Eine Haftungserklärung als Bürge und Zahler zu einer privativen Schuldübernahme gemäß § 1405 ABGB ist kein, gemäß § 20 Z 5 GebG, gebührenbefreites Sicherungsgeschäft.
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/7100011/2010-RS1 | Zweck des § 20 Z 5 GebG ist es, eine durch Abschluss von gebührenpflichtigen Darlehens-und Kreditverträgen und ebenso gebührenpflichtigen Sicherungsgeschäften eintretende, Kumulierung der Gebührenpflicht zu verhindern. (vwGH , 95/16/0208) |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin xyz in der Beschwerdesache Bf. gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien (nunmehr Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel) vom 000 , betreffend Festsetzung der Gebühr gemäß § 33 TP 7 Abs.1 GebG, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Die Vereinbarung über die privative Schuldübernahme (in der Folge Vereinbarung genannt) zwischen der A. , im Folgenden „Altschuldner“ oder „Darlehensnehmer“ genannt und dem B. , im Folgenden „Neuschuldner“ genannt sowie der Bf. im Folgenden „Gläubiger“ oder „Darlehensgeber“ genannt, lautet in ihren verfahrensrelevanten Punkten wie folgt
I Präambel
„Der Darlehensgeber hat mit Schuldschein vom aaa (im Folgenden Darlehensvertrag genannt) sowie mit Nachtragserklärung vom bbb 111 dem Darlehensnehmer ein Darlehen in der Höhe von € 183.570,00 gewährt, welches laut derzeit gültigem Tilgungsplan mit EUR 178.324,08 aushaftet.
II Vertragsgegenstand
Der Darlehensnehmer überträgt und der Neuschuldner übernimmt mit schuldbefreiender Wirkung für den Darlehensnehmer die Verpflichtung zur Rückzahlung des Darlehens hinsichtlich eines Gesamtbetrags von EUR 178.324,08.
Der Darlehensgeber erklärt hiezu ausdrücklich seine Zustimmung und entlässt den Darlehensnehmer hinsichtlich der vom Neuschuldner übernommenen Zahlungsverpflichtung aus seiner Haftung.
Die übrigen Bestimmungen des Darlehensvertrages bleiben unvermindert aufrecht.
III Haftungserklärung als Bürge und Zahler
Zur Sicherstellung des Zinsen-und Tilgungsdienstes sowie aller sonstigen Forderungen des Gläubigers aus diesem Vertrag übernimmt das Land Y. in einer separat abzugebenden Haftungserklärung als Bürge und Zahler gemäß § 1357 ABGB.
Die Vereinbarung wird erst wirksam, wenn dem Gläubiger die inhaltlich richtige und ordnungsgemäß unterfertigte Haftungserklärung vorliegt“
Diese Vereinbarung wurde vom Altschuldner am ccc vom Neuschuldner am ddd und von der Bf. am eee unterfertigt, und dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien am fff .2009 als gebührenfrei, gemäß § 33 TP 19 (4) Z 9 und TP 8 Abs.2 Z 3, zur Anzeige gebracht.
Die schriftliche Erklärung des Landes Y. als Bürge und Zahler lautet wie folgt:
„Das Land Y. übernimmt gegenüber der (Name der Bf.) für den Schuldschein Nr. xxx vom aaa , die Nachtragserklärung vom bbb 111 abgeschlossen zwischen der Bf. und der (Name des Altschuldners), sowie über die Vereinbarung über eine privative Schuldübernahme vom ddd und ccc zu Schuldschein Nr. xxx vom aaa , zu der Nachtragserklärung(o.a. Datum der Nachtragserklärung ), abgeschlossen zwischen der (Name der Bf) und der (Name des Neuschuldners) über die Summe von EUR 183.570,00 die Haftung als Bürge und Zahler für Kapital, Zinsen und Gebühren gemäß § 1357 ABGB.“
Diese Urkunde wurde vom Sicherungsgeber am ggg und von der Bf.am hhh unterfertigt und dem o.a. Finanzamt am iii , als gemäß § 20 Z 5 GebG, gebührenfreies Sicherungsgeschäft zur Kenntnis gebracht.
Das Finanzamt wertete diese Haftungserklärung auch als Bürgschaft zu der, in Punkt II der Vereinbarung festgemachten, privativen Schuldübernahme und schrieb der Bf. mit dem, im Spruch dieses Erkenntnisses, angeführten Bescheid die Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 7 GebG mit € 1.835,70 vor.
Dagegen erhob die Bf. fristgerecht Berufung. Sie beantragte die ersatzlose Aufhebung des bekämpften Bescheides mit der Begründung, die Haftungserklärung beziehe sich, auf den, der privativen Schuldübernahme zugrunde liegenden, gemäß § 33 TP 19 Abs.4 Z 9 und TP 8 Abs.2 Z 3 GebG von der Rechtsgebühr befreiten, Darlehensvertrag vom aaa , der bereits mit Haftungserklärung des Landes Y. als Bürge und Zahler vom jjj sichergestellt worden ist, welche sich allerdings sich nur auf den Altschuldner bezogen hat. Da auch die Zusicherung des Landes Y. hinsichtlich der Annuitätszuschüsse gemäß den Bestimmungen des yy WFG 1993 iVm § 6 yy Neubauförderungsverordnung 2005 auf den Neuschuldner abzuändern war, sei die Berichtigung der Haftungserklärung auf den Neuschuldner erforderlich gewesen. Eine Bürgschaft diene zur Besicherung einer (Darlehens)Schuld und nicht zur Besicherung einer privativen Schuldübernahme womit lediglich ein Schuldnerwechsel dokumentiert wird.
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien wies diese Berufung mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet ab, und führte dazu aus, mit der verfahrensgegenständlichen Haftungserklärung habe das Land Y. nicht nur die Haftung für den Darlehensvertrag sondern auch für die, mit der o.a. Vereinbarung erfolgte, privative Schuldübernahme übernommen. Eine privative Schuldübernahme stelle jedoch kein Hauptgeschäft iSd § 20 Z 5 GebG dar.
Dagegen brachte die Bf. fristgerecht einen Vorlageantrag auf Entscheidung über ihre Berufung durch den Unabhängigen Finanzsenat, (UFS), als Abgabenbehörde zweiter Instanz ein.
Das Bundesfinanzgericht, (BFG), hat als Nachfolgebehörde des UFS dazu erwogen:
Die im auf den zu beurteilenden Fall bezogenen rechtlichen Bestimmungen lauten in ihrer verfahrensmaßgeblichen Fassung wie folgt:
Der Rechtsgebühr unterliegen
Bürgschaftserklärungen; die Erklärung gleich, durch die jemand einer Verbindlichkeit als Mitschuldner beitritt (§ 1347 ABGB), nach dem Werte der verbürgten Verbindlichkeit . 1 vH. (§ 33 TP 7 Gebührengesetz 1957,(GebG))
( 1) Darlehensverträge nach dem Werte der
dargeliehenen Sache 0,8 v.H.( § 33 TP 8 Abs.1 GebG)
Der Gebühr unterliegen nicht:
Darlehensverträge, die den Voraussetzungen für die Gebührenfreiheit von Kreditverträgen gemäß § 33 Tarifpost 19 Abs. 4 sinngemäß entsprechen (§ 33 TP 8 Abs.2 Z 3 )
Kreditverträge, die nach dem behördlich oder von einem Landeswohnbaufonds genehmigten Finanzierungsplan zur Finanzierung eines nach den landesgesetzlichen Vorschriften über die Förderung des Wohnbaues und der Wohnhaussanierung geförderten Bauvorhabens erforderlich sind, sofern die Nutzfläche im Sinne des Wohnbauförderungsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 482, 150 m2 je Wohnung nicht überschreitet; Gebührenpflicht tritt jedoch ein, sobald die Voraussetzungen für die Befreiung nachträglich wegfallen. (§ 33 TP 19 Abs.4 Z 9)
Der Gebührenpflicht unterliegen nicht
Sicherungs- und Erfüllungsgeschäfte - ausgenommen Wechsel - zu Darlehensverträgen (§ 33 TP 8), Kreditverträgen (§ 33 TP 19) und Haftungs- und Garantiekreditverträgen mit Kreditinstituten, der Oesterreichischen Nationalbank, den Versicherungsunternehmen, den Pensionskassen im Sinne des Pensionskassengesetzes und den Bausparkassen, sofern über die genannten Verträge spätestens gleichzeitig mit der Beurkundung des Nebengeschäftes eine Urkunde in einer für das Entstehen der Gebührenschuld maßgeblichen Weise errichtet worden ist (§ 20 Z 5 GebG idF GebG-Novelle 1988, BGBl 1988/407, BGBl 1990/281)
Der Gebühr nach § 33 TP 7 GebG unterliegen alle Arten der Bürgschaft für deren rechtliche Beurteilung die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes maßgeblich sind. So unterliegt auch die Erklärung über eine Bürgschaft als Bürge und Zahler iSd § 1357 ABGB, bei der der Bürge als ungeteilter Mitschuldner für die ganze Schuld haftet und demgemäß auch primär anstatt des Hauptschuldners in Anspruch genommen werden kann, der Gebühr.()
Die Bürgschaftserklärung ist ein einseitig verbindliches Rechtsgeschäft. () Die Gebührenschuld entsteht demgemäß nach § 16 Abs.1 Z 2 GebG bei unbedingter Abgabe der Erklärung im Zeitpunkt der Aushändigung der Urkunde an den Gläubiger bzw.-wenn die Urkunde auch von diesem unterzeichnet wird-im Zeitpunkt der Unterzeichnung. ().Gebührenschuldner ist gemäß § 28 Abs.1 Z 2 GebG der Gläubiger. ()
Zweck des § 20 Z 5 GebG ist es, eine durch Abschluss von gebührenpflichtigen Darlehens-und Kreditverträgen und ebenso gebührenpflichtigen Sicherungsgeschäften eintretende Kumulierung der Gebührenpflicht zu verhindern.()
Mit dieser Bestimmung werden Sicherungs-und Erfüllungsgeschäfte zu Darlehens-und Kreditverträgen, sowie Haftungs-und Garantiekreditverträge, als Hauptgeschäfte, von der Rechtsgebühr befreit.
Der Begriff des Darlehens ist nach dem Zivilrecht zu beurteilen, da im Gebührengesetz jede Begriffsbeschreibung fehlt.
Nach § 983 ABGB in der bis anzuwendenden Fassung entstand ein Darlehensvertrag dadurch, dass jemand eine bestimmte Menge vertretbarer Sachen mit der Verpflichtung übergeben wird, nach einer gewissen Zeit ebenso viel von derselben Gattung und Güte zurückzugeben.(,0172)
Wer einem Schuldner erklärt, seine Schuld zu übernehmen (Schuldübernahme) tritt als Schuldner an dessen Stelle, wenn der Gläubiger einwilligt. Bis diese Einwilligung erfolgt oder falls sie verweigert wird, haftet er wie bei Erfüllungsübernahme(§ 1404). Die Einwilligung des Gläubigers kann entweder dem Schuldner oder dem Übernehmer erklärt werden. ( § 1405 ABGB
Eine privative Schuldübernahme iSd § 1405 ABGB unterliegt keiner Gebühr.(,0072)
Den Einlassungen der Bf.in ihrer Berufung nach, wurde zwischen der Bf., als Darlehensgeberin, und dem Altschuldner, als Darlehensnehmer, ein Darlehensvertrag über einen Betrag von € 183.570,00 abgeschlossen, welcher mit dem o.a. Schuldschein dokumentiert worden ist. Dieses Rechtsgeschäft war gemäß § 33 TP 8 Abs.2 Z 3 iVm § 33 TP 19 Abs.4 Z 9 GebG von der Gebühr befreit. Dafür hat das Land Y. mit Erklärung vom jjj die Haftung als Bürge und Zahler übernommen. Dabei handelt es sich um ein, gemäß § 20 Z 5 GebG, gebührenbefreites, Sicherungsgeschäft zu dem genannten Darlehensvertrag. Durch die mit der o.a. Vereinbarung erfolgten privativen Schuldübernahme iSd § 1405 ABGB trat der Neuschuldner mit schuldbefreiender Wirkung an die Stelle des Altschuldners.
Aus den, von der Bf.in ihrer Berufung aufgezeigten, Gründen gab das Land Y. gegenüber der Bf. die Erklärung gemäß § 1357 ABGB ab, den, zwischen dem Altschuldner und der Bf. abgeschlossenen, Darlehensvertrag bzw. die genannte Nachtragserklärung und die dazu, zwischen dem Altschuldner und dem Neuschuldner, mit Einwilligung der Bf. vereinbarte, privative Schuldübernahme gemäß § 1405 ABGB, als Bürge und Zahler sicher zu stellen.
Unbeschadet des Umstandes, dass diese privative Schuldübernahme, ohne den genannten Darlehensvertrag und die darauf fußende Nachtragserklärung nicht zustande gekommen wäre, wurde mit der streitverfangenen Haftungserklärung, gemäß ihrem Wortlaut, das, zwischen dem Land Y. und der Bf. zu dem genannten Darlehensvertrag, bereits abgeschlossene, gebührenbefreite Sicherungsgeschäft lediglich in gebührenrechtlich unbedeutender Weise wiederholt und die privative Schuldübernahme, durch welche der Darlehensnehmer von seiner davor besicherten Verpflichtung zur Rückstellung des Darlehensbetrages befreit worden ist, erstmals besichert. Wenn auch eine Vereinbarung gemäß § 1405 ABGB nicht der Rechtsgebühr unterliegt, so wurde mit der dazu abgegebenen Haftungserklärung des Landes Y. ein -im Hinblick auf seine Vergebührung nach dem Gebührengesetz 1957- gesondert zu beurteilendes Sicherungsgeschäft abgeschlossen. Diesem konnte die Gebührenbefreiung iSd § 20 Z 5 GebG nicht zuerkannt werden, weil das zugrunde liegende Hauptgeschäft weder ein Darlehens-oder Kreditvertrag noch ein Haftungs-oder Garantievertrag ist, und somit die, für die Gebührenbefreiung in § 20 Z 5 GebG genannten, Voraussetzungen nicht vorliegen.Dass der Neuschuldner durch die privative Schuldübernahme an die Stelle des Darlehensnehmers tritt, bedeutet nicht, dass deshalb der zugrunde liegende Darlehensvertrag als vom Neuschuldner abgeschlossen zu gelten hat, bzw., dass die Vereinbarung über die privative Schuldübernahme als Darlehensvertrag zu gelten hat.
Somit ist für die Bf. im Zeitpunkt ihrer Unterfertigung () der Bürgschaftserklärung die Gebührenschuld entstanden ist.
Daher erfolgte nach Maßgabe des § 33 TP 7 GebG die Festsetzung der Rechtsgebühr gegenüber der Bf. zu Recht.
Der Beschwerde war daher der Erfolg zu versagen.
Zur Unzulässigkeit der Revision ist festzustellen:
Gemäß § 280 Abs.1 lit.d BAO haben Ausfertigungen von Erkenntnissen und Beschlüssen der Verwaltungsgerichte den Spruch einschließlich der Entscheidung, ob eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof nach Art.133 Abs.4 B-VG zulässig ist, zu enthalten.
Gemäß Art. 133 Abs.4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlich Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.
Da die, in diesem Erkenntnis zu beurteilenden, Rechtsfrage nach der, in der Begründung dieses Beschlusses aufgezeigten, ständigen und einheitlichen Rechtsprechung des VwGH entschieden wurde, war die Revision nicht zuzulassen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 TP 7 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 33 Titel 8 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 33 Titel 19 Abs. 4 Z 9 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 1405 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 § 33 Titel 8 Abs. 2 Z 3 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2014:RV.7100011.2010 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at