Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.10.2014, RV/5101024/2011

Zeitpunkt der - Anschaffung - Erfassung im Verzeichnis von Wertpapieren beim Freibetrag für investierte Gewinne

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Michael Mandlmayr in der Beschwerdesache Beschwerdeführer , gegen den Bescheid des FA Grieskirchen Wels vom betreffend die Einkommensteuer für das Jahr 2007 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf) erzielt als Freiberufler Einkünfte aus selbständiger Arbeit.

In der mit FinanzOnline am elektronisch beim Finanzamt eingereichten Einkommensteuererklärung für das Jahr 2007 machte der Bf bei der Ermittlung des Gewinnes aus selbständiger Arbeit unter der Kennzahl 9229 einen Freibetrag für investierte Gewinne – FBiG (§10) – von Wertpapieren in Höhe von 8.145,94 € geltend.

Mit Einkommensteuerbescheid 2007 vom wurde der Bf zunächst mit Einkünften aus selbständiger Arbeit in Höhe von 73.313,49 € erklärungsgemäß veranlagt.

Auf Grund einer Mitteilung gemeinschaftlich erzielter Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (-4.946,60 €) vom wurde der Einkommensteuerbescheid 2007 am gemäß § 295 Abs. 1 BAO entsprechend abgeändert.

Über Mitteilung des Bf vom wurde der Einkommensteuerbescheid 2007 zur Berücksichtigung einer Tangente aus gewerblichen Einkünften (-29.787,72 €) am neuerlich gemäß § 295 Abs. 1 BAO abgeändert.

Im Zuge einer Betriebsprüfung betreffend die Jahre 2007 bis 2009 stellte der Prüfer hinsichtlich der Einkünfte aus selbständiger Arbeit für das Jahr 2007 im Wesentlichen Folgendes fest (Niederschrift über die Schlussbesprechung vom und Betriebsprüfungsbericht vom ):

Tz 3 Wertpapiere 2007
Der Freibetrag für investierte Gewinne kann im Jahr 2007 noch nicht geltend gemacht werden. Die hiefür benötigten Wertpapiere wurden erst am (Kauf 88,264 Stück, Kurs 107,910) angeschafft. Gewinnerhöhung 2007: 8.145,94 €

Auf Grund der sonstigen Feststellungen (Gewinnerhöhungen wegen Tz. 1: nicht abzugsfähiger Aufwendungen von 591,46 € und Tz 2: Erhöhung des Privatanteiles bei den Kfz-Kosten um 1.332,00 € und zusätzlicher Aufwendungen aus Vorsteuerkürzungen Tz 4 und Tz 5 von insgesamt 1.100,00 €) erhöhte sich der bisherige Gewinn von bisher 73.313,49 € um weitere 823,46 €, woraus sich ein Gewinn aus selbständiger Arbeit nach Bp von 82.282,89 € ergab.

Mit Bescheid vom nahm das Finanzamt das Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer für das Jahr 2007 gemäß § 303 Abs. 4 BAO unter Hinweis auf die Feststellungen der Niederschrift und des Betriebsprüfungsberichtes wieder auf.

Mit Einkommensteuerbescheid2007selben Datums erhöhte das Finanzamt die Einkünfte aus selbständiger Arbeit auf 82.282,89 € und in der Folge das Einkommen auf 33.695,08 € und setzte die Einkommensteuer mit 9.540,72 € fest, woraus sich eine Nachforderung von 3.895,88 € ergab.

Mit am selben Tag beim Finanzamt eingelangten Schriftsatz vom erhob der Bf Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 vom , beantragte die Anerkennung des Freibetrages für investierte Gewinne in Höhe von 8.145,94 € und verwies zur Begründung auf den angeschlossenen Einzahlungsbeleg vom und drei angeschlossene Schreiben der wertpapierführenden Bank W-Bank (in der Folge kurz W-Bank).

Aus der Kopie des Beleges ist ersichtlich, dass der Bf am 10.000,00 € auf das Konto 123 der W-Bank zum (handschriftlich vermerkten) "Kauf von C-Quadrat ARTS TOTAL Return §14 EStG" überwiesen hat.

Auf demselben Blatt befindet sich die Kopie eines Schreibens des Bf vom zum Betreff " Einzahlungsbestätigung § 14 ESt" an die ES GmbH z.Hd. dessen damaligen Geschäftsführer mit folgendem Text:
"Anbei die Einzahlungsbestätigung, ich ersuche um Weiterleitung wie besprochen.
Die Summe sollte bitte wieder auf das neue Volksbankkonto 007 , BKLZ 00000 überwiesen werden."

In einem Schreiben der W-Bank vom teilte diese unter Hinweis auf die Depotnummer xx des Bf seinem Steuerberater Folgendes mit:
Das genannte Depot wurde für den Bf als Kunden am eröffnet.

"Nach erfolgtem Geldeingang mit konnte der beantragte Auftrag im Wertpapier AT000A02PE1 C-Quadrat Arts Total Return zur Investition freigegeben werden und stand dem Steuerpflichtigen somit bereits im Jahr 2007 wirtschaftlich zur Verfügung. Aus technischen Gründen finden Sie auf der Abrechnung einen Schlusstag und Abrechnungstag, der im neuen Jahr 2008 liegt."

In einem weiteren Schreiben der W-Bank vom wiederholte diese unter Hinweis auf die Depotnummer des Bf und die bisher geführte Korrespondenz, dass sich 88,264 Stück der ISN AT0000A02PE1 C-Quadrat ARTS Total Return (T) bereits im Jahre 2007 in der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Bf befunden haben und verwies auf den bereits übermittelten Depotauszug, der noch einmal beigelegt werde und führte weiter aus:
"Wir haben mit Valuta 2.081 Stück des betreffenden Wertpapieres für diverse unserer Kunden von der Y-Bank angekauft. Aus irgendeinem nicht nachvollziehbaren Grund hat unser System den Kauf jedoch erst Anfang 2008 abgerechnet.

Wir weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass wir Geschäfte nur als Kommissionär, das heißt im Namen unserer Kunden ausführen. Die Wertpapiere waren mit Zugang bei uns damit bereits in der Verfügung unserer Kunden und hätte Ihr Mandant (Bf) noch 2007 über seine Wertpapiere verfügen, diese also wieder verkaufen können."

Der an den Bf gerichtete Jahres-Auszug 2007 vom Jänner 2008 der W-Bank zum Depot des Bf zu Konto Nr. 1 zeigt folgendes Bild:


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Depot-Umsätze 2007
Gegenwert
 
AT0000A02PE1
10.000,00 EUR
Auftragsnr 116909 vom
 
 
 
Depot-Bestand
 
Menge
AT0000A02PE1 C-Quadrat ARTS TOT.RET (T)
88,264000 STK
Depotwert
88,264000 STK

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 vom mit folgender Begründung ab:

"Bei Gewinnermittlung durch Einnahmen-Ausgabenrechnung kann ab der Veranlagung 2007 ein Freibetrag für investierte Gewinne als fiktive Betriebsausgabe geltend gemach werden. Der Freibetrag steht u.a. zu, wenn bestimmte Wertpapiere angeschafft werden. Die Wertpapiere sind im § 14 Abs. 7 Z 4 EStG 1988 umschrieben.
Als Anschaffungszeitpunkt ist bei Wertpapieren – unabhängig vom Zahlungsfluss und vom Zeitpunkt der Erteilung des Kaufvertrages – jener Zeitpunkt anzusehen, zu dem das Wertpapier für den Steuerpflichtigen verfügbar ist, das ist jener Zeitpunkt, zu dem das Wertpapier auf dem Depot als zugegangen ausgewiesen ist.
Lt. dem im Rahmen der Außenprüfung vorgelegten Depotauszug wurden die Wertpapiere am erworben und gutgeschrieben. Der im Zuge der Berufung nachträglich vorgelegte "Jahres-Auszug 2007" ist nicht ident mit dem Depotauszug, der dem Prüfer zur Verfügung stand. Aus diesem ging eindeutig hervor, dass die Wertpapiere erst im Jahr 2008 erworben wurden. Da der Erstdepotauszug nach ho. Ansicht mehr Aussagekraft hat als jener, der der Berufung beigelegt wurde, war die Berufung als unbegründet abzuweisen."

Mit Schriftsatz vom stellte der Bf einen Vorlageantrag, beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und führte sinngemäß Folgendes aus:
Der Betriebsprüfer habe den Ankauf von Wertpapieren in Höhe von rund 10.000,00 € im Jahr 2007 nicht anerkannt und erst einen Kauf im Jahr 2008 unterstellt.
Von der depotführenden Bank habe der Bf ursprünglich eine Saldobestätigung (vom ) mit (Beilage 1) erhalten.

In einem weiteren Schreiben (vom , Beilage 2) habe die W-Bank mitgeteilt, dass aus technischen Gründen das Datum am Depot ausgewiesen, das Geschäft jedoch tatsächlich im Jahr 2007 abgewickelt worden sei.

Der Bf selbst habe am 10.000,00 € überwiesen und den Auftrag zum Kauf von Wertpapieren erteilt (Beilage 3).
Zusatz des erkennenden Gerichts: Die Beilage 1 - Jahres-Auszug 2007 vom - entspricht der vom Betriebsprüfer in Kopie zum Arbeitsbogen genommenen.

Der an den Bf gerichtete Jahres-Auszug 2007 vom 23.Jänner 2008 der W-Bank zum Depot des Bf zu Konto Nr. 1 (Beilage 1) zeigt folgendes Bild:


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Depot-Bestand
Menge
Kurs
Kurswert
Depotwert:
 
 
0,00 EUR

Konto-Umsätze 2007


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Datum
Buchungstext
Betrag
Interne Umbuchung 77750 Antragsnummer 10168620
10.000,00 EUR
Entgelt Kontoführung
-7,20 EUR
 
Saldo
9.992,80 EUR

Konto-Umsätze 2008


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Datum
Buchungstext
Betrag
Wertp. Abrechnung Kauf 141949- xx
AT0000A02PE1 C-QUADRAT ARTS TOT.RET (T)
88,264 Stk zu 107,910 EUR
-9.999,90 EUR
Versandkosten Bericht 2007
-1,04 EUR
 
Saldo
-8,14 EUR

Das Schreiben der W-Bank vom (Beilage 2) hat der Bf bereits der Berufung in Kopie angeschlossen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf obige Wiedergabe des Inhalts verwiesen. Gleiches gilt für die Überweisung von 10.000,00 € mit dem Antrag zum Kauf von Wertpapieren vom (Beilage 3).

Mit Schreiben vom hielt das Finanzamt dem Bf Folgendes vor:

Aus der der Berufung beigelegten Saldobestätigung der W-Bank sei ersichtlich, dass der streitgegenständliche Wertpapierauftrag am zur Durchführung gelangt ist. Dies stehe im Widerspruch zum Berufungsbegehren. Auch aus dem Schreiben der W-Bank vom könne nicht entnommen werden, dass die Wertpapiere bereits am Depot des Bf gutgeschrieben worden sind. Es werde lediglich ausgeführt, dass die Wertpapiere im Jahr 2007 dem Steuerpflichtigen wirtschaftlich zur Verfügung gestanden wären.

Der Bf möge anhand von Abrechnungen des Kreditinstitutes wie z.B. Börsenauftrag und
–abrechnung nachweisen, dass die Wertpapiere tatsächlich 2007 angeschafft worden sind.

Mit Schriftsatz vom übermittelte der Bf hierauf ein von der W-Bank an den Steuerberater des Bf gerichtetes Schreiben vom zum genannten Depot des Bf folgenden Inhalts:

Gerne könne noch einmal bestätigt werden, dass die W-Bank mit Valuta 2.081 Anteile des C-Quadrat Arts Tot. Ret. Funds ISIN AT0000A02PE1 u.a. auch für den Bf von der Y-Bank angekauft hat.
Es dürfe nochmals darauf hingewiesen werden, dass die W-Bank Geschäfte nur als Kommissionär, also im Namen ihrer Kunden ausführt. Somit seien diese Wertpapiere mit Zugang bei der W-Bank bereits in der Verfügung ihrer Kunden gestanden.
Die W-Bank hoffe, dem Bf hiermit die entsprechende Bestätigung übermittelt zu haben.

Im auch dem Bf zugestellten Vorlagebericht vom bezeichnete das Finanzamt die Streitpunkte wie folgt:
"Strittig ist der tatsächliche Ankaufstag (Depotauszug) im Rahmen der Anschaffung von Wertpapieren zur Geltendmachung eines Freibetrages für investierte Gewinne."

Mit der Ladung zur beantragten mündlichen Verhandlung brachte das erkennende Gericht dem Bf nachstehende Stellungnahme des Betriebsprüfers zur Berufung zur Kenntnis und forderte ihn zur Vorlage des nach § 10 Abs. 7 Z 2 EStG 1988 zu führenden Verzeichnisses auf.

Die Stellungnahme des Betriebsprüfers () zur Berufung lautet sinngemäß wie folgt:

Seitens des Finanzamtes (Betriebsprüfung) wurde kein Wertpapierkauf zum unterstellt, wie in der Berufung angeführt, sondern anhand von Fakten korrekt festgestellt.

Die Rechtfertigung der W-Bank vom März und Mai 2011 erfolgte nach Ansicht des Prüfers aufgrund der Nachfragen des Steuerberaters.

Unbestritten ist, dass der Bf am 10.000,00 € an die W-Bank überwiesen hat. Dass der Wertpapierkauf … "aus irgendeinem nicht nachvollziehbaren Grund" wie in den Schreiben angeführt erst mit 2008 abgerechnet werden konnte, kann nicht nachvollzogen werden.

Anbei ein Jahresauszug 2007 (Zusatz des erkennenden Gerichts: vom wie oben wiedergegeben, mit gelben Markierungen) aus dem Arbeitsbogen.
Dies ist der Erstbeleg, alle anderen Schreiben/Belege/Aufzeichnungen erfolgten im Nachhinein aufgrund der getroffenen Feststellung.
Hier ist ersichtlich, dass der Depotwert zum Euro 0,00 betrug.
Weiters ist die Einzahlung von 10.000,00 € und auch der Aufwand für Kontoführung ersichtlich. Saldo zum daher 9.992,80 €.
Dann folgen die Kontoumsätze 2008, wo im Buchungstext – was ja wohl kein technisches Gebrechen sein wird – eindeutig angeführt ist, dass die Abrechnung mit KURS ZUM (Zusatz des erkennenden Gerichts: richtig 2008); 88.264 Stück a´107,910 erfolgte.
Kurs zum 2.1. bedeutet, dass erst zu diesem Zeitpunkt das Wertpapier auf dem Depot als zugegangen ausgewiesen werden kann und unabhängig vom Zahlungsfluss und vom Zeitpunkt der Erteilung des Kaufauftrages erst dann das Wertpapier für den Steuerpflichtigen verfügbar war.
Siehe auch EStR 2000 RZ 3704ff

Am übermittelte die steuerliche Vertreterin des Bf dem erkennenden Gericht (außer der Ladung samt deren Beilagen) ein "AfA-Verzeichnis" und folgende (bereits vorgelegten) Unterlagen:

Schreiben der W-Bank vom und
Depotauszug Jänner 2008
Einzahlungsbestätigung Dezember 2007

Im genannten "Afa-Verzeichnis" zum Konto 920 Wertpapiere wird die Anschaffung von Wertpapieren C-Quadrat Arts Vorsorge am mit einem Anschaffungswert von 10.000,00 €, ein %-satz von 0,00 und ein Buchwert von 10.000,00 € zum ausgewiesen.
In der mündlichen Verhandlung am gab der Vertreter des Bf über Frage an, dass das genannte "Afa-Verzeichnis mit Erstellung des Jahresabschlusses am erstellt worden ist. Mit dem Widerspruch konfrontiert, dass im "Afa-Verzeichnis" als Anschaffungsdatum der , von der W-Bank hingegen als Ankaufsdatum der sagte der Vertreter des Bf, er könne keine konkrete Antwort geben, warum im "Afa-Verzeichnis" der 17.12. angeführt worden ist.

Im Übrigen wiederholten die Parteien im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen.
Auf die als Beilage angeschlossene Niederschrift der mündlichen Verhandlung wird verwiesen.

Das Gericht hat über die Beschwerde erwogen:

Strittig ist im gegenständlichen Fall der Anschaffungszeitpunkt der vom Bf erworbenen Wertpapiere C-Quadrat Arts Vorsorge.

Das Gericht hat folgenden Sachverhalt festgestellt:

Der Bf hat belegmäßig nachgewiesen unbestritten am 10.000,00 € auf das Konto der W-Bank zum Kauf des Wertpapiers "C-Quadrat Arts Total Return § 14 EStG" überwiesen.
Das Wertpapierdepot des Bf bei der W-Bank hatte am mangels Bestandes einen Depotwert von 0,00 €.
Am wurde für den Bf der Kauf von 88,264 Stück des genannten Wertpapiers zum Kurs des Vortages () von 107,910 mit 9.999,90 € abgerechnet.
Das vom Gericht gemäß § 10 Abs. 7 Z 2 EStG 1988 vom Bf verlangte Verzeichnis wurde nach Angaben des Vertreters mit dem Jahresabschluss für 2007 am erstellt.

Zum festgestellten Sachverhalt ist das Gericht auf Grund folgender Beweiswürdigung gelangt:

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde – abgesehen von offenkundigen Tatsachen und solchen, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt – unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Das Gericht hält aus nachstehenden Gründen den vom Bf im Rahmen der Betriebsprüfung unbestritten zuerst vorgelegten Jahres-Auszug 2007 vom als den Tatsachen entsprechend:

Das Gericht teilt die vom Finanzamt in der mündlichen Verhandlung geäußerte Ansicht, dass im gegenständlichen Fall der zunächst vorgelegte Depotauszug (vom ) als glaubwürdiger anzusehen ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (; und , 90/16/0176) entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die jeweils erste Äußerung des Verfahrensbeteiligten der Wahrheit am nächsten kommt.

Den glaubwürdigen Angaben des Betriebsprüfers in seiner Stellungnahme vom , dass der Bf zunächst den Auszug vom und alle anderen Schreiben, Belege und Aufzeichnungen erst auf Grund der (vom Prüfer) getroffenen Feststellung vorgelegt hat, wurde seitens des Bf nicht widersprochen. Gleiches gilt für die vom Prüfer geäußerte Ansicht, dass die Schreiben ("Rechtfertigung") der W-Bank vom 4. März und erst auf Grund der Nachfrage des Steuerberaters des Bf erfolgt sind. Beide Schreiben der W-Bank sind tatsächlich an den Steuerberater des Bf gerichtet und nehmen Bezug auf geführte Korrespondenz. Die Betriebsprüfung wurde am begonnen. Die Schlussbesprechung fand am statt.

Der Jahres-Auszug 2007 vom Jänner 2008 wurde offensichtlich erst im Jahr 2011 auf Grund der eben erwähnten Korrespondenz erstellt. Es fehlen bei diesem Auszug nicht nur der Tag seiner Ausstellung, sondern im Gegensatz zum ursprünglichen Jahres-Auszug 2007 vom auch der Kauf- und Abrechnungstag, der Kurs (Vortag) sowie der Wert zum . Als Depot-Wert zum wird nur der Bestand ("88,264000 STK") wiederholt.

Der nach dem Verfahrensstand zweckdienlichen, ausdrücklichen Aufforderung des Finanzamtes in dessen begründeten Vorhalt vom , anhand von Abrechnungen des Kreditinstitutes wie z.B. Börsenauftrag und –abrechnung nachzuweisen, dass die Wertpapiere tatsächlich 2007 angeschafft worden sind, wurde seitens des Bf nicht entsprochen.

Seitens der W-Bank wurde nicht einmal der im Schreiben vom erwähnte Ankauf von 2.081 Stück des gegenständlichen Wertpapiers mit Valuta nachgewiesen, geschweige denn, dass davon 88,264 Stück auf den Bf entfallen wären.

Die seitens des Bf vorgelegten Schreiben der W-Bank sind nach Ansicht des erkennenden Gerichts nach dem Gesamtbild des Falles als nicht glaubwürdige Gefälligkeitsbestätigungen anzusehen.
Die faktische Abrechnung am wird auch von der W-Bank in den vorgelegten Schreiben nicht bestritten.

Rechtslage

Die hier maßgeblichen Teile des mit der Überschrift "Freibetrag für investierte Gewinne" versehenen § 10 Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 in der ab geltenden Fassung BGBl. I Nr. 99/2007 (EStG 1988) lauten (Fettdruck durch das erkennende Gericht):

§ 10. (1) Natürliche Personen, die den Gewinn eines Betriebes gemäß § 4 Abs. 3 ermitteln, können bei der Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren körperlichen Anlagegütern oder von Wertpapieren gemäß § 14 Abs. 7 Z 4 einen Freibetrag für investierte Gewinne bis zu 10 % des Gewinnes, ausgenommen Übergangsgewinne (§ 4 Abs. 10) und Veräußerungsgewinne (§ 24), höchstens jedoch 100 000 Euro gewinnmindernd geltend machen. Der Höchstbetrag von 100 000 Euro steht jedem Steuerpflichtigen im Kalenderjahr nur einmal zu. Der Freibetrag für investierte Gewinne kann nur im Jahr der Anschaffung oder Herstellung der Wirtschaftsgüter geltend gemacht werden und ist mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten begrenzt. Die Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8) wird dadurch nicht berührt.

(3) Der Freibetrag für investierte Gewinne kann nur zu Lasten des Gewinnes jenes Betriebes geltend gemacht werden, in dem

1. …

2. im Falle der Anschaffung von Wertpapieren gemäß § 14 Abs. 7 Z 4 diese dem Anlagevermögen ab dem Anschaffungszeitpunkt mindestens vier Jahre gewidmet werden, vorbehaltlich Abs. 5 Z 2.

(7) Voraussetzungen für die Geltendmachung des Freibetrages für investierte Gewinne sind:

1. Der Freibetrag für investierte Gewinne wird in der Steuererklärungan der dafür vorgesehenen Stelle getrennt hinsichtlich körperlicher Wirtschaftsgüter und Wertpapiere ausgewiesen. Eine Berichtigung einer unrichtigen oder unterlassenen Eintragung ist bis zum Eintritt der Rechtskraft des betreffenden Einkommensteuer oder Feststellungsbescheides (§ 188 der Bundesabgabenordnung) möglich.

2. Der Freibetrag für investierte Gewinne wird im Anlageverzeichnis (§ 7 Abs. 3) bei den jeweiligen Wirtschaftsgütern ausgewiesen. Wertpapiere gemäß § 14 Abs. 7 Z 4, für die ein Freibetrag in Anspruch genommen wird, sind in ein gesondertes Verzeichnis aufzunehmen, das der Abgabenbehörde auf Verlangen vorzulegen ist.

Zorn in Hofstätter/Reichel, EStG Kommentar § 10 f ührt dazu unter Ad B) Wertpapiere Folgendes aus:

Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG kommt nur notwendiges Betriebsvermögen zum Ansatz. Bei indifferenten Wirtschaftsgütern, wie Geld oder Wertpapieren, ergibt sich die Eigenschaft als notwendiges Betriebsvermögen aus dem Widmungsakt. Durch die Aufnahme von Wertpapieren etwa in das Verzeichnis iSd § 10 Abs. 7 Z 2 wird die Eigenschaft als notwendiges Betriebsvermögen geschaffen.
Als Anschaffungszeitpunkt wird bei Wertpapieren in der Verwaltungspraxis jener Zeitpunkt angesehen, zu dem das Wertpapier auf dem Depot als zugegangen ausgewiesen wird.

Jakom/Kanduth-Kristen, 2014, § 14 Rz 62 ist unter dem Stichwort BV-Eigenschaft zu entnehmen (Fettdruck durch das erkennende Gericht):

Die Wertpapiere müssen "im BV" vorhanden sein. Voraussetzung ist die wirtschaftliche Verfügungsmacht des Steuerpflichtigen, die beim Wertpapierkauf im Zeitpunkt des Zugangs am Depot gegeben ist (s. ; EStR 3704). Wertpapiere des Privatvermögens vermitteln keine Deckung. Bei Betriebsübergang genügt ein bloßes Schreiben des übertragenden Unternehmens zur beabsichtigten Übertragung der Wertpapiere an den Nachfolger nicht (s ).
Heinrich in Doralt EStG17, § 10 Tz 46 und Nitsch in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG13, § 10 Anm. 46 vertreten einhellig (Heinrich unter Hinweis auf EStR 2000 Rz 3704) folgende Auffassung:

Als Anschaffungszeitpunkt ist bei Wertpapieren – unabhängig vom Zahlungsfluss und vom Zeitpunkt der Erteilung des Kaufauftrages – jener Zeitpunkt anzusehen, zu dem das Wertpapier für den Steuerpflichtigen verfügbar ist, das ist jener Zeitpunkt, zu dem das Wertpapier auf dem Depot als zugegangen ausgewiesen ist.

Erwägungen des erkennenden Gerichts:
Im gegenständlichen Fall wurde das streitgegenständliche Wertpapier erst per ausgewiesen. Der Bf konnte damit nach einhelliger Rechtsansicht der oben zitierten Fachliteratur und Judikatur des Unabhängigen Finanzsenates 2007 noch nicht über dieses Wertpapiere verfügen. Dass als Anschaffungszeitpunkt eines Wertpapiers jener Zeitpunkt anzusehen ist, zu dem das Wertpapier auf dem Depot als zugegangen ausgewiesen wird, hat das Bundesfinanzgericht () bereits bestätigt.

Dass die Anerkennung der Steuerbegünstigung nach § 10 EStG 1988 die Erfüllung von bestimmten Voraussetzungen verlangt, ergibt sich klar aus dem Gesetz.

Nach obigen Ausführungen steht dem Erfolg der Beschwerde entgegen, dass der Freibetrag für Gewinne für Wertpapiere nur im Jahr deren Anschaffung geltend gemacht werden kann (§10 Abs. 1 EStG 1988).

Dem Beschwerdebegehren kommt jedoch auch wegen des im gegenständlichen Fall im Veranlagungsjahr 2007 noch nicht erfolgten Widmungsaktes als Betriebsvermögen keine Berechtigung zu. Als Freiberufler und Gewinnermittler nach § 4 Abs. 3 EStG hätte der Bf noch im Jahr 2007 das Wertpapier im Verzeichnis iSd § 10 Abs. 7 Z 2 EStG 1988 aufnehmen müssen (vgl. Zorn aaO). Dies ist jedoch unbestritten erst im Jahr 2008 erfolgt. 2007 hätte deshalb ohnehin nur Privatvermögen vorliegen können.

Der Beschwerde konnte somit aus den beiden genannten Gründen kein Erfolg beschieden sein.

Zur Zulässigkeit der Revision

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im gegenständlichen Fall zu den beiden Rechtsfragen

noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, war spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage : Niederschrift der mündlichen Verhandlung

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.5101024.2011

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at