Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.04.2015, RV/4100103/2011

Antrag auf Aufhebung eines Haftungsbescheides gemäß § 9 BAO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. K in der Beschwerdesache des Mag. D, StDr 11, 0101 L, gegen den Bescheid des Finanzamtes Ö vom  über die Abweisung des Antrages auf Aufhebung gemäß § 299 Bundesabgabenordnung (BAO) des Bescheides betreffend Haftung gemäß § 9 BAO zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid vom als Geschäftsführer der U GmbH zur Haftung gemäß § 9 Bundesabgabenordnung (BAO) für die aushaftenden Kapitalertragsteuern der Jahre 1999 bis 2001 herangezogen. Mit schriftlicher Eingabe vom beantragte er die Aufhebung des Haftungsbescheides vom .

Das Finanzamt wies mit angefochtenem Bescheid vom den Antrag des Beschwerdeführers auf Aufhebung dieses Haftungsbescheides gemäß § 9 iVm § 80 BAO vom  als unbegründet ab.

Der Beschwerdeführer war Geschäftsführer der U GmbH über die mit Beschluss des Landesgerichtes R vom das Konkursverfahren eröffnet (AZ p90/05) wurde.

Im Unternehmen der U GmbH fand zuvor in den Jahren 2003 und 2004 eine abgabenbehördliche Prüfung gemäß § 147 Abs. 1 BAO betreffend Umsatz-, Körperschaft- und Kapitalertragsteuern der Jahre 1999, 2000 und 2001 statt.

Im Bericht gemäß § 150 BAO vom , Auftragsbuch NDr 456/03, wurde unter TZ. 29 folgende Feststellung getroffen:

"Außerbilanzielle Zurechnungen

Tz. 29 Verdeckte Gewinnausschüttung - Darlehen 1999 -2001

Unter der Kontonr. d34k wird beim geprüften Unternehmen für Herrn  D. ein Darlehenskonto geführt. Ein schriftlicher Kreditvertrag existiert nach Aussage von  D. nicht.

Herr D.A ist Gesellschafter der U. GmbH mit einem Beteiligungsverhältnis von 95 %.

Die Entwicklung des Darlehens 1998 bis 2001 geht von einem Betrag 1998 von 3.094.262,47 ATS bis zu einem Betrag von 11.038.575,20 ATS im Jahre 2001.

Die Überweisung der Beträge erfolgt in geraden ATS-Beträgen zwischen 100.000 ATS und 500.000 ATS auf die Konten Nr. 300000  bzw.  4321s (nach Aussagen von Fr. S , Buchhalterin, handelt es sich dabei um Privatkonten von Hr. Dr D.A ).

Am Darlehenskonto werden zwar 5,5 % Zinsen p.a. verrechnet, aber ohne jegliche Tilgung lediglich die Stände erhöht.

Im Prüfungszeitraum wurden keinerlei Tilgungen geleistet, auf Befragung gab Mag.  R.T D.A  an, dass auch bis (SB-Termin) keinerlei Rückzahlungen getätigt wurden." 

Im Zuge der Schlussbesprechung am  gab der Beschwerdeführer (Geschäftsführer der GmbH) zu diesen Feststellungen an, dass seine Privatliegenschaften zur hypothekarischen Besicherung für gewährte Kredite an die U GmbH (Primärschuldnerin) dienen würden.

Er hafte persönlich für die der GmbH gewährten Kredite. Die Rückzahlung der von der GmbH an ihn gewährten Darlehen sei nicht gefährdet.

Die Betriebsprüfungsabteilung des Finanzamtes beurteilte die gewährten Zahlungen der GmbH an den Gesellschaftergeschäftsführer als verdeckte Gewinnausschüttung. Festgestellt wurde, dass ein schriftlicher Darlehensvertrag fehle, keine konkreten Darlehensbeträge festgelegt und auch keine Tilgungen vereinbart worden wären (BP-Bericht vom , AB-Nr. 456 /03, Tz. 29). 

Die Primärschuldnerin gewährte sohin dem Beschwerdeführer Zahlungen in Höhe von ATS 11,038.575,20 bis zum ; zu diesem Zeitpunkt () hatte die GmbH Kreditverbindlichkeiten in Höhe von ATS 127,874.076,10 bei Banken aushaftend. 

Das Finanzamt folgte den Feststellungen der Betriebsprüfung und erließ im wieder aufgenommenen Verfahren die Bescheide betreffend Körperschaftsteuer 1999 bis 2001 zum  sowie betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer, jeweils für die Jahre 1999 bis 2001. Die Bescheide betreffend Körperschaftsteuer wurden in weiterer Folge mit Ausfertigungsdatum (für das Jahr 2001) bzw. (für die Jahre 1999 und 2000) gemäß § 293 BAO berichtigt.

Die GmbH erhob mit schriftlicher Eingabe vom Beschwerde (vormals: Berufung) gegen die Abgabenfestsetzungsbescheide sowie Haftungs- und Zahlungsbescheide. Darin führte die GmbH aus, dass die mit Haftungs- und Zahlungsbescheiden vom , zugestellt am , aufgrund der verdeckten Gewinnausschüttung vorgeschriebenen Kapitalertragsteuern der Jahre 1999, 2000 und 2001 tatsächlich nicht anfallen würde und beantragte die Aussetzung der Einhebung der Kapitalertragsteuer in Höhe von insgesamt € 134.538,56 (Beschwerde vom ).

Begründend führte die GmbH aus, dass der Geschäftsführer der GmbH mit diesen Ausleihungen (Darlehen) den Erwerb von privaten Liegenschaftsbesitz finanziert habe, welcher wiederum als Haftungsmasse für das Gesamtobligo der GmbH dienen würde.

Nachdem das Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung vom  über das Rechtsmittel abgesprochen hat, verfügte das Finanzamt gleichzeitig mit Bescheiden vom den Ablauf der Aussetzung der Einhebung der Kapitalertragsteuer und setzte die Aussetzungszinsen in Höhe von € 3.070,03 fest.

Mit Schriftsatz vom beantragte die Primärschuldnerin innerhalb verlängerter Frist die Vorlage des Rechtsmittels gemäß § 276 Abs. 2 BAO an den Unabhängigen Finanzsenat und die Aussetzung der Einhebung der Kapitalertragsteuer. In der Folge hat das Finanzamt am  wiederum die Aussetzung der Einhebung verfügt (Veranlagungsakt).

Der Unabhängige Finanzsenat gab mit Berufungsentscheidung vom , RV/980w-I/05, der Beschwerde teilweise statt und änderte die angefochtenen Bescheide ab.

Dementsprechend hafteten in der Folge die Kapitalertragsteuer 1999 in Höhe von € 40.111,69; die Kapitalertragsteuer 2000 in Höhe von € 40.303,02 und die Kapitalertragsteuer 2001 in Höhe von € 16.516,72 mitsamt den Aussetzungszinsen in Höhe von € 3.070,03 offen aus.

Im Konkursverfahren stellte das Gericht mit Beschluss vom Masseunzulänglichkeit fest, weil die Konkursmasse nicht mehr ausreichte, um die Masseforderungen zu erfüllen. Die Schließung des Unternehmens wurde angeordnet.

Am war laut Gericht die Massezulänglichkeit wieder gegeben. Die angemeldeten Forderungen betrugen insgesamt € 6,690.923,34. Zur Verteilung gelangte schließlich ein Betrag in Höhe von € 361.897,15. Dies entspricht einer Konkursquote in Höhe von etwa von 5,2%. Das Landesgericht hob mit Beschluss vom den Konkurs auf.

Das Finanzamt meldete im Konkursverfahren am nachträgliche Abgabenforderungen in Höhe von € 104.160,48 an, welche sich aus der Kapitalertragsteuer 1999 in Höhe von € 38.915,31, der Kapitalertragsteuer 2000 in Höhe von € 40.303,02 und der Kapitalertragsteuer 2001 in Höhe von € 16.516,72 sowie den Aussetzungszinsen in Höhe von € 3.070,03 (2005) und € 5.355,40 (2006) zusammengesetzt haben.

Im gegenständlichen Haftungsverfahren ersuchte das Finanzamt den Beschwerdeführer mit schriftlichem Vorhalt vom um Bekanntgabe jener Umstände, die für die Nichtentrichtung der Abgaben maßgeblich gewesen wären. Um Darstellung der wirtschaftlichen Verhältnisse und Nachweis der Gleichbehandlung aller Gläubiger wurde ersucht.

Mit Bescheid vom zog das Finanzamt den Beschwerdeführer zur Haftung gemäß § 9 BAO iVm § 80 BAO für die Kapitalertragsteuern der Jahre 1999 in Höhe von € 40.111,69, 2000 in Höhe von € 40.303,02 und 2001 in Höhe von € 16.516,72 sowie Aussetzungszinsen 2005 in Höhe von € 3.070,03 heran.

Der Beschwerdeführer beantragte mit schriftlichen Anträgen vom  die Aufhebung des Haftungsbescheides sowie der Haftungs- und Zahlungsbescheide für die Kapitalerstragsteuern der Jahre 1999, 2000 und 2001, sämtliche jeweils vom . Der Beschwerdeführer weist in seiner Beschwerde darauf hin, dass von Beginn an festgestanden sei, dass die gewährten Darlehen zurückbezahlt werden würden. Das Finanzamt sei jedoch seiner Argumentation nicht gefolgt und habe das Darlehen als verdeckte Gewinnauschüttung gewertet.

Schließlich habe er in den Jahren 2004 bis 2008 Beträge in Höhe von insgesamt € 1,457.196,23 an die GmbH bezahlt. Die in den Jahren 1999 (€ 261.477,51), 2000 (€ 180.741,81) und 2001 (€ 95.934,90) von der Finanzverwaltung als "verdeckte Gewinnauschüttung" behandelten, erhaltenen Darlehensbeträge wären somit wieder zurückgezahlt worden. Damit sei nachweislich erwiesen, dass die GmbH dem Beschwerdeführer Darlehen gewährt habe, welche durch sein privates Liegenschaftsvermögen besichert worden wären.

Der Beschwerdeführer haftete mit seinem Liegenschaftsvermögen für die der GmbH gewährten Bankkredite.

Den Anträgen gemäß § 299  BAO wurden ein Schreiben der kreditgewährenden Bank vom beigelegt. Darin räumt das Kreditinstitut dem Beschwerdeführer ein, dass es ihn gegen Beibringung einer Bankgarantie über € 750.000,00 aus der persönlichen Haftung für das bestehende Kreditobligo der GmbH in Höhe von € 11,082.254,00 entlassen würde.

Weiters wurde der Entwurf einer Bankgarantie einer weiteren Bank über den Betrag in Höhe von € 750.000,00 vorgelegt. Das Kreditinstitut verpflichtet sich darin zur Zahlung dieses Betrages gegen die Entlassung des Beschwerdeführers aus der persönlichen Haftung mitsamt Freistellung seiner Liegenschaften betreffend die vom Beschwerdeführer für die Gemeinschuldnerin (Primärschuldnerin) übernommenen Haftungen.

Mit Schreiben vom teilt ein weiteres Kreditinstitut dem Beschwerdeführer mit, dass man ihn gegen Bezahlung des Betrages in Höhe von € 14.500,00 aus der Haftung als Bürge für Kredite an die Primärschuldnerin entlassen werde.

Eine weitere Bank erklärt mit Schreiben vom gegenüber dem Beschwerdeführer, dass seine Verbindlichkeiten gegen eine Abschlagszahlung in Höhe von € 420.000,00 erlöschen würden. Ein weiteres Schreiben eines Kreditinstitutes betrifft die Schuldenregulierung mit einer auf den Namen des Beschwerdeführers lautenden KG.

Nachdem das Finanzamt mit angefochtenem Bescheid vom den Antrag auf Aufhebung des Bescheides als unbegründet abgewiesen hat, erhob der Beschwerdeführer Beschwerde.

Darin führt der Beschwerdeführer ausführlich aus, dass gemäß § 210 Abs. 1 BAO Abgaben einem Monat nach Bekanntgabe des Abgabenbescheides fällig werden. Ausgehend davon, dass der vorliegende Abgabenbescheid, die Berufungsentscheidung des UFS, vom stamme, wäre die Abgabe frühestens einem Monat nach diesem Datum fällig gewesen. Zu diesem Zeitpunkt sei die GmbH nachweislich zahlungsunfähig und in Konkurs gewesen.

Desweiteren habe die Abgabenbehörde im Jahr 2006 eine rechtlich nach ihrer Ansicht nach tatsächlich nicht bestehende Gutschrift an die Masse ausbezahlt. Diese Auszahlung hätte nicht erfolgen dürfen und hätte diese mit der ältesten bestehenden Abgabenschuld gemäß § 214 Abs. 1 BAO verbucht werden müssen. Er habe gegen die Grundlagenbescheide Rechtsmittel ergriffen, sei jedoch nach Konkurseröffnung, dem , nicht mehr für die GmbH vertretungsbefugt gewesen.

Schriftlich führt der Beschwerdeführer zur Verjährung aus:

"Unbenommen der unterschiedlichen Auslegungen der Fälligkeit wird festgestellt, dass nach den §§ 207 ff. die Festsetzung einer Abgabe 5 Jahre nach der Entstehung des Abgabenanspruches verjährt und durch eine nach außen erkennbare Amtshandlung um ein Jahr verlängert wird. Unbeschadet der Tatsache, dass ich im Verfahren des UFS ab 2005 nicht mehr als Partei beteiligt war und somit mir gegenüber keine erkennbare Amtshandlung erfolgt ist, ist die Berufungsentscheidung vom ergangen. Nimmt man dies als letzte Amtshandlung, verjährt die Festsetzung mit ."

Nach § 224 (3) BAO sei die erstmalige Geltendmachung eines Abgabenanspruches anläßlich der Erlassung eines Haftungsbescheides gemäß Abs. 1 nach Eintritt der Verjährung des Rechtes zur Festsetzung der Abgabe nicht mehr möglich.

Aus diesem Grunde sei der Haftungsbescheid () nicht fristgerecht ausgestellt und daher aufzuheben.

Im Zuge der Erörterung der Sach- und Rechtslage am  beim Bundesfinanzgericht führte der Beschwerdeführer unter Hinweis auf das bisherige Vorbringen im Wesentlichen aus, dass er das erhaltene Darlehen zurückbezahlt habe und der Haftungsbescheid infolge Verjährung des Abgabenanspruches nicht mehr hätte erlassen werden dürfen.

Auf eine dem Finanzamt vorgelegte schriftliche Anerkenntnisvereinbarung (Notariatsakt vom ), in welcher der Beschwerdeführer gegenüber der Gemeinschuldnerin die Forderung in Höhe von € 751.231,19 samt 5 % Zinsen ab dem ausdrücklich anerkennt, wurde verwiesen.   

Die Amtsvertreterin verwies auf die Rechtmäßigkeit des erlassenen angefochtenen Haftungsbescheides. Eine Verjährung gemäß § 238 BAO läge demnach nicht vor.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Die Bestimmung des § 299 BAO ordnet an:

"(1) Die Abgabenbehörde erster Instanz kann auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

(2) Mit dem aufhebenden Bescheid ist der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden."

Die genannte Norm gestattet Aufhebungen ausschließlich für den Fall, dass sich der aufzuhebende Bescheid inhaltlich als unrichtig erweist. Der Inhalt eines Bescheides ist dann unrichtig, wenn der Bescheidspruch nicht dem Gesetz entspricht. Aus welchem Grund der Bescheid rechtswidrig ist (etwa wegen einer unrichtigen Gesetzesinterpretation, oder wegen mangelnder Kenntnis des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes, oder wegen Übersehens von Grundlagenbescheiden, etc.), erweist sich für die Anwendbarkeit des §299 (1) BAO als irrelevant.

Wohl aber setzt die Aufhebung nach § 299 BAO die Gewissheit der Rechtswidrigkeit voraus; die bloße Möglichkeit eines rechtwidrigen Bescheides reicht indes nicht hin (vgl. Ritz, BAO Kommentar, §299 Tz 13 sowie die dort zit. Judikatur).

Im vorliegenden Fall war zu beurteilen, ob dem Haftungsbescheid gemäß § 9 in Verbindung mit § 80 BAO des Finanzamtes vom , mit welchem der Bescherdeführer zur Haftung für uneinbringliche Kapitalertragsteuern bei der Primärschuldnerin herangezogen wurde, der Mangel einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit anhaftet.

Lediglich im Fall einer derartigen Feststellung wäre die Abgabenbehörde im Rahmen ihres Ermessens dazu verhalten gewesen, eine Bescheidaufhebung nach § 299 BAO vorzunehmen.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff. leg. cit. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 7 BAO werden Personen, die nach Abgabenvorschriften für eine Abgabe haften, durch Geltendmachung dieser Haftung (§ 224 Abs. 1 BAO) zu Gesamtschuldnern.

Persönliche Haftungen (Abs. 1) erstrecken sich auch auf Nebenansprüche iSd. § 3 Abs. 1 und 2 BAO (Absatz 2).

Gemäß § 224 Abs. 1 BAO werden die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.

Gemäß § 238 Abs 1 BAO verjährt das Recht eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe.

Die Verjährung fälliger Abgaben wird durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung, oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährung neu zu laufen. 

Gemäß 238 Abs. 3 lit. b BAO ist die Verjährung gehemmt, solange die Einhebung der Abgabe ausgesetzt ist.

Gemäß § 93 Abs. 2 Z. 1 lit.a EStG unterliegen der Kapitalertragsteuer u.a. Gewinnanteile und sonstige Bezüge aus Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Der Begriff der kapitalertragsteuerpflichtigen Beteiligungserträge entspricht § 27 Abs. 1 Z. 1 EStG; neben offenen Gewinnausschüttungen zählen dazu auch verdeckte Gewinnausschüttungen (Doralt/Kirchmayer, EStG8, § 93 Tz 19, 21).

Gemäß § 95 Abs. 2 EStG ist Schuldner der Kapitalertragsteuer der Empfänger der Kapitalerträge. Die Kapitalertragsteuer ist durch Abzug einzubehalten. Der zum Abzug Verpflichtete haftet dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer. Zum Abzug verpflichtet ist gemäß § 95 Abs. 3 Z. 1 EStG bei Kapitalerträgen gemäß § 93 Abs. 2 EStG der Schuldner der Kapitalerträge.

Bei einer verdeckten Gewinnausschüttung ist evident, dass es sich um nicht vorschriftsmäßig gekürzte Kapitalerträge handelt (Quantschnigg/Schuch, § 95 Tz. 11). Die Inanspruchnahme des Empfängers steht im Ermessen der Behörde (Marschner in Jakom zu § 95 Abs. 4, Rz 41). Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd. § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles, abstellend auf die Vermögensverhältnisse von Gesellschaft und Gesellschafter (-G/09).

S oweit der Beschwerdeführer die wiederholt erhobenen Einwendungen aus dem Abgabenverfahren gegen die Beurteilung der von der GmbH gewährten Zahlungen als verdeckte Gewinnausschüttung und gegen die in der Folge festgesetzte Kapitalertragsteuer 1999 bis 2001 vorbringt, ist auf die Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , GZl. RV/0229-I/05, zu verweisen. Bei den zur Verfügung gestellten Geldbeträgen handelt es sich demnach abgabenrechtlich um eine verdeckte Gewinnausschüttung.

Für die Haftung gemäß § 9 BAO ist die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten maßgebend. Zu den abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters gehört es, insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben entrichtet werden. Verfügt eine GmbH über keine liquiden Mittel mehr, so verletzt der Vertreter durch die Nichtentrichtung der Abgaben auch keine abgabenrechtliche Pflicht ().

Der Zeitpunkt für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären. Maßgeblich ist ausschließlich der Zeitpunkt der gesetzlichen Fälligkeit. 

Bei der Kapitalertragsteuer als Folge einer verdeckten Gewinnausschüttung richtet sich der Zeitpunkt der gesetzlichen Fälligkeit der Kapitalertragsteuer nach dem Zufluss einer verdeckten Ausschüttung. Im vorliegenden Sachverhalt lagen die Zeitpunkte des Zuflusses der verdeckten Gewinnausschüttung in den Jahren 1999 bis 2001 (vgl. Bericht des Finanzamtes gemäß § 150 BAO vom , Auftragsbuch Nr. 456/03,  TZ 29).

Somit wäre es am Beschwerdeführer als verantwortlichen Geschäftsführer gelegen gewesen, im Rahmen der Erfüllung seiner abgabenrechtlichen Pflichten für die GmbH Sorge zu tragen, dass die Kapitalertragsteuern der Jahre 1999 bis 2001 dem Finanzamt angezeigt und tatsächlich entrichtet würden. Darin liegt eine schuldhafte Pflichtverletzung. Dem Finanzamt wurden diese Zahlungen in Höhe von mehr als ATS 11,000.000,00 in den Jahren 1999 bis 2001 erst im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung im Jahr 2003 bekannt.

Soweit der Beschwerdeführer meint, er könne infolge Verjährung des Abgabenanspruches nicht mehr zur Haftung für die bei der Primärschuldnerin uneinbringlichen Kapitalertragsteuern der Jahre 1999 bis 2001 herangezogen werden, ist festzustellen, dass im Abgabenverfahren der Primärschuldnerin die Einhebung der Abgabe bis zur Erlassung der Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzesenates, dem , ausgesetzt war und daher die Einhebungsverjährung gehemmt im Sinne des § 238 Abs. 3 BAO gewesen ist.

Durch die nachträgliche Anmeldung der Abgabenforderungen (Kapitalertragsteuern) im Konkursverfahren am hat das Finanzamt eine weitere Unterberechungshandlung im Sinne des § 9 Abs. 1 Insolvenzordnung (IO) vorgenommen (Veranlagungsakt, Steuernummer 4y5y6y7 ). Durch die Anmeldung im Insolvenzverfahren wird nämlich die Verjährung der angemeldeten Forderung ebenfalls unterbrochen. Die Verjährung der Forderung gegen den Schuldner beginnt von neuem mit dem Ablauf des Tages, an dem der Beschluß über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens rechtskräftig geworden ist. Im gegenständlichem Sachverhalt hat das Landesgericht mit Beschluss vom den Konkurs aufgehoben und mit Beschluss vom  festgestellt, dass die Aufhebung des Konkurses rechtskräftig geworden ist.

Soweit der Beschwerdeführer Einwendungen gegen den Abgabenanspruch vorbringt, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darauf zu verweisen, dass im Haftungsverfahren eine Bindung an die Abgabenfestsetzung gegenüber der Primärschuldnerin besteht ().

Soweit der Beschwerdeführer meint, dass Finanzamt hätte ein Guthaben im Insolvenzerverfahren ( - ) nicht mehr auszahlen, sondern mit den bestehenden ältesten Abgabenschuldigkeiten der GmbH gemäß § 214 BAO aufrechnen müssen, ist daruf hinzuweisen, dass der Masseverwalter im anhängigen Konkursverfahren ( bis ) die Auszahlung des Guthabens beantragt hat. Während eines anhängigen Konkursverfahrens gehen die insolvenzrechtlichen Aufrechnungsvorschriften, insbesondere die §§ 19 und 20 IO, der Grundregel des § 214 BAO vor. Schließlich ist der Masseverwalter im Insolvenzverfahren verpflichtet, die Auszahlung von Guthaben zu beantragen.

Es liegt somit keine Einhebungsverjährung im Sinne des § 238 BAO vor, sodass das Finanzamt berechtigt war den Antragsteller zur Haftung für uneinbringliche Abgabenschuldigkeiten der Primärschuldnerin heranzuziehen.

Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit ist auch aus diesem Argument nicht erweisbar.

Di e Voraussetzungen für eine Aufhebung des Haftungsbescheides gemäß § 299 BAO waren daher aufgrund vorstehender Ausführungen nicht erfüllt, sodass die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
-I/05

-I/04
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.4100103.2011

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at