Familienbeihilfe bei Aufenthalt im Drittstaat
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den [Richter] in der Beschwerde-sache [XY] gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom , betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen
zu Recht erkannt:
I.
Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.
II.
Der bekämpfte Bescheid wird, sofern er über eine Rückforderung für den Zeitraum August 2006 bis August 2007 abspricht, ersatzlos aufgehoben.
Im Übrigen bleibt er unverändert.
III.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
1) Verfahrensgang:
Mit Bescheid vom wurde von der Beihilfenbezieherin die ihr für ihren Sohn [Name] für die Zeiträume Jänner bis März 2005, August 2006 bis August 2007 und September 2008 bis Mai 2009 ausbezahlte Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbeträgen zurückgefordert.
Zusammengefasst bestand die Begründung darin, dass von der Beihilfenbezieherin keine Unterlagen vorgelegt worden seien, die einen Anspruch auf Familienbeihilfe unter Beweis stellen würden.
Die rechtzeitig eingebrachte Berufung (nunmehr: Beschwerde) begründete die Beihilfenbezieherin damit, dass von ihr aus [Staat] Unterlagen an das Finanzamt übermittelt worden wären, die den Anspruch belegen würden.
Mit Berufungsvorentscheidung (nunmehr: Beschwerdevorentscheidung) wurde der Berufung teilweise Folge gegeben. Das Finanzamt sah den Nachweis für einen Anspruch im Zeitraum April 2005 bis Juli 2008 als erbracht an. Bis März 2005 hätte der Sohn über mehrere Jahre in einem Drittland (Nicht-EU-Ausland) gelebt. Ab September 2008 läge wiederum ein ständiger Aufenthalt des Sohnes, aber auch von der Beihilfenbezieherin im Ausland vor.
Die Berufungsvorentscheidung wurde rechtswirksam erst am zugestellt.
Daraufhin beantragte die Einschreiterin die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und bestritt, dass sie sich im in Rede stehenden Zeitraum ständig im Ausland aufgehalten habe.
2) Verfahrensrechtlicher Hinweis:
Da die Berufung am beim Unabhängigen Finanzsenat unerledigt anhängig war, ist diese nunmehr nach § 323 Abs 38 BAO vom Bundesfinanzgericht als Beschwerde iSd Art 130 Abs 1 B-VG zu erledigen.
3) Sachverhalt:
Der Sohn der Beschwerdeführerin wurde am [Geb.Dat.] geboren und vollendete somit das 18. Lebensjahr am [Geb.Dat.+18].
Nach den unbestrittenen Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung steht fest, dass sich der Sohn der Beschwerdeführerin im Zeitraum vor April 2005 über mehrere Jahre in [Staat] aufgehalten hat.
In der Folge ergibt sich aus der Beschwerdevorentscheidung, dass der Sohn ab eine Schule in Österreich besuchte. Dass einem handschriftlichen Vermerk auf dem Jahreszeugnis für das Schuljahr 2004/2005 zu entnehmen ist, dass der "Eintritt lt. LSR" erst am [Datum] erfolgt sein soll, ist für die vorliegende Entscheidung nicht von Relevanz, da der Monat April 2005 von der Rückforderung nicht betroffen und somit nicht streitverfangen ist.
Durch die vorgelegten Zeugnisse ist unter Beweis gestellt, dass der Sohn die Schuljahre 2005/2006, 2006/2007 und 2007/2008 in Österreich absolvierte. Ein ständiger Aufenthalt in Österreich wird für diesen Zeitraum auch vom Finanzamt anerkannt.
Hinsichtlich des Zeitraumes ab September 2008 ergibt sich aus den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin in der Beantwortung des Vorhaltes vom , dass der Sohn eine Schule in [Land] besuchte. Dies nach einer per Fax übermittelten Bestätigung bis Juni 2009. Einem weiteren Fax ist zu entnehmen, dass der Sohn auch im Zeitraum bis Juni 2010 in dieser Schule eingeschrieben war. Ab August 2010 war der Sohn an einer Universität in [Staat] eingeschrieben und wurde nach den im Akt vorliegenden Unterlagen am auch die Studiengebühr bezahlt. Im Mail vom gab die Beschwerdeführerin an, dass ihr Sohn den Schulabschluss 2009 in [Land] gemacht habe ab August 2010 und auch noch aktuell in [Staat] studiere.
Vorgelegt wurde ein Versicherungsdatenauszug, welchem zu entnehmen ist, dass der Sohn im Zeitraum vom bis in einem in Österreich sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnis gestanden ist und sich am 14./ den ärztlichen und psychologischen Untersuchungen für die Eignung zum Wehrdienst unterzogen hat. Weiters liegt eine Bestätigung des AMS vor, nach welcher der Sohn in der Zeit ab bis als Arbeit suchend vorgemerkt war.
Die Beschwerdeführerin war nach dem Sozialversicherungsdatenauszug bis Juni 2008 in einem Dienstverhältnis in Österreich tätig. Danach bezog sie bis Oktober 2008 und dann wieder ab Juni 2009 Arbeitslosengeld. Ab Juli 2009 bis Oktober 2009 stand sie neuerlich in einem Dienstverhältnis und bezog sodann bis Ende November 2009, in den Monaten September bis November 2010 und Ende Jänner bis Ende Feber 2011 Notstandshilfe. Im Mail vom gab sie an, seit zwei Jahren auf einer "kleinen abgelegenen Fischerinsel" in [Staat] zu arbeiten. Im Vorlageantrag stellt sie die Behauptung auf, sie habe in der Zeit von Juli 2008 bis Oktober 2009 die Betreuung des dreijährigen Sohnes ihres Lebensgefährten übernommen und den Haushalt geführt.
4) Würdigung:
Im vorliegenden Fall hat das Finanzamt in der Berufungs- (nunmehr: Beschwerde-)vorentscheidung der Beschwerde bereits insoweit Folge gegeben, als die Rückforderung für den Zeitraum August 2006 bis August 2007 nicht mehr aufrecht erhalten wurde. Das Bundesfinanzgericht folgt in diesem Erkenntnis der vom Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung vertretenen Rechtsansicht.
Für die verbleibenden strittigen Rückforderungsbeträge gilt:
Nach § 5 Abs 3 FLAG 1967 besteht für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Aus der ständigen Rechtsprechung ergibt sich, dass der ständige Aufenthalt im Sinne des § 5 Abs 3 FLAG unter den Gesichtspunkten des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs 2 BAO zu beurteilen (vgl etwa , mwN, , sowie Nowotny in Csaszar/Lenneis/Wanke, Familienlastenausgleichsgesetz, Rz 9 zweiter Absatz zu § 5).
Die Frage des ständigen Aufenthaltes iSd § 5 Abs. 3 FLAG ist nicht nach subjektiven Gesichtspunkten, sondern nach den objektiven Kriterien der grundsätzlichen körperlichen Anwesenheit zu beantworten (vgl. das erwähnte hg. Erkenntnis vom , mwN, sowie Nowotny, aaO, Rz 9 erster Absatz zu § 5). Auf eine allfällige Absicht des Kindes, nach dem Auslandsjahr nach Österreich zurückzukehren, kommt es demnach nicht an.
Ein Aufenthalt ist nicht schon dann vorübergehend im Sinne der Rechtsprechung zu § 5 Abs 3 FLAG, wenn er zeitlich begrenzt ist (vgl ), weshalb auch bei der im Zuge der vorzunehmenden ex-ante Betrachtung eines Auslandsaufenthaltes die auch nach objektiven Gesichtspunkten als annähernd gewiss anzunehmende Rückkehr nach Österreich etwa nach einem Austauschjahr nicht entscheidend ist.
Lassen objektive Gesichtspunkte erkennen, dass ein Aufenthalt nicht nur vorübergehend währen wird, dann liegt schon ab dem Vorliegen dieser Umstände, allenfalls ab Beginn des Aufenthaltes, ein ständiger Aufenthalt vor.
Im erwähnten Erkenntnis vom hat der Verwaltungsgerichtshof bei den in jenem Beschwerdefall gegebenen Rahmenbedingungen eine Aufenthaltsdauer von fünfeinhalb Monaten im Ausland gerade noch als vorübergehenden Aufenthalt angesehen.
Unbestritten ist im vorliegenden Fall, dass sich der Sohn der Beschwerdeführerin in der Zeit bis März 2005 über Jahre im Ausland aufgehalten hat, weshalb der Ausschlussgrund des § 5 Abs 3 FLAG 1967 jedenfalls bestanden hat. Insoweit werden auch in den Vorbringen der Beschwerdeführerin keinerlei Angaben gemacht, die an den Sachverhaltsfeststellungen des Finanzamtes Zweifel erwecken könnten. Die Rückforderung der Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum Jänner bis März 2005 besteht damit jedenfalls zu Recht.
Die Einwendungen der Beschwerdeführerin konzentrieren sich auf den Rückforderungszeitraum September 2008 bis Mai 2009. Dazu steht nach den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin fest, dass der Sohn in dieser Zeit eine Schule in [Land] besuchte. Der Zeitraum von September 2008 bis Mai 2009 geht klar über eine Aufenthaltsdauer von fünfeinhalb Monaten, welche nach der Rechtsprechung gerade noch als (nur) vorübergehender Aufenthalt zu qualifizieren ist, hinaus. Dass der Aufenthalt nach den Angaben der Beschwerdeführerin lediglich der schulischen Ausbildung diente, und sich der Sohn sodann (nachgewiesen ab September 2009) wiederum einige Monate in Österreich aufgehalten hat, um danach wiederum im Ausland zu studieren, spielt dabei keine Rolle und ändert nichts daran, dass im in Rede stehenden Rückforderungszeitraum ein ständiger Aufenthalt im Ausland vorgelegen ist. Somit ist das Finanzamt für den in Rede stehenden Zeitraum zu Recht von einem ständigen Auslandsaufenthalt des Sohnes ausgegangen und wurde somit auch für diesen Zeitraum die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag von der Beschwerdeführerin zu Unrecht bezogen.
Die Pflicht, zu Unrecht bezogene Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge zurückzufordern, normieren § 26 FLAG 1967 und § 33 EStG 1988.
5) Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig (Art 133 Abs 4 B-VG), da mit dem gegenständlichen Erkenntnis keine Rechtsfrage zu lösen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Auch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab oder fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auf die in der Begründung zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes wird verwiesen.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 5 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2014:RV.3100593.2012 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at