"Hausverlosung" ist nach Rechtslage vor dem 1.1.2011 gemäß §15 Abs. 3 GebG von der Glücksvertragsgebühr befreit (VwGH 29.8.2013, 2010/16/0101). Dem Antrag auf Erlassung des Bescheides gemäß §201 BAO wegen unrichtiger Selbstberechnung war daher stattzugeben.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag.Dr. Hedwig Bavenek-Weber in der Beschwerdesache Bf. vertreten durch Stingl-Top Audit Steuerberatung GmbH&Co KG, Laxenburger Straße 83, 1100 Wien, gegen den Bescheid, mit welchem der Antrag gemäß § 201 BAO auf Bescheiderlassung abgewiesen wurde, des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien vom , ErfNr. x1, StNr. x2 betreffend Rechtsgebühr bzw. Rechtsgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. a GebG (“Hausverlosung“) zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben. Dem Antrag auf Erlassung eines Bescheides gemäß § 201 BAO wird stattgegeben.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Strittig ist, ob die Verlosung eines Grundstückes mit anschließender Eigentumsübertragung an den Gewinner sowohl der Rechtsgeschäftsgebühr als auch der Grunderwerbsteuer unterliegt oder ob § 15 Abs. 3 GebG, der eine Kumulierung von Gebühren und Grunderwerbsteuer verhindern soll, zum Tragen kommt?
Bemerkt wird, dass das Verfahren des Beschwerdeführers (Bf.) vom Unabhängigen Finanzsenat auf das Bundesfinanzgericht übergegangen ist. Die entsprechende Gesetzesstelle lautet:
„§ 323 Abs. 38 BAO: Die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge sind vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.....
„§ 323 Abs. 39 BAO: Soweit zum eine Befugnis zur geschäftsmäßigen Vertretung im Abgabenverfahren vor den Abgabenbehörden zweiter Instanz besteht, ist diese auch im Beschwerdeverfahren vor den Verwaltungsgerichten gegeben.“
1. Verfahren
Der Bf. führte im Jahr 2009 die Verlosung seines Grundstückes samt Haus durch, bei welcher insgesamt 12.999 Lose a 99 Euro aufgelegt worden waren. Mit der Verlosung wurde im Frühjahr 2009 begonnen, der Nachweis über den ersten Losverkauf stammt vom , Gewinnverlosungstermin sollte der sein. Der Bf. berechnete für die Hausverlosung die Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. a GebG selbst und führte sie an das Finanzamt ab. Dann stellte er den Antrag auf Erlassung eines Bescheides gemäß § 201 BAO.
Das Finanzamt wies den Antrag auf Erlassung eines Bescheides gemäß § 201 BAO mit Bescheid vom mit der Begründung ab, dass sich die Selbstberechnung als richtig erwiesen habe.
Fristgerecht wurde dagegen Beschwerde erhoben. Eingewendet wurde, dass zwar ein Glücksvertrag gemäß § 1267ff ABGB vorliege, aber Grundstücksverlosungen keine Rechtsgeschäftsgebühr auslösen. Dies deshalb, da
1. ein Grundstück weder eine Ware noch eine geldwerte Leistung iSd § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG darstelle,
2. über die „Hausverlosung“ keine Urkunde mit Unterschriften gemäß §§ 15 ff GebG errichtet wurde,
3. § 15 Abs. 3 GebG zu Tragen komme.
4. Als Bemessungsgrundlage sei nicht die aufgelegten Lose laut Verlosungsbedingungen mal Lospreis zu nehmen, sondern es sei von den tatsächlich verkauften Losen auszugehen.
Außerdem sei die Verlosung mangels genug Interessenten abgebrochen worden.
In der Begründung der vorab eingebrachten Beschwerde stützte sich der Bf. u.a. ausdrücklich auf den Artikel Gregorich, Immobilienverlosungen und der Gebührenirrtum. Überlegungen zur Rechtsgeschäftsgebührenpflicht, SWK 11 vom , 576 (S 416), sowie auf Arnold, Rechtsgeschäftsgebühren, Kommentar.
Das Finanzamt wies mit Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerde als unbegründet ab.
Über rechtzeitig eingebrachten Vorlageantrag legte das Finanzamt die Beschwerde der Rechtsmittelinstanz vor.
Mit Bescheid vom wurde das Verfahren gemäß § 281 BAO aF [neu: § 271 BAO] bis zur Beendigung des beim Verwaltungsgerichtshof zur GZ 2010/16/0101 schwebenden Verfahrens ausgesetzt.
2. Erwägungen: Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes ist nun ergangen, 2010/16/0101, und wird auszugsweise wiedergegeben:
„Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Beurteilung seiner "Grundstücksverlosung" als Glücksspiel iSd § 33 TP 17 Z 7 lit. a GebG zunächst mit dem Vorbringen, dass die Rechtsgeschäfte mit den "Losinteressenten" mangels Zuweisung konkreter Losnummern nicht zustande gekommen seien.
Diesem Vorbringen sind aber die Teilnahmebedingungen entgegenzuhalten, aus denen sich ergibt, dass für den Erwerb eines Loses und damit der Spiel- und Gewinnberechtigung im Wesentlichen die Registrierung sowie die Einzahlung eines entsprechendes Geldbetrages ausreicht (siehe Punkt 4. der Teilnahmebedingungen). Dass vor dem Verlosungstermin ("drei Wochen nach Ende des Losverkaufs") den jeweiligen Registriernummern jeweils eine oder mehrere Losnummern hätten zugeordnet werden sollen, steht der Beurteilung, dass bei Registrierung und Einzahlung des Lospreises der jeweilige Vertragsabschluss zustande gekommen ist, nicht entgegen.
Der Beschwerdeführer vertritt weiters die Auffassung, § 33 TP 17 Z 7 lit. a GebG gelange auch deswegen nicht zur Anwendung, weil im Beschwerdefall der Gewinn in einem Grundstück besteht. Ein solches falle aber nicht unter den Begriff einer "Ware". Z 7 leg. cit. sieht nach der Art der Treffer (Waren, geldwerte Leistungen, Geld) unterschiedliche Bemessungsgrundlagen (Gesamtwert der Einsätze, Wert des Gewinstes, vierfacher Wert des Gewinstes) vor. Dass mit dem Begriff der "Ware" ausschließlich bewegliche körperliche Gegenstände, nicht aber auch unbewegliches Vermögen erfasst werden sollte, kann dieser Bestimmung nicht entnommen werden.
Der Beschwerdeführer verweist - wie auch bereits im Abgabenverfahren – auf § 15 Abs. 3 GebG, wonach Rechtsgeschäfte, die u.a. unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, von der Gebührenpflicht ausgenommen sind. Damit ist der Beschwerdeführer jedoch im Recht.
Nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG unterliegen ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das Anspruch auf die Übereignung eines inländischen Grundstückes begründet, der Grunderwerbsteuer.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom heutigen Tag, Zlen. 2012/16/0159 und 0160, auf welches gem. § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, zur Grunderwerbsteuerbarkeit einer Liegenschaftsverlosung ausgeführt hat, ist bei den Verlosungsbedingungen, die dem dort entschiedenen Beschwerdefall zugrunde lagen, bereits bei der Auslobung vom Vorliegen eines Rechtsgeschäftes iSd § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG auszugehen. Auf das den Übereignungsanspruch des Gewinners begründende Rechtsgeschäft kommt es hingegen nicht an.
Gleiches gilt auch für die im Beschwerdefall vorliegenden "Teilnahmebedingungen". Auch in diesen wird die Gewinnermittlung und damit einhergehend der Abschluss eines einen Übereignungsanspruch begründenden Rechtsgeschäfts mit dem Gewinner ("Aufsandungserklärung zur Eigentumserlangung auf Grund einer Hausverlosung") im Ergebnis vom Verkauf der Lose abhängig gemacht. Die beiden Rechtsgeschäfte stehen demnach in einem derart engen inneren Zusammenhang, dass insofern von einem einheitlichen Vorgang auszugehen ist.
Dabei ist es auch nicht von Bedeutung, ob es bei der beschwerdegegenständlichen Veranstaltung mangels ausreichenden Losverkaufs nicht zur Ziehung (Ermittlung des Gewinners) gekommen ist, wie dies in der Beschwerde vorgebracht wird. Die Pflicht zur Entrichtung der Grunderwerbsteuer knüpft nämlich an das Verpflichtungsgeschäft und nicht erst an das Erfüllungsgeschäft an. Ob das Verpflichtungsgeschäft in der Folge erfüllt wird oder nicht, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Die einmal erwirkte Gebührenfreiheit fällt durch spätere Änderungen der Umstände nicht weg (vgl. Arnold, Rechtsgebühren9, § 17 Rz 30a).
Indem die belangte Behörde von zwei chronologisch nacheinander gereihten, nicht identen Rechtsvorgängen ausging, von denen der erste der Rechtsgebühren und der zweite der Grunderwerbsteuerpflicht unterliegt, hat sie die Rechtslage verkannt und den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.“
Antrag auf Erlassung eines Bescheides gemäß § 201 BAO: Im gegenständlichen Fall hatte der Bf. die Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 a GebG selbst berechnet und an das Finanzamt eingezahlt. Dann stellte er den Antrag auf Bescheiderlassung gemäß § 201 BAO, den das Finanzamt wegen richtiger Selbstberechnung abwies. Infolge der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Hausverlosung in der Fassung vor dem gemäß § 15 Abs. 3 GebG von der Rechtsgeschäftsgebühr befreit. Der Beschwerde war daher stattzugeben und der Abweisungsbescheid aufzuheben. Die Änderungsbefugnis ist durch die Sache begrenzt. Da die Sache die Angelegenheit ist, die den Inhalt des Spruches erster Instanz gebildet hat, darf ein Erkenntnis nicht eine Abgabe erstmals vorschreiben, etwa durch Umwandlung eines Antrages, mit dem der Antrag auf Festsetzung abgewiesen wird, in einen Abgabenbescheid. (vgl. Ritz, BAO4, §289, Tz 38; ; ). Das liegt in diesem Fall vor. Das Finanzamt wird den entsprechenden Bescheid gemäß § 201 BAO erlassen.
Daher war der Beschwerde stattzugeben und der Bescheid, mit welchem der Antrag auf Erlassung eines Abgabenbescheides gemäß § 201 BAO abgewiesen wurde, aufzuheben.
3. Nichtzulassung der Revision
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG i.V.m. § 25a Abs. 1 VwGG ist gegen diese Entscheidung eine Revision unzulässig. Es handelt sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da das Bundesfinanzgericht in rechtlicher Hinsicht der in der Entscheidung dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes () folgt.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 15 Abs. 3 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2014:RV.7102222.2010 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at