Einkommensteuerpflicht einer Entschädigungszahlung aus einem Dienstbarkeitsvertrag - Nachweis der Bodenwertminderung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf, AdresseBf, vertreten durch Stb, AdresseStb, gegen den Bescheid des FA vom , betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2009 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerdeführerin (Bf.) wurde mit (pauschalierten) Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft iHv € 1.245,45 sowie Pensionseinkünften für das Jahr 2009 erklärungsgemäß zur Einkommensteuer veranlagt.
Mit Schreiben vom teilte der steuerliche Vertreter der Bf. dem Finanzamt mit, dass seine Mandantin auf Grund eines Dienstbarkeitsvertrages mit der EVN Netz GmbH eine Entschädigungszahlung für die Grundinanspruchnahme iHv € 6.650,22 erhalten habe, welche mangels Information nicht in der Steuererklärung erfasst worden sei. Davon wären für die Rechtseinräumung 10%, somit € 665,03 als steuerpflichtig anzusetzen, die verbleibenden 90% iHv € 5.985,19 seien als Wertminderung steuerfrei zu belassen.
Das Finanzamt verfügte daraufhin die Wiederaufnahme des mit Bescheid vom abgeschlossenen Einkommensteuerverfahrens für das Jahr 2009, wich aber im neu erlassenen Einkommensteuerbescheid vom von der begehrten Aufteilung der Entschädigungszahlung ab und begründete dies wie folgt:
„Das Entgelt der EVN für die Überlassung eines Dienstbarkeitsrechtes stellt sonstige Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft dar. Dieses Entgelt wurde mit 70% der Gesamtsumme als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft angesetzt. Ihr Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft wurde daher von € 1.245,45 auf € 5.900,61 erhöht (siehe hiezu Einkommensteuerrichtlinien 2000, RZ 5174).
Eine in Verträgen getroffene Zuordnung der Entschädigungssumme zu einzelnen Komponenten (zB Bodenwertminderung) ist für das Finanzamt nicht bindend (EStR 2000 RZ 5172). Eine höhere Bodenwertminderung ist mittels Gutachten nachzuweisen (EStR 2000 RZ 4245 und 5174).“
In der mit Schreiben vom gegen den Einkommensteuerbescheid vom erhobenen Berufung begehrte der steuerliche Vertreter der Bf. die Reduktion der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft auf € 1.245,45. Unter Hinweis auf Trauner/Wakounig, 6.4, Seite 333 und deren Bezugnahme auf die EStR Rz 4182 wurde eingewendet, dass die sonstigen Einkünfte aus Landwirtschaft nur dann den pauschalierten Gewinn erhöhen würden, wenn es aufgrund der Leitungsverlegung zu einer Verminderung des Einheitswertes gekommen sei, was laut Auskunft der Mandantin nicht der Fall gewesen sei. Sollte sich das Finanzamt dieser Rechtsmeinung nicht anschließen, werde vorsorglich die Verteilung der erhaltenen Entschädigung auf 3 Jahre gemäß § 37 EStG beantragt, da die sonstigen Voraussetzungen erfüllt seien.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab und führte aus:
„Im Entgelt für die Einräumung des Servituts sind mehrere Komponenten enthalten, insbesondere
- Entgelt für die Einräumung von Rechten (durch die Durchschnittssätze nicht abgegolten und daher steuerlich zusätzlich zu erfassen)
- Entschädigung für die durch die Beeinträchtigung der Verfügungsmacht des Grundeigentümers entstandene Wertminderung der Vermögenssubstanz (Bodenwertminderung – steuerfrei, wenn Nutzungsrecht zeitlich unbeschränkt und unwiderruflich)
- Entgelt für Ertragsausfall und Wirtschaftserschwernis im land- und forstwirtschaftlichen Bereich ist grundsätzlich steuerpflichtig, bei Vollpauschalierung jedoch nur, wenn es dadurch zu einer Einheitswertminderung gekommen ist.
Die in Verträgen getroffene Zuordnung ist für das Finanzamt nicht bindend, ebenso nicht die von der Landwirtschaftskammer erstellte Aufteilung, welche keinesfalls den Anforderungen an ein berücksichtigungswürdiges Gutachten erfüllt. Um als taugliches Beweismittel zum Nachweis der getroffenen Zuordnungen anerkannt zu werden, muss ein Gutachten nachvollziehbar und schlüssig sein. Gegenständliche Auflistung enthält keine Ausführungen, aus welchen Gründen die getroffenen Zuordnungen erfolgten.
Aus Gründen der Verwaltungsökonomie wird bei Entgelten bis zu einer jährlichen Gesamthöhe von 10.000 € sowie bei Einmalentgelten bis 15.000 € der Anteil der reinen (steuerpflichtigen) Nutzungsentgelte mit 70% des jeweiligen Gesamtentgeltes angenommen. In diese Gesamthöhe der Entschädigungssumme von 10.000 € bzw. 15.000 € sind früher erhaltene Entschädigungen für Wertminderung von Grund und Boden einzurechnen. Wird dieser Betrag überschritten, ist eine Feststellung im Einzelfall zu treffen, ebenso wenn die Pauschalannahme nicht akzeptiert wird.
Da diese 70% (in Ihrem Fall € 4.655,16) das Entgelt für die Nutzung darstellen (und nicht für Ertragsausfall und Wirtschaftserschwernis), ist eine Verteilung dieses Entgeltes auf drei Jahre nicht möglich. Dies deswegen, weil gem. § 32 Z 1 EStG nur Entschädigungen für entgangene oder entgehende Einnahmen dieser Progressionsbestimmung zugänglich sind, nicht jedoch die Zahlungen für die Einräumung des Rechts der Nutzung.
Abschließend wird auf das aktuelle VwGH-Erkenntnis vom , 2008/15/0142 hingewiesen – lt. dieser Entscheidung wurde bei der Entschädigung für eine Erdgasleitung nur eine steuerfreie Wertminderung von 10% anerkannt, der Rest wurde als steuerpflichtig behandelt. Daraus ist ersichtlich, dass die Pauschalsätze lt. Verwaltungspraxis jedenfalls nicht zu gering angesetzt sind…..“
Unter Hinweis auf ein vom Gatten der Bf. erstelltes Gutachten wurde in dem als Vorlageantrag zu wertenden Schriftsatz vom beantragt, nur € 1.245,45 als Einkünfte aus Landwirtschaft anzusetzen, da der Rest der Entschädigung auf die steuerfreie Wertminderung der Vermögenssubstanz entfalle.
Dem Vorlageantrag lag ein vom Gatten der Bf. (Absolvent der Hochschule für #### ) verfasstes und mit datiertes Schreiben nachfolgenden Inhalts bei:
„Gutachten zur Bescheid Begründung Betriebsveranlagung Team 02 Steuer Nr. 000/0000 von Frau [Name Bf]
Sehr geehrte Damen und Herren!
Aus 50 jähriger Erfahrung und Kenntnis der gegebenen Umstände ergeben sich folgendes:
Ich kenne keinen einzigen ausübenden Landwirt der die finanzielle Abfindung gegen einen Strommasten freiwillig tauschen würde. Der Grund, das Beschädigungsrisiko ist langfristig zu groß. Es gibt 2 Kategorien von Landwirten. Die Einen, die Dummen, die bis auf 10-20 cm an das Hindernis (Strommasten) herumfahren, um einen möglichst geringen Flächen (Ertrags-) Verlust zu erleiden. Denen ist sowieso nicht zu helfen, in spätestens 10-20 Jahren zahlen sie für das Risiko einer Maschinenbeschädigung durch den Strommasten, die Rechnung. Einige Traktor-Anbaugeräte sind im aufgeklappten Zustand am Feld erheblich breiter als die Zugmaschine. Der Spritzbalken, oder die Körnerschnecke beim Mähdrescher, oder die Überladevorrichtung von der Zuckerrübenerntemaschine. In Prinzip bestreiten viele Landwirte dieses Risiko, in der Praxis hat es schon viele mit teuren Maschinenschäden getroffen. Trotz größter Vorsicht ergibt sich in der entscheidenden Phase durch ein ungewöhnliches Ereignis eine Ablenkung und schon ist ein Crash passiert. Mir selbst ist vor ca. 30 Jahren ein ähnliches Ereignis mit dem Mähdrescher passiert und konnte in der allerletzten Sekunde (einen halben Meter vor dem E-Mast) einen Zusammenstoß gerade noch verhindern. Die Folgen wären verheerend gewesen.
Das andere Beispiel von Hr. G. aus O.….. vor ca. 10 Jahren. Er arbeitete auf seinem Feld, das von der Elektroleitung seitlich tangiert wird. Es zog ein Gewitter auf und obwohl es nicht bedrohlich wirkte, schlug neben ihm der Blitz ein. Als er wieder zu sich kam, war der E-Holz Mast zersplittert und die Hochspannungsleitung lag einige Meter neben ihm. Viele Schutzengel retteten ihm das Leben!
Und für dieses Risiko und Wertminderung des Grundstückes soll man noch Steuer zahlen?
…“
Mit Mail vom teilte die steuerliche Vertretung dem BFG Folgendes mit:
Nach Rücksprache mit meinem Mandanten teile ich Ihnen mit, dass Frau [Name Bf.] mit der neuen pauschalen Aufteilungsmethode lt Wartungserlass 45 % nicht steuerpflichtig/steuerpflichtige Einkommensanteil nicht einverstanden ist und auf alle Fälle die Möglichkeit der Darstellung der Entwertung des landwirtschaftlichen Grundstückes wahrnehmen möchte.
Bezugnehmend auf das vorerwähnte Mail vom wurde der Bf. mit Schreiben des Gelegenheit gegeben, die Entwertung des landwirtschaftlichen Grundstückes durch Vorlage geeigneter Unterlagen innerhalb von 6 Wochen (ab Zustellung des Schreibens) entsprechend darzustellen.
Mit Schreiben der steuerlichen Vertretung vom wurde wie folgt Stellung genommen:
„…Die in Streit stehende Entschädigung auf dem Grundstück KG 00000 , EZnr 000 Gstrn: 0000 wurde für das Errichten eines großen Masten geleistet. Allein der Umstand, dass ein Masten auf einem Grundstück steht ist eine wesentliche Grundentwertung. Trotz hoher Konzentration während der Durchführung der Arbeiten auf dem Grundstück kommt es in der Praxis immer wieder vor, dass v.a. mit den großen unförmigen Geräten ein Schaden entsteht. Ein Masten bildet ein sehr großes Gefahrenpotential für die sichere Durchführung von Arbeiten im Umkreis dessen.
Mein Mandant hat mehrfach über dieses Thema z.B. auch mit einem Landmaschinenservicebetrieb, Fa X in Y Informationen erhalten, der aus der Praxis bestätigt, dass sehr viele der zu reparierenden Großgeräte wie Mähdrescher durch eine Kollision z.B. des Abtankrohres beim Mähdrescher mit dem Masten entstanden sind. Nicht nur der mechanische Schaden und v.a. der sehr teure Ausfall in der zeitintensiven Erntezeit, bei sehr hohen Temperaturen während der Druschperiode wie auch das Folgerisiko wenn ein Strommasten auf das Fahrzeug fällt (Lebensgefahr), stellt eine wesentliche Wertminderung des Grundstücks dar. Die Errichtung eines Mastens auf einem landwirtschaftlichen Grundstück erfolgt ja auch nicht freiwillig, mein Mandant würde jederzeit auf die entgeltliche Zuwendung verzichten, wenn er wieder ein nicht mit einem Strommasten belastetes Grundstück hätte. Auch führt zB bei Hackfrüchten die Mastenerrichtung dass rd. das Fünffache der Fläche nicht zu bearbeiten ist…“
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängige Berufung gemäß § 323 Abs. 38 BAO vom Bundesfinanzgericht als Beschwerde im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen ist.
Zum Sachverhalt:
Laut Grundbuch steht das Grundstück der KG 00000 Ortsname , EZ 000 , Gst-Nr 0000 – 40.909m² landwirtschaftlich genutzte Grundfläche – im Alleingeigentum der Bf. und ist mit der „Dienstbarkeit der Duldung, der Errichtung, des Bestandes und Betriebes der elektrischen Leitungsanlagen auf Gst 0000 gem Pkt 1 Dienstbarkeitsvertrag 2009-11-16 für EVN Netz GmbH (FN….) und ÖBB-Infrastruktur Aktiengesellschaft (FN…..)“ belastet.
Für die Inanspruchnahme des Grundstückes erhielt die Bf. im Jahr 2009 von der EVN Netz GmbH eine Vergütung von insgesamt 6.650,22 € ausbezahlt (in der Gutschrift vom wurden unter dem Titel "Beanspruchung" folgende 4 Positionen ausgewiesen: Mast 1/2 M9, 3,5x3,5m; 97 lfm LWL-Mitlegung; 4.655m² Überspannung; Gewährung einer Pauschale für Aufwendungen).
Strittig ist die Aufteilung dieses Entgeltes für die Grundinanspruchnahme in einen steuerpflichtigen und einen steuerfreien auf die Bodenwertminderung entfallenden Anteil.
Unter Hinweis auf die Verwaltungspraxis sowie die Entscheidung des , in welcher bei einer Entschädigung für eine Erdgasleitung nur eine steuerfreie Wertminderung von 10% anerkannt wurde, erachtete das Finanzamt einen Anteil von 30% als tauglichen Wert für die steuerfreie Bodenwertminderung. Demgegenüber begehrte die Bf. lt. eingangs erwähntem Schreiben vom zunächst 10% (665,03 €) für die Rechtseinräumung als steuerpflichtig anzusetzen. Im weiteren Verfahren beantragte die Bf. die Reduktion der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft auf 1.245,45 €, was im Ergebnis dem ursprünglich erklärten Betrag und somit einer gänzlichen Steuerfreistellung der Entschädigungszahlung entspricht. Gestützt wurde das Begehren von der Bf. insbesondere auf die Ausführungen des von ihrem Ehegatten erstellten Gutachtens.
Im Ergänzungsschreiben vom wurde die Entschädigungszahlung vor allem auf den Maststandort zurückgeführt.
Zur Verwaltungspraxis:
Festzuhalten ist vorweg, dass für das BFG gegenüber Richtlinien und Erlässen des Bundesministeriums für Finanzen zwar keine Bindungswirkung besteht, aber dessen ungeachtet im Folgenden auch auf die aktuelle Verwaltungspraxis einzugehen sein wird.
Die Einkommensteuerrichtlinien (EStR 2000), sahen lt Rz 5174 zunächst folgende Regelung vor:
„Eine in Verträgen getroffene Zuordnung der Entschädigungssumme zu den einzelnen Komponenten ist für das Finanzamt nicht bindend. Die Zuordnung selbst ist keine Rechtsfrage, sondern ein Teil der Sachverhaltsermittlung. Das Ergebnis sowie die Überlegungen, welche zu diesem Ergebnis führen, sind vom Abgabepflichtigen schlüssig zu begründen.
Es ist dabei nicht zu beanstanden, wenn aus Gründen der Verwaltungsökonomie bei Entgelten bis zu einer jährlichen Gesamthöhe von 10.000 Euro (2002 und 2003: 7.000 Euro, bis einschließlich 2001: 90.000 S) sowie bei Einmalentgelten bis 15.000 Euro der Anteil der reinen (steuerpflichtigen) Nutzungsentgelte mit 70% des jeweiligen Gesamtentgeltes angenommen wird (EStR 2000 Rz 4245). In diese Gesamthöhe der Entschädigungssumme von 10.000 Euro (2002 und 2003: 7.000 Euro, bis einschließlich 2001: 90.000 S) bzw. 15.000 Euro sind früher erhaltene Entschädigungen für Wertminderung von Grund und Boden einzurechnen. Wird dieser Betrag überschritten, ist eine Feststellung im Einzelfall zu treffen. Wird durch den Steuerpflichtigen betreffend die Zuordnung ein Gutachten vorgelegt, ist dieses auf fachlicher Ebene zu überprüfen. Dabei sind sachkundige Mitarbeiter der Finanzverwaltung beizuziehen.“
Im Oktober 2014 hat das BMF eine Neuregelung betreffend die steuerliche Behandlung von Entgelten aus Anlass der Einräumung von Leitungsrechten veröffentlicht, welche die bisherige Regelung der EStR 2000 Rz 5174 durch eine differenziertere betragsmäßige Zuordnung ersetzt (SWK 30/2014, 1278). Danach kann aus Gründen der Verwaltungsökonomie bei Entgelten aus Anlass der Einräumung von Leitungsrechten (insbesondere Strom- und Gasleitungen) bis zu einer jährlichen Gesamthöhe von 30.000 € sowie bei Einmalentgelten bis 50.000 € der steuerpflichtige Anteil der Entschädigungszahlung mit 55% des jeweiligen Gesamtentgeltes angenommen werden, wenn sich auf der Fläche ein Maststandort befindet. 45% des Gesamtentgelts bleiben demnach steuerfrei. Die Neuregelung ist lt. ab der Veranlagung 2014 sowie bis 2013 in allen offenen (noch nicht oder nicht endgültig rechtskräftig veranlagten) Fällen anzuwenden.
Zum Beschwerdeverfahren:
Im Entgelt für die Einräumung einer Dienstbarkeit sind – wie bereits das Finanzamt in der abweisenden Beschwerdevorentscheidung zutreffend ausgeführt hat - grundsätzlich mehrere Komponenten enthalten, insbesondere (vgl. Doralt, EStG9, § 21 Tz. 145 und § 28 Tz. 31-33)
1. Entgelt für die Benützung des Grund und Bodens,
2. Entschädigung für die durch die Beeinträchtigung der Verfügungsmacht des Grundeigentümers entstandene Wertminderung der Vermögenssubstanz,
3. Entgelt für Ertragsausfall im land- und forstwirtschaftlichen Bereich.
Die Entschädigung ist daher in einen steuerfreien Betrag für die Wertminderung von Grund und Boden und einen zu versteuernden Betrag für die Abgeltung der weiteren Beeinträchtigungen aufzugliedern.
Soweit der Aufteilungsmaßstab nicht genau ermittelt werden kann, ist die Aufteilung auf die einzelnen Komponenten gemäß § 184 BAO im Schätzungswege vorzunehmen. Die Zuordnung der einzelnen Teile ist eine Sachverhaltsfrage.
Das Finanzamt hat im vorliegenden Verfahren eine Aufteilung entsprechend der im Zeitpunkt der Bescheiderlassung herrschenden Verwaltungspraxis vorgenommen, indem 4.655,15 €, das sind 70% des Gesamtentgeltes von 6.650,22 €, als steuerpflichtiges Nutzungsentgelt den iHv 1.245,45 € erklärten Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft hinzugerechnet wurden. In der Beschwerdevorentscheidung hat das Finanzamt darauf hingewiesen, dass im Entgelt für die Einräumung des Servituts mehrere Komponenten enthalten sind und auch entsprechend dargelegt, dass die Pauschalsätze lt. Verwaltungspraxis nicht zu gering angesetzt wurden.
Im Vorlageantrag wurde in Bezug auf die Bodenwertminderung lediglich auf das vom Gatten der Bf., einem Absolventen der Universität für Bodenkultur, erstellte „Gutachten“ hingewiesen und beantragt, die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft mit € 1.245,45 anzusetzen. Im Schreiben vom wurde vor allem auf das von einem Strommasten ausgehende Gefahrenpotential sowie die damit in Zusammenhang stehende Wertminderung des Grundstückes hingewiesen.
Da Entgelte für Dienstbarkeiten üblicherweise sowohl für die Wertminderung als auch für die Duldung bzw. Nutzung geleistet werden, dem von der Bf. im Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringen in Bezug auf die Aufteilung allerdings keine ausreichenden Anhaltspunkte zu entnehmen sind und auch keine geeigneten Unterlagen vorgelegt wurden, ist diese Aufteilung im Schätzungswege vorzunehmen.
Die in Rede stehende Dienstbarkeit betrifft laut dem von der Bf. vorgelegten Dienstbarkeitsvertrag die Anlage „110-KV-Gemeinschafts-Dreifachleitung der EVN Netz GmbH und der ÖBB-Infrastruktur Bau AG zwischen Ort1 und Ort2 “ und beinhaltet das Recht, die bezeichnete Anlage zur errichten, wobei die Dienstbarkeitsstreifenbreite bei nicht forstwirtschaftlichen genutzten Grundstücken 24m links und 24m rechts der Leitungsachse (insgesamt 48m) beträgt, die fertiggestellten Anlagen zu betreiben, zu überprüfen, zu erneuern und umzubauen und daran alle erforderlichen Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen, die den sicheren Betrieb und Bestand der Anlagen hinderlichen oder gefährdenden Bäume, Äste und das Strauchwerk ohne einer weiteren Entschädigungsleistung zu entfernen und zu diesen Zwecken dieses Grundstück jederzeit zu betreten und, soweit notwendig und zweckmäßig, mit entsprechenden Baugeräten und Fahrzeugen zu befahren sowie Baumaterialien zu transportieren.
Inwieweit durch das Aufstellen eines Mastes (lt. Gutschrift vom 3,5 x3,5 m) einer Überspannung von 4.655m² sowie der Verlegung von 97 lfm LWL-Leitung die Bewirtschaftung eines Grundstückes in der Größe von 40.909m² unmöglich wird bzw. der gesamte Entschädigungsbetrag von 6.650,22 € allein auf die Bodenwertminderung entfallen soll, ist für das BFG nicht erkennbar und wurde von der Bf. auch nicht nachvollziehbar dargestellt. Dass es durch das Aufstellen eines Mastes in dessen unmittelbarer Umgebung zur einer Beeinträchtigung durch erschwerte Bewirtschaftung kommt bzw. von diesem auch ein Gefahrenpotential ausgeht – wie es im Schreiben des Gatten der Bf. sowie im Schriftsatz vom glaubhaft zum Ausdruck gebracht wird – bzw. es auch durch die Überspannung bzw. Verlegung einer Leitung zu einer Bodenwertminderung kommt, wird vom BFG nicht in Abrede gestellt. Auch das Finanzamt hat im Sinne der früheren Erlassmeinung, bereits die Aufteilung des Betrages im Schätzungswege vorgenommen und 30% des Gesamtentgeltes – ohne weiteren Nachweis - als nicht steuerbar behandelt.
In Anbetracht des Standpunktes des Finanzamtes, in Anlehnung an die eine einheitliche Vorgehensweise sichernde (früher geltende) Verwaltungspraxis – ohne weiteren Nachweis 30% des Gesamtentgeltes als nicht steuerbar zu behandeln – wäre es an der Bf. gelegen gewesen, einen Nachweis der höheren Abgeltung der Bodenwertminderung zu erbringen. Dass ein derartiger Nachweis unzumutbar oder unmöglich sein soll, wurde von der Bf. jedenfalls nicht vorgebracht, außerdem ist davon auszugehen, dass die Behauptungs- und Beweislast für das Ausmaß einer Entschädigung für die Bodenwertminderung den Abgabepflichtigen trifft ().
Bei der vom Finanzamt im Sinne der (früher geltenden Verwaltungspraxis) vorgenommenen Schätzung blieb allerdings der Umstand, dass sich auf der landwirtschaftlich genutzten Fläche ein Maststandort befindet, unberücksichtigt. Das BFG erachtet es für gerechtfertigt, die Existenz von Strommasten auf einem landwirtschaftlich bewirtschafteten Grundstück gesondert zu berücksichtigen und – auch im Sinne einer gleichmäßigen Behandlung aller Abgabepflichtigen (§ 114 Abs. 1 BAO) – den nicht steuerbaren Betrag im Sinne der differenzierter gestalteten nunmehrigen Verwaltungspraxis auf 45% zu erhöhen.
Eine gänzliche Steuerfreistellung des Entschädigungsbetrages – wie die Bf. begehrt – kommt nach Dafürhalten des BFG nicht in Betracht. Das BFG schließt sich in diesem Zusammenhang der vom Finanzamt im Vorlagebericht vertretenen Auffassung an, wonach das als Gutachten bezeichnete Schreiben, welches vom Gatten der Bf. verfasst wurde, nicht den Anforderungen an Nachvollziehbarkeit und Schlüssigkeit entspricht und kein taugliches Beweismittel zur Aufteilung der Entschädigungssumme darstellt. Das besagte Schreiben enthält lediglich allgemeine Ausführungen und nimmt weder auf das konkret betroffene Grundstück Bezug noch die behauptete Wertminderung der Vermögenssubstanz Bezug. Ein „Gutachten“, das die zu begutachtenden Tatsachen nicht ausreichend bezeichnet, keine klaren Aussagen zum maßgeblichen Sachverhalt trifft und überdies keinerlei ziffernmäßig nachvollziehbare Berechnungen in Bezug auf die angeblich eingetretene Wertminderung enthält, ist als Beweismittel untauglich. Gleiches gilt für das Schreiben vom . Der Aufforderung des BFG, geeignete Unterlagen zum Beweis des Beschwerdevorbringens vorzulegen, wurde damit jedenfalls nicht entsprochen. Der Bf. ist somit der Nachweis, dass der Entschädigungsbetrag zur Gänze auf die wiederholt von ihr ins Treffen geführte Entwertung des landwirtschaftlichen Grundstückes entfällt, nicht gelungen.
Das BFG hält daher eine Aufteilung der Zahlungen aus dem Dienstbarkeitsvertrag in einem Verhältnis von 55% für die Duldungsleistung und 45% für Schadenersatz als angemessen und ausreichend, um die von der Bf. im Beschwerdeverfahren erhobenen Einwendungen entsprechend zu berücksichtigen. Die Entgelte aus dem Dienstbarkeitsvertrag unterliegen daher in einem Umfang von 55% - somit mit 3.657,62 € - der Einkommensteuerpflicht.
Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als rechtswidrig und ist gemäß § 279 BAO abzuändern.
Zur Berechnung ist auf das beigeschlossene Berechnungsblatt zu verweisen. Anstelle der festgesetzten Einkommensteuer von 1.777,36 € laut angefochtenem Bescheid ergibt sich eine Einkommensteuer von 1.575,79 €.
Der Beschwerde war daher teilweise stattzugeben.
Zur Zulässigkeit einer Revision
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen diese Entscheidung eine Revision nicht zulässig. Es handelt sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da die schätzungsweise Aufteilung einer Entschädigungszahlung in einen steuerpflichtigen und einen nicht steuerbaren Anteil eine Tatfrage ist.
Beilage: 1 Berechnungsblatt
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 21 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Zitiert/besprochen in | Petschnigg in SWK 20-21/2018, 917 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2015:RV.7101511.2012 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at