Gebührenpflicht eines in einem gerichtlichen Vergleich abgeschlossenen Rechtsgeschäftes
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, Adresse, vertreten durch Kinberger-Schuberth-Fischer Rechtsanwälte-GmbH, Salzachtal Bundesstraße 13, 5700 Zell am See, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Rechtsgebühr erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerdeführerin (kurz: Bf) und ihr Ehegatte schlossen anlässlich ihrer Ehescheidung am vor dem Bezirksgericht A zu GZ. XY einen Vergleich mit folgendem, auszugsweise wiedergegebenen Inhalt:
"1. Ehegattenunterhalt:
.............................
2. Aufteilung:
Herr .......... (der Ehegatte) verpflichtet sich zur Leistung einer Ausgleichszahlung in Höhe von € 75.000,00, zahlbar binnen 5 Jahren ab Rechtswirksamkeit der Scheidung auf ein von Frau .......... (die Bf) bekannt zu gebendes Konto. Ferner werden 4 % Zinsen ab vereinbart.
..............
Die Tilgung wird nach Maßgabe des Verkaufs von Grundstücken erfolgen, jedenfalls jedoch zum Ablauf von 5 Jahren ab Rechtswirksamkeit der Scheidung.
Der durch Frau .......... (die Bf) gestundete Betrag wird durch eine Hypothek auf der Liegenschaft EZ 1, KG YZ, BG A sichergestellt.
Herr .......... (der Ehegatte) erklärt sohin Frau .......... (die Bf) ein Pfandrecht auf der im Alleineigentum des ................ (der Ehegatte) stehenden Liegenschaft EZ 1 , KG YZ, BG A, in Höhe von € 75.000,00 samt 4 % Zinsen ab einzuverleiben."
Das Finanzamt setzte zunächst eine Vergleichsgebühr gemäß § 33 TP 20 GebG von der Unterhaltsleistung und der Einmalzahlung fest. Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung vom vollinhaltlich stattgegeben und der Bescheid aufgehoben.
Mit gleichem Datum erließ das Finanzamt einen Gebührenbescheid, mit dem eine Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 18 GebG vom Wert der sichergestellten Verbindlichkeit vorgeschrieben wurde.
Fristgerecht wurde Berufung erhoben und vorgebracht, dass alle in einem gerichtlichen Vergleich enthaltenen Vereinbarungen, die anlässlich einer einvernehmlichen Ehescheidung iSd § 55a EheG geschlossen wurden, nur der Gerichtsgebühr unterliegen würden. Der Betrag von € 75.000 ist eine Ausgleichszahlung, die auf die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens zurückzuführen ist. Es würde keine Hypothekarvorschreibung iSd § 33 TP 18 GebG vorliegen, sondern lediglich eine Absicherung der Ausgleichszahlung in einem Vergleich in einem Verfahren gemäß § 55a EheG.
Die Finanzbehörde wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab und begründete dies wie folgt:
"Verpflichtet sich eine Partei im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs zur Zahlung eines Betrages und bestellt sie zur Sicherstellung ein Pfandrecht, so handelt es sich bei dieser Sicherstellung um eine Hypothekarverschreibung iSd § 33 TP 18 GebG. Dessen Aufnahme in einen gerichtlichen Vergleich steht der Gebührenpflicht nicht entgegen (vgl. ). Die Voraussetzung für die Befreiung nach § 19 Abs. 5 [Anmerkung: Dürfte wohl richtig heißen: "§ 19 Abs. 2"] GebG (Sicherungsgeschäft) liegt nicht vor, weil durch das Hauptgeschäft (gerichtlicher Vergleich) kein steuerbarer Tatbestand iSd Gebührengesetzes verwirklicht wird (nur der außergerichtliche Vergleich unterliegt der Gebühr nach § 33 TP 20 GebG). Dem Vorbringen in der Berufung, es läge keine Hypothekarverschreibung vor, ist entgegenzuhalten, dass auf Grundlage des gegenst. Vergleichs und der darin aufgenommenen Erklärung des Verpflichteten auf der Liegenschaft KG YZ, EZ 1 zu Tagebuchzahl ...../2011 das Pfandrecht zu Gunsten der Berufungswerberin eingetragen wurde."
Innerhalb offener Frist wurde der Antrag gestellt, die Berufung der Abgabenbehörde II. Instanz zur Entscheidung vorzulegen.
Das Finanzamt legt die Berufung und den entsprechenden Verwaltungsakt an den Unabhängigen Finanzsenat vor (Bericht vom ).
Gemäß § 323 Abs. 38 1. Satz BAO idF FVwGG 2012, BGBl I Nr. 14/2013, sind die am bei dem Unabhängigen Finanzsenat anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden iSd Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
§ 15 Abs. 1 GebG bestimmt, dass Rechtsgeschäfte nur dann gebührenpflichtig sind, wenn über sie eine Urkunde errichtet wird, es sei denn, dass in diesem Bundesgesetz etwas Abweichendes bestimmt ist.
Nach § 18 Abs. 4 GebG sind "Erklärungen (Eingaben, Protokolle)", womit vor Gericht oder anderen Behörden ein Rechtsgeschäft beurkundet wird, sofern über das Rechtsgeschäft noch keine andere Urkunde in einer für das Entstehen der Gebührenschuld maßgeblichen Weise errichtet worden ist, als Rechtsurkunden anzusehen und unterliegen der für das Rechtsgeschäft vorgesehenen Gebühr.
Nach ständiger Rechtsprechung geht aus dem III. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957 hervor, dass die im Tarif des § 33 GebG angeführten Rechtsgeschäfte Gegenstand der Rechtsgebühren sind. Voraussetzung für die Gebührenpflicht ist dabei jedoch, dass über sie zu Beweiszwecken eine Schrift, eine (förmliche) Urkunde errichtet wird (vgl. zB das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2009/16/0271).
Im gerichtlichen Vergleich verpflichtet sich der Ehegatte zur Leistung einer Ausgleichszahlung bis zum Ablauf von 5 Jahren ab Rechtswirksamkeit der Scheidung. Diese Forderung wird durch eine Hypothek sichergestellt. Das Pfandrecht wurde im Grundbuch eingetragen.
Gemäß TP 18 Abs. 1 zu § 33 GebG sind Hypothekarverschreibungen, wodurch zur Sicherstellung einer Verbindlichkeit eine Hypothek bestellt wird, nach dem Werte der Verbindlichkeit, für welche die Hypothek eingeräumt wird, gebührenpflichtig.
Allerdings kann die in dieser Tarifpost genannte Hypothekarverschreibung unter den Voraussetzungen der §§ 19 Abs. 2 bzw. 20 Abs. 5 GebG gebührenfrei beurkundet werden.
Die vereinbarte Bestellung einer Hypothek stellt an sich eine Hypothekarverschreibung iS des § 33 TP 18 GebG dar, ist jedoch im gegebenen Zusammenhang als Sicherungsgeschäft zu dem in der Urkunde vorher vereinbarten Vergleich zu verstehen. Es ist daher zunächst zu prüfen, ob eine Befreiungsbestimmung, hier kommt nur § 19 Abs. 2 in Frage, anwendbar ist.
§ 19 Abs. 2 GebG lautet:
"(2) Werden in einer Urkunde mehrere Rechtsgeschäfte derselben oder verschiedenen Art, die nicht zusammenhängende Bestandteile des Hauptgeschäftes sind, abgeschlossen, so ist die Gebühr für jedes einzelne Rechtsgeschäft zu entrichten. Dies gilt aber nicht für die in der Urkunde über das Hauptgeschäft zwischen denselben Vertragsteilen zur Sicherung oder Erfüllung des Hauptgeschäftes abgeschlossenen Nebengeschäfte und Nebenvereinbarungen, gleichgültig, ob das Hauptgeschäft nach diesem Gesetz oder einem Verkehrssteuergesetz einer Gebühr oder Verkehrsteuer unterliegt."
Voraussetzung der Anwendung des § 19 Abs. 2 GebG ist zunächst, dass das vorliegende Sicherungs- oder Erfüllungsgeschäft als Nebengeschäft zu einem dem Gebührengesetz oder einem Verkehrsteuergesetz unterliegenden Hauptgeschäft abgeschlossen wurde (vgl. Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren, Band I, § 19 GebG, Rz 12, mit weiteren Nachweisen [kurz: mwN]).
Welche Rechtsgeschäfte einer Gebühr unterliegen, ergibt sich aus § 33 GebG 1957. Zu den Verkehrsteuern sind insbesondere die Erbschafts- und Schenkungssteuer, die Grunderwerbsteuer, die Gesellschaftsteuer, die Versicherungssteuer und die Kraftfahrzeugsteuer zu zählen. Es ist dabei gleichgültig, ob das Hauptgeschäft dem Gebührengesetz oder einem Verkehrsteuergesetz unterliegt, es muss das Hauptgeschäft also entweder einer Gebühr oder einer Verkehrsteuer unterliegen. Ein Sicherungs- oder Erfüllungsgeschäft zu einem Hauptgeschäft, das weder einer Gebühr oder einer Verkehrsteuer unterliegt, ist nach den Tarifbestimmungen des § 33 GebG gebührenpflichtig (vgl. Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren, Band I, § 19 GebG, Rz 12, mwN).
Das gegenständliche Hauptgeschäft, ein gerichtlicher Vergleich, unterliegt keiner Gebühr nach dem GebG und auch keiner Verkehrsteuer, weshalb die Befreiungsbestimmung des § 19 Abs. 2 GebG nicht zur Anwendung kommt.
In der Beschwerde wird vorgebracht, dass der Vergleich der Gerichtsgebühr unterliegt, weshalb eine weitere Gebühr nach dem GebG nicht zulässig sei.
Weder das geltende Gerichtsgebührengesetz (GGG), BGBl 1984/501, und dessen Vorgängerbestimmungen noch das Gebührengesetz 1957 kennen Vorschriften, die Gerichtsgebühren einerseits und Stempel- und Rechtsgebühren andererseits voneinander abgrenzen. Das Gebührengesetz 1957 hat vielmehr lediglich in einzelnen Tarifbestimmungen eine Doppelbelastung mit Gerichtsgebühren und Gebühren nach dem Gebührengesetz vermieden; so diente insbesondere die Gebührennovelle 1950, BGBl 1951/7, unter anderem der - nur Stempelgebühren betreffenden - 'Abstimmung des Gebührengesetzes' mit dem Gerichtsgebührengesetz. Fehlt es aber wie hier an einer grundsätzlichen Abgrenzungsbestimmung, so ist davon auszugehen, dass selbst ein und derselbe Rechtsvorgang mehreren Abgabenbelastungen unterliegen kann (vgl. Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren, Band I, § 1 GebG, Rz 14, unter Hinweis auf , und vom , 2001/16/0174).
Bei den Sachverhalten, die die Pauschalgebühr iSd GGG einerseits und eine Rechtsgebühr nach den einzelnen Tatbeständen des § 33 GebG 1957 anderseits auslösen, handelt es sich demnach um voneinander völlig verschiedene Rechtsvorgänge. Im Anwendungsbereich des GGG steht somit dem Umstand, dass für ein mit einem gerichtlichen Vergleich welcher Art auch immer beendetes Verfahren die Pauschalgebühr zu entrichten ist, der Gebührenpflicht eines im Vergleich abgeschlossenen Rechtsgeschäftes iSd Tarifbestimmungen des § 33 GebG 1957 (hier: Abtretung eines Geschäftsanteils an einer GmbH iSd § 33 TP 21 GebG aF) nicht entgegen (vgl. Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren, Band I, § 33 TP 20 GebG, Rz 27, unter Hinweis auf , und vom , 95/16/0021).
Verpflichtete sich die beklagte Partei in einem gerichtlichen Vergleich zur Bezahlung eines bestimmten Betrages und bestellte sie zur Sicherstellung dieses Vergleichs bestimmte Liegenschaften zum Pfand, so handelte es sich bei dieser Sicherstellung um eine Hypothekarverschreibung iS des § 33 TP 18 GebG. Die Aufnahme dieses Rechtsgeschäftes in den gerichtlichen Vergleich steht der Gebührenpflicht nicht entgegen (vgl. Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren, Band I, § 33 TP 18 GebG, Rz 20, unter Hinweis auf ).
Der gegenständliche Beschwerdefall bietet keinen Anlass von der zitierten Rechtsprechung abzugehen.
Die Vorschreibung der Rechtsgebühr erfolgte daher zu Recht, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Zulässigkeit einer Revision:
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG iVm § 25a Abs. 1 VwGG ist gegen diese Entscheidung eine (ordentliche) Revision unzulässig. Es handelt sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da das Bundesfinanzgericht in rechtlicher Hinsicht der in der Entscheidung dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgt.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 TP 18 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | Gitschthaler in EF-Z 2015/108 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2015:RV.6100459.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at