Rückzahlung an Erbin nach Einantwortung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter in der Beschwerdesache Dr. S., Adresse1, vertreten durch Sigmund + Sigmund Steuerberater OG, Lange Gasse 74, 1080 Wien, über die Beschwerde der Antragstellerin vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom über die Abweisung eines Antrages auf Rückzahlung zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid insoweit abgeändert, als die Rückzahlung von € 1.719,00 an Dr. S. bewilligt wird.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
In einer Eingabe vom beantragte der steuerliche Vertreter von Dr. S. (in weiterer Folge: Bf.) elektronisch die Rückzahlung von € 1.719,00 an die Bf.
Nach Übermittlung des vom Finanzamt angeforderten Einantwortungsbeschlusses des Bezirksgerichtes vom wies das Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg den Rückzahlungsantrag mit Bescheid vom ab und führte aus, dass im Einantwortungsbeschluss (bedingte Erbserklärung) das Guthaben beim Finanzamt nicht dezidiert angeführt sei. Es werde ersucht, eine Nachtragsabhandlung (Beschluss) beim zuständigen Verlassenschaftsgericht durchzuführen.
In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung vom wird wie folgt ausgeführt:
"Es ist zutreffend, dass im Einantwortungsbeschluss das bestehende Finanzamtsguthaben nicht dezidiert angeführt ist. Dies ist allerdings aus folgenden Gründen weder erforderlich, noch gesetzlich vorgesehen.
Aus dem Einantwortungsbeschluss ergibt sich unzweifelhaft, dass die Verlassenschaft der Bf. (aufgrund der abgegebenen bedingten Erbantrittserklärung) zur Gänze eingeantwortet wurde.
Die Bf. ist daher Universalrechtsnachfolgerin iSv § 547 ABGB; mit Rechtskraft des Einantwortungsbeschlusses übernahm die Bf. die Rechtsposition und ist damit ohne Weiteres Berechtigte des Steuerguthabens (so wie sie, mit der sich aus der bedingten Erbantrittserklärung ergebenden Einschränkung, auch ohne Weiteres Verpflichtete einer Steuernachzahlung wäre). Aufgrund der eingetretenen Universalsukzession bedarf es entgegen der Ansicht der bescheiderlassenden Behörde keiner "dezidierten Anführung" des Steuerguthabens im Einantwortungsbeschluss. Dies folgt im Übrigen auch bereits aus § 178 AußStrG, welcher den zwingenden Inhalt des Einantwortungsbeschlusses festlegt.
Wir ersuchen, auf Grund der oben angeführten Gründe den Bescheid aufzuheben und dem Rückzahlungsantrag der Bf. als Universalrechtsnachfolgerin stattzugeben."
Mit Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, dass die Rückzahlung des Guthabens aus der Verlassenschaft von € 1.719,00 aus folgendem Grund nicht durchgeführt werden habe können:
Im Falle einer bedingten Erbserklärung seien die Gläubiger der Verlassenschaft gleichmäßig nach Tilgung der vorrangigen Ausgaben der Verlassenschaft zu befriedigen. Es wäre ein gerichtlicher Beschluss oder eine Bestätigung des Notars vorzulegen gewesen.
Mit Eingabe vom beantragte die Bf. die Vorlage der Berufung und führte aus, dass – wie bereits in der Berufung vom dargelegt – die Bf. alleinige Erbin und damit deren Gesamtrechtsnachfolgerin sei. Die Gesamtrechtsnachfolge sei mit Rechtskraft des Einantwortungsbeschlusses eingetreten und habe zivilrechtlich zur Konsequenz, dass die Bf. in die Rechtsstellung der Erblasserin mit allen Rechten und Pflichten eintrete (siehe etwa Spruzina in Kletecka/Schauer, ABGB-ON 1.01 § 819 Rz 1). Diesbezüglich sei es unerheblich, ob ein Vermögensbestandteil (im vorliegenden Fall das Steuerguthaben) im notariellen Inventar erfasst sei oder nicht (6 Ob 53/66 = MietSlg 18.203: 1 Ob 231/02 f = EFSlg 104.611; 2 Ob 651/87 = NZ 1990, 151).
Wenn nun die erstinstanzliche Behörde in ihrer Berufungsvorentscheidung davon ausgehe, dass "im Falle einer bedingten Erbserklärung die Gläubiger der Verlassenschaft gleichmäßig nach Tilgung der vorrangigen Ausgaben der Verlassenschaft zu befriedigen (seien)", so findet diese Rechtsansicht in den maßgeblichen Bestimmungen des Außerstreitgesetzes keine Deckung. Möglicherweise bezieht sich diese Ansicht auf die thematisch verwandten Vorschriften der §§ 154 f AußStrG; diese sind allerdings im vorliegenden Fall nicht anwendbar, da keine "Überlassung an Zahlungs statt" iSd § 154 AußStrG erfolgt ist, sondern die Verlassenschaft vielmehr durch Einantwortung rechtskräftig beendet wurde.
Die erstinstanzliche Behörde geht in ihrer Berufungsvorentscheidung ferner davon aus, dass "ein gerichtlicher Beschluss oder eine Bestätigung des Notars vorzulegen gewesen" wäre. Zunächst sei daran erinnert, dass sich das Begehren der Bf. gerade auf einen gerichtlichen Beschluss, nämlich den rechtskräftigen Einantwortungsbeschluss des Bezirksgerichtes (AZ: 10A) vom (gemeint wohl: ) stützt. Aus diesem ergibt sich zweifelsfrei, dass die Bf. Alleinerbin und damit Verfügungsberechtigte über das in Rede stehende Steuerguthaben ist. Einer dezidierten Anführung des Steuerguthabens im Einantwortungsbeschluss bedarf es entgegen der Ansicht der erstinstanzliche Behörde nicht (vgl dazu § 178 AußStrG, welcher den Inhalt des Einantwortungsbeschlusses determiniert); diese Ansicht wurde von der erstinstanzlichen Behörde in der Berufungsvorentscheidung auch gar nicht mehr aufrechterhalten. Die von der erstinstanzlichen Behörde alternativ geforderte "Bestätigung des Notars" findet im AußStrG keine Deckung.
Im Ergebnis liegen daher sowohl zivilrechtlich als auch verlassenschaftsverfahrensrechtlich alle Voraussetzungen vor, um das bestehende Steuerguthaben an die Bf. auszuzahlen.
Sollte das Finanzamt dem Berufungsbegehren in einer zweiten Berufungsvorentscheidung nicht vollinhaltlich stattgegeben, stellen wir den Antrag, die Berufung der Abgabenbehörde 2. Instanz zur Entscheidung vorzulegen und eine mündliche Verhandlung gemäß § 284 Abs. 1 BAO anzuberaumen, zu der wir als Vertreter zeitgerecht zu laden wären.
Mit Eingabe vom wurde der ursprüngliche Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Übergangsregelung, Rechtslage:
Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.
Mit der Einführung des Bundesfinanzgerichtes haben sich auch diverse Bezeichnungen geändert. So wurde das frühere Rechtsmittel der Berufung ab zur Beschwerde. Die Ausdrücke werden in weiterer Folge jeweils angepasst.
Gemäß § 239 Abs. 1 BAO kann die Rückzahlung von Guthaben (§ 215 Abs. 4) auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen. Ist der Abgabepflichtige nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähig, so können Rückzahlungen mit Wirkung für ihn unbeschadet der Vorschrift des § 80 Abs. 2 nur an diejenigen erfolgen, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes über das Guthaben zu verfügen berechtigt sind.
§ 215 Abs. 1 BAO: Ein sich aus der Gebarung gemäß § 213 unter Außerachtlassung von Abgaben, deren Einhebung ausgesetzt ist, ergebendes Guthaben eines Abgabepflichtigen ist zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die dieser Abgabepflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.
§ 215 Abs. 2 BAO: Das nach einer gemäß Abs. 1 erfolgten Tilgung von Schuldigkeiten bei einer Abgabenbehörde verbleibende Guthaben ist zur Tilgung der dieser Behörde bekannten fälligen Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die der Abgabepflichtige bei einer anderen Abgabenbehörde hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.
§ 215 Abs. 3 BAO: Ist der Abgabepflichtige nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähig, so ist ein nach Anwendung der Abs. 1 und 2 noch verbleibendes Guthaben unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmungen zugunsten derjenigen zu verwenden, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes im eigenen Namen über das Guthaben zu verfügen berechtigt sind.
§ 215 Abs. 4 BAO: Soweit Guthaben nicht gemäß Abs. 1 bis 3 zu verwenden sind, sind sie nach Maßgabe der Bestimmungen des § 239 zurückzuzahlen oder unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmungen über Antrag des zur Verfügung über das Guthaben Berechtigten zugunsten eines anderen Abgabepflichtigen umzubuchen oder zu überrechnen.
§ 178 AußStrG: (1) Der Beschluss über die Einantwortung hat zu enthalten:
1. die Bezeichnung der Verlassenschaft durch Vor- und Familiennamen des Verstorbenen, den Tag seiner Geburt und seines Todes und seinen letzten Wohnsitz;
2. die Bezeichnung der Erben durch Vor- und Familiennamen, Tag der Geburt und Anschrift;
3. den Erbrechtstitel, die Erbquoten und den Hinweis auf ein allfälliges Erbteilungsübereinkommen;
4. die Art der abgegebenen Erbantrittserklärung (§ 800 ABGB).
(2) Weiters ist gegebenenfalls aufzunehmen:
1. jede Beschränkung der Rechte der Erben durch fideikommissarische Substitutionen oder gleichgestellte Anordnungen (§§ 707 bis 709 ABGB);
2. jeder Grundbuchskörper, auf dem auf Grund der Einantwortung die Grundbuchsordnung herzustellen sein wird; dabei ist anzugeben, ob diejenigen, denen eingeantwortet wird, zum Kreis der gesetzlichen Erben zählen.
(3) Gleichzeitig mit der Einantwortung sollen auch alle übrigen noch offenen Verfahrenshandlungen, insbesondere die Aufhebung von Sperren, Sicherstellungen (§ 176 Abs. 2) und die Bestimmung von Gebühren, vorgenommen werden.
(4) Wer glaubhaft macht, dass es sonst zu einer Beeinträchtigung der Privatsphäre des Erblassers oder der Parteien käme, kann die gesonderte Ausfertigung der Anordnungen verlangen.
(5) Der Einantwortungsbeschluss ist den Parteien, bei pflegebefohlenen Erben, Noterben oder Vermächtnisnehmern auch dem Pflegschaftsgericht und auf Antrag auch anderen Personen, die ein rechtliches Interesse daran dartun, insbesondere Gläubigern, zuzustellen.
(6) Enthält der Einantwortungsbeschluss eine Begründung zur Erbrechtsfeststellung, so hat die für Personen, die nicht Partei des Feststellungsverfahrens waren, bestimmte Ausfertigung insoweit keine Begründung zu enthalten.
(7) Auf Antrag ist den Parteien auch eine Amtsbestätigung (§ 186 Abs. 1) mit den Angaben nach Abs. 1 auszustellen.
Erwägungen:
Aus dem Akt ist zu ersehen, dass mit Einantwortungsbeschluss des Bezirksgerichtes vom , AZ. 10A, die Verlassenschaft zur Gänze der Bf. eingeantwortet wurde.
Wird die bedingte Erbantrittserklärung abgegeben, so ist nach § 165 Abs. 1 Z 1 AußStrG von Amts wegen ein Inventar zu errichten (Spruzina in Kletečka/Schauer, ABGB-ON 1.01 § 802 Rz 9). Nach herrschender Lehre vollzieht sich die Universalsukzession mit der Einantwortung (s § 532 Rz 2, 797, 819 ABGB; Werkusch in Kletečka/Schauer, ABGB-ON 1.01 § 547 Rz 1). Die Einantwortung betrifft das gesamte Vermögen des Erblassers und nicht nur das der Abhandlung unterzogene. Durch den Erwerb der Erbschaft wird der Berufene nicht Rechtsnachfolger der Erbschaft, sondern Universalsukzessor des Erblassers (Spruzina in Kletečka/Schauer, ABGB-ON 1.01 § 819 Rz 2). Mit der Einantwortung wird der Erbe iSd § 797 ABGB in den rechtlichen Besitz des Nachlasses eingewiesen. Mit der Einantwortung erlangt der Erbe Eigentum am Nachlass (Spruzina in Kletečka/Schauer, ABGB-ON 1.01 § 819 Rz 4).
Mit diesem Einantwortungsbeschluss wurde die Bf. zur Gesamtrechtsnachfolgerin nach ihrer verstorbenen Mutter. Bei Gesamtrechtsnachfolge gehen alle Rechtspositionen eines Rechtssubjektes auf den Rechtsnachfolger über (z.B. ). Dies betrifft nicht nur die Rechte und Pflichten, die sich aus dem Abgabenschuldverhältnis (§ 4 BAO) ergeben, sondern auch die Rechte und Pflichten aus dem Abgabenpflichtverhältnis (, wonach der Gesamtrechtsnachfolger in materiell- und in verfahrensrechtlicher Hinsicht bezüglich aller Rechte und Pflichten in die gesamte Rechtsstellung des Rechtsvorgängers tritt; vgl. Ritz BAO-Kommentar4, § 19 RZ 4).
Der in Rede stehende Rückzahlungsbetrag aus der Einkommensteuerveranlagung 2012 wurde erst am am Abgabenkonto gutgebucht, konnte daher im Einantwortungsbeschluss vom nicht berücksichtigt sein.
Unabhängig davon ist die Bf. schon davor Gesamtrechtsnachfolgerin geworden, sodass sie in der Rechtsposition war, einen entsprechenden Rückzahlungsantrag einzubringen.
Entgegen der Ansicht des Finanzamtes bestehen keine Zweifel, dass die Bf. als eingeantwortete Gesamtrechtsnachfolgerin die entsprechende Aktivlegitimation zur Einbringung des Rückzahlungsantrages innehatte.
Außer Streit steht, dass am Antragstag, dem , am Abgabenkonto der Bf. als Erbin ein Guthaben in Höhe von € 1.719,00 bestand.
Im Fall eines Rückzahlungsantrages ist grundsätzlich nur über jenen Betrag abzusprechen, der im Zeitpunkt der Antragstellung auf dem Abgabenkonto aufscheint (; ).
Da im Zeitpunkt der Antragstellung das Abgabenkonto das begehrte Guthaben aufgewiesen hat, die Bf. als Universalrechtsnachfolgerin zur Stellung des Antrages berechtigt war, das Guthaben nicht für allfällige Abgabenrückstände nach § 215 BAO zu verwenden war, war der Beschwerde Folge zu gegeben und der angefochtene Bescheid insoweit abzuändern, als die Rückzahlung des beantragten Betrages von € 1.719,00 an die Bf. bewilligt wird.
Zur Zulässigkeit einer Revision:
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf die oben angeführte Judiaktur wird verwiesen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 239 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 215 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 215 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2014:RV.7100408.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at