VwGH 18.09.2023, Ra 2023/10/0011
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger sowie den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Prendinger, über die Revision des Magistrats der Stadt Wien gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom , Zl. VGW-101/092/12863/2022-5, betreffend Mitteilung von Umweltinformationen (mitbeteiligte Partei: Verein B in W, vertreten durch Dr. Susanne Heger und Dr. Martin Ulrich Fischer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Eßlinggasse 17/9), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird in seinem Spruchpunkt I., soweit damit die Mitteilung der jeweiligen Grundstücksadresse aufgetragen wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im Übrigen wird die Revision als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen, im Beschwerdeverfahren ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien (im Folgenden: Verwaltungsgericht) vom wurde - in teilweiser Abänderung eines Bescheides des Magistrats der Stadt Wien (des nunmehrigen Amtsrevisionswerbers) vom - ausgesprochen, dass der Amtsrevisionswerber der mitbeteiligten Partei Umweltinformationen gemäß dem Wiener Umweltinformationsgesetz (Wr. UIG) über die im Zeitraum von bis (Kalenderwoche 25 bis einschließlich Kalenderwoche 34) eingeleiteten Verfahren zur Entfernung von Bäumen nach § 4 Wiener Baumschutzgesetz betreffend Liegenschaften im 17. Wiener Gemeindebezirk mitzuteilen habe. Es sei anzugeben, welche Verfahren Bäume auf öffentlichen Verkehrsflächen beträfen und für jedes der eingeleiteten Verfahren seien weitere Informationen (Grundstücksadresse; Anzahl der Bäume, für welche eine Genehmigung zur Baumentfernung beantragt worden sei; je Baum jeweils: Nummer des Baumes; Baumart; Stammumfang in Zentimeter; Entfernungsgrund; ergänzende Begründung [soweit im Antrag angegeben]; Angaben zur Ersatzpflanzung) mitzuteilen (Spruchpunkt I.). Weiters wurde ausgesprochen, dass gemäß § 25a Abs. 1 VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei (Spruchpunkt II.).
2 Begründend führte das Verwaltungsgericht nach Wiedergabe des Verfahrensganges - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - aus, es erscheine nicht zweifelhaft, dass das Entfernen von Bäumen als „Tätigkeit“ iSd § 2 Z 3 Wr. UIG anzusehen sei, die sich auf die in Z 1 und Z 2 des § 2 Wr. UIG genannten Umweltbestandteile und Umweltfaktoren auswirke. Auch beabsichtigte (beantragte) Baumentfernungen stellten derartige Umweltinformationen dar (Verweis auf ). Der Mitteilung dieser Umweltinformationen stehe auch nicht - wie vom Amtsrevisionswerber angenommen - die Mitteilungsschranke des § 6 Abs. 1 Z 4 Wr. UIG entgegen. Die begehrten Informationen bezögen sich nicht auf gerade vervollständigt werdendes Material, auf noch nicht abgeschlossene Schriftstücke oder auf noch nicht aufbereitete Daten. Der Amtsrevisionswerber scheine dem Irrtum zu unterliegen, die mitbeteiligte Partei begehre Informationen über bewilligte oder allenfalls zu bewilligende Baumentfernungen. Informationen während eines anhängigen Verfahrens zur Frage, ob der verfahrenseinleitende Antrag bewilligt werde, wären in der Tat von der genannten Mitteilungsschranke erfasst. Derartige Informationen begehre die mitbeteiligte Partei aber nicht.
3 Die in Spruchpunkt I. formulierte Anfrage betreffe Umweltinformationen und sei schlicht mit der konkreten Zahl zu beantworten. Öffentliche Verkehrsflächen seien von jedermann gleich nutzbar, sodass Baumentfernungen die Interessen dieser Benützer berühren könnten. Auch die Frage nach der Anzahl der Bäume auf öffentlichen Verkehrsflächen betreffenden Verfahren sei mit einer konkreten Zahl zu beantworten. Die Pflicht des Amtsrevisionswerbers zur Mitteilung der Informationen bestehe nur insoweit, als diese Umweltinformationen bei ihm vorhanden seien oder für ihn bereitgehalten würden; er habe keine Ermittlungsschritte zu setzen, um zu jenen Umweltinformationen zu gelangen, deren Mitteilung begehrt werde. Entgegen der Ansicht des Amtsrevisionswerbers könne die Mitteilung der Liegenschaftsadresse, auf die sich das Entfernungsansuchen beziehe, nicht aus Datenschutzgründen verweigert werden, da „die Liegenschaftsadresse an sich kein personenbezogenes Datum“ sei. Die vom Amtsrevisionswerber angesprochene Möglichkeit, Identität und Wohnadresse des Grundstückseigentümers durch Einsichtnahme im Grundbuch festzustellen, bestehe unabhängig von der begehrten Umweltinformation.
4 Den Ausspruch nach § 25a Abs. 1 VwGG begründete das Verwaltungsgericht damit, dass keine Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen gewesen sei, der grundsätzliche Bedeutung zukomme. Weder weiche die gegenständlichen Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehle es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Auch sei diese Rechtsprechung nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision des Magistrats der Stadt Wien.
6 Das Verwaltungsgericht legte die Verfahrensakten vor.
7 Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
8 Der vorliegende Fall gleicht im Hinblick auf die Entscheidungsbegründung durch das Verwaltungsgericht und das zur Zulässigkeit der Revision erstattete Vorbringen in den entscheidungswesentlichen Punkten sowohl in sachverhaltsmäßiger wie auch in rechtlicher Hinsicht jenem Fall, der dem hg. Erkenntnis vom , Zl. Ra 2022/10/0063, zugrunde lag, auf dessen Begründung daher gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird.
9 Soweit im vorliegenden Fall darüber hinaus die Bekanntgabe der Bäume auf öffentlichen Verkehrsflächen betreffenden Anzahl an Verfahren angeordnet wurde, handelt es sich dabei - entgegen der Auffassung des Amtsrevisionswerbers - ebenfalls um eine Umweltinformation (vgl. zur weiten Auslegung dieses Begriffes wiederum Ra 2022/10/0063, Rn 13f).
10 In Bezug auf den aufhebenden Teil des Spruches ist aus dem Erkenntnis vom hervorzuheben, dass es sich bei der Mitteilung der Grundstücksadressen in Bezug auf beantragte Baumfällungen nach § 4 Wiener Baumschutzgesetz um personenbezogene Daten im Sinne des § 6 Abs. 2 Z 3 Wr. UIG handelt, deren Mitteilung dann zu erfolgen hat, wenn die Bekanntgabe keine negativen Auswirkungen auf die Vertraulichkeit dieser personenbezogenen Daten hätte, sofern ein schutzwürdiges Interesse an der Geheimhaltung im Sinne der Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung sowie des Datenschutzgesetzes besteht. Bei Bestehen eines schutzwürdigen Interesses an der Geheimhaltung personenbezogener Daten wäre demnach gemäß § 6 Abs. 4 Wr. UIG eine Abwägung des öffentlichen Interesses an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe vorzunehmen gewesen, dies nach der zitierten Norm unter enger Auslegung des Ablehnungsgrundes nach § 6 Abs. 2 Z 3 Wr. UIG.
11 Das angefochtene Erkenntnis war daher in seinem Spruchpunkt I., soweit damit die Mitteilung der jeweiligen Grundstücksadresse aufgetragen wurde, gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
12 Im Übrigen war die Revision - ebenfalls aus den im Erkenntnis vom , Ra 2022/10/0063, genannten Gründen - gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023100011.L00 |
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