Tiroler Kinder- und Jugendhilferecht
1. Aufl. 2022
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§ 44 Erziehungshilfen aufgrund einer gerichtlichen Verfügung
ErläutRV LGBl 2013/150, 32 (zu Abs 1)
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Diese Bestimmung stellt keine eigenständige Rechtsgrundlage für das Vorgehen gegen den Willen der Eltern oder sonstiger mit der Obsorge betrauter Personen dar, sondern enthält nur einen Hinweis für das weitere Vorgehen des Kinder- und Jugendhilfeträgers für den Fall, dass kein Einvernehmen mit den Erziehungsberechtigten erzielt werden kann. Die Bestimmung verweist auf die entsprechenden Regelungen des Zivilrechtes, nämlich das Verfahren zur Obsorgeentziehung über Antrag der Jugendwohlfahrt [Kinder- und Jugendhilfe] nach § 181 ABGB und die Obsorgeentziehung nach einer Maßnahme bei Gefahr im Verzug nach § 211 ABGB.
Bei Verfahren nach § 181 ABGB ist zu beachten, dass der Kinder- und Jugendhilfeträger nicht nur Anhörungsberechtigter im Sinn des § 106 des Außerstreitgesetzes ist, sondern eine echte (formelle) Parteistellung mit allen Parteirechten genießt. Zu einem derartigen Vorhaben wird sich die Bezirksverwaltungsbehörde in der Regel entschließen, wenn keine tragfähige Kooperation mit den Erziehungsberechtigten erzielt werden kann und das Kindeswohl gefährdet ist, jedoch die Voraussetzungen nach § 211 ABGB nicht vorliegen.