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VwGH vom 17.03.2023, Ra 2023/09/0008

VwGH vom 17.03.2023, Ra 2023/09/0008

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, Hofrat Mag. Feiel sowie Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentliche Revision des A B in C, vertreten durch Dr. Benno Wageneder, Rechtsanwalt in 4910 Ried im Innkreis, Promenade 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom , 405-7/1189/1/9-2022, betreffend Übertretungen des AuslBG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

11. Mit Straferkenntnis der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde vom wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, er habe es als unbeschränkt haftender Gesellschafter der Firma X KG und somit als nach außen vertretungsbefugtes Organ zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin acht namentlich genannte irakische Staatsangehörige seit den jeweils angeführten Zeitpunkten (Spruchpunkt 1. bis 5.) bzw. in näher ausgeführten Zeiträumen (Spruchpunkt 6. bis 8.) in dem genannten Betrieb beschäftigt habe, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen erteilt oder Bestätigungen ausgestellt gewesen seien. Der Revisionswerber habe dadurch jeweils „§ 9 Abs 1 VStG iVm §§ 28 Abs 1 Z 1 lit. a und 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 2 lit e und Abs 3 lit c AuslBG idgF“ verletzt, weshalb über ihn gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) acht Geldstrafen von je € 2.000,-- (für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von je 72 Stunden) verhängt wurden. Die belangte Behörde schrieb dem Revisionswerber überdies einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor.

22.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Salzburg (Verwaltungsgericht) der vom Revisionswerber erhobenen Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung teilweise Folge und bestätigte den Spruch des Straferkenntnisses mit den Maßgaben der Konkretisierung der Tatzeiten betreffend „Tatvorwurf Z 1. bis 5.“ sowie der Ergänzung der verletzten Verwaltungsvorschriften und der Strafsanktionsnorm um ihre Fundstellen. Weiters setzte das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die Spruchpunkte 6. bis 8. des Straferkenntnisses einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens fest und erklärte eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

32.2. Das Verwaltungsgericht stellte zusammengefasst fest, der Revisionswerber sei unbeschränkt haftender Gesellschafter der X KG mit Sitz in Österreich. Dieses Unternehmen übe u.a. das Bäckergewerbe aus. Es habe im Jänner 2020 mit der in Österreich ansässigen X GmbH einen Vertrag über die Erbringung von nicht näher festgelegten „Servicedienstleistungen“ abgeschlossen. In der Folge habe die X GmbH Personal „(bei den meisten Personen handelte es sich um subsidiär schutzberechtigte Ausländer)“ für verschiedene Hilfstätigkeiten in einen der Adresse nach umschriebenen Produktionsbetrieb der Auftraggeberin entsandt. Fünf Arbeiter seien anlässlich der Kontrolle der Finanzpolizei am angetroffen worden; die Daten der übrigen drei im Jahr 2021 illegal beschäftigen Personen ergäben sich aus den anlässlich der Kontrolle zur Verfügung gestellten Unterlagen. Die einzelnen Arbeiter hätten Stundenlisten geführt; die Bereitstellung des Servicepersonals sei monatlich nach geleisteten Arbeitsstunden abgegolten worden. Diese Arbeiter hätten näher genannte Hilfstätigkeiten in der Backstube ausgeführt. Die Einteilung zu den Arbeiten und die Arbeitsanweisungen seien durch den Revisionswerber, dessen Gattin oder den Produktionsleiter der Backstube erfolgt.

42.3. Rechtlich folgerte das Verwaltungsgericht - soweit für die Revision von Bedeutung -, dass der objektive Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung in acht Fällen als erwiesen anzusehen sei, und verwies zur Begründung im Wesentlichen darauf, dass bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise vom Vorliegen einer Arbeitskräfteüberlassung und nicht von der Erbringung gewährleistungstauglicher Leistungen im Rahmen eines Werkvertrages auszugehen sei.

53.1. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, mit der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

63.2. Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung. Der Bundesminister für Finanzen erstattete eine Revisionsbeantwortung und führte u.a. aus, die Feststellung, bei den „meisten Personen“ handle es sich um subsidiäre Schutzberechtigte, sei aus dem Zusammenhang gerissen und beziehe sich auf allgemeine Abläufe. Die Revision sei daher abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

74.1. Die Revision erweist sich mit ihrem Vorbringen, wonach das Verwaltungsgericht vom klaren Wortlaut des Gesetzes abgewichen sei, weil subsidiär Schutzberechtigte nicht unter das AuslBG fielen, sodass ihre Beschäftigung nicht zu einer Bestrafung nach dem AuslBG führen könne, und es sich nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes zudem nur bei den „meisten Personen“ um subsidiär Schutzberechtigte gehandelt habe, sodass unklar sei, ob tatsächlich alle acht beschäftigten Iraker subsidiär schutzberechtigt gewesen seien, als zulässig und begründet.

84.2. Eingangs ist zunächst festzuhalten, dass die dem Gesetz widersprechende Beschäftigung jedes einzelnen Ausländers grundsätzlich eine eigene Verwaltungsübertretung darstellt (vgl. die Bestimmung des § 28 Abs. 1 AuslBG, die für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer eine eigene Strafdrohung vorsieht; sowie zu einer vergleichbaren Sachverhaltskonstellation , mwN). Darüber hinaus ist festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof das angefochtene Erkenntnis gemäß § 41 VwGG auf Grund des vom Verwaltungsgericht angenommenen Sachverhalts zu überprüfen hat. Sofern das Verwaltungsgericht daher unter „Sachverhalt“ feststellt, dass es sich „bei den meisten Personen [...] um subsidiäre schutzberechtigte Ausländer“ gehandelt habe, hat der Verwaltungsgerichtshof von diesem Sachverhalt auszugehen; anders als der Bundesminister für Finanzen in seiner Revisionsbeantwortung vermeint, verbleibt angesichts dieser insofern eindeutigen Feststellung für Umdeutungen kein Raum.

94.3. Während Asylwerber vom Geltungsbereich des AuslBG nicht per se ausgenommen sind (vgl. hierzu auch § 4 Abs. 1 Z 1 AuslBG sowie ), sind die Bestimmungen des AuslBG bereits nach dem eindeutigen Wortlaut des § 1 Abs. 2 lit. a AuslBG nicht auf Ausländer anzuwenden, denen der Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 AsylG 2005 oder der Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 AsylG 2005 zuerkannt wurde. Dies gilt ab dem Zeitpunkt der rechtskräftigen Zuerkennung dieses Status (vgl. ).

10Der Differenzierung, ob einem Ausländer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde oder nicht, kommt demnach für die Beurteilung der Frage, ob eine Bestrafung nach dem AuslBG zu Recht erfolgte, eine entscheidungswesentliche Bedeutung zu.

11Folglich erweist sich bereits die Vorgangsweise des Verwaltungsgerichtes angesichts seiner Feststellung, dass es sich bei „den meisten Personen“ des von der X GmbH entsandten Personals um subsidiär Schutzberechtigte gehandelt habe, den Revisionswerber dennoch mangels Vorliegen der in § 3 Abs. 1 AuslBG genannten Voraussetzungen jeweils nach dem AuslBG zu bestrafen, als rechtswidrig.

12Das Verwaltungsgericht wäre vielmehr verpflichtet gewesen, im Hinblick auf jeden einzelnen der vom Revisionswerber beschäftigten irakischen Staatsangehörigen zu klären, ob diesem im Zeitraum der Beschäftigung der Status des subsidiär Schutzberechtigten (bzw. des Asylberechtigten) im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. a AuslBG zukam (oder gegebenenfalls ein anderer Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 2 AuslBG Anwendung findet). Bei Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten vor der stattgefundenen Beschäftigung läge hinsichtlich des jeweils Beschäftigten keine Verwaltungsübertretung nach dem AuslBG vor. Bei Verneinung des Vorliegens des Status des subsidiär Schutzberechtigten wäre in der Folge jeweils zu prüfen, ob eine entsprechende arbeitsmarktrechtliche Zulassung oder Bestätigung im Sinne des § 3 Abs. 1 AuslBG vorlag, wozu jeweils entsprechende Feststellungen zu treffen sind.

134.4. Darüber hinaus ist auf Folgendes hinzuweisen:

14Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in der Begründung des Erkenntnisses eines Verwaltungsgerichtes in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Parteien ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugänglichen Weise darzutun, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen das Verwaltungsgericht zur Ansicht gelangte, dass gerade dieser Sachverhalt vorliege, und aus welchen Gründen es die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtete. Sind die einen tragenden Teil der Begründung darstellenden Ausführungen für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar und somit nicht überprüfbar, so liegt ein wesentlicher Verfahrensfehler vor, der zur Aufhebung der Entscheidung führt (vgl. , mwN).

15Das Verwaltungsgericht verwies im Rahmen seiner Beweiswürdigung (soweit diese nicht nur die Frage betraf, ob jeweils eine Arbeitskräfteüberlassung vorliege) ohne nähere Auseinandersetzung bloß pauschal auf die „Ersterhebungen der Finanzpolizei, der dazu vom [Revisionswerber] oder den befragten Ausländern angegebenen Umstände, welche in der betroffenen Niederschrift bzw den betreffenden Personalblättern und den Kontrollblättern vom festgehalten waren“ sowie darauf, dass „[g]egenteilige Behauptungen [...] jedenfalls nicht in konkret überprüfbarer Weise aufgestellt“ worden seien.

16Abgesehen davon, dass die bloße Aufzählung aufgenommener Beweise eine nähere beweiswürdigende Auseinandersetzung mit diesen nicht zu ersetzen vermag (vgl. , mwN), vermögen die angeführten Erhebungen die Feststellung des Verwaltungsgerichtes, den (meisten) vom Revisionswerber beschäftigten Personen sei der Status des subsidiär Schutzberechtigten zugekommen, nicht zu tragen, weil - wie bereits ausgeführt - für jeden Ausländer konkret zu überprüfen ist, welcher Status oder Aufenthaltstitel ihm aufgrund welcher Beweismittel zukommt. Eine solche Vorgangsweise ist dem angefochtenen Erkenntnis jedoch nicht zu entnehmen.

17Es liegt daher hinsichtlich dieser Feststellung keine schlüssige und nachvollziehbare Beweiswürdigung vor, die einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich wäre (vgl.  sowie ).

184.5. Das angefochtene Erkenntnis war sohin wegen prävalierender Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

194.6. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023090008.L00

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