TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.11.2014, RV/3100517/2013

Sonderklassegebühren als außergewöhnliche Belastung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R über die Beschwerde des Bf. , vom gegen den Bescheid des Finanzamtes A vom betreffend Einkommensteuer (ArbeitnehmerInnenveranlagung) für das Jahr 2012 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Abgabepflichtige erzielt als Pensionist Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Mit der am (elektronisch) eingereichten Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung für das Jahr 2012 machte er Krankheitskosten von 24.811,73 € (KZ 730) als außergewöhnliche Belastung mit Berücksichtigung eines Selbstbehaltes geltend. Davon entfielen Kosten von 24.743,92 € auf mehrere Krankenhausaufenthalte am Landeskrankenhaus A , die er als Patient der Sonderklasse zu entrichten hatte (Arzthonorare, Sonderklassezuschlag).

Mit Schreiben des Finanzamtes vom wurde der Abgabepflichtige ersucht, die geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen anhand geeigneter Unterlagen nachzuweisen. Dazu legte er eine Aufstellung über die angefallenen und mittels Rechnungen und Zahlungsbelegen nachgewiesenen Krankheitskosten vor. Bei den Kosten von 24.743,92 € für die Krankenhausaufenthalte am Landeskrankenhaus A habe es sich um „Eigenkosten“ gehandelt, wofür weder von der Tiroler Gebietskrankenkasse noch aufgrund einer privaten Zusatzkrankenversicherung Ersätze geleistet worden seien.

Am erließ das Finanzamt einen Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2012, mit dem die geltend gemachten Krankheitskosten von 24.811,73 € (KZ 730) nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt wurden. Diese Aufwendungen seien weder aus tatsächlichen, rechtlichen noch sittlichen Gründen zwangsläufig erwachsen und daher keine außergewöhnliche Belastung im Sinne des Einkommensteuergesetzes.

Gegen diesen Bescheid erhob der Abgabepflichtige am fristgerecht „Berufung“. Die nicht anerkannten Aufwendungen für seine Krankenhausaufenthalte und ärztlichen Behandlungen seien anlässlich einer lebensbedrohlichen Situation entstanden und daher als außergewöhnliche Belastung steuerlich zu berücksichtigen.

Mit Schreiben vom wurde der Abgabepflichtige ersucht, dem Finanzamt einen Nachweis über triftige medizinische Gründe für die Behandlungen in der Sonderstation des Landeskrankenhauses A (Selbstzahler) beizubringen, da nur unter diesen Voraussetzungen bei den betreffenden Kosten eine außergewöhnliche Belastung im Sinne der Bestimmungen des § 34 EStG 1988 vorliege. In Beantwortung dieses Ergänzungsersuchens reichte der Abgabepflichtige eine chronologische Darstellung des Ablaufes seiner stationären Aufenthalte am Landeskrankenhaus A, die im Zusammenhang mit Knie- und Bauchoperationen notwendig gewesen seien, ein. Zudem wurden Arztberichte/Arztbriefe und sonstige seine Krankengeschichte dokumentierende Unterlagen vorgelegt.

Mit „Berufungsvorentscheidung“ vom wurde die „Berufung“ vom Finanzamt als unbegründet abgewiesen. Nach ständiger Judikatur des VwGH könnten Aufwendungen, die bei einem Steuerpflichtigen für die eigene medizinische Betreuung anfallen, auch dann zwangsläufig iSd § 34 Abs. 3 EStG 1988 sein, wenn sie die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen, sofern diese höheren Aufwendungen aus triftigen medizinischen Gründen getätigt würden. Das Vorliegen von solchen triftigen medizinischen Gründen für die Durchführung der Knie- und Bauchoperationen in der Sonderstation des Landeskrankenhauses A sei trotz Aufforderung nicht nachgewiesen worden. Vom Abgabepflichtigen sei lediglich eine diesbezügliche Sachverhaltsdarstellung nachgereicht worden, die allerdings den erforderlichen „Nachweis triftiger medizinischer Gründe“ nicht zu ersetzen vermöge. Dem „Berufungsbegehren“ habe daher nicht entsprochen werden können.

Am stellte der Abgabepflichtige fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die „Berufung“ durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Es sei ihm unverständlich, dass der Nachweis für einen „triftigen medizinischen Grund für die Durchführung der Knie- und Bauchoperationen“ nicht erbracht worden sei, zumal er alle ihm vorliegenden ärztlichen Unterlagen eingereicht habe. Er ersuche um Information, welches Schriftstück für eine positive Entscheidung gefehlt habe. Dieses werde er dann umgehend bei der Klinik anfordern und nachreichen.

Im Zuge einer dringend notwendigen Knieoperation sei er nur wegen eines früheren Termins in die Sonderstation gegangen. Danach aufgetretene Komplikationen hätten die Weiterbehandlung in der Sonderstation verursacht. Da er sich in einem lebensbedrohlichen Zustand befunden habe (über zwei Wochen ohne Bewusstsein auf der Intensivstation), hätte er keinen Einfluss auf die weitere Behandlung und Unterbringung in dem bestehenden Sonderstatus gehabt. Die zusätzlichen Sonderkosten seien ihm bis zu seiner Entlassung aus der Klinik in Rechnung gestellt worden. Erst nach seiner Überstellung zur Genesung in das Landeskrankenhaus B habe er diesen Status ändern können.

Mit Schreiben vom ergänzte der Abgabepflichtige, dass bei ihm eine Knieoperation und 14 Bauchoperationen vorgenommen worden seien. Er hätte nur für die Knieoperation die Sonderstation wegen eines dann früheren Termins gewählt gehabt. Zwei Tage nach erfolgter Knieoperation sei es dann vermutlich wegen der Verabreichung starker Schmerzmittel zu einem Darmverschluss/Darmlähmung gekommen. Aufgrund dieser Komplikationen und in einem lebensbedrohenden Zustand sei es ihm nicht mehr möglich gewesen, von der Sonderstation in die Normalstation zu wechseln. Nach seinem elfwöchigen Krankenhausaufenthalt habe er dann von der TILAK für den gesamten Zeitraum die Kosten für den Status „Sonderstation“ in Rechnung gestellt bekommen. Er habe also den gesamten Betrag voll selbst bezahlen müssen, was für einen Rentenbezieher eine sehr große Belastung sei.

Gemäß § 323 Abs. 38 BAO idF FVwGG 2012, BGBl. I Nr. 14/2013, sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.

Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:

Der Beschwerdeführer (Bf.) musste sich im Streitjahr einer Knieoperation unterziehen. Zu diesem Zweck befand er sich ab dem in stationärer Behandlung an der Universitätsklinik in A. „Um einen möglichst frühen Termin zu bekommen“ (vgl. das Schreiben des Bf. an die Tiroler Gebietskrankenkasse vom ) entschied er sich für die stationäre Behandlung in der höheren Gebührenklasse (Sonderklassepatient). Am wurde ihm eine Knietotalendoprothese links implantiert. Der postoperative Aufenthalt gestaltete sich zunächst komplikationslos, der Patient entwickelte dann allerdings zunehmend Bauchschmerzen und das typische klinische Bild eines mechanischen Ileus (Darmverschluss). Nach einer weiteren Abklärung durch den Konsiliardienst bestätigte sich beim Bf. der Verdacht auf einen Dünndarmileus. Bei weiterer klinischer Verschlechterung wurde deshalb die Indikation zur Notfalllaparotomie (Öffnen der Bauchhöhle) gestellt. Die Operation erfolgte am , wobei eine Bride gelöst und der massiv erweiterte Dünndarm dekomprimiert wurden.

Bedauerlicherweise gestaltete sich der postoperative Verlauf dann überaus komplikationsreich (zweimaliger Platzbauch mit Operationen am 22. und und im weiteren Verlauf Ausbreiten eines abdominellen Compartmentsyndroms = massiver Anstieg des Gewebedruckes), weshalb letztlich eine abdominelle Vakuumtherapie indiziert werden musste. Insgesamt waren beim Bf. 12 Operationen notwendig, um das Abdomen schließlich mit einem „Permacol-Allograft“ und Platzbauchnähten sicher wieder verschließen zu können. In dieser Zeit wurde der Bf. teilweise an der Intensivstation (vom 25. Mai bis ), teilweise an der chirurgischen Observationseinheit (vom 7. Juni bis ) betreut. Anschließend wurde der Bf. wieder auf ein Zimmer der Sonderklasse verlegt. Am konnte der Patient in zufriedenstellendem Allgemeinzustand, fieber- und entzündungsfrei zur Optimierung der weiteren Rekonvaleszenz ins Landeskrankenhaus B transferiert werden.

In der Zeit vom 3. September bis befand sich der Bf. zwecks Abklärung der Rückoperation des angelegten Ileostomas (künstlicher Dünndarmausgang) wiederum in stationärer Behandlung am Landeskrankenhaus A. Dabei entschied er sich wieder für die stationäre Behandlung in der höheren Gebührenklasse (Sonderklassepatient). Zwecks Stomarückoperation befand sich der Bf. in der Zeit vom 9. September bis in stationärer Behandlung am Landeskrankenhaus A, wobei für diesen Klinikaufenthalt wiederum die stationäre Behandlung in der höheren Gebührenklasse (Sonderklassepatient) in Anspruch genommen wurde.

Die genannten Klinikaufenthalte wurden dem Bf. als Selbstzahler wie folgt in Rechnung gestellt und von ihm auch bezahlt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rechnungsdatum
Behandlungszeitraum
Rechnungsinhalt
Zahlungsbetrag
14.5. bis
Arzthonorare
13.078,96
3.9. bis
Arzthonorare
1.367,50
9.9. bis
Arzthonorare
3.099,11
14.5. bis
Sonderklassezuschlag
5.403,69
3.9. bis
Sonderklassezuschlag
384,57
9.9. bis
Sonderklassezuschlag
1.410,09
 
 
 
24.743,92

Die Rechnungen betreffend die Arzthonorare enthielten folgende Erläuterung:

„Die Rechnungslegung erfolgt im Namen der angeführten Ärzte; sie erfüllen die Voraussetzungen gemäß § 41 Abs. 5 Tiroler Krankenanstaltengesetz, von Patienten der Sonderklasse ein Honorar verlangen zu können.“

Mit Schreiben vom versuchte der Bf. gegenüber der Tiroler Gebietskrankenkasse einen Kostenersatz für die genannten Rechnungen wie folgt zu erreichen:

„Am wurde in der Uni-Klinik A bei mir eine Operation für eine Knieprothese durchgeführt. Um einen möglichst frühen Termin zu bekommen, habe ich mich für die Sonderstation, d.h. Selbstzahler entschieden.

Im Anschluss an diese Operation gab es jedoch große Komplikationen. Viele Operationen folgten. Aufgrund der von mir gewählten Sonderklasse für die Knie-OP wurden auch die folgenden Operationen über die Sonderklasse abgerechnet.

Die in der Anlage aufgelisteten und beigefügten Originalrechnungen wurden von mir zwischenzeitlich voll bezahlt.

Ich bitte um Überprüfung, welchen Zuschuss ich von Ihnen dazu erhalte. Den Vergütungsbetrag bitte ich auf mein Konto Nr. abc bei der Bank , BLZ bcd , zu überweisen.“

In ihrem Antwortschreiben vom teilte die Tiroler Gebietskrankenkasse dem Bf. mit, dass eine satzungsmäßige Vergütung leider nicht erfolgen könne, da es sich bei den in den Honorarnoten angegebenen Leistungen nicht um eine ärztliche Behandlung handle, sondern um Sachaufwendungen, die mit der Vergütung für die ärztlichen Leistungen abgegolten seien. Da mangels privater Zusatzkrankenversicherung auch anderweitig keine Ersätze lukriert werden konnten, hatte der Bf. die im Zusammenhang mit den genannten Klinikaufenthalten am Landeskrankenhaus A angefallenen Kosten als Sonderklassepatient selbst zu tragen.

Der vorstehende unbestrittene Sachverhalt ergibt sich aus den im Beschwerdeverfahren vorgelegten Unterlagen (insbesondere den Arztberichten/Arztbriefen und sonstigen die Krankengeschichte des Bf. dokumentierenden Unterlagen, den Rechnungen und Zahlungsbelegen betreffend die Krankenhausaufenthalte am Landeskrankenhaus A, dem Schriftverkehr mit der Tiroler Gebietskrankenkasse) und dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen des Bf. Streit besteht nun darüber, ob die für die Krankenhausaufenthalte am Landeskrankenhaus A beim Bf. als Patient der Sonderklasse angefallenen Kosten von 24.743,92 € als außergewöhnliche Belastung mit Berücksichtigung eines Selbstbehaltes steuerlich anerkannt werden können.

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss außergewöhnlich sein, sie muss zwangsläufig erwachsen und sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein. Gemäß § 34 Abs. 2 EStG 1988 ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhält­nisse erwächst. Gemäß § 34 Abs. 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Die außergewöhnliche Belastung muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 beeinträchtigt die Belastung wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt.

Die Erhaltung der Gesundheit gilt immer als zwangsläufig iSd § 34 Abs. 3 EStG 1988 (vgl. Doralt, EStG11, § 34 Tz 37). Aufwendungen, die durch eine Krankheit des Steuerpflichtigen verursacht werden, sind außergewöhnlich. Sie erwachsen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ; ; vgl. auch Jakom/Baldauf, EStG, 2014, § 34 Rz 90, Stichwort „Krankheitskosten“) können Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen für die eigene medizinische Betreuung erwachsen, auch dann zwangsläufig iSd § 34 Abs. 3 EStG 1988 anfallen, wenn sie die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen, sofern diese höheren Aufwendungen aus triftigen medizinischen Gründen getätigt werden. Diese Rechtsprechung ist auf Sonderklassegebühren uneingeschränkt anzuwenden, da durch den Entschluss eines Steuerpflichtigen, sich nicht in der allgemeinen Gebührenklasse eines Krankenhauses behandeln zu lassen, wesentlich höhere Kosten entstehen, welche eben nur in medizinisch begründeten Ausnahmefällen als zwangsläufig entstanden angesehen werden können.

Bloße Wünsche und Vorstellungen der Betroffenen über eine bestimmte medizinische Betreuung sowie allgemein gehaltene Befürchtungen bezüglich der vom Träger der gesetzlichen Krankenversicherung übernommenen medizinischen Betreuung stellen noch keine triftigen medizinischen Gründe für Aufwendungen dar, welche die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen. Die triftigen medizinischen Gründe müssen vielmehr in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden.

Es bedarf keiner näheren Ausführungen, dass jedenfalls triftige medizinische Gründe für die Durchführung der Knieoperation und der - aufgrund anschließender Komplikationen - notwendig gewordenen zahlreichen Bauchoperationen, die den Bf. sogar in eine lebensbedrohliche Situation brachten, vorgelegen sind; dies ergibt sich unzweifelhaft aus den übermittelten Arztberichten und Arztbriefen. Streitwesentlich ist aber vielmehr, ob für die gegenständlichen stationären Behandlungen des Bf. am Landeskrankenhaus A auch triftige medizinische Gründe vorgelegen sind, die Sonderklasse (gegenüber der allgemeinen Gebührenklasse) in Anspruch zu nehmen.

Der Bf. brachte mehrmals zum Ausdruck (vgl. das Schreiben an die Tiroler Gebietskrankenkasse vom sowie sein Vorbringen im Vorlageantrag vom und im Schreiben vom ), dass er sich deswegen für die stationäre Behandlung in der Sonderklasse entschied, um für die bevorstehende Knieoperation „einen möglichst frühen Termin zu bekommen“.

Unabhängig davon, dass die vom Bf. behauptete längere Wartezeit für einen Operationstermin bei Inanspruchnahme lediglich der allgemeinen Gebührenklasse in seinen dem Finanzamt vorgelegten Unterlagen ohnedies keine Bestätigung findet, ist zu diesem Einwand auch auf § 16 Abs. 1 lit. d Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz sowie § 24 lit. d Tiroler Krankenanstaltengesetz zu verweisen. Darin ist festgelegt, dass für die ärztliche Behandlung einschließlich der Pflege sowie, unbeschadet einer Aufnahme in die Sonderklasse, für Verpflegung und Unterbringung in einer Krankenanstalt ausschließlich der Gesundheitszustand der Pfleglinge maßgeblich ist. In der medizinischen Versorgung ergibt sich somit kein Unterschied zwischen Patienten der Sonderklasse und denjenigen der allgemeinen Gebührenklasse (vgl. auch ; ).

Vom Bf. wurde auch zu keinem Zeitpunkt behauptet, dass ihm im Zuge seiner zahlreichen Operationen am Landeskrankenhaus A bei einem stationären Aufenthalt in der allgemeinen Gebührenklasse eine schlechtere medizinische Betreuung und Versorgung (gegenüber einem stationären Aufenthalt in der Sonderklasse) widerfahren wäre. Auch aus den dem Finanzamt vorgelegten Unterlagen ergibt sich kein Nachweis, dass die Durchführung der medizinischen Betreuung und Versorgung außerhalb der Sonderklasse zu ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen geführt hätte.

In diesem Zusammenhang ist auch auf § 29 Abs. 2 Tiroler Krankenanstaltengesetz zu verweisen. Demnach hat die Sonderklasse höheren Ansprüchen hinsichtlich der Verpflegung und der Unterbringung, insbesondere durch eine niedrigere Bettenanzahl in den Krankenzimmern und eine bessere Ausstattung und Lage der Krankenzimmer, zu entsprechen. Die Patienten der Sonderklasse genießen daher üblicherweise die Vorzüge eines Einzel- bzw. Doppelzimmers, einer erweiterten Menüauswahl, erweiterter Besuchszeiten usw. Mit dem Aufenthalt in der Sonderklasse ist aber keine bessere medizinische Behandlung verbunden.

Einem Einwand des Bf. zufolge hätten die im Anschluss an die Knieoperation aufgetretenen Komplikationen die Weiterbehandlung in der Sonderstation verursacht. Da er sich in einem lebensbedrohlichen Zustand befunden habe (über zwei Wochen ohne Bewusstsein auf der Intensivstation), hätte er keinen Einfluss auf die weitere Behandlung und Unterbringung in dem bestehenden Sonderstatus gehabt. Die Kosten für den stationären Aufenthalt in der Sonderklasse seien ihm daher bis zu seiner Entlassung aus dem Landeskrankenhaus A (am ) in Rechnung gestellt worden.

Dem ist zu entgegnen, dass sich der Bf. anlässlich der bevorstehenden Knieoperation aus freiem Entschluss für die stationäre Behandlung in der Sonderklasse entschied. In diesem Zusammenhang ist auf § 30 Tiroler Krankenanstaltengesetz zu verweisen, wonach Pfleglinge in der Sonderklasse - unbeschadet der Bestimmung des § 33 Abs. 5 Tiroler Krankenanstaltengesetz - nur auf ihr Verlangen aufgenommen werden dürfen. Der Pflegling hat sich bei der Aufnahme durch eine schriftliche Erklärung zu verpflichten, die LKF-Gebühren (das sind Gebühren, die sich aus den Diagnosen und Leistungen nach dem System der Leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierung ergeben) und die Sondergebühren zu tragen. Zuvor ist der Pflegling über die voraussichtliche Höhe dieser Gebühren sowie über die Honorarberechtigung der Ärzte zu informieren. Es kann von ihm eine Vorauszahlung auf die zu erwartenden Gebühren in angemessener Höhe verlangt werden.

Dem vom Bf. vorgelegten Kostenvoranschlag der Universitätsklinik in A vom für die stationäre Behandlung in der höheren Gebührenklasse (Sonderklassepatient) ist zu entnehmen, dass der Krankenhausaufenthalt wegen der Knieoperation für zehn Tage geplant war. Bedauerlicherweise ist es nach der Knieoperation am zu schwerwiegenden Komplikationen gekommen, die zahlreiche weitere Operationen nach sich zogen und den Bf. zeitweise in einen lebensbedrohlichen Zustand versetzten (Aufenthalt in der Intensivstation vom 25. Mai bis ). Eine Entlassung aus dem Landeskrankenhaus A war in der Folge erst am (somit nach sechs Wochen) möglich.

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes war bereits nach dem erstmaligen Auftreten von Komplikationen absehbar, dass der Krankenhausaufenthalt länger als ursprünglich geplant dauern würde und daher - bei anhaltendem stationären Aufenthalt in der Sonderklasse - mit gegenüber dem Kostenvoranschlag höheren Kosten zu rechnen sein würde. Der Bf. hätte daher bereits vor der am infolge Darmverschlusses erfolgten Bauchoperation die Verlegung in ein Zimmer der allgemeinen Gebührenklasse veranlassen können, um höhere Kosten als ursprünglich veranschlagt zu verhindern. Nachdem sich der postoperative Verlauf nach der Darmverschlussoperation überaus komplikationsreich gestaltete und mit einem nochmals verlängerten Krankenhausaufenthalt gerechnet werden musste, hätte sich diese Möglichkeit einer Verlegung in ein anderes Zimmer auch noch vor den am 22. und notwendig gewordenen weiteren Operationen ergeben. Festzuhalten ist auch, dass der Bf. nach der Betreuung an der Intensivstation und an der chirurgischen Observationseinheit wiederum - ohne triftige medizinische Gründe - auf ein Zimmer der Sonderklasse verlegt wurde und erst am das Landeskrankenhaus A verlassen konnte.

Für das Bundesfinanzgericht ist entscheidend, dass der Bf. während des gesamten Aufenthaltes am Landeskrankenhaus A (vom 14. Mai bis ) keine ernsthaften gesundheitlichen Nachteile erlitten hätte, wenn er sich nicht für die stationäre Behandlung in einem Zimmer der Sonderklasse entschieden hätte. Solche (feststehenden oder sich konkret abzeichnenden) ernsthaften gesundheitlichen Nachteile für den Fall der Aufnahme in einem Zimmer der allgemeinen Gebührenklasse wurden vom Bf. weder behauptet noch durch geeignete Unterlagen nachgewiesen. Für die weiteren stationären Aufenthalte am Landeskrankenhaus A (vom 3. bis und vom 9. bis ) wurden vom Bf. trotz Aufforderung durch das Finanzamt (vgl. dessen Ergänzungsersuchen vom ) erst gar keine Gründe genannt, die ihn dazu bewogen, eine Behandlung als Sonderklassepatient in Anspruch zu nehmen.

Zusammengefasst ist somit festzuhalten, dass durch die vorgelegten Unterlagen des Bf. zwar die Notwendigkeit der durchgeführten Operationen Bestätigung findet, diesen jedoch kein Hinweis zu entnehmen ist, dass eine Behandlung außerhalb der Sonderklasse beim Bf. zu ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen geführt hätte. Da keine triftigen medizinischen Gründe für die Behandlung in der Sonderklasse nachgewiesen werden konnten, sind die für die genannten Klinikaufenthalte als Selbstzahler angefallenen Ausgaben von 24.743,92 € mangels Zwangsläufigkeit nicht als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1988 abzugsfähig.

Mit der Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung für das Jahr 2012 machte der Bf. Krankheitskosten von insgesamt 24.811,73 € (KZ 730) als außergewöhnliche Belastung mit Berücksichtigung eines Selbstbehaltes geltend. Soweit diese Krankheitskosten nicht auf Kosten entfallen, die der Bf. als Patient der Sonderklasse zu entrichten hatte (Arzthonorare und Sonderklassezuschläge von 24.743,92 €), sind diese Kosten grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen. Diese Kosten, von denen ein Selbstbehalt abzuziehen ist, können sich aber mangels Überschreitens des Selbstbehaltes (vgl. § 34 Abs. 4 EStG 1988) steuerlich nicht auswirken.

Zulässigkeit einer Revision

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Das Bundesfinanzgericht orientierte sich bei der zu lösenden Rechtsfrage, ob Sonderklassegebühren als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1988 abgezogen werden können, an der zitierten einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur ( ; ), wonach diese höheren Aufwendungen aus triftigen medizinischen Gründen getätigt werden müssen. Die Entscheidung hing im Wesentlichen von den Umständen des Einzelfalles ab (Beweiswürdigung hinsichtlich der Frage, ob beim Bf. eine Behandlung außerhalb der Sonderklasse zu ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen geführt hätte). Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher unzulässig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.3100517.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at