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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.02.2015, RV/5100386/2012

Verdeckte Ausschüttung bei erst nach der Geldgabe an den Dritten erfolgte Gesellschafterstellung der dem Dritten nahestehenden Person

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin X in der Beschwerdesache Y gegen den Haftungsbescheid des FA Linz vom , betreffend Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 2010  zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Abgabenbehörde erster Instanz erließ mit den gegenständlichen Haftungsbescheid für den Zeitraum 2010 über einen KESt-Betrag in Höhe von 48.733,00 €, Empfänger der bezüglichen Kapitalerträge war A (idF A), es handelt sich dabei um F (idF F).
Aus der Begründung des Bescheides geht hervor, dass sich anlässlich einer Außenprüfung (Niederschrift vom ) ergeben habe, dass in der letzten vorgelegten Bilanz zum auf dem Verrechnungskonto B (idF B) eine Forderung der C (i.d.F.C) in Höhe von 146.200,00 € ausgewiesen ist. (Sie ist auch in der Saldenliste 2010 ausgewiesen). Laut Auskunft des Steuerberaters vom handle es sich dabei um Darlehensbeträge, die das Unternehmen dem Vater F's für die Instandsetzung dessen Liegenschaft in Kroatien gewährt habe. G (idF G) – selbständig vertretende handelsrechtliche Cerin von bis – übernahm für B eine Bürgschaft über 50.000,00 €. Ein Darlehensvertrag sei nicht vorgelegt worden, es wurde nicht zurückbezahlt, weshalb die Geldbeträge als zugeflossen zu qualifizieren waren und KESt in Höhe von 33,33 % für 2010 vorgeschrieben wurde.
Die Buchungen erfolgten bis auf einem gemeinsamen Verrechnungskonto 3460. Mit erfolgte eine Aufteilung in nunmehr zwei Verrechnungskonten (3460 für F und 3470 für B). Der Kontostand auf dem Verrechnungskonto 3470 betrug zum 146.200,00 € und veränderte sich in der Folge nicht, in der zuletzt vorgelegten Bilanz zum bestand auf dem Verrechnungskonto B die Forderung in dieser Höhe und ist sie auch in der Saldenliste 2010 ausgewiesen. Die Umbuchungen auf das Konto 3470 betrafen laut unbestrittenen Angaben der BP Kassa-Ausgänge bzw. Barabhebungen vom bis März 2008.

In einer rechtzeitig dagegen eingebrachten Berufung (i.d.F. Beschwerde) wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die belangte Behörde von einer Bestätigung des Steuerberaters vom ausgegangen sei, die auch der Insolvenzverwalter bisher für richtig gehalten habe. Der Inhalt "dürfte jedoch unrichtig sein" und wird auf die schriftlichen Ausführungen des Schuldnervertreters vom verwiesen, die entsprechend lauten: Die 146.200,00 € seien daher der Schuldnerin C, die in Form einer GmbH errichtet ist, selbst zugeflossen – es seien damit die Arbeiter bezahlt worden, die vor Ort über einen Zeitraum von 8 Monaten "im Jahr 2007/2008" eine Liegenschaft in D (idF D) errichtete und wurden damit auch deren "Verkostungsspesen" beglichen. Dies erfolgte so, "dass in Übereinstimmung mit dem geschäftsführenden Gesellschafter A" E (idF E) Beträge vom Geschäftskonto bei der Bank bar abhob und regelmäßig die Bezahlung an die Arbeiter auf der Baustelle übernahm. Die Belege seien nicht vorhanden, Adressen der Arbeiter nicht bekannt. B sei zwischenzeitig 3/2011 verstorben.

Aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass im Gegensatz zu obigen Angaben A = F erst ab selbständig vertretender handelsrechtlicher Gesellschafter der C war (nach G) – vorher war er Dienstnehmer der C.
Aus dem Akteninhalt ergibt sich weiters, dass über C 3/2011 der Konkurs eröffnet wurde.
Die Liegenschaft in D wurde von G am an C verkauft. C nahm idF Zu- und Umbauten vor, die Aufwendungen wurden bei C verbucht, Vorsteuern geltend gemacht. Die Liegenschaft ist bei C als Betriebsvermögen aktiviert. C vermietete die Liegenschaft ab auf unbestimmte Zeit an F.
Das bezogene Schreiben des Steuerberaters vom ist eine Beantwortung diverser Fragen des Betriebsprüfers und bezieht sich berufungsgegenständlich auf die Berichtigung der Verrechnungskonten:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr
F
B
2006
-19.273,91
0
2007
-25.686,03
132.700,00
2008
-4.087,57
146.200,00

Weiters wurde (w.o.a.) beschrieben, dass die Zahlungen an B erfolgten für die Instandsetzung einer Liegenschaft in Kroatien. B habe sie als Frühstückspension umgebaut und werde das Darlehen aus den Mieterträgen zurückzahlen. Der Darlehensvertrag werde erst nach Fertigstellung der Umbauarbeiten und Feststellung des tatsächlichen Darlehensbetrags notariell in Kroatien abgeschlossen. G habe für B eine Bürgschaft von 50.000,00 € übernommen, die an einem genannten kroatischen Gericht eingetragen sei.
Aus einer Mail-Nachricht des Masseverwalters vom geht hervor, dass die Beträge zur Bezahlung der Arbeiter auf der Baustelle in D vom Kontokorrentkredit-Konto bei der Hausbank der C 2007 behoben wurden. Die sechs Arbeiter waren von Frühjahr bis Herbst 2007 auf der Baustelle in D eingesetzt.

Gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 in der im beschwerdegegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung sind ….. Einkünfte aus Kapitalvermögen Gewinnanteile (Dividenden), Zinsen und sonstige Bezüge aus Aktien oder Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung.
Laut Jakom/Marschner, EStG, 2012, § 27 Tz 46, 47, 50, 51 setzen offene wie verdeckte Ausschüttungen definitionsgemäß eine Vorteilszuwendung einer Körperschaft an eine Person mit Gesellschafterstellung voraus. Ein bloßer Machthaber kann nicht Empfänger von verdeckten Ausschüttungen sein (). Eine Gewinnausschüttung an eine dem Gesellschafter nahe stehende Person kann allerdings erfolgen und dem Gesellschafter zugerechnet werden ().
Verdeckte Ausschüttungen sind alle außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung gelegenen Zuwendungen einer Körperschaft an Anteilsinhaber, die das Einkommen der Körperschaft vermindern und ihre Wurzel in der Anteilsinhaberschaft haben ( ua.). Eine der Kapitalgesellschaft fremd gegenüber stehende Person hätte einen derartigen Vorteil nicht erhalten ().
Die Annahme einer verdeckten Ausschüttung macht die Feststellung des Empfängers erforderlich. An den mittelbaren Gesellschafter bzw. an einen Dritten kann eine verdeckte Ausschüttung nicht erfolgen. Eine verdeckte Ausschüttung liegt jedoch dann vor, wenn der Dritte als dem unmittelbaren Gesellschafter nahe stehend angesehen wird und der unmittelbare Gesellschafter die Vorteilszuwendung akzeptiert hat.
Subjektive Voraussetzung für das Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung ist eine auf Vorteilsgewährung gerichtete Willensentscheidung der Körperschaft. Zum objektiven Element des Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung muss eine subjektive Tatseite treten (). Diese Absicht kann sich schlüssig aus den Umständen ergeben, indem die Gesellschaft nach Kenntnis der verdeckten Ausschüttung keine Maßnahmen zur Rückgängigmachung setzt ( ua.). Die Handlung, die zur verdeckten Ausschüttung führt, muss nach außen, einem Dritten gegenüber gerichtet sein.

Gemäß § 19 Abs. 1 EStG 1988 sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.
Laut Jakom/Baldauf, EStG, 2012, § 19 Tz 26 fließen Gewinnanteile in Form von verdeckten Ausschüttungen zu, wenn der Gesellschafter darüber verfügen kann ().

Gemäß § 95 Abs. 3 Z 1 EStG 1988 in der im beschwerdegegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung ist zum Abzug der KESt verpflichtet: bei inländischen Kapitalerträgen der Schuldner der Kapitalerträge.
Laut Jakom/Marschner, a.a.O., § 95 Tz 23 werden verdeckte Ausschüttungen nicht als Dividenden "beschlossen", sie passieren in der Praxis und werden in der Regel erst von der Finanzverwaltung aufgedeckt. Der Zeitpunkt des Zuflusses wird nach Maßgabe des § 19 angenommen ().

Es ist offenkundig, dass B hinsichtlich des beschwerdegegenständlichen Kapitalertrags ein bereicherter Nichtgesellschafter ist. Die Erlassung eines Haftungsbescheids hinsichtlich der sich in der Folge errechneten KESt setzte in diesem Fall voraus, dass der gegenständliche Betrag von 146.200,00 € eine Gewinnausschüttung an B in der Form darstellt, als B eine einem Gesellschafter nahe stehende Person ist und der Betrag idF dem Gesellschafter zugerechnet wird (w.o.a. ). –

Wie aktenkundig, erfolgte die Trennung der Verrechnungskonten F und B mit , das B zuzurechnende Verrechnungskonto 3470 betrug zum eine Forderung der GmbH an B in Höhe von 146.200,00 € und veränderte sich in der Folge nicht. F war zum noch nicht selbständig vertretender handelsrechtlicher Geschäftsführer, auch nicht Gesellschafter. Als die Verbindlichkeit begründet wurde war G selbständig vertretende handelsrechtliche Gesellschafterin ( bis ). Etwaige verwandt- oder schwägerschaftliche Beziehungen bzw. eine Lebensgemeinschaft zwischen G und B sind nicht aktenkundig.
Offenkundig konnte B 2008 über diesen Betrag verfügen, da die Verbindlichkeit begründet war und er sie laut Beschwerdeaussagen zur Sanierung einer Frühstückspension in Kroatien verwendete.
Laut Akteninhalt ist davon auszugehen, dass G 2008 über diesen Betrag verfügte, zumal sie als selbständig vertretende handelsrechtliche Geschäftsführerin dazu in der Lage war und in diesem Zusammenhang laut Beschwerdeangaben auch eine Bürgschaft für B eingegangen war.
Es ist somit davon auszugehen, dass 2008 eine Vorteilszuwendung von C an B in Höhe von 146.200,00 € erfolgte und C in der Folge keine Maßnahmen zur Rückgängigmachung dieser Handlung setzte. Die unmittelbare Gesellschafterin G, die diese Ausschüttung an B tätigte akzeptierte diese Vorteilszuwendung und ist als Beweis diese Akzeptanz auch gefestigt durch die gegenständlich durch sie eingegangene Bürgschaft für B in diesem Zusammenhang. Dass das subjektive Element der Vorteilsgewährung durch C an B gegeben ist, ist offenkundig durch die beschwerdegegenständlichen Ausführungen zur Gabe des Betrags an B um ihm die Sanierung der Frühstückspension in Kroatien zu ermöglichen. Dass diese Gabe als Darlehen gemeint war und erst nach Fertigstellung der Sanierung ein Darlehensvertrag abgeschlossen werden sollte, da erst dann klar wäre, wie viel Geld wirklich nötig war, widerspricht nicht nur der wirtschaftlichen Erfahrung, sondern auch der Logik der Geschehnisse: Hätte C ein Darlehen an B geben wollen wie an eine ihr fremd gegenüberstehende Person, wäre zumindest hinsichtlich des Betrags von 146.200,00 € ein Darlehensvertrag abgeschlossen worden. Etwas später noch nötige Zahlungen hätten in anderen Darlehensverträgen festgehalten werden können.
Es ist in der Folge bei Anwendung der zur verdeckten Ausschüttung (und auch oben zitierten) VwGH-Judikatur auf den beschwerdegegenständlichen Sachverhalt davon auszugehen, dass der zum als Verbindlichkeit B's (Verrechnungskonto 3470) ausgewiesene Betrag in Höhe von 146.200,00 € der damals als selbständig vertretenden handelsrechtlichen Gesellschafterin G dann als verdeckte Ausschüttung zuzurechnen wäre, wenn eine Nahebeziehung zwischen G und B bestünde.
Dass B G nahe stand wäre insoweit indiziert, als G eine Bürgschaft für B übernahm und nicht aktenkundig ist, wie die Gegenleistung B's gestaltet war: Da es im Geschäftsleben absolut unüblich ist, Leistungen ohne Gegenleistung zu vergeben, das heißt derartige freigebige Akte der einseitigen Vorteilsgewährung auf das Privatleben beschränkt sind, könnte das Eingehen der Bürgschaft von G für B den Beweis eines Naheverhältnisses zwischen G und B darstellen. Eine Rückzahlung des Betrags von 146.200,00 € erfolgte nicht und wurde von C auch nicht angeregt bzw. entsprechende Klagen eingebracht, weshalb von einer verdeckten Ausschüttung an G auszugehen wäre, wenn die Nahebeziehung zwischen G und B nachgewiesen wäre.
Entscheidungswesentlich ist jedoch, dass der Sohn B's, F, unmittelbar im Anschluss an die Geschäftsführungstätigkeit G's selber selbständig handelsrechtlicher Geschäftsführer C's wurde (ab ) und er ebenfalls nichts unternahm, um die Gabe C's an B in Höhe von 146.200,00 € rückgängig zu machen. Dass B dem C als nahe stehend anzusehen ist (Vater-Sohn-Beziehung), ist offenkundig, ebenso wie der Umstand, dass F die Vorteilszuwendung an B akzeptierte, zumal es ab keine aktenkundigen Handlungen F's gibt, die C zu einer Rückgängigmachung der Geldgabe an B bewegt hätten.
Es ist aufgrund der geschilderten Sachverhaltslage in der Folge von einer verdeckten Ausschüttung C's an F hinsichtlich des Betrags von 146.200,00 € auszugehen, da B (als Dritter) dem unmittelbaren Gesellschafter F nahe steht (Vater-Sohn-Beziehung) und F die (vor seiner Gesellschafterzeit getätigte Geldgabe C's an B) in seiner gesellschaftlichen Funktion ab akzeptierte.
Eine andere Sicht würde dazu führen, dass durch Vorteilsgewährung an einen dritten Nichtgesellschafter durch eine Gesellschafterin (hier G) der offiziell kein Naheverhältnis zum Dritten (hier B) nachgewiesen werden kann, die Umgehung der verdeckten Ausschüttung bewerkstelligt wird, wenn doch eine beherrschende Nahebeziehung G's zur Familie B's und F's besteht: F war als Dienstnehmer bei C angestellt, C kaufte von G das Haus in D, das in der Folge an die Familie F's vermietet wurde: Alleine durch die Einschaltung G's als einziger offiziell "familienfremder" Person, die in ihrer Funktion als selbständig vertretende handelsrechtliche Geschäftsführerin Geld an das Familienmitglied B gibt, wäre eine verdeckte Ausschüttung nicht entstanden. Dass dies nicht im Sinn der oa. VwGH-Judikatur sein kann, ist auch bei Beachtung der Absicht des Gesetzgebers offenkundig und ist in der Folge die verdeckte Ausschüttung ab Eintritt F's in die Gesellschafterstellung und entsprechender Nichtstellung einer Rückforderung C's an B gegeben.

Die beschwerdegegenständlichen Vorbringen zur Verwendung dieser Summe zur Bezahlung an sechs Arbeiter beim Ausbau des Hauses in D bringen nichts für die Beschwerde, da keine Beweise dafür vorliegen: Die Namen der Arbeiter sind nicht bekannt, Belege liegen nicht vor. Die Einvernahme von F und E ist in der Folge ebenso müßig wie die Einsicht in die mit der Hausbank abgeschlossenen Kreditverträge, die über die tatsächliche Verwendung der Kreditsumme erfahrungsgemäß nichts aussagen können.
Auch der Umstand, dass die in der Liegenschaft D vorgenommenen Arbeiten "in 8 Monaten im Jahr 2007/2008" vorgenommen sein sollen, bringt nichts für die Beschwerde, da laut oa. Mail-Nachricht des Masseverwalters die Arbeiter von Frühjahr bis Herbst 2007 in D arbeiteten und nicht auch 2008. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass die Liegenschaft in D von G an C mit verkauft wurde und C danach dort Umbauarbeiten startete, während die Umbuchungen auf dem Verrechnungskonto 3470 B's bereits mit begannen.

Es war aus den angeführten Gründen spruchgemäß zu entscheiden.

Eine Revision ist nicht zulässig, da zum einen die Rechtsfrage im Gesetz so eindeutig geklärt ist, dass die Möglichkeit der Auslegung genutzt, sowie dort, wo es möglich war, der o.a. VwGH-Judikatur gefolgt wurde.

Linz, am

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