Zulässigkeit von Anträgen auf Beitrittt zur Berufung gemäß § 257 BAO und Mitteilung des Abgabenanspruches gemäß § 248 BAO
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden V und die weiteren Senatsmitglieder R, L1 und L2 in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch KWP Kaubek, Weiser & Partner, WT STB-Gesellschaft, Hauptplatz 26, 2700 Wiener Neustadt, gegen die Zurückweisungsbescheide des FA Neunkirchen Wr. Neustadt vom und , betreffend Anträge auf Beitritt zur Berufung gemäß § 257 BAO und Mitteilung des Abgabenanspruches gemäß § 248 BAO in der Sitzung am nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Eingabe vom beantragte die Beschwerdeführerin (Bf) den Berufungsbeitritt gemäß § 257 BAO und die Verbindung zu einem gemeinsamen Verfahren gemäß § 277 BAO.
Mit Zurückweisungsbescheid vom wies das Finanzamt den Antrag vom betreffend Berufungsbeitritt und Verbindung zu einem gemeinsamen Verfahren zurück.
In der dagegen eingebrachten Berufung führte die Bf aus, dass sie und Herr EA unter Steuernummer 1234 nach Abgabenvorschriften für die den Gegenstand des angefochtenen Bescheides bildenden Abgaben als Gesamtschuldner zur Haftung verpflichtet worden seien. Sowohl die Bf als auch Herr EA seien von der Abgabebehörde mittels separatem Haftungsbescheid jeweils zur Haftung über die Gesamthöhe herangezogen worden. Die Behörde habe zweimal und somit summa summarum das Doppelte der Haftungssumme gefordert.
Nicht nur aus Gründen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit, welche sich aus Artikel 126b Abs. 5 B-VG ergäben, sei zur Vereinfachung und Beschleunigung zweier anhängiger Berufungscausen mit gleichem Berufungsinhalt am durch die Haftungspflichtigen der Beitritt über die angeführte, noch nicht rechtskräftig entschiedene Berufung erklärt und die gleichen Rechte geltend gemacht worden, die einem Beschwerdeführer zustünden. Nachdem die Haftungsbescheide gleichen Inhaltes, zugestellt an die Bf und an Herrn EA, bereits von diesen selbst angefochten worden seien, seien diese Berufungen zu einem gemeinsamen Verfahren zu verbinden.
Der bekämpfte Zurückweisungsbescheid vom begründe die Zurückweisung hiermit, dass die Eingabe aus dem Grunde nicht zulässig sei, weil ein Haftungsbescheid keinen Abgabenbescheid darstelle. Gegen die von der Haftung umfassten Grundlagenbescheide sei das Rechtsmittel der Berufung nicht erhoben worden. Eine Legitimation für eine Beitrittserklärung liege sohin nicht vor. Der Antrag sei daher aufgrund der Bestimmungen des § 258 Abs. 2 BAO zurückzuweisen gewesen.
Erledigungen der Abgabenbehörde seien als Bescheide zu erlassen. Schriftliche Bescheide hätten nebst Spruch und Begründung eine Rechtsmittelbelehrung zu enthalten.
Die Rechtsmittelbelehrung im befochtenen Bescheid sei mangelhaft. Ein Verweis auf das VwGbk-ÜG, insbesondere auf die Bestimmungen des § 3 sei nicht angeführt worden. Der Bescheidcharakter des bekämpften Schreibens vom werde angezweifelt.
Der bekämpfte Bescheid sei mit Nichtigkeit behaftet. Mangelhaftigkeit werde attestiert. Den gesetzlichen Erfordernissen sei nicht Rechnung getragen worden.
Für eine Zurückweisung ausreichende Gründe lägen nicht vor. Da sich aus der Begründung des Zurückweisungsbescheides Gründe für eine Zurückweisung gemäß § 273 Abs. 1 BAO nicht ableiten ließen und auch aus der Aktenlage nicht als gegeben anzunehmen seien, sei die Zurückweisung zu Unrecht erfolgt.
Die Haftungspflichtigen hätten ihre Befugnis nach den Abgabenvorschriften genutzt, innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch zu berufen.
Solche Bescheide über den Abgabenanspruch seien insbesondere Abgabenbescheide (§ 198 BAO) und Haftungsbescheide (vor allem die Haftung für Abfuhrabgaben gemäß § 202 BAO geltend machende Bescheide).
Die Bf als auch Herr EA seien Parteien im Abgabeverfahren, aktiv legitimiert und hätten keinen Rechtsmittelverzicht abgegeben. Unabhängig voneinander hätten beide Parteien Berufungen in der gleichen Causa eingebracht.
Es werde beantragt, den befochtenen rechtswidrigen Bescheid ersatzlos aufzuheben.
Weiters werde der Antrag auf mündliche Verhandlung und die Entscheidung durch den Unabhängigen Senat gestellt.
Mit Eingabe vom beantragte die Bf als Haftungspflichtige gemäß § 248 BAO die Mitteilung des noch nicht zur Kenntnis gebrachten Haftungsanspruches.
Das Finanzamt wies den Antrag mit Bescheid vom zurück.
In der dagegen eingebrachten Berufung führte die Bf im Wesentlichen aus, dass sie und Herr EA unter der Steuernummer 1234 nach Abgabevorschriften für die den Gegenstand des angefochtenen Bescheides bildenden Abgabe als Gesamtschuldner zur Haftung verpflichtet worden seien. Sowohl die Bf als auch Herr EA seien von der Abgabebehörde mittels separatem Haftungsbescheid jeweils zur Haftung über die Gesamthöhe herangezogen worden. Die bescheidausstellende Behörde fordere zweimal und somit summa summarum das Doppelte der Haftungssumme.
Mit Eingabe vom sei der Antrag gemäß § 248 BAO auf Mitteilung des noch nicht zur Kenntnis gebrachten Haftungsanspruches zum Haftungsbescheid vom gestellt worden.
Der bekämpfte Zurückweisungsbescheid begründe die Zurückweisung damit, dass die Zurückweisung erfolgt sei, weil die Eingabe nicht fristgerecht eingebracht worden sei. Die Frist zur Einbringung sei mit abgelaufen.
Es müsse der bescheidausstellenden Behörde zur Last gelegt werden, nicht mit der im Gesetz verankerten Sorgfalt und Mühewaltung vorgegangen zu sein. Wie sonst könne es geschehen, dass die Finanzverwa1tung einen rechtswidrigen Zurückweisungsbescheid mit der Begründung erlasse, dass die Frist zur Einbringung am abgelaufen sei, wenn ja doch der bezughabende Bescheid erst am ausgestellt worden sei.
Die Übernahme aktenwidriger Umstände mache einen Bescheid inhaltlich rechtswidrig.
Es werde Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend gemacht und die Einstellung des Verfahrens und die Aufhebung der bezugnehmenden Bescheide beantragt.
Weiters werde der Antrag auf mündliche Verhandlung und die Entscheidung durch den Unabhängigen Senat gestellt.
Mit Eingabe vom , eingelangt am , beantragte die Bf, die Entscheidung über die Beschwerde gemäß § 281 BAO auszusetzen und den Termin für die mündliche Senatsverhandlung abzuberaumen.
Nach Zurückweisung des Antrages vom auf Aussetzung der Entscheidung gemäß § 271 BAO mangels Antragsrechtes und Rechtsanspruches der Parteien auf Aussetzung von Entscheidungen zu Beginn der mündlichen Verhandlung ergeht aufgrund der ausgewiesenen Ladung der Bf zur mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht der Beschluss des Senates auf Durchführung der mündlichen Beschwerdeverhandlung in Abwesenheit der Bf.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 323 Abs. 38 erster Satz BAO sind die am beim Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art.130 Abs. 1B-VG zu erledigen.
Gemäß § 257 Abs. 1 BAO kann einer Bescheidbeschwerde, über die noch nicht rechtskräftig entschieden wurde, beitreten, wer nach Abgabenvorschriften für die den Gegenstand des angefochtenen Bescheides bildende Abgabe als Gesamtschuldner oder als Haftungspflichtiger in Betracht kommt.
Wer einer Bescheidbeschwerde beigetreten ist, kann gemäß § 257 Abs. 2 BAO die gleichen Rechte geltend machen, die dem Beschwerdeführer zustehen.
Gemäß § 258 Abs. 1 BAO ist der Beitritt bei der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, schriftlich oder mündlich zu erklären.
Die im Abs. 1 bezeichnete Abgabenbehörde hat gemäß § 258 Abs. 2 BAO eine Beitrittserklärung durch Bescheid zurückzuweisen,
a) wenn im Zeitpunkt des Einlangens derBeitrittserklärung die Entscheidung über die Berufung bereits rechtskräftig ist,
b) wenn sie von jemandem eingebracht wird, der zum Beitritt nicht befugt ist. In diesem Fall darf die Berufungsentscheidung erst nach Rechtskraft des Zurückweisungsbescheides ergehen.
Gemäß § 248 BAO kann der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid, § 224 Abs. 1) innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Bescheidbeschwerde einbringen. Beantragt der Haftungspflichtige die Mitteilung des ihm noch nicht zur Kenntnis gebrachten Abgabenanspruches, so gilt § 245 Abs. 2, 4 und 5 sinngemäß.
Gemäß § 245 Abs. 2 BAO wird durch einen Antrag auf Mitteilung der einem Bescheid ganz oder teilweise fehlenden Begründung (§ 93 Abs. 3 lit. a) der Lauf der Beschwerdefrist gehemmt.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () ist dem Wortlaut des § 257 Abs. 1 BAO zu entnehmen, dass ein Beitritt zur Berufung nur in jenen Fällen vorgesehen ist, in denen Gegenstand des angefochtenen Bescheides eine Abgabe bildet, für die der Beitretende als Gesamtschuldner oder Haftungspflichtiger in Betracht kommt. Als Bescheide, deren Gegenstand eine Abgabe bildet, kommen grundsätzlich nur Abgabenbescheide im Sinne des § 198 BAO in Betracht. Ein Beitritt zu einer nicht gegen einen Abgabenbescheid gerichteten Berufung ist daher zurückzuweisen.
Die Zurückweisung des Antrages vom betreffend Berufungsbeitritt aus dem in der Begründung des angefochtenen Bescheides angeführten Grunde erfolgte somit zu Recht, zumal entsprechend dieser Begründung laut Aktenlage entgegen der Behauptung der Bf gegen die von der Haftung umfassten Grundlagenbescheide (Säumniszuschlag 2009 in Höhe von € 349,61 und Verspätungszuschlag 6/2009 in Höhe von € 221,87; die restlichen Abgaben betreffen ohnehin Verbuchungen von durch die Abgabepflichtige bekannt gegebenen selbstberechneten Beträgen) das Rechtsmittel der Berufung nicht erhoben wurde.
Zudem kommt als Gesamtschuldner oder Haftungspflichtiger nur jemand in Betracht, der noch nicht mit Abgabenbescheid bzw. mit Haftungsbescheid in Anspruch genommen. Nach Inanspruchnahme – wie laut Vorbringen der Bf im gegenständlichen Fall – besteht die Befugnis zur Einbringung einer Berufung (vgl. Ritz, BAO4 § 257 Tz 4).
Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 267 erster Satz BAO, dass ein Bescheid von mehreren Beschwerdeführern angefochten ist oder gegen einen Bescheid mehrere Bescheidbeschwerden eingebracht sind, konnte auch eine Verbindung zu einem gemeinsamen Verfahren nicht stattfinden.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () kann ein Antrag iSd § 245 Abs. 2 BAO den Lauf der Berufungsfrist nicht mehr hemmen, wenn er erst nach deren Ablauf eingebracht wird.
Dem Einwand, dass die Frist zur Einbringung nicht am abgelaufen sein könne, weil ja doch der bezughabende Bescheid erst am ausgestellt worden sei, ist zu entgegnen, dass der an die Bf gerichtete Haftungsbescheid laut Aktenlage am ausgestellt und laut Zustellnachweis am durch Hinterlegung zugestellt wurde, sodass sich die Begründung des angefochtenen Bescheides als richtig erweist. Am wurde nach der Aktenlage vielmehr der in der Berufung erwähnte separate Haftungsbescheid an Herrn EA ausgestellt.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () wird durch einen solchen Antrag kein Anspruch auf Entscheidung erworben (daher keine Säumnisbeschwerde möglich).
Abgesehen davon, dass die Erlassung des gegenständlichen Bescheides somit nicht erforderlich war, erweist sich die Zurückweisung des Antrages vom als rechtmäßig, weil verspätete Anbringen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () zurückzuweisen sind.
Zwar wurden die Anträge vom betreffend Berufungsbeitritt und Verbindung zu einem gemeinsamen Verfahren und vom betreffend die Mitteilung des noch nicht zur Kenntnis gebrachten Haftungsanspruches gemäß § 248 BAO von der Bf nicht unterschrieben, sodass die Behörde gemäß § 85 Abs. 2 BAO verpflichtet gewesen wäre, mit Mängelbehebungsauftrag vorzugehen, doch wurde dieser vom Finanzamt laut Aktenvermerk vom zu Recht unterlassen, weil ein Mängelbehebungsauftrag nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (, 0096) nicht zu erlassen ist, wenn die Eingabe von vornherein offenkundig aussichtslos (etwa verspätet oder von einem nicht hiezu Legitimierten eingebracht ist.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2014:RV.7100419.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at