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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 03.06.2014, RV/5100790/2014

Mangelhafte Beschwerdevorlage (§ 265 BAO)

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/5100790/2014-RS1
Die Geschäftsverteilung des Bundesfinanzgerichtes basiert einerseits auf der Verteilung der Geschäfte nach fachlichen und andererseits nach regionalen Gesichtspunkten. Das Prinzip der festen Geschäftsverteilung (Art. 135 Abs. 2 B-VG) lässt somit keine Umdeutung des von der belangten Behörde bezeichneten Gegenstandes einer Beschwerdevorlage zu, da sich aus einem geänderten Gegenstand der Beschwerde aus der Geschäftsverteilung auch die Zuständigkeit einer anderen Richterin oder eines anderen Richters ergeben könnte. Würde man den Gegenstand der Beschwerdevorlage umdeuten, könnte sich daraus eine Verletzung des Rechtes auf den gesetzlichen Richter ergeben. Daher ist das Bundesfinanzgericht an den im Vorlagebericht genannten Beschwerdegegenstand (angefochtener Bescheid) gebunden, da dieser Anknüpfungspunkt für die Verteilung der Geschäfte im Bundesfinanzgericht ist. Existiert der Gegenstand der Beschwerde (angefochtene Bescheid) wie im gegenständlichen Fall nicht, weil er von der belangten Behörde nie erlassen wurde und dessen Erlassung auch nicht behauptet wird, dann kann der Mangel der Beschwerdevorlage nicht dadurch saniert werden, dass dieser auf einen existenten Bescheid umgedeutet wird. Dadurch würde das Prinzip der festen Geschäftsverteilung unterlaufen.
RV/5100790/2014-RS2
Die Vorlage von Ablichtungen (Ausdrucken) des angefochtenen Bescheids, der Beschwerdevorentscheidung, des Vorlageantrags und von Beitrittserklärungen soll den Verwaltungsgerichten den Überblick über die strittigen Sach- und Rechtsfragen erleichtern (ErläutRV 2007 BlgNR 24. GP 18). Gleiches gilt auch für die Vorlage der Beschwerde. Fehlt eine oder mehrere dieser Unterlagen, liegt ein inhaltlicher Mangel des Vorlageberichts iSd § 85 Abs. 2 BAO vor und das Verwaltungsgericht hat mit Mängelbehebungsbeschluss vorzugehen. Wird der Mangel nicht (fristgerecht) behoben, ist der Vorlagebericht mit Beschluss (§ 278 BAO) als zurückgenommen zu erklären. Diese Konsequenz ergibt sich schon daraus, weil § 266 Abs. 4 BAO eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts trotz unterbliebener Aktenvorlage vorsieht. Das Verwaltungsgericht kann jedoch nur auf Grund der Behauptungen des Beschwerdeführers erkennen, wenn diesem zumindest der Inhalt der Beschwerde, des angefochtenen Bescheids, der Beschwerdevorentscheidung, des Vorlageantrags und von Beitrittserklärungen zur Kenntnis gebracht wird (vgl. Fischerlehner, Abgabenverfahren (2013), § 265 Anm. 2).

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf. gegen das Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr betreffend Aussetzung gemäß § 212a BAO beschlossen:

Die Beschwerdevorlage des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vom wird als zurückgenommen erklärt.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Dem Bundesfinangericht (BFG) wurde am eine Beschwerdevorlage elektronisch übermittelt.

Als angefochtener Bescheid ist ein Bescheid betreffend "Aussetzung § 212a BAO (Jahr: 2014)" vom angeführt.

Dem BFG wurden als Beilage zur Beschwerdevorlage im elektronischen Wege folgende Unterlagen vorgelegt:

  • ein Bescheid über die Abweisung eines Zahlungserleichterungsersuchens vom ;

  • eine Beschwerde gegen einen Bescheid über die Abweisung eines Zahlungserleichterungsersuchens vom ;

  • eine Beschwerdevorentscheidung vom betreffend den Bescheid über die Abweisung eines Zahlungserleichterungsersuchens vom ;

  • ein Vorlageantrag betreffend die Beschwerdevorentscheidung vom .

Mit Beschluss vom wurde der belangten Behörde mitgeteilt, dass die Beschwerdevorlage folgende inhaltliche Mängel aufweist:

Es fehlen

  • die Beschwerde

  • der angefochtene Bescheid

  • die Beschwerdevorentscheidung

  • der Vorlageantrag

Ihr wurde die Behebung der Mängel innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses aufgetragen. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist gilt die Beschwerdevorlage als zurückgenommen. Werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Beschwerde als ursprünglich richtig eingebracht.

Dazu führte die belangte Behörde in der am eingelangten Stellungnahme im Wesentlichen aus, dass sich die Beschwerdevorlage formal auf einen Vorlageantrag in Zusammenhang mit der Beschwerde gegen den Bescheid vom betreffend die Erledigung einer Stundung gemäß § 212 BAO bezieht. Es liege kein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO vor, daher könnten auch die im Mängelbehebungsauftrag angeführten Unterlagen betreffend Aussetzung der Einhebung nicht vorgelegt werden.

Rechtslage

Im Beschwerdeverfahren haben gemäß § 269 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung (BAO) die Verwaltungsgerichte die Obliegenheiten und Befugnisse, die den Abgabenbehörden auferlegt und eingeräumt sind.

Gemäß § 85 Abs. 2 BAO berechtigen Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift)  die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, daß die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.

§ 265 Abs. 1 bis 3 BAO lauten:

"(1) Die Abgabenbehörde hat die Bescheidbeschwerde, über die keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist oder über die infolge eines Vorlageantrages vom Verwaltungsgericht zu entscheiden ist, nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen ohne unnötigen Aufschub dem Verwaltungsgericht vorzulegen.

(2) Die Vorlage der Bescheidbeschwerde hat jedenfalls auch die Vorlage von Ablichtungen (Ausdrucken) des angefochtenen Bescheides, der Beschwerdevorentscheidung, des Vorlageantrages und von Beitrittserklärungen zu umfassen.

(3) Der Vorlagebericht hat insbesondere die Darstellung des Sachverhaltes, die Nennung der Beweismittel und eine Stellungnahme der Abgabenbehörde zu enthalten."

Gemäß Art. 135 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) sind die vom Verwaltungsgericht zu besorgenden Geschäfte durch die Vollversammlung oder einen aus ihrer Mitte zu wählenden Ausschuss, der aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und einer gesetzlich zu bestimmenden Zahl von sonstigen Mitgliedern des Verwaltungsgerichtes zu bestehen hat, auf die Einzelrichter und die Senate für die gesetzlich bestimmte Zeit im Voraus zu verteilen.

§ 13 Abs. 3 (Bundesfinanzgerichtsgesetz) BFGG bestimmt:

"Die Geschäftsverteilung hat zu bestimmen:


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1.
die Dienststelle einer jeden Richterin und eines jeden Richters (Arbeitsplatz in der Dienststelle am Sitz oder in einer Außenstelle), wobei den Richterinnen und Richtern ein Arbeitsplatz in der jeweils anderen Dienststelle nur mit ihrer Zustimmung zugewiesen werden darf;
2.
allgemeine Grundsätze der Geschäftsverteilung, wie die nähere Gliederung der Rechtssachen, die Festlegung von Verfahrenskategorien, die Abgrenzung von Zuständigkeiten, die Regelung von Kompetenzkonflikten oder die Regelung der Entscheidung über Ablehnungsanträge (§ 268 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961);
3.
die Einrichtung von Kammern (§ 11) und ihre Geschäftsgebiete sowie die in den einzelnen Kammern zusammengefassten Einzelrichterinnen und Einzelrichter und Senate (§ 12);
4.
die Vorsitzenden und richterlichen Beisitzerinnen und Beisitzer der Senate (§ 12 Abs. 2) sowie die Ersatzmitglieder (Stellvertreter, Ersatzbeisitzerinnen und Ersatzbeisitzer) und die Reihenfolge, in der diese einzutreten haben;
5.
die aus dem Kreis der fachkundigen Laienrichterinnen und Laienrichter (§ 4) beizuziehenden Beisitzerinnen und Beisitzer der Senate (§ 12 Abs. 2) sowie die Ersatzmitglieder (Stellvertreter, Ersatzbeisitzerinnen und Ersatzbeisitzer) und die Reihenfolge, in der diese einzutreten haben;
6.
die Verteilung der dem Bundesfinanzgericht zufallenden gerichtlichen Geschäfte (§ 1) auf die Einzelrichterinnen und Einzelrichter und Senate."

Die beim Bundesfinanzgericht (BFG) einlangenden Rechtsangelegenheiten (wie insbesondere Beschwerden und sonstige Anträge) werden automationsunterstützt nach dem Zufallsprinzip auf die Gerichtsabteilungen verteilt.

Dabei ist zunächst jede Rechtsangelegenheit einem Fachgebiet [(Punkt 4. Geschäftsverteilung des Bundesfinanzgerichtes, - (GV-BFG 2014)] zuzuordnen, wobei im Konkurrenzfall das jeweils erstgenannte Fachgebiet den später genannten vorgeht.

Die Rechtsangelegenheit ist einer von mehreren Regionen zuzuordnen (Punkt 3. GV-BFG 2014).

Die den Regionen zugeordneten Rechtsangelegenheiten werden sodann nach den zugeordneten Fachgebieten in Zuteilungsgruppen (Punkt 5. GV-BFG 2014) zugeordnet, wobei Zuteilungsgruppen mehrere Fachgebiete umfassen können.

Die den Zuteilungsgruppen zugeordneten Rechtsangelegenheiten werden schließlich mit Hilfe des automationsunterstützten Aktenverteilungsprogramm (AVS) auf die an den Zuteilungsgruppen beteiligten Gerichtsabteilungen verteilt.

Erwägungen

Dem BFG zur Entscheidung vorgelegt wurde eine Beschwerde gegen einen Bescheid "Aussetzung § 212a BAO (Jahr: 2014)" vom . Der Beschwerdevorlage beigelegt wurden jedoch Unterlagen, die ein Zahlungserleichterungsverfahren gemäß § 212 BAO betreffen.

In der am eingelangten Stellungnahme stellte die belangte Behörde klar, dass kein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO vorliegt und daher auch die im Mängelbehebungsauftrag angeführten Unterlagen betreffend Aussetzung der Einhebung nicht vorgelegt werden können.

Der Vorlagebericht der Abgabenbehörde ist ein Anbringen (§ 85 BAO), das die Entscheidungspflicht des Verwaltungsgerichts über die Bescheidbeschwerde (§ 291 Abs. 2 BAO) auslöst. Weiters ist es maßgeblich für den Beginn der Frist nach § 38 Abs. 1 VwGG (Fristsetzungsantrag).

Die Vorlage von Ablichtungen (Ausdrucken) des angefochtenen Bescheids, der Beschwerdevorentscheidung, des Vorlageantrags und von Beitrittserklärungen soll den Verwaltungsgerichten den Überblick über die strittigen Sach- und Rechtsfragen erleichtern (ErläutRV 2007 BlgNR 24. GP 18). Gleiches gilt auch für die Vorlage der Beschwerde. Fehlt eine oder mehrere dieser Unterlagen, liegt ein inhaltlicher Mangel des Vorlageberichts iSd § 85 Abs. 2 BAO vor und das Verwaltungsgericht hat mit Mängelbehebungsbeschluss vorzugehen. Wird der Mangel nicht (fristgerecht) behoben, ist der Vorlagebericht mit Beschluss (§ 278 BAO) als zurückgenommen zu erklären. Diese Konsequenz ergibt sich schon daraus, weil § 266 Abs. 4 BAO eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts trotz unterbliebener Aktenvorlage vorsieht. Das Verwaltungsgericht kann jedoch nur auf Grund der Behauptungen des Beschwerdeführers erkennen, wenn diesem zumindest der Inhalt der Beschwerde, des angefochtenen Bescheids, der Beschwerdevorentscheidung, des Vorlageantrags und von Beitrittserklärungen zur Kenntnis gebracht wird (vgl. Fischerlehner, Abgabenverfahren (2013), § 265 Anm. 2).

Die Geschäftsverteilung des Bundesfinanzgerichtes basiert einerseits auf der Verteilung der Geschäfte nach fachlichen und andererseits nach regionalen Gesichtspunkten. Das Prinzip der festen Geschäftsverteilung (Art. 135 Abs. 2 B-VG) lässt somit keine Umdeutung des von der belangten Behörde bezeichneten Gegenstandes einer Beschwerdevorlage zu, da sich aus einem geänderten Gegenstand der Beschwerde aus der Geschäftsverteilung auch die Zuständigkeit einer anderen Richterin oder eines anderen Richters ergeben könnte. Würde man den Gegenstand der Beschwerdevorlage umdeuten, könnte sich daraus eine Verletzung des Rechtes auf den gesetzlichen Richter ergeben. Daher ist das Bundesfinanzgericht an den im Vorlagebericht genannten Beschwerdegegenstand (angefochtener Bescheid) gebunden, da dieser Anknüpfungspunkt für die Verteilung der Geschäfte im Bundesfinanzgericht ist. Existiert der Gegenstand der Beschwerde (angefochtene Bescheid) wie im gegenständlichen Fall nicht, weil er von der belangten Behörde nie erlassen wurde und dessen Erlassung auch nicht behauptet wird, dann kann der Mangel der Beschwerdevorlage nicht dadurch saniert werden, dass dieser auf einen existenten Bescheid umgedeutet wird. Dadurch würde das Prinzip der festen Geschäftsverteilung unterlaufen.

Aus diesen Gründen ist die Beschwerdevorlage als zurückgenommen zu erklären.

Der belangten Behörde bleibt es jedoch unbenommen, nunmehr die Beschwerde gegen einen tatsächlich erlassenen Bescheid dem Bundesfinanzgericht vorzulegen. Dieser wird dann nach den genannten Kriterien der Geschäftsverteilung des Bundesfinanzgerichtes an die zuständige Richterin oder den zuständigen Richter zugeteilt.

Zulässigkeit einer Revision

Gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall wurde in einer Rechtsfrage (inhaltliche Erfordernisse einer Beschwerdevorlage gemäß § 265 BAO) entschieden, zu der eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt. Die Revision war daher zuzulassen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 265 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 13 Abs. 3 BFGG, Bundesfinanzgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 14/2013
Art. 135 Abs. 2 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
Zitiert/besprochen in
Rauscher in SWK 3/2015, 116
BFG-Newsletter 2014/02
Knechtl in SWK 10/2015, 506
ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.5100790.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at