Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.09.2014, RV/7100655/2012

Pfandbestellung an einer Liegenschaft als Sicherungsgeschäft zu einem gebührenfreien Vergleich.

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7100655/2012-RS1
Bestellt ein Dritter zur Sicherstellung einer Forderung ein Pfandrecht, kann mangels Identität der Vertragsteile von Haupt- und Nebengeschäft die Gebührenbefreiung des § 19 Abs. 2 GebG 1957 nicht zur Anwendung kommen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache X gegen den Bescheid des Finanzamtes Y vom , Steuernummer, betreffend Rechtsgebühr zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird teilweise statt gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 Abs. 1 BAO abgeändert wie folgt:

Die Gebühr wird gemäß § 33 TP 18 Abs. 1 GebG 1957 mit 500,00 Euro festgesetzt

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer (Bf) schloss unter dem Betreff

„Name: xy

geboren: 0000

Sozialhilfekosten -

Sicherstellung

Zahl“

folgenden Vergleich ab:

VERGLEICH

Der X., gewährt Herrn xy., geboren am 0000, wohnhaft im SeniorenheimZ, seit bis auf Weiteres eine Förderung zur Pflege im Seniorenheim Z..

Herr xy., vertreten durch Frau S (laut Vollmacht vom ) verpflichtet sich, die Sozialhilfe, welcher Art auch immer, zurückzuzahlen. Diese Verpflichtung ist begrenzt mit dem Wert des Anteiles von Herrn xy. an der gegenständlichen Eigentumswohnung.

Die Rückzahlung des bisher geleisteten und künftig zu leistenden Sozialhilfeaufwandes wird ohne Anrechnung von Zinsen bei Erlöschen seiner Hilfsbedürftigkeit oder bei Übertragung der ihm und seiner Ehefrau, Frau yx, geboren am 1111 zu je gehörigen Bruchzahl Anteile der Liegenschaft -, mit welchen Anteilen das Wohnungseigentum an Wohnung untrennbar verbunden ist oder sonst am Tage seines Ablebens und des Ablebens seiner Ehefrau fällig.

Vom Tage der sohin eingetretenen Fälligkeit an sind die rückzuzahlenden Beträge mit einem Zinssatz von 4 % pro Jahr zu verzinsen.

Zur Sicherstellung dieser Verpflichtung bestellen der durch Frau S. vertretene xy., geboren am 0000, und Frau yx, geboren am 1111 die ihnen gehörigen oben genannten Anteile der Liegenschaft -- zum Pfand und erteilen die ausdrückliche Einwilligung, dass auf Grund dieser Urkunde ohne ihr weiteres Einvernehmen, jedoch auf ihre Kosten, das Pfandrecht für einen Höchstbetrag von € 100.000,00 (einhunderttausend Euro) zu Gunsten des X, im Lastenbatt der Liegenschaft --- einverleibt wird. Weiters verpflichtet sich Herr xy., alle im Zuge der Einverleibung und Urkundenerstellung anfallenden, auch die dem X, entstandenen Kosten zu tragen."

II. Verfahren vor dem Finanzamt

Mit dem spruchgegenständlichen Bescheid setzte das Finanzamt für diesen Vorgang gemäß § 33 TP 18 Abs. 1 GebG 1957 die Gebühr für eine Hypothekarverschreibung mit 1% des Wertes der sichergestellten Verbindlichkeit in Höhe von 100.000,00 Euro, somit 1.000,00 Euro, fest.

Fristgerecht wurde unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, , mit dem Argument es liege ein Vergleich vor, der mit einem Sozialhilfeträger über Ersatzansprüche abgeschlossen worden sei, Berufung eingebracht, welche nunmehr gemäß § 323 Abs. 38 BAO iVm Art. 130 Abs. 1 B-VG als Beschwerde zu behandeln ist. Der Begründung des angefochtenen Bescheides könne nicht entnommen werden, woraus sich die Gebührenpflicht ergebe.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung mit folgender Begründung ab:

Der Vergleich vom zwischen dem Sozialhilfeträger (= Berufungswerber) und Herrn xy. über Ersatzansprüche ist frei gemäß § 33 TP 20 Abs 2 Z 3 GebG und die in der Vertragsurkunde vereinbarte Bestellung einer Höchstbetragshypothek stellt eine Hypothekarverschreibung im Sinne des § 33 TP 18 GebG dar, ist jedoch im gegebenen Zusammenhang als Sicherungsgeschäft zu dem in der Urkunde vorher vereinbarten Vergleich über die Rückzahlungsverpflichtung zu verstehen. Dieses Sicherungsgeschäft ist im vorliegenden Fall der Bestimmung des § 19 Abs 2 GebG zu unterstellen, d.h. die in derselben Urkunde über das Hauptgeschäft zwischen denselben Vertragsteilen zur Sicherung oder Erfüllung des Hauptgeschäftes abgeschlossenen Nebengeschäfte sind gebührenbefreit (VwGH-Erkenntnis v , Zl. 2008/16/0154).

Das Erkenntnis des VwGH ist jedoch nur in den Fällen anwendbar, in denen der Sachverhalt dem, dem Erkenntnis zu Grunde liegenden gleicht. In Fällen, in denen ein Dritter zur Sicherstellung der Forderung des Sozialhilfeträgers ein Pfandrecht bestellt, ist Gebührenpflicht gegeben. Demzufolge ist die vertragsgegenständliche Hypothekarverschreibung kein Sicherungsgeschäft zu einem Hauptgeschäft, da Förderungsempfänger (= Herr xy.) und Pfandbestellerin (= Frau yx) nicht dieselben Vertragspartner sind, wie in § 19 Abs 2 GebG gefordert.

Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen."

Der nunmehrige Beschwerdeführer (Bf.) brachte einen Vorlageantrag ein und berief sich auf § 13 Abs. 2 WEG, wonach die Anteile der Wohnungseigentumspartner nicht verschieden belastet werden dürften. Aus diesem Grund sei der Vergleich zusätzlich auch von Frau yx unterfertigt worden. Dies ändere jedoch nichts an dem Umstand, dass ein Vergleich mit einem Sozialhifeträger über Ersatzansprüche vorliege, zumal sich lediglich Herr xy. zur Rückzahlung der Sozialhilfe verpflichtet habe.

III. Übergang der Zuständigkeit vom UFS auf das BFG

Da die gegenständliche Berufung am beim unabhängigen Finanzsenat anhängig war, ist die Zuständigkeit zur Entscheidung gemäß § 323 Abs. 38 BAO auf das Bundesfinanzgericht übergegangen und ist die Rechtssache als Beschwerde im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

IV. Verfahren vor dem BFG

 1. Beweisaufnahme

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Bemessungsakt Steuern. und Einsichtnahme in das Grundbuch.

2. Rechtslage

§ 33 TP 18 Abs. 1 GebG lautet:

"Hypothekarverschreibungen, wodurch zur Sicherstellung einer Verbindlichkeit eine Hypothek bestellt wird, nach dem Werte der Verbindlichkeit, für welche die Hypothek eingeräumt wird ........ 1 v.H."

§ 19 Abs. 2 GebG lautet auszugsweise:

Werden in einer Urkunde mehrere Rechtsgeschäfte derselben oder verschiedener Art, die nicht zusammenhängende Bestandteile des Hauptgeschäftes sind, abgeschlossen, so ist die Gebühr für jedes einzelne Rechtsgeschäft zu entrichten. Die in der Urkunde über das Hauptgeschäft zwischen denselben Vertragsteilen zur Sicherung oder Erfüllung des Hauptgeschäftes abgeschlossenen Nebengeschäfte sind gebührenbefreit, wenn das Hauptgeschäft nach diesem Gesetz oder einem Verkehrsteuergesetz einer Gebühr oder Verkehrsteuer unterliegt;…"

§ 13 Abs. 2 WEG lautet:

Zur Begründung einer Eigentümerpartnerschaft müssen die Partner Eigentümer je eines halben Mindestanteils (im Folgenden “Anteil am Mindestanteil” genannt) sein; ihre Anteile am Mindestanteil dürfen nicht verschieden belastet sein. Das Gleiche gilt, wenn ein Wohnungseigentümer einer anderen Person unter gleichzeitiger Begründung des gemeinsamen Wohnungseigentums den dazu erforderlichen Anteil am Mindestanteil überträgt."

3. Rechtliche Erwägungen 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem zitierten Erkenntnis , insbesondere folgendes ausgeführt:

Die entscheidende Frage des vorliegenden Falles ist die Beurteilung der Rechtsnatur der getroffenen Vereinbarung als Vergleich.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu dieser Frage zuletzt im Erkenntnis vom , Zl. 2006/16/0136 umfassend und detailliert klargestellt, was unter einem Vergleich iS des § 1380 ABGB und damit unter einem Vergleich iS des § 33 TP 20 GebG zu verstehen ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des zitierten Erkenntnisses verwiesen.

Dabei hat der Verwaltungsgerichtshof insbesondere betont, dass ein Vergleich unter anderem dann vorliegt, wenn mit einer Vereinbarung pro futuro gegensätzliche Interessen der Vertragsparteien ausgeglichen werden sollen.

Gerade das ist mit den im vorliegenden Fall zu beurteilenden Vereinbarungen aber geschehen, indem jeweils betreffend die Rückzahlungspflicht der jeweiligen Sozialhilfeempfänger klargestellt wurde, in welchen konkreten Fällen diese Rückzahlungspflicht fällig wird (Erlöschen der Hilfsbedürftigkeit, Übertragung der Liegenschaft oder Ableben) und dass eine Anrechnung von Zinsen bis zur Fälligkeit der Rückzahlungspflicht nicht stattzufinden hat.

In Gestalt des Verzichtes auf eine Verzinsung der gewährten und rückzuzahlenden Sozialhilfeleistung für die Zeit bis zur Fälligkeit des Rückzahlungsbetrages ist (unter Berücksichtigung der vom Sozialhilfeempfänger eingeräumten Sicherheit für den Rückzahlungsbetrag) überdies das für einen Vergleich bedeutsame Element des gegenseitigen Nachgebens in der Vereinbarung vorhanden.

Am Vorliegen eines an sich dem Tatbestand nach § 33 TP 20 GebG unterliegenden außergerichtlichen Vergleiches besteht in den beschwerdegegenständlichen Fällen daher (anders als dies der angefochtene Bescheid gesehen hat) kein Zweifel.

In den Beschwerdefällen ist allerdings die Befreiungsbestimmung des § 33 TP 20 Abs. 2 Z 3 GebG zu beachten, weil es sich beim Beschwerdeführer um einen Sozialhilfeträger handelt (siehe dazu Fellner8, Stempel und Rechtsgebühren Anm. 5 zu § 33 TP 20 Abs. 2 Z 3 GebG und die dort zitierten Gesetzesmaterialien).

Die in den Vertragsurkunden zusätzlich zur Klärung wesentlicher Aspekte der Rückzahlungspflicht vereinbarte Bestellung einer Höchstbetragshypothek stellt an sich eine Hypothekarverschreibung iS des § 33 TP 18 GebG dar, ist jedoch im gegebenen Zusammenhang als Sicherungsgeschäft zu dem in der Urkunde vorher vereinbarten Vergleich über die Rückzahlungsverpflichtung zu verstehen. Dieses Sicherungsgeschäft ist im vorliegenden Fall der Bestimmung des § 19 Abs. 2 GebG zu unterstellen, weil der durch die Hypothekarverschreibung besicherte Vergleich (wie gezeigt) an sich unter § 33 TP 20 GebG fällt, also an sich steuerbar, jedoch gemäß der Befreiungsbestimmung des Abs. 2 Z 3 leg. cit. steuerbefreit ist (siehe dazu die bei Fellner aaO unter E 48 zu § 19 GebG referierte hg. Judikatur)."

Vorliegender Fall unterscheidet sich von den erkenntnisgegenständlichen Fällen insofern, als nicht nur der Sozialhilfeempfänger selbst seinen Anteil an der Liegenschaft (zur Sicherstellung des geleisteten und in der Zukunft zu leistenden Sozialhilfeaufwandes) zum Pfand bestellt, sondern - bedingt durch § 13 Abs. 2 WEG - auch dessen Ehegattin.

Somit kann, hinsichtlich der Pfandbestellung durch einen „Dritten" (die Ehegattin) kein Sicherungsgeschäft (zu einem Hauptgeschäft) im Sinne des § 19 Abs. 2 GebG vorliegen, da Frau yx nicht auch Förderungsempfängerin ist.

Gebührenpflicht besteht jedoch nur hinsichtlich des Anteiles der Frau yx; hinsichtlich der Pfandbestellung betreffend den Anteil des Sozialhilfeempfängers selbst kommt die Gebührenbefreiung nach § 19 Abs. 2 GebG zu Tragen.

Berechnung der festgesetzten Gebühr:


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Wert der sichergestellten Verbindlichkeit:
100.000,00 Euro
Zur Hälfte:
50.000,00 Euro
Davon 1% gem. § 33 TP 18 Abs. 1 GebG
500,00 Euro

Der Beschwerde war daher teilweise statt zu geben.

V. Zur Zulässigkeit einer Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da die getroffene Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. Die getroffene Entscheidung entspricht sowohl der Judikatur des VwGH () als auch der Rechtsprechung des UFS (, RV/1723-W/10, RV/2896-W/10, RV/3287-W/10).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 33 TP 18 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 19 Abs. 2 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
Verweise
Zitiert/besprochen in
BFGjournal 2015, 32
ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.7100655.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at