Grundfragen des Verwaltungs- und Finanzstrafverfahrens
1. Aufl. 2022
Besitzen Sie diesen Inhalt bereits,
melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.
S. 1571. Einleitung
Lange Zeit war es die vorherrschende Meinung, dass nur natürliche Personen, nicht aber juristische Personen strafrechtlich verantwortlich sein könnten. Diese gleichermaßen für das Kriminal- und das Verwaltungsstrafrecht vertretene Auffassung wurde im Wesentlichen mit dem – behauptetermaßen nur auf natürliche Personen anwendbaren – Schuldprinzip begründet.
Ungeachtet dessen sah der Gesetzgeber bereits vor dem Inkrafttreten des VbVG die Möglichkeit vor, direkt gegen ein Unternehmen bzw eine juristische Person strafgerichtlich vorzugehen; solche Regelungen fanden sich im UWG und im Kartellrecht, wobei Letzteres nach wie vor gilt.
Den Anlass für ein Umdenken im Hinblick auf die Strafbarkeit juristischer Personen gaben einerseits zahlreiche Rechtsakte der EU, andererseits völkerrechtliche Verpflichtungen. Dies führte zur Erlassung des VbVG, das seither in den wesentlichen Grundzügen unverändert gilt. Das VbVG sieht eine Verantwortlichkeit von Verbänden für gerichtliche Straftaten vor, wenn Personen, die für den Verband handeln, im Rahmen ihrer Tätigkeit für den Verband eine Straftat begangen haben.
Die erwähnten Rechtsakte der EU verpflichten die Mitgliedstaaten zur Einführung „wirksamer, an...