glücksspiel) der Glücksspielabgabe in Österreich.
Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe sind alle in Aussicht gestellten Gewinne des gesamten Gewinnspieles. Für die Bewertung der Bemessungsgrundlage ist der Verkehrswert heranzuziehen, dies ist der Wert, wie ihn der Endverbraucher kaufen könnte.
Für Gewinnspiele bei denen der Spielvertrag ab zustande gekommen ist, entsteht gemäß § 59 Abs. 1 Z 1 GSpG (in der Fassung AbgÄG 2011) die Abgabenschuld mit Ende des Kalenderjahres der Veröffentlichung des Gewinnspieles.
…. [Gesetzestext] …
Weiters sind den Abrechnungen Unterlagen anzuschließen, die die Überprüfung der Einsätze und Gewinne der Glücksspiele während des Abrechnungszeitraumes gewährleistet.
Die Anmeldung kann schriftlich unter Verwendung des Formulars GSp 50 erfolgen. – Zum GSp 50 bitte alle Unterlagen der Gewinnspiele iSd § 59 GSpG 2012 h.a. vorzulegen.“
Mit Schreiben vom teilte die Bf. mit, dass tatsächlich in Österreich 28 Gutscheine a 1.000 Euro erworben und an Österreichische Gewinner ausgegeben worden waren = 28.000 x5% = 1.400 Euro. Die Bf. legte GSp 50 (Formular Abrechnung über Glücksspielabgabe Finanzierungsbeitrag und Landeszuschläge gemäß § 59 Abs. 3 GSpG) bei und bezahlte die selbstberechnete Glücksspielabgabe von 1.400 Euro.
Mit Bescheid gemäß § 201 BAO vom setzte das Finanzamt für die Bf. die Glücksspielabgabe von der Bemessungsgrundlage von 220.000 Euro x 5% = 11.000 Euro fest und begründete dies folgendermaßen:
„Die Festsetzung erfolgte gemäß § 201 Abs. 2 Zi. 1 BAO von Amts wegen. …. [Ermessensbegründung] …. Gemäß § 58 (3) Glücksspielgesetz unterliegen in Österreich Glücksspiele im Rahmen von Gewinnspielen (Preisausschreiben) ohne vermögenswerte Leistungen gemäß § 2 (1) 2 GSpG (Einsatz) einer Glücksspielabgabe von 5% der in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen (Gewinn), wenn sich das Gewinnspiel (auch) an die inländische Öffentlichkeit richtet.“
Fristgerecht wurde dagegen Berufung/Beschwerde erhoben. Eingewendet wurde, dass der Glücksspielabgabenbescheid von einer auf Österreich entfallenden in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistung in Höhe von 220.000 Euro ausgehe, was nicht korrekt sei. Die in Aussicht gestellten Gewinne von 220.000 Euro haben den österreichischen und deutschen Markt betroffen. Nach Auskunft des Finanzamtes bestehe weder im Gesetz noch in der Rechtsprechung bisher eine Aufteilungsregelung für in Aussicht gestellte Gewinne. Nach allgemeinen betriebswirtschaftlichen Grundsätzen sei daher eine Aufteilung der Bemessungsgrundlage nach Umsätzen vorzunehmen, um eine Bemessungsgrundlage für die österreichische Gewinnbesteuerung iSd § 58 Abs. 3 GSpG zu ermitteln, was einen Betrag von 13.200 Euro ergäbe. Tatsächlich seien in Österreich Gewinne in Höhe von 28.000 und in Deutschland von 192.000 ausgezahlt worden. Die in Deutschland an Gewinner in Deutschland ausgezahlten Gewinne könnten nicht der österreichischen Abgabepflicht unterzogen werden.
Das Finanzamt legt die Berufung/Beschwerde der Rechtsmittelinstanz vor und gab im Vorlagebericht, der der Bf. zugestellt wurde, seine Rechtsmeinung zu § 58 Abs. 3 GSpG bekannt:
„Der Klammerausdruck auch an die inländische Öffentlichkeit ist so zu verstehen, dass sich die Gewinnspiele auch an die inländische Öffentlichkeit richten und somit auch Gewinnspiele umfasst, die sich sowohl an die inländische als auch an die ausländische Öffentlichkeit richten. Richtet sich ein Gewinnspiel nur an die ausländische Öffentlichkeit und nicht auch an die inländische, so unterliegen sie nicht der Glücksspielabgabe. Wer Gewinner der in Aussicht gestellten Gewinne ist, ist nicht relevant für die Abgabenschuld.
Da sich das Gewinnspiel auch an die österreichische Öffentlichkeit richtet, unterliegt das durchgeführte (Glücksspiel) der Glücksspielabgabe in Österreich.
Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe sind die in Aussicht gestellten Gewinne. Wendet sich ein Glücksspiel auch an die inländische Öffentlichkeit, so unterliegt das gesamte Glücksspiel mit allen dieses Glücksspieles in Aussicht gestellten Gewinnen der Glücksspielabgabe. Der Gesetzgeber differenziert bezüglich der Steuerbarkeit eines Glücksspieles bezüglich Inland und Ausland bezüglich der Bemessungsgrundlage jedoch nicht, ist daher ein Glücksspiel steuerpflichtig, dann von allen in Aussicht gestellten Gewinnen.“
2. Rechtliche Grundlagen
Allgemeiner Teil des Glücksspielgesetzes 1989
§ 1 Abs. 1 GSpG lautet: Ein Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes ist ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt.
§ 2 Abs. 1 GSpG lautet: Ausspielungen sind Glücksspiele,
1.die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und
2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und
3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).
§ 2 Abs. 2 GSpG lautet: Unternehmer ist, wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein.
Glücksspielabgabe
2.1. Der Grundtatbestand des § 57 Abs. 1 GSpG
Ausspielungen, an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt, unterliegen – vorbehaltlich der folgenden Absätze – einer Glücksspielabgabe von 16 vH vom Einsatz. Bei turnierförmiger Ausspielung treten außerhalb des Anwendungsbereiches von § 17 Abs. 2 an Stelle der Einsätze die in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen (Gewinne in Geld, Waren oder geldwerten Leistungen) des Turniers.
2.2. Ermäßigte Glücksspielabgabe
§ 58 Abs. 1 GSpG (Objektverlosungen): Verlosungen von Vermögensgegenständen gegen Entgelt, die keine Ausspielungen sind und sich an die Öffentlichkeit wenden, und Lotterien ohne Erwerbszweck nach §§ 32 bis 35 unterliegen einer Glücksspielabgabe von 12 vH aller erzielbaren Einsätze.
§ 58 Abs. 2 GSpG: Die Glücksspielabgabe nach Abs. 1 ermäßigt sich für Lotterien ohne Erwerbszweck nach §§ 32 bis 35 auf 5 vH, wenn das gesamte Reinerträgnis der Veranstaltung ausschließlich für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verwendet wird. Die widmungsgemäße Verwendung des Reinerträgnisses ist dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel über dessen Aufforderung nachzuweisen.
§ 58 Abs. 3 GSpG: Glücksspiele im Rahmen von Gewinnspielen (Preisausschreiben) ohne vermögenswerte Leistung gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 (Einsatz) unterliegen einer Glücksspielabgabe von 5 vH der in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen (Gewinn), wenn sich das Gewinnspiel (auch) an die inländische Öffentlichkeit richtet. Die Steuerpflicht entfällt, wenn die Steuer den Betrag von 500 Euro im Kalenderjahr nicht überschreitet.
2.3. Entstehung und Entrichtung der Abgabenschuld
Gemäß § 59 Abs. 1 Z 1 GSpG entsteht die Abgabenschuld in Fällen des § 58 im Zeitpunkt des Zustandekommens des Spielvertrages; in Fällen des § 58 Abs. 3 mit Ende des Kalenderjahres der Veröffentlichung des Gewinnspiels
Gemäß § 59 Abs. 1 Z 2 GSpG sind Schuldner der Abgaben nach §§ 57 und 58 bei einer Abgabenpflicht gemäß § 58 der Vertragspartner des Spielteilnehmers sowie die Veranstalter, die die in § 58 genannten Ausspielungen anbieten oder organisieren.
Gemäß § 59 Abs. 3 GSpG haben die Schuldner der Abgaben nach §§ 57 und 58 diese jeweils für ein Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 20. des dem Entstehen der Abgabenschuld folgenden Kalendermonats (Fälligkeitstag) an das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu entrichten. Die Schuldner der Abgaben nach § 58 Abs. 3 haben diese jeweils für ein Kalenderjahr selbst zu berechnen und bis zum 20. des dem Entstehen der Abgabenschuld folgenden Kalendermonats (Fälligkeitstag) an das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu entrichten. Bis zu diesem Zeitpunkt haben sie eine Abrechnung über die abzuführenden Beträge in elektronischem Weg vorzulegen. Der Bundesminister für Finanzen kann dabei im Verordnungsweg nähere Details der elektronischen Übermittlung regeln. Dieser Abrechnung sind Unterlagen anzuschließen, die eine Überprüfung der Einsätze und Gewinne der Glücksspiele während des Abrechnungszeitraumes gewährleisten. Die Abrechnung gilt als Anzeige. § 29 Abs. 3 über die Überwachung der Abgaben gilt sinngemäß. Trifft die Verpflichtung zur Entrichtung zwei oder mehr Personen, so sind sie zur ungeteilten Hand verpflichtet.
3. Sachverhalt
Die nicht im Inland ansässige Bf. veranstaltete im Jahr 2012 folgendes Gewinnspiel, bei welchem die Bf. Gewinne in Höhe von 220.000 Euro festlegte: Kunden kaufen drei Produkte der Bf. in einem beliebigen Supermarkt in Deutschland bzw. Österreich. Die Kunden haben die Möglichkeit, den Einkaufsbeleg mit dem vorgedruckten Teilnahmeschein an ein notarielles Schließfach zu senden. Dieses Schließfach wird einmal wöchentlich unter Aufsicht eines Notars geöffnet. Mit den Einsendungen wird einmal pro Woche eine Ziehung vorgenommen. Die Gewinner der Ziehung erhalten einen Einkaufsgutschein im Wert von 1.000,00 Euro von dem Supermarkt, von dem der Einkaufsbeleg stammt.
Nach den beigelegten Teilnahmebedingungen war die Teilnahme auf Deutschland und Österreich beschränkt. Die Bf. gab nur an, dass es Gewinne im Gesamtwert von 220.000 Euro gäbe, eine ländermäßige Aufteilung wurde in den Teilnahmebedingungen nicht vorgenommen.
4. Begründung
4.1. Wesen der „steuerlichen Ausspielung“
Die Glücksspielabgaben verweisen in § 57 Abs. 1 GSpG durch das Tatbestandsmerkmal „Ausspielung“ auf § 1 GSpG iVm § 2 GSpG. § 1 Abs. 1 GSpG definiert den Glücksspielbegriff für das Glücksspielgesetz, der somit nicht nur für den ordnungspolitischen, sondern auch für den abgabenrechtlichen Teil des Glücksspielgesetzes maßgeblich ist. Dem Glücksspielbegriff des Glücksspielgesetzes liegt der bürgerlich-rechtliche Abschluss von Spielverträgen iSd § 1267 ABGB (bzw. § 1272 ABGB), eingeschränkt auf solche Spiele, bei welchen die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt, zugrunde. ( ua; ; Wolff in Klang2, V, 982, Binder in Schwimann , ABGB3, V, § 1267 Rz 1 und § 1272 Rz 1; Manfred Burgstaller, Grundfragen des Glücksspielstrafrechts, RZ 2004, 214; Bydlinski, Zivilrechtsfragen des „kleinen“ Automatenglücksspiels, ÖJZ 2008, 699). Das Synallagma der Spielteilnehmer (untereinander) ist nicht in einem materiellen Leistungsaustausch begründet, sondern auf einer psychologischen Ebene angesiedelt und stellt insofern ein „loses Synallagma“ dar. Im Spielteilnehmer wird durch das Spielangebot die Erwartung der allfälligen Gewinnauszahlung, die Hoffnung auf eine Gewinnchance geweckt. (Bresich/Klingenbrunner/Posch in Strejcek/Bresich, GSpG 19892 zu § 2, RZ 9).
Nach § 2 GSpG ist eine Ausspielung ein solches in § 1 Abs. 1 GSpG genanntes entgeltliches Glücksspiel, bei dem Spieler eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und vom Unternehmer …. eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn). Unter Ausspielung sind bestimmte entgeltliche Glücksverträge mit „unternehmerischer Mitwirkung“ zu verstehen, die alle Spieltypen umfassen. (II. Besonderer Teil 658 BlgNR XXIV. GP, Zu Z 3 und 31 (§ 2 und § 60 Abs. 24 GSpG).
Die Ausspielung iSd § 57 Abs. 1 GSpG erfasst somit das in § 1 Abs. 1 GSpG definierte Glücksspiel, erweitert um die Entgeltlichkeit und vor allem die unternehmerische Mitwirkung (§ 2 GSpG). Die Leistung, die der Spieler erbringt, ist der Einsatz. Die „Gegenleistung“ die sich der Spieler für die Hingabe seines Einsatzes (Geldes) erwartet, ist die Hoffnung auf eine Gewinnchance, er hofft, dass er den in Aussicht gestellten Gewinn erhalten wird. Ob der Spieler den Gewinn tatsächlich erhält, hängt vorwiegend oder ausschließlich vom Zufall ab. (vgl. ).
4.2. Einbettung der Glücksspiele im Rahmen von Gewinnspielen (Preisausschreiben) in der „steuerlichen Ausspielung“
Einerseits wurde § 58 GSpG unter die Glücksspielabgaben gemäß §§ 57 bis 59 GSpG aufgenommen, andererseits verwendet § 58 GSpG Begriffe wie „Ausspielungen, Lotterien, Glücksspiele“. Damit rekurriert § 58 GSpG auf den Grundtatbestand des § 57 Abs. 1 GSpG „Ausspielungen“ iSv bestimmten Glücksverträgen. § 58 Abs. 1 und 2 GSpG umfassen bestimmte entgeltliche Spielverträge mit Erwerbszweck aber nicht im unternehmerischen Bereich (Objektverlosungen), bestimmte entgeltliche Spielverträge ohne Erwerbszweck aber im unternehmerischen Bereich und schließlich in § 58 Abs. 3 GSpG „unentgeltliche“ Spielverträge im unternehmerischen Bereich. Die Ermäßigung besteht in einer Tarifbegünstigung, da diese Rechtsgeschäfte ausspielungsähnlich sind, aber sie nicht alle Merkmale von Ausspielungen iSd § 2 GSpG aufweisen, sondern „etwas fehlt“, wie z.B. die unternehmerische Mitwirkung oder die Entgeltlichkeit. Unter der Überschrift „Ermäßigte Glücksspielabgabe“ wurden keine neuen Steuertatbestände geschaffen, sondern bestimmte Rechtsgeschäfte „steuerlich als Ausspielungen“ iSd § 57 Abs. 1 GSpG qualifiziert.
Das Gewinnspiel oder Preisausschreiben iSd § 58 Abs. 3 GSpG gesamt muss nach dem Gesetzestext kein Glücksspiel sein, es genügt, wenn ein Glücksspiel im Rahmen des Gewinnspiels oder Preisausschreibens stattfindet. Mit Glücksspielen im Rahmen von Gewinnspielen (Preisausschreiben) ist gemeint, dass der konkrete Anfall des Gewinnes bei den Teilnehmern vom Zufall, z.B. durch Verlosung, abhängt. (vgl. Rummel in Rummel3, § 860 Rz 8; Stefulain Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 1270-1272 Rz 4 unter Verweis auf z.B. ).
Für die Bf. ist es sicher und nicht vom Zufall abhängig gewesen, dass sie die in Aussicht gestellten Gewinne in Höhe von 220.000 Euro wie in den Teilnahmebedingungen vorgesehen, zahlen muss. Die Mitspieler mussten keinen Einsatz iSe vermögenswerten Leistung zahlen. Die Mitspieler, die vom Ausland und vom Inland aus daran teilnahmen, indem sie die Einkaufsbelege über Produkte der Bf. einsendeten, erhielten aber nicht „automatisch“ einen Gewinn, sondern wöchentlich wurde der gewinnende Mitspieler durch Ziehung aus den eingesendeten Einkaufsbelegen ermittelt. Welcher der Teilnehmer gezogen wurde, hing nach dem von der Bf. dargestellten Sachverhalt vom Zufall ab. Für die Mitspieler hing das Spielergebnis – ob sie einen Einkaufsgutschein um 1.000 Euro gewinnen oder nicht - ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall ab.
4.3. Teilnahme vom Inland aus als zentrales Merkmal
Im Grundtatbestand ist festgelegt, dass nur solche Ausspielungen besteuert werden, an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt. Das heißt, es gibt keine Glücksspielabgabeninländereigenschaft oder Glücksspielabgabenausländereigenschaft, die Ausspielung ist dann glücksspielabgabenpflichtig, wenn vom Inland aus daran teilgenommen wird, es genügt eine sachliche Inlandsbezogenheit . Die Ausspielung, das Glücksspiel, wird steuerrechtlich an dem geografisch festlegbaren Ort verwirklicht, an dem sich der Mitspieler bei Teilnahme am Glücksvertrag tatsächlich physisch befindet. (z.B. ; ; weiters ; ; ; ; ; vgl. Wojnar, Die Regelung von Wetten in Österreich, in Strejcek [Hrsg], Glücksspiele, Wetten und Internet. [2006] 43).
Die Teilnahme vom Inland aus hat auch für § 58 GSpG Bewandtnis. Damit es zu einer Glücksspielabgabe nach § 58 Abs. 3 GSpG kommt, müssen Mitspieler am Gewinnspiel (Preisausschreiben) vom Inland aus als geografisch festlegbarem Ort teilnehmen. Nimmt zum Beispiel ein Österreicher im Urlaub in Deutschland an einem von einem deutschen Veranstalter nur in Deutschland angebotenem Gewinnspiel teil, liegt keine Teilnahme vom Inland aus vor. Das wurde auch vom Finanzamt so gesehen. (Vorlagebericht).
Im gegenständlichen Fall hat die Bf. ihren Sitz im Ausland, sie bot die Teilnahme am Gewinnspiel in Österreich und in Deutschland an, es richtete sich an die Öffentlichkeit in Deutschland und in Österreich. Es gab Gewinnspielteilnehmer, die von Deutschland aus und Gewinnspielteilnehmer, die von Österreich aus teilnahmen. In Bezug auf diese letzteren Gewinnspielteilnehmer erfolgte die „Teilnahme vom Inland aus“. Das wird weder von der Bf. noch vom Finanzamt bestritten.
4.4. Bemessungsgrundlage
Die Glücksspielabgaben gemäß § 57 bis § 59 GSpG sind eine allgemeine Rechtsverkehrssteuerauf den Abschluss bestimmter Spielverträge, die zwar im selben Gesetz wie das Glücksspielmonopol geregelt sind, aber an und für sich unabhängig vom Glücksspielmonopol in Geltung stehen. (; vgl. Tipke/Lang, [deutsches] Steuerrecht, Ein systematischer Grundriß 21 [2013] § 7 Rz 101 ). Zur Interpretation der Glücksspielabgaben können daher im Sinne der Einheitlichkeit der Steuerrechtsordnung vergleichbare Regelungen in anderen Steuergesetzen, wie z.B. das Gebührengesetz bzw. allgemeine verkehrsteuerliche Grundsätze, herangezogen werden.
In den meisten Verkehrsteuergesetzen, die die Besteuerung des Abschlusses von Rechtsgeschäften zum Inhalt haben und daher vor der Wahl stehen, ob sie die Leistung oder die Gegenleistung als Besteuerungsgrundlage nehmen, wird als Bemessungsgrundlage das genommen, was der Erwerber aufwendet, um „in den Genuss der Sache“ zu gelangen, zum Beispiel
- der Käufer eines Grundstücks zahlt die Grunderwerbsteuer vom Kaufpreis für das Grundstück,
- der Mieter (§ 28 GebG) wendet Miete und Einmalleistungen auf, um in der Wohnung wohnen zu können und zahlt vom kapitalisierten Betrag die Gebühr gemäß § 33 TP 5 GebG,
- der Versicherungsnehmer zahlt für die Übernahme des Wagnisses Versicherungsentgelt und davon die Versicherungssteuer
(alle Beispiele ohne die besonderen Selbstberechnungsformen).
Ist kein „Entgelt“ vorhanden oder vereinbart, knüpfen die Verkehrsteuergesetze die Steuerpflicht an die „erhaltene Leistung“, wie z.B. bei Schenkung eines Grundstücks wird das Grundstück „in Geldgröße umgerechnet“ und davon die Grunderwerbsteuer berechnet.
4.4.1. Einsatz (Entgelt, Preis), den der Teilnehmer zahlt
Die Glücksspielabgaben funktionieren genauso: Im „Normalfall“ des § 57 Abs. 1 GSpG zahlt der Spielteilnehmer von dem, was er hingibt, um als Gegen-leistung die Hoffnung auf eine Gewinnchance, den in Aussicht gestellten Gewinn zu erhalten, die Glücksspielabgabe.
Eine Gesamtschau bei den Glücksspielabgaben zeigt, dass Bemessungsgrundlage grundsätzlich der Einsatz, den die Teilnehmer erbringen, also das Entgelt, der Preis, ist. Das ist so vorgesehen im Grundtatbestand § 57 Abs. 1 GSpG „16 vH vom Einsatz“, aber auch bei den besonderen Tatbeständen:
- Bei Elektronischen Lotterien iSd § 57 Abs. 2 GSpG sind Bemessungsgrundlage die „Jahresbruttospieleinnahmen“ (Definition in § 57 Abs. 5 GSpG), denen der Einsatz des Spielteilnehmers vorgelagert ist, da die Einsätze der Spielteilnehmer auf das Kalenderjahr hochgerechnet und die ausbezahlten Gewinne abgezogen werden,
- ähnlich sind auch die Bestimmungen für Ausspielungen mit Glücksspielautomaten und Video-Lotterie-Terminals in den § 57 Abs. 3 und 4 GSpG, bei welchen Bemessungsgrundlage die um die gesetzliche Umsatzsteuer verminderten Jahresbruttospieleinnahmen sind.
- Ebenso sind die Einsätze das maßgebliche Element für die Steuerberechnung bei den „speziellen“ Glücksspielabgaben, bei der Konzessions- und Spielbankabgabe. Gemäß § 17 GSpG hat der Konzessionär für die Überlassung des Rechts zur Durchführung der Glücksspiele nach den §§ 6 bis 12b (Lotto, Toto und Zusatzspiel, für Sofortlotterien, Klassenlotterie, Zahlenlotto, Nummernlotterien und für Bingo und Keno) eine Konzessionsabgabe zu entrichten. Bemessungsgrundlage ist im Wesentlichen die Summe der Einsätze während eines Kalenderjahres (bzw. Jahresbruttospieleinnahmen, das sind die im Kalenderjahr dem Konzessionär zugekommenen Wetteinsätze abzüglich Ausschüttungen (Gewinne)). Bei der Spielbankabgabe gemäß § 28 GSpG sind die Bemessungsgrundlage die Jahresbruttospieleinnahmen, das sind die Spieleinsätze pro Kalenderjahr abzüglich der ausbezahlten Spielgewinne und abzüglich der „Propagandajetons“ eines jeden Spielbankbetriebes.
Als grundsätzliche Bemessungsgrundlage die Einsätze heranzuziehen, entspricht auch der sachlichen Inlandsbezogenheit der Glücksspielabgabe.
4.4.2. Hoffnung auf eine Gewinnchance = in Aussicht gestellter Gewinn
Der Gesetzgeber stellte die Bemessungsgrundlage in Ausnahmefällen des § 57 Abs. 1 2. Satz GSpG und § 58 Abs. 3 GSpG auf die „Gegen-leistung“, die in Aussicht gestellten Gewinne ab. Im Blick bleibt trotzdem immer der einzelne Glücksvertrag iSd § 1 Abs. 1 GSpG, das einzelne Rechtsgeschäft, an dem der Mitspieler vom Inland aus teilnimmt. Das heißt, ist wie im vorliegenden Fall kein „Einsatz“ vorhanden, ist Bemessungsgrundlage der in Aussicht gestellte Gewinn – der auf die „Teilnahme an den Ausspielungen vom Inland aus“ entfällt.
Das Finanzamt begründet seine Festsetzung der Glücksspielabgabe vom „Gesamt“Gewinn, der von der Bf. in Einem für Deutschland und Österreich in Aussicht gestellt wurde, damit, dass der Klammerausdruck in § 58 Abs. 3 GSpG „(auch) an die inländische Öffentlichkeit“ so zu verstehen ist, dass damit Gewinnspiele umfasst sind, die sich sowohl an die inländische als auch an die ausländische Öffentlichkeit richten und nicht relevant ist, wer Gewinner der in Aussicht gestellten Gewinne ist.
Der Klammerausdruck „(auch) an die inländische Öffentlichkeit“ ist so zu verstehen, dass Gewinnspiele/Preisausschreiben nur dann steuerpflichtig sind, wenn sie sich an die Öffentlichkeit iS eines unbestimmten Personenkreises richten. (siehe Moser, Änderungen für Gewinnspiele [Preisausschreiben] ab , ; vgl. § 860 ABGB). Die Glücksspielabgabenbesteuerung tritt nur dann ein, wenn sich das Gewinnspiel oder das Preisausschreiben an die inländische Öffentlichkeit richtet, wobei unter „(auch)“ nur gemeint sein kann, dass es sich nicht ausschließlich nur an die inländische Öffentlichkeit richten muss, sondern das Gewinnspiel oder Preisausschreiben kann sich an die weltweite „und auch an die inländische“ Öffentlichkeit richten.
Der Auslegung des Finanzamtes wird insoweit Recht gegeben, als es sich auf die Parlamentarischen Materialien bezieht: Im ursprünglichen § 58 Abs. 3 GSpG laut BGBl. I 2010/54, war besagter Teilsatz noch nicht enthalten. Er kam erst durch das BGBl. I 2011/76 ab dazu. Nach der Regierungsvorlage heißt es: „Mit der Änderung soll ein Redaktionsversehen bereinigt werden, da der bisherigen Regelung der Anknüpfungspunkt an das Inland fehlte…..“ (RV 1212 BlgNR XXIV zu Artikel 11)
Dem Finanzamt wird auch darin zugestimmt, dass nicht relevant ist, wer Gewinner der in Aussicht gestellten Gewinne ist, da im Glücksspielgesetz der Abschluss des Rechtsgeschäftes, nämlich Bezahlung des Einsatzes für die Hoffnung auf eine Gewinnchance (Inaussichtstellen des Gewinnes) im Blick ist und nicht ein tatsächlicher materieller Leistungsaustausch.
Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes wären die Überlegungen des Finanzamtes zum Klammerausdruck „(auch) an die inländische Öffentlichkeit“ bei der Bemessungsgrundlage der „in Aussicht gestellten Gewinne“ anzustellen gewesen. Die Bf. hat ja tatsächlich als „Gegen-leistung“ für die Teilnahme 220.000 Euro in Aussicht gestellt, die aufgrund der Auslosungen der Mitspieler theoretisch alle nur nach Österreich (aber auch nur nach Deutschland) hätten fließen können:
Würde ein entgeltliches (nicht dem § 58 Abs. 3 GSpG unterliegendes) Glücksspiel von einem Veranstalter im Ausland angeboten und nehmen daran 12 Teilnehmer vom Ausland aus und 10 Teilnehmer vom Inland aus daran teil und wäre der Einsatz je Teilnehmer 100, dann würden die „ausländischen Teilnehmer“ an den ausländischen Veranstalter 1.200 an Einsatz zahlen – was nicht der österreichischen Glücksspielabgabe unterliegt, da keinerlei Teilnahme vom Inland aus daran festzumachen ist – während die „inländischen Teilnehmer“ 1.000 an Einsatz zahlen, was infolge der Teilnahme vom Inland aus der Glücksspielabgabe unterliegt. Wird von einem ausländischen Veranstalter vom Ausland aus ein „unentgeltliches“ Glücksspiel angeboten, und nehmen daran 12 Teilnehmer vom Ausland aus und 10 Teilnehmer vom Inland aus teil, liegt für die 10 Teilnehmer eine Teilnahme vom Inland aus vor. Eine Berechnung der Glücksspielabgabe nach dem Einsatz entfällt, weil keiner da ist, Bemessungsgrundlage ist der in Aussicht gestellte Gewinn. „Inaussichtstellen“ bedeutet dabei, dass der Unternehmer an den Erlag des Vermögensgegenstandes, den der Spielteilnehmer zum Zweck des Spiels leistet, die Zusage knüpft, dass im Gewinnfall gemäß den Spielregeln ein Gewinn ausbezahlt wird ( Bresich/Klingenbrunner/Posch in Strejcek/Bresich, GSpG 19892 § 2 Rz 4 unter Verweis auf ). Dem „Inaussichtstellen“ entspricht aus Sicht des Teilnehmers die „Hoffnung auf eine Gewinnchance“. Nach dem Erkenntnis ist mit dieser Gewinnzusage das Synallagma erfüllt. Nach § 2 Abs. 1 GSpG kommt es „lediglich darauf an, ob der Unternehmer (Veranstalter) den Spielern für eine vermögensrechtliche Leistung eine Gegenleistung in Aussicht stellt. …. ‚Gegen’leistung bedeutet zunächst, dass es sich bei der in Aussicht gestellten Leistung des Unternehmers (Veranstalters) gleichfalls um eine vermögenswerte Leistung handeln muss. ….“. Weiters verpflichtet sich der Veranstalter, dass im Gewinnfall tatsächlich nach den Spielregeln ein Gewinn ausbezahlt werden wird.
Das ist im vorliegenden Fall zwar der gesamte Gewinn von 220.000 Euro, dennoch wurde der gesamte Gewinn allen Teilnehmern die vom In- und Ausland aus mitspielen, in Aussicht gestellt. Besteuerungsgegenstand ist aber nur der Abschluss von bestimmten, einzelnen Rechtsgeschäften, an denen vom Inland aus teilgenommen wurde. Da der Einsatz des einzelnen Teilnehmers vom Inland aus nicht vorhanden ist, kann § 58 Abs. 3 GSpG nur so verstanden werden, dass statt des Einsatzes der vom Inland aus teilnehmenden Mitspieler der relational auf die vom Inland aus teilnehmenden Mitspieler entfallende, in Aussicht gestellte Gewinn, Bemessungsgrundlage ist. Als Gedankenoperation kann die Bemessungsgrundlage „in Aussicht gestellter Gewinn“ im Sinne eines „fiktiven Einsatzes“ der vom Inland aus teilnehmenden Mitspieler verstanden werden. Für diese Auslegung spricht auch der zweite Satz des Grundtatbestandes § 57 Abs. 1 GSpG: „ Bei turnierförmiger Ausspielung …. treten an Stelle der Einsätze die in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen (Gewinne in Geld, Waren oder geldwerten Leistungen) ….“
Die wortwörtliche Auslegung des § 58 Abs. 3 GSpG durch das Finanzamt würde zutreffen, bestünde § 58 Abs. 3 GSpG losgelöst und für sich. Das ist aber nicht der Fall. Wenn auch die Gewinnspiele/Preisausschreiben weder – so wie vor dem – Schenkung, noch wirklich Ausspielung sind, so entspricht die Einordnung von „Glücksspielen im Rahmen von Gewinnspielen (Preisausschreiben)“ als steuerliche Ausspielung (aber tariflich ermäßigt, weil atypisch), dem Gesamtgefüge der Glücksspielabgaben. Deshalb kann § 58 Abs. 3 GSpG nur aus dem Blickwinkel des Grundtatbestandes des § 57 Abs. 1 GSpG iS einer sachlichen Inlandsbezogenheit beurteilt werden.
Die Verklammerung zwischen § 57 Abs. 1 GSpG und § 58 Abs. 3 GSpG entspricht dem Zusammenhang zwischen einerseits § 1 Abs. 1 GrEStG 1987, wonach der Grunderwerbsteuer Rechtsvorgänge unterliegen, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen, und andererseits § 2 Abs. 2 GrEStG 1987, wonach den Grundstücken gleich stehen Baurechte und Gebäude auf fremdem Boden. Weil in § 2 Abs. 2 GrEStG 1987 nicht dezidiert von „inländischen“ Grundstücken die Rede ist, kann nicht daraus geschlossen werden, dass z.B. der Kauf eines ausländischen Baurechtes oder Superädifikates deswegen der österreichischen Grunderwerbsteuer unterliegt, da sich § 2 Abs. 2 GrEStG 1987 eben auf den Grundtatbestand des § 1 GrEStG 1987 „inländische“ Grundstücke bezieht. (Fellner, Grunderwerbsteuergesetz § 1 Rz 8; § 2 Rz 5; Arnold/Arnold, GrEStG § 2 Tz 4; Takacs, Grunderwerbsteuergesetz5 (2009) § 1, 6.14a).
Das Bundesfinanzgericht folgte in vorliegendem Fall insoweit auch den Literaturmeinungen (Moser, Änderungen für Gewinnspiele (Preisausschreiben) ab . Verankerung des Inlandsbezuges – Schaffung einer Bagatellregelung, ; Doralt, Preisausschreiben: Weltweiter Geltungsbereich der Glücksspielabgabe? RdW 2014/336), mit der Einschränkung, dass sich nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes der sachliche Inlandsbezug für § 58 Abs. 3 GSpG allein aus dem Rekurs auf den Grundtatbestand des § 57 Abs. 1 GSpG ergibt und dafür weder der Klammerausdruck „(auch) an die inländische Öffentlichkeit“, noch das Territorialitätsprinzip herangezogen werden müsste. Wie bei den anderen Verkehrsteuern auch, regelt die Glücksspielabgabe ihren räumlichen Geltungsbereich selbst, nämlich über die „Teilnahme vom Inland aus“, ergänzt durch den Satzteil des § 58 Abs. 3 GSpG „wenn sich das Gewinnspiel (auch) an die inländische Öffentlichkeit richtet.“
Der in Aussicht gestellte Gewinn ist daher relational auf die Rechtsgeschäfte, an denen Mitspieler vom Inland aus teilgenommen haben, aufzuteilen. Das entspricht auch dem Erkenntnis zu § 33 TP 17 GebG, da hier die Höhe der Bemessungsgrundlage und nicht die Rechtsgeschäfte geschätzt wurden.
5. Berechnungsmodus - Verhältnisrechnung
Da § 58 Abs. 3 GSpG festlegt, dass Bemessungsgrundlage der „in Aussicht gestellte Gewinn“ ist, kann, auch wenn dies für die Bf. eine praktikable Lösung darstellte, die Berechnung nicht von den nach Österreich tatsächlich ausbezahlten Gewinnen erfolgen. Gesetzlich gibt es dafür weder in § 58 Abs. 3 noch in § 59 GSpG Anhaltspunkte. Nach dem Erkenntnis ist der Aussicht gestellte Gewinn nicht der tatsächliche Gewinn, sondern die Gewinnzusage des Veranstalters, in der er sich verpflichtet, dass im Gewinnfall tatsächlich nach den Spielregeln, bzw. Teilnahmebedingungen ein Gewinn ausbezahlt werden wird. § 59 Abs. 1 Z 1 GSpG sieht vor, dass die Abgabenschuld in den Fällen des § 58 Abs. 3 mit Ende des Kalenderjahres der Veröffentlichung des Gewinnspiel entsteht. Ginge in einem solchen Fall das Gewinnspiel „über das Kalenderjahr“, stünden die tatsächlichen Gewinne zum entscheidenden Zeitpunkt noch nicht fest. Dem entsprechen auch die Vorschriften über den Steuerschuldner und die Entrichtung.
Es bestünde allenfalls die Möglichkeit, die in Aussicht gestellten Gewinne, die auf das Inland entfallen, in Höhe der tatsächlich im Inland ausgezahlten Gewinne zu bewerten.
Die Bf. hat aber einen weiteren Berechnungsmodus angeboten, der mit dem Gesetzestext der § 57 Abs. 1 iVm § 58 Abs. 3 GSpG im Einklang steht:
Die Bf. nahm eine Aufteilung der in Aussicht gestellten Gewinne nach Umsätzen vor, da die Teilnahme am Gewinnspiel/Preisausschreiben nur über den Kauf von Produkten der Bf. möglich war. Sie nahm die Umsätze aus Österreich, aus Deutschland und den Umsatz „gesamt“ jeweils für die Jahre 2010, 2011 und 2012 und ermittelte für jedes Jahr den Prozentsatz der österreichischen Umsätze am Gesamtumsatz. Der durchschnittliche Prozentsatz des österreichischen Umsatzes am Gesamtumsatz für drei Jahre betrug nach dieser Berechnung 6%. Diese 6% wendete sie auf die in Aussicht gestellte Gesamtgewinnsumme von 220.000 Euro an, was 13.200 ergab. Das ist im vorliegenden Fall die Bemessungsgrundlage „in Aussicht gestellte Gewinne“ die relational auf die Rechtsgeschäfte, bei denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgte, entfallen.
Glücksspielabgabenberechnung für den vorliegenden Fall: 13.200 x 5% = 660 Euro.
6. Zusammenfassung
Wird vom Ausland aus ein Gewinnspiel (Preisausschreiben) veranstaltet, das sich sowohl an die ausländische als auch an die inländische Öffentlichkeit richtet, bei welchem der Veranstalter einen Gewinn (vermögenswerte Leistung) in Aussicht stellt, die Teilnehmer jedoch keinen Einsatz erbringen müssen (ohne vermögenswerte Leistung iSd § 2 Abs. 1 Z 2 GSpG), so kommen die Glücksspielabgaben zum Tragen, wenn im Rahmen des Gewinnspieles Glücksspiele, wie z.B. Auslosungen des gewinnenden Mitspielers, durchgeführt werden. Mit der Einordnung unter die §§ 57 bis 59 GSpG einerseits und der Verwendung des Begriffes „Glücksspiele“ andererseits verweist § 58 Abs. 3 GSpG auf den Grundtatbestand der Glücksspielabgaben, nämlich § 57 Abs. 1 GSpG. Nach § 57 Abs. 1 GSpG unterliegen der Glücksspielabgabe Ausspielungen, an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt, vom Einsatz, bzw. kann an Stelle des Einsatzes der in Aussicht gestellte Gewinn treten. Auch die Glücksspiele iSd § 58 Abs. 3 GSpG unterfallen der Glücksspielabgabe nur insoweit, als Teilnehmer vom Inland aus daran teilgenommen haben, d.h. dass sich die Mitspieler, als sie an dem Rechtsgeschäft teilnahmen, sich tatsächlich im Inland befunden haben. Da eine Besteuerung vom Einsatz nicht möglich ist, weil die Teilnehmer keinen erbringen müssen, ist die Bemessungsgrundlage der in Aussicht gestellte Gewinn, das ist der Gewinn, den der Veranstalter verspricht für die Teilnahme der Mitspieler nach den Teilnahmebedingungen an den „ausgelosten“ Teilnehmer auszuzahlen. Das ist zwar grundsätzlich der „weltweite Gewinn“, doch ist der „weltweite Gewinn“ bei inlandsübergreifenden Gewinnspielen relational auf die Rechtsgeschäfte aufzuteilen, an denen vom Inland aus teilgenommen wurde.
Da das Gesetz den „in Aussicht gestellten Gewinn“ als Bemessungsgrundlage normiert, kann eine Steuerberechnung nur relational auf die Rechtsgeschäfte, an denen vom Inland aus teilgenommen wurde, erfolgen, d.h. die Glücksspielabgabe von dem von der Bf. nach den Umsatzzahlen hochgerechneten, in Aussicht gestellten Gewinn, berechnet werden. Nach dem Erkenntnis ist der Aussicht gestellte Gewinn nicht der tatsächliche Gewinn, sondern die Gewinnzusage des Veranstalters.
7. Schlussfolgerung
Bemessungsgrundlage der ermäßigten Glücksspielabgabe gemäß § 58 Abs. 3 GSpG für Glücksspiele im Rahmen von Gewinnspielen bzw. Preisausschreiben sind weder alle „weltweit“ in Aussicht gestellten Gewinne noch nur die in Österreich tatsächlich ausgezahlten Gewinne, sondern im Hinblick auf den Grundtatbestand des § 57 Abs. 1 GSpG – da die Bf. die Gewinne nicht ländermäßig ausschrieb, sondern „Gesamt“ anbot – nur die verhältnismäßig auf die Rechtsgeschäfte an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgte, in Aussicht gestellten Gewinne. Der in Aussicht gestellte Gewinn entspricht „einem fiktiven Einsatz“ der Mitspieler, die vom Inland aus teilnehmen. Da die Bf. das Gewinnspiel/Preisausschreiben an den Kauf ihrer Produkte anknüpfte, wurden die in Aussicht gestellten „weltweiten“ Gewinne nach dem durchschnittlichen Prozentsatz der in Österreich erfolgten Umsätze der letzten drei Jahre hochgerechnet und als Bemessungsgrundlage für die 5%ige Glücksspielabgabe herangezogen.
Aus all diesen Gründen war der Berufung/Beschwerde stattzugeben und die Glücksspielabgabe gemäß § 58 Abs. 3 GSpG neu zu berechnen.
8. Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da es noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Glücksspielabgaben iSd §§ 57 bis 59 GSpG gibt, ist die Revision (von Seiten der Bf. bzw. von Seiten des Finanzamtes) zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Glücksspiel |
betroffene Normen | § 58 Abs. 3 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | Bavenek-Weber in BFGjournal 2015, 347 Koppensteiner in RdW 2017/264 Ehrke-Rabel/Sumper in taxlex 2017, 341 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2015:RV.7101620.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at