Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.05.2014, RV/7102356/2011

Anerkennung einer atypisch stillen Gesellschaft

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf , vertreten durch Böck&Partner Hainfeld StB GmbH, betreffend die Beschwerde vom , gegen die Bescheide des FA vom , betreffend Wiederaufnahme der Verfahren über die Feststellung der Einkünfte und (Nicht-)Feststellung der Einkünfte für die Jahre 2003-2005 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde betreffend Wiederaufnahme der Verfahren 2003 und 2005 wird abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

II. Der Beschwerde betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens 2004 wird stattgegeben. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

III. Die Beschwerde betreffend den Nichtfeststellungsbescheid 2004 wird als unzulässig geworden zurückgewiesen.

IV. Der Beschwerde betreffend Nichtfeststellungsbescheide 2003 und 2005 wird stattgegeben. Die angefochtenen Bescheide werden wie folgt abgeändert:

IV.i. Feststellung­ der Einkünfte gemäß § 188 BAO. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb des Jahres 2003 betragen 41.235,94 Euro. Diese werden verteilt auf (1) X , im Ausmaß von 8.960,48 Euro und (2) Y , im Ausmaß von 32.275,46 Euro.

IV.ii. Feststellung­ der Einkünfte gemäß § 188 BAO. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb des Jahres 2005 betragen 8.000 Euro. Diese werden verteilt auf (1) X, im Ausmaß von 523,20 Euro und (2) Y, im Ausmaß von 7.476,80 Euro.

V. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Zum ist von der A Privatstiftung (in Folge PSt) die D GmbH (in Folge GmbH) errichtet worden. Z (in Folge Z), der Begünstigter der PSt und Geschäftsführer der GmbH ist, hat sich ab diesem Tag als atypisch stiller Gesellschafter an der GmbH beteiligt. Das Stammkapital der GmbH beträgt 35.000 Euro (davon 17.500 eingezahlt). Die Einlage des stillen Gesellschafters betrug 250.000 Euro.

Laut Gesellschaftsvertrag wurde der Gewinn und Verlust im Ausmaß der aufgebrachten Einlagen verteilt (6,54:93,46%), wobei der GmbH für die Geschäftsführung ein Vorweggewinn von 7% des EGT und für die Haftung eine Provision von 2% des Stammkapitals gebührte. Den stillen Gesellschafter traf keine Auffüllungsverpflichtung für ein negatives Kapitalkonto, im Fall der Auflösung der stillen Gesellschaft gebührte ihm ein Abfindungsguthaben, das dem gemeinen Wert seines Anteils entsprach. Für die ersten beiden Jahre bestand ein wechselseitiger Kündigungsverzicht. Der Vertrag wurde dem Finanzamt angezeigt und die stille Gesellschaft zunächst antragsgemäß veranlagt.

Mit Vertrag vom brachte Z seinen Mitunternehmeranteil (atypisch stille Beteiligung) zum in die GmbH ein, wobei eine Barentnahme von 3.448.264,25 Euro (Überweisung am von der GmbH an Z) auf den Einbringungsstichtag zurückbezogen wurde. Als Gegenleistung räumte die GmbH dem Z ein schuldrechtliches Genussrecht im Nominale von 300 Euro ein.

Im Zuge einer Betriebsprüfung bei der GmbH und der stillen Gesellschaft traf die belangte Behörde laut Niederschrift über die Schlussbesprechung (SB) folgende Feststellungen:

Punkt 1 der NS: Gebühren im Ausmaß von 40.000 Euro werden im Jahr 2003 nicht als sofortige Betriebsausgaben anerkannt, weil sie im Zusammenhang mit einem Genehmigungsverfahren für eine Reststoffdeponie stünden. Im Falle eines positiven Genehmigungsbescheides seien sie zu aktivieren und auf die Laufzeit der Deponie zu verteilen, im negativen Fall im Jahr der Ablehnung Aufwand.

Punkt 2 der NS: Der unter Punkt 1 angeführte Sachverhalt stelle eine neu hervorgekommene Tatsache dar, deren Kenntnis zu einem anders lautenden Bescheid geführt hätte. Im Hinblick auf die Höhe der getroffenen Feststellung sei die Wiederaufnahme zu verfügen.

Punkt 3 der NS: Zum atypisch stillen Gesellschaftsverhältnis sei eine umfangreiche schriftliche Kommunikation geführt worden. In der SB seien die angestellten Überlegungen und steuerlichen Konsequenzen anhand der zusammenfassenden Mail vom nochmals erläutert worden. Zur Bemerkung des steuerlichen Vertreters betreffend Fremdüblichkeit des Kündigungsverzichts und Üblichkeit der Konstruktion sei auf die Replik auf die erste Vorhaltung der Bp hingewiesen.

In den erwähnten Briefwechseln ging das Finanzamt zunächst davon aus, dass die stille Gesellschaft dann nicht anzuerkennen sei, wenn die Einlage des stillen Gesellschafters lediglich den wirtschaftlichen Zweck habe, das für den Unternehmenszweck erforderliche Eigenkapital zur Verfügung zu stellen (; , 94/15/0114; , 95/13/0171). Dem hielten die geprüften Unternehmen entgegen, die von der Rechtsordnung garantierte Gestaltungs- und Vertragsfreiheit werde vom Abgabenrecht nicht beeinträchtigt (Stoll, BAO, 251 f; ; , 2261/71). Die Ausnützung zivilrechtlicher Gestaltungsfreiheit auch in der ausschließlichen Absicht der Abgabenersparnis sei auch abgabenrechtlich zulässig, denn die Wahl günstiger Gestaltungen entspreche einem von der Rechtsordnung anerkannten Interesse (Stoll, BAO, 252 mit Hinweis auf VfSlg 8807/1980 und ; , 82/14/0317, 0328; , 82/14/0023). Die vom Finanzamt zitierte Rechtsprechung sei nicht einschlägig, weil es sich dort stets um Finanzierungen gehandelt habe, die zu einem Zeitpunkt stattgefunden hätten, in dem die Gesellschaft entweder kreditunwürdig gewesen sei oder bereits eine Verlustsituation des Geschäftsherrn vorgelegen sei.

Letztlich argumentierte das Finanzamt in seinem zusammenfassenden Mail vom , dessen Inhalt im wesentlichen auch dem Bericht über die Bp beigelegt wurde, wie folgt: Z stehe als Stifter und Begünstigter der PSt in einem Naheverhältnis zur GmbH, weshalb die Angehörigenjudikatur anzuwenden sei. Publizität und Bestimmtheit lägen vor, der Vertrag sei dem Finanzamt am übermittelt worden und der Inhalt eindeutig. Der Vertrag halte jedoch einem Fremdvergleich nicht Stand, weil der zweijährige Kündigungsverzicht zu kurz bemessen sei. Nach der Auskunft von Z stehe im Normalfall binnen zweier Jahre fest, ob ein positiver oder negativer Genehmigungsbescheid vorliege. Der Geschäftsherrin habe bewusst sein müssen, dass mit dem positiven Bescheid der Abschichtungsbetrag im Genehmigungszeitpunkt (nach den Erfahrungswerten des Z) einige Millionen Euro betragen hätte. Hätte der stille Gesellschafter gerade in diesem Moment, in dem umfangreiche Investitionen in die Deponie anfielen (laut Kostengutachten ca. 9,5 Mio Euro), die Gesellschaft gekündigt, hätte das die Geschäftsherrin stark belastet und auch ihre Insolvenz bedeuten können.

Punkt 4 der NS: Mit Bescheid vom sei die Errichtung einer Deponie genehmigt worden. Die zur Erlangung des Rechts getätigten Aufwendungen (vgl. Punkt 1 d. NS) seien daher ab 2005 auf 20 Jahre abzuschreiben. Im Jahr 2006 als Ertrag erfasste refundierte Kosten seien nicht sofort erfolgswirksam, sondern minderten die Anschaffungskosten und damit die jährliche Abschreibung.

Punkt 5 der NS: Am 24.1.2996 seien von der GmbH 3.448.264,25 Euro auf ein Konto des Z überwiesen worden. Der Grund für diese Zahlung sei eine Barentnahme iSd § 16 Abs 5 Z 1 UmgrStG. Aufgrund der Nichtanerkennung der stillen Beteiligung könne kein Mitunternehmeranteil eingebracht werden. Abzüglich der als Einlage in die GmbH gewerteten Zahlung werde daher 2006 eine verdeckte Ausschüttung an Z in Höhe von 3.198.264,25 Euro festgesetzt und der GmbH im Haftungsweg vorgeschrieben.

Die belangte Behörde erließ sodann sich den Bp-Feststellungen anschließend folgende Bescheide: die GmbH betreffend

In der Berufung (nunmehr Beschwerde, § 323 Abs 38 BAO) bringt der Beschwerdeführer bzw. die Beschwerdeführerin (Bf) ergänzend zu den im Bp-Verfahren gemachten Ausführungen folgendes vor:

Die von der belangten Behörde vorgenommene typisierende Betrachtung und Umdeutung der Einlage des stillen Gesellschafters in eine verdeckte Einlage sei weder aus § 21 BAO ableitbar, noch finde sie in Art 18 B-VG Deckung. Eine solche Typisierung sei lediglich im Rahmen der freien Beweiswürdigung zulässig. Diese sei jedoch von der belangten Behörde in verfehlter Art und Weise erfolgt. Die belangte Behörde habe nicht nachvollziehbar darlegen können, dass die von der Bf gewählte Gestaltung der Fremdüblichkeit oder den Erfahrungen des täglichen Lebens widerspreche.

Die stille Gesellschaft sei keine unübliche Rechtsform. Auch die Dauer des Kündigungsverzichtes könne keine Fremdunüblichkeit auslösen. Die belangte Behörde stütze ihre Begründung auf die unbestimmte Aussage „starke Belastung“ und die unzutreffende Spekulation „mögliche Insolvenz“. Unternehmen seien oft fremdfinanziert, und auch die stille Beteiligung sei eine Art der Fremdfinanzierung (entsprechend dem bilanziellen Ausweis). Jede Fremdfinanzierung trage das Risiko der Aufkündigung in sich. Eine hohe Fremdkapitalquote sei üblich, bei 8% Eigenkapitalquote und fiktiver Schuldentilgungsdauer bis 15 Jahre werde ein Unternehmen nach dem URG als gesund angesehen. Eine Insolvenz aufgrund der Abschichtung sei schon mathematisch unmöglich, weil die Abschichtung zum anteiligen Wert erfolge, womit dem Geschäftsherrn stets der Rest verbleibe, was eine Überschuldung iSd § 67 KO ausschließe.

Die Ansicht der belangten Behörde, Aufgabe einer GmbH sei es, möglichst vorsichtig zu agieren, um das Risiko einer Abschichtung in der kapitalintensiven Anlaufphase zu minimieren, was einen längeren Kündigungsverzicht erfordere, sei eine rein spekulative Annahme. Das kaufmännische Vorsichtsprinzip sei eine Tugend, doch entscheide jeder Unternehmer, welche Risken er einzugehen bereit sei. Für stille Gesellschaften gelte gemäß § 184 UGB die Kündigungsbestimmung des § 132 UGB, wonach die Gesellschaft zum Ende jedes Jahres gekündigt werden könne und der Ausschluss des Kündigungsrechts nichtig sei. Dies stelle den Normfall dar, der die Vermutung der Fremdüblichkeit für sich habe. Sinn des zweijährigen Kündigungsverzichtes sei es gewesen, die Entscheidung über die Durchführbarkeit des Projektes abzuwarten. Eine längere Kündigungsfrist hätte ein fremder Dritter schon deshalb nicht akzeptiert, weil bei negativem Projektverlauf die Einlage des Stillen nicht ein Risikoprojekt, sondern die Aufwendungen und einen Gewinn des Geschäftsherrn durch Jahre hindurch finanziert hätte.

Wesentlich für die Fremdüblichkeit sei, mit welchen Ausgaben eine allfällige Abschichtung für die Gesellschaft verbunden sei. Diese richte sich im gegenständlichen Fall im wesentlich nach den zukünftigen Zuflüssen (Abschichtungswert nach KFS/BW1), die gutachterlich zu belegen sind. Von Beginn an sei klar gewesen, dass Risiko und Chancen entsprechend den geleisteten Kapitaleinlagen geteilt würden. Für den Geschäftsherrn sei die Vereinbarung ein gutes Geschäft gewesen, könne er doch mit einer Einlage von 17.500 Euro nach fünf Jahren bereits über einen Bilanzgewinn in Höhe von 233.000 Euro verfügen. Im Fall des Nichtzustandekommens des Deponieprojekts wäre es zu einem entsprechenden Verlust für alle Beteiligten gekommen.

Es sei daher nicht nachvollziehbar, warum das Eingehen einer stillen Gesellschaft nicht fremdüblich sein solle, respektive ein längerer als zwei Jahre andauernder Kündigungsverzicht unter Fremden abgeschlossen worden wäre.

Mit Schreiben vom zog die Bf ihre Anträge auf Entscheidung durch den Senat und Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.

Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:

1. Wiederaufnahme der Verfahren

Die Wiederaufnahme der Verfahren wurden allesamt begründet mit den Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen sind. Der Prüfungsbericht über die stille Gesellschaft verweist die Wiederaufnahme betreffend auf dessen Tz 1 und 2, die wiederum auf Punkt 1 und 2 der Niederschrift verweisen. Der Prüfungsbericht über die GmbH verweist die Wiederaufnahme betreffend auf dessen Tz 1 und 2, die wiederum auf Punkt 1 und 2 der Niederschrift und auf Beilage 1 zum Bericht, Tz 1 verweisen. Niederschrift und Beilage sind in beiden Verfahren identisch.

In der Beilage 1 zum Bericht, Tz 1, finden sich Ausführungen zur fehlenden Fremdüblichkeit des Vertrages über die stille Gesellschaft. Wie die belangte Behörde selbst einräumt, war ihr dieser Vertrag bereits seit und somit vor Erlassung der ersten (antragsgemäßen) Bescheide bekannt. Daraus lassen sich daher keine neu hervorgekommenen Tatsachen iSd § 303 Abs 4 BAO ableiten, auch kein Erschleichungs- oder Vorfragentatbestand (§ 303 Abs 4 iVm Abs 1 lit a und c BAO).

Unter Punkt 1 der Niederschrift über die Schlussbesprechung werden im Jahr 2003 sofort abgeschriebene Gebühren aktiviert und ab dem Zeitpunkt der Bescheiderledigung über die Deponiebewilligung für abziehbar erklärt. Unter Punkt 2 dieser Niederschrift wird die Wiederaufnahme näher begründet: Der unter Punkt 1 der NS angeführte Sachverhalt stellt eine neue Tatsache dar, die dem Finanzamt bei Erlassung des Erstbescheides nicht bekannt war. Hätte das Finanzamt Kenntnis gehabt, hätte dies zu einem anders lautenden Bescheid geführt.

Mit diesen Ausführungen kann die Wiederaufnahme für die Jahre 2003 und 2005 begründet werden, weil die Aktivierung 2003 und die im Jahr 2005 beginnende Abschreibung des 2003 aktivierten Betrages in diesen Jahren zu anders lautenden Feststellungsbescheiden über die stille Gesellschaft und zu anders lautenden Körperschaftsteuerbescheiden über die GmbH geführt haben. Auch die Ermessensübung der belangten Behörde erfolgte diesbezüglich richtig, weil die Auswirkungen der neu hervorgekommenen Tatsache nicht bloß gering waren.

Auf die angefochtenen Bescheide des Jahres 2004 vermochte der angeführte Wiederaufnahmegrund jedoch keine Auswirkung haben. Ein anderer Wiederaufnahmegrund für das Jahr 2004 ist nicht ersichtlich, auch stünde es dem Finanzgericht nicht zu, einen solchen aufzugreifen. Für die Wiederaufnahme an sich und die damit zusammenhängende Begründung ist nämlich die Abgabenbehörde erster Instanz zuständig (§ 305 Abs 1 BAO; mwN). Die Wiederaufnahmebescheide das Jahr 2004 betreffend sind daher zu Unrecht ergangen. Ihre Aufhebung vernichtet auch die auf ihnen gegründeten Sachbescheide (§ 307 Abs 3 BAO), daher ist die Beschwerde betreffend den Nichtfeststellungsbescheid 2004 unzulässig geworden und war zurückzuweisen.

2. Stille Gesellschaft

Der zu Beginn der Entscheidungsgründe dargestellte Sachverhalt ist unstrittig. Strittig ist lediglich, ob die zwischen Z und der GmbH eingegangene stille Gesellschaft ertragsteuerrechtlich anzuerkennen ist, oder ob ihr aufgrund fehlender Fremdüblichkeit die Anerkennung zu versagen ist.

Z ist Stifter und Begünstigter der PSt, die Alleingesellschafterin der GmbH ist. Stifter und Begünstigter einer Privatstiftung stehen zu dieser in einem Naheverhältnis, woraus auch ein Naheverhältnis zu einer von der Stiftung gehaltenen GmbH-Beteiligung folgt (in diesem Sinne ). Aufgrund der Nahebeziehung des Z zur GmbH finden auf die zwischen beiden eingegangenen Vertragsbeziehungen die Kriterien der Angehörigenjudikatur des VwGH Anwendung. Hinreichende Publizität und Bestimmtheit liegen vor und sind auch von der belangten Behörde nicht in Zweifel gezogen worden. Die belangte Behörde bestreitet nur, dass der Vertrag über die stille Gesellschaft einem Fremdvergleich standhält. Die von ihr ins Treffen geführten Argumente vermögen diese Ansicht jedoch nicht zu tragen.

Die Ansicht der belangten Behörde, dass die stille Gesellschaft dann nicht anzuerkennen sei, weil die Einlage des stillen Gesellschafters lediglich den wirtschaftlichen Zweck habe, das für den Unternehmenszweck erforderliche Eigenkapital zur Verfügung zu stellen, kann für den konkreten Sachverhalt aus den zitierten Judikaten (; , 94/15/0114; , 95/13/0171) nicht abgeleitet werden. Im letztzitierten Erkenntnis geht es um Anschaffungen und Aufwendungen, die ein Ehepaar als Unternehmer noch vor Gründung einer GmbH und Eingehen einer stillen Gesellschaft mit dieser getätigt hat, sowie um Darlehens- und Gesellschaftsverträge, denen es schon an der hinreichenden Bestimmtheit gemangelt hat. Es ist daher nicht einschlägig.

Im Erkenntnis vom , 88/13/0180 hat der VwGH ausgesprochen: In ständiger Rechtsprechung vertritt der Gerichtshof die Auffassung, daß der Steuerpflichtige in der Wahl der Mittel, mit denen er seinen Betrieb führen will, grundsätzlich nicht beschränkt ist, er bei der Auswahl seiner Finanzierungsmöglichkeiten nicht bevormundet werden darf, es ihm also grundsätzlich freisteht, seinen Betrieb mit Eigenmitteln oder mit Fremdkapital auszustatten. Nur unter besonderen Umständen, die dafür sprechen, daß die Ausstattung mit Fremdkapital objektiv den wirtschaftlichen Erfolg hat, Eigenkapital zu ersetzen und daher eine Kapitalzuführung das wirtschaftlich Gebotene gewesen wäre, kann eine Fremdmittelzuführung als verdecktes Eigenkapital angesehen werden. An die den Abgabenbehörden obliegende Beweisführung, daß im konkreten Fall besondere Umstände der angegebenen Art vorliegen, sind besondere strenge Anforderungen zu stellen. Die Beurteilung, ob derartige besondere Umstände vorliegen oder nicht, ist auf den Zeitpunkt der Mittelzuführung abzustellen.“

Im Erkenntnis vom , 94/15/0114 hat der VwGH ausgesprochen: Wird die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte einer atypischen stillen Gesellschaft begehrt, die aus einer GmbH und deren einzigen Gesellschafter gebildet ist, wobei die Widmung der geleisteten Kapitaleinlage zur teilweisen Verlustabdeckung und die Überschuldung der Gesellschaft erkennbar ist, so ist zu ermitteln, ob die Kapitalzuwendung an die Gesellschaft ihre Wurzel in einer schuldrechtlichen Beziehung oder im Gesellschaftsverhältnis hat; in letzterem Fall wäre die Kapitalzufuhr als Einlage aufzufassen und eine Mitunternehmerschaft demgemäß nicht anzunehmen. Die Veranlassung durch eine schuldrechtliche Beziehung darf nur angenommen werden, wenn festgestellt wird, daß ein fremder Dritter unter den gleichen Bedingungen eine stille Beteiligung eingegangen wäre (Hinweis Zorn, Besteuerung der Geschäftsführung 296).“

Angesichts dessen, dass an die Annahme verdeckten Eigenkapitals strenge Anforderungen zu stellen sind, kann die bloße Wahl der Finanzierungsform über eine atypisch stille Gesellschaft von Anbeginn an für sich noch kein außergewöhnlicher Sachverhalt angenommen werden, dem ein anderer wirtschaftlicher Gehalt zukommt, als von Z und der GmbH gegenüber der belangten Behörde erklärt worden ist. Dem Sachverhalt lassen sich auch keine Anhaltspunkte für eine auch nur drohende Überschuldung der Gesellschaft entnehmen.

Die belangte Behörde hat bei ihrer Feststellung über eine verdeckte Einlage des Z im Ausmaß der von ihr nicht anerkannten stillen Beteiligung auch außer Acht gelassen, dass Z zum Einlagezeitpunkt nicht Gesellschafter der GmbH war, womit einerseits sein – allenfalls über den Stiftungsvorstand ausübbarer – Einfluss beschränkt war und andererseits eine Einlage nur kaskadierend als Zustiftung in die PSt und Einlage von dieser an die GmbH möglich gewesen wäre (vgl. Raab/Renner in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger/Vock (Hg), KStG24, § 8 Tz 26 mwN).

In seiner Entscheidung vom , 82/14/0317, führt der VwGH aus: „Unter Mißbrauch iSd § 22 BAO ist eine rechtliche Gestaltung zu verstehen, die im Hinblick auf den angestrebten wirtschaftlichen Erfolg ungewöhnlich und unangemessen ist und ihre Erklärung nur in der Absicht der Steuervermeidung findet; es ist zu prüfen, ob der gewählte Weg noch sinnvoll erscheint, wenn man den abgabensparenden Effekt wegdenkt, oder ob er ohne das Resultat der Steuerminderung einfach unverständlich wäre. Können daher beachtliche außersteuerliche Gründe für eine - wenn auch ungewöhnliche - Gestaltung angeführt werden, ist jedenfalls ein Mißbrauch auszuschließen.“

Denkt man den steuersparenden Effekt weg, der darin bestanden hat, dass der Z die Verluste aus der Unternehmung nutzen konnte, so bleiben zwei Varianten übrig: Einerseits die, dass die GmbH das Unternehmen begonnen hätte und Z nur mittelbar als Begünstigter der PSt an einem Teil des potentiellen Gewinnes beteiligt gewesen wäre; andererseits die, dass Z selbst das Unternehmen als Einzelunternehmer begonnen hätte. Beide Varianten entsprechen jedoch nicht dem gewünschten Ziel, dass Z unter Begrenzung seiner Haftung in ein Geschäftsmodell investiert, für das er einen Großteil des unternehmerischen Risikos in Form seiner stillen Einlage übernimmt.

Durch eben die Höhe seiner Einlage läge die Vermutung nahe, typisierend käme die Variante des Einzelunternehmens einer „sinnvollen“ Gestaltung näher. Diesfalls wäre jedoch wie im vorliegenden Fall auch möglich gewesen, dieses Einzelunternehmen im ersten Gewinnjahr in eine GmbH einzubringen und so die Anlaufverluste selbst zu verwerten, die Gewinne jedoch im steuergünstigeren Kleid der GmbH zu veranlagen.

Der gewählte Weg über eine atypisch stille Beteiligung kann auf den vorliegenden Sachverhalt nicht als ungewöhnlich bezeichnet werden. Ob die spätere Einbringung als weiterer Schritt fremdüblich ausgestaltet war, ist keine Frage, die sich im Zusammenhang mit der ursprünglichen stillen Beteiligung stellt (siehe dazu unten, Punkt 3).

Letztlich argumentierte das Finanzamt in der Beilage zum Bericht über die Bp, der Vertrag über die stille Gesellschaft halte einem Fremdvergleich nicht Stand, weil der zweijährige Kündigungsverzicht zu kurz bemessen sei. Der Geschäftsherrin habe bewusst sein müssen, dass mit dem positiven Bescheid der Abschichtungsbetrag im Genehmigungszeitpunkt einige Millionen Euro betragen hätte. Hätte der stille Gesellschafter gerade in diesem Moment, in dem umfangreiche Investitionen in die Deponie anfielen (laut Kostengutachten ca. 9,5 Mio Euro), die Gesellschaft gekündigt, hätte das die Geschäftsherrin stark belastet und auch ihre Insolvenz bedeuten können.

Damit zeigt das Finanzamt keine Fremdunüblichkeit auf. In der Wahl der Finanzierung sind die Steuerpflichtigen grundsätzlich frei (Beiser, ÖStZ 1998, 370). Jede Finanzierung birgt ein Risiko in sich. Die belangte Behörde hat nicht darstellen können, dass der GmbH eine andere Finanzierung bzw. eine Finanzierung durch einen fremden Dritten im Fall der Abschichtung des stillen Gesellschafters nicht offengestanden wäre. Letztlich ist genau der von der belangten Behörde skizzierte Fall wirtschaftlich eingetreten, ohne dass die GmbH dadurch in Schwierigkeiten gekommen wäre: Im Zuge der Einbringung hat sich Z eine Entnahme nach § 16 Abs 5 Z 1 UmgrStG vorbehalten, die ungefähr der Höhe des Firmenwertes entsprochen hat. Diese Entnahme ist seitens der Gesellschaft durch einen Bankkredit abgedeckt worden.

Der zweijährige Kündigungsverzicht hat genau jenen Zweck gehabt, die Mittel in der stillen Gesellschaft so lange zu binden, bis die Entscheidung über die Durchführbarkeit des angestrebten Unternehmenszwecks feststeht. Eine weitere Selbstbindung wäre auch ein fremder Dritter schwerlich bereit gewesen, auf sich zu nehmen. Es erscheint üblich, nach Feststehen des erwartbaren Risikos bzw. der erwartbaren Chance jedem Gesellschafter die Entscheidungsfreiheit zu belassen, dieses Risiko bzw. diese Chance weiter zu verfolgen oder nicht.

3. Weitere Feststellungen

Die Feststellung über die Aktivierung (2003 +40.000 Euro) und Abschreibung (2005 -2.000 Euro) der Gebühren in Höhe von 40.000 Euro, die nach Nichtanerkennung der stillen Gesellschaft nur in den Bescheiden die GmbH betreffend berücksichtigt wurden, sind in den Feststellungsbescheiden der stillen Gesellschaft entsprechend zu berücksichtigen. Sie wirken sich entsprechend des Verteilungsschlüssels zu 6,54% beim Geschäftsherrn und zu 93,46% beim stillen Gesellschafter aus.

4. Revision

Art 133 Abs 4 B-VG lautet: „Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.“

Zentrale Rechtsfrage ist, unter welchen Voraussetzungen eine atypisch stille Beteiligung zwischen einer GmbH und einer ihr nahestehenden Person anzuerkennen bzw. zu versagen ist. Da zur erörterten Rechtsfrage – wie aus den obigen Zitierungen ersichtlich – bereits eine eindeutige Rechtsprechung des VwGH besteht, der das Finanzgericht in seinem Erkenntnis gefolgt ist, war die Revision nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§§ 21 bis 22 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.7102356.2011

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at