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VwGH vom 02.02.2023, Ra 2020/13/0013

VwGH vom 02.02.2023, Ra 2020/13/0013

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr.in Lachmayer und den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision der B M in B, vertreten durch die Doshi & Partner Rechtsanwälte OG in 6800 Feldkirch, Vorstadt 18, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/1100888/2015, betreffend Antrag auf Erstattung der Einmalzahlung nach Art. 14 Abs. 3 des Steuerabkommens mit Liechtenstein, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1Mit Schreiben vom stellte die Revisionswerberin den Antrag auf Rückerstattung der gemäß Art. 8 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über die Zusammenarbeit im Bereich der Steuern, BGBl. III Nr. 301/2013 (Steuerabkommen), von ihrem Konto bei einer liechtensteinischen Bank einbehaltenen Einmalzahlung. Sie habe ihren Wohnsitz seit über 10 Jahren in Österreich und sei in dieser Zeit in Liechtenstein als Lehrerin tätig gewesen. Da das Guthaben auf ihrem liechtensteinischen Konto - abgesehen von Guthabenszinsen in geringfügiger Höhe - ausschließlich aus ihren in Liechtenstein versteuerten Lohneinkünften stamme, sei die Einbehaltung der Einmalzahlung ohne rechtlichen Grund erfolgt.

2Nach Ergehen eines Delegierungsbescheides des Bundesministers für Finanzen gemäß § 3 AVOG 2010 (idF BGBl. I Nr. 14/2013) wies das als zuständig bestimmte Finanzamt (belangte Behörde) den Antrag der Revisionswerberin ab. Begründend führte es aus, Art. 14 Abs. 3 des Steuerabkommens sehe eine Erstattung der Einmalzahlung lediglich dann vor, wenn diese ohne rechtlichen Grund erfolgt sei. Im vorliegenden Fall seien nicht sämtliche Kapitaleinkünfte fristgerecht offengelegt worden und diese Einkünfte würden teilweise der Abgeltungswirkung des Steuerabkommens unterliegen, womit eine Erstattung nicht erfolgen könne.

3Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der Revisionswerberin wurde von der belangten Behörde mit Beschwerdevorentscheidung abgewiesen. Die Revisionswerberin stellte einen Vorlageantrag.

4Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde der Revisionswerberin als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5Nach Wiedergabe des Verfahrensganges stellte das Bundesfinanzgericht fest, die im Inland ansässige Revisionswerberin habe als Kontoinhaberin und Nutzungsberechtigte in Liechtenstein ein Konto bei einer liechtensteinischen Bank unterhalten. Auf dieses Konto seien ihre Lohneinkünfte aus ihrer in Liechtenstein ausgeübten Tätigkeit als Lehrerin überwiesen worden. In den Jahren 2004 bis 2013 seien auch Guthabenszinsen in näher angeführter Höhe gutgeschrieben worden.

6Die Revisionswerberin habe ihre Lohneinkünfte und die gutgeschriebenen Guthabenszinsen in Österreich nicht zur Einkommensteuer erklärt.

7Trotz fristgerechter Information über das Steuerabkommen habe es die Revisionswerberin bis zum hinsichtlich der Vergangenheit (Zeiträume vor dem ) verabsäumt, gegenüber ihrer liechtensteinischen Bank mitzuteilen, für welche der beiden Methoden (Einmalzahlung gemäß Art. 8 oder freiwillige Meldung gemäß Art. 10 des Steuerabkommens) zur Nachversteuerung von Vermögenswerten bzw. Kapitalerträgen, die in Österreich zu besteuern gewesen und unversteuert auf dem liechtensteinischen Bankkonto gelegen seien, sie sich entscheide. In Ermangelung einer solchen Erklärung habe die liechtensteinische Bank die anonyme Abgeltung durch Einmalzahlung vorgenommen und einen aufgrund der im Steuerabkommen definierten Formel berechneten pauschalen Steuerbetrag vom Konto der Revisionswerberin eingezogen.

8In rechtlicher Hinsicht führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, die Revisionswerberin sei verpflichtet gewesen, die von der liechtensteinischen Bank gutgeschriebenen Guthabenszinsen, für die Österreich nach Art. 11 Abs. 1 des Doppelbesteuerungsabkommens mit Liechtenstein das Besteuerungsrecht zukomme, ab Überschreiten der Freigrenze von 22 € - was in den Jahren 2010 bis 2013 der Fall gewesen sei - der österreichischen Einkommensbesteuerung zu unterziehen.

9Die Ansicht der Revisionswerberin, wonach die Erhebung der Einmalzahlung mangels gegebener Steuererklärungspflicht - angesichts der äußerst geringfügigen Steuerwirkung unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - ohne rechtlichen Grund bezahlt worden sei, werde somit nicht geteilt.

10Nach Art. 14 Abs. 3 des Steuerabkommens bestehe ein Anspruch auf Erstattung der Einmalzahlung gegenüber der zuständigen österreichischen Behörde, wenn die Einmalzahlung ohne rechtlichen Grund bezahlt worden sei.

11Nachdem außer Streit stehe, dass die Revisionswerberin eine Ermächtigung zur freiwilligen Meldung nach Art. 10 des Steuerabkommens nicht erteilt habe, sei die liechtensteinische Bank verpflichtet gewesen, die Einmalzahlung gemäß Art. 8 des Steuerabkommens zu erheben. Aus welchen Gründen diese Ermächtigung nicht erteilt worden sei, sei nach dem Steuerabkommen nicht maßgeblich. Ebenso stelle das Steuerabkommen nicht darauf ab, ob das Vermögen auf den erfassten Konten tatsächlich aus versteuerten oder nicht versteuerten Einkünften („Schwarzgeld“) stamme bzw. die Offenlegung der Zinserträge absichtlich oder nur versehentlich unterblieben sei. Für Fälle, in denen keine unversteuerten Vermögenswerte vorgelegen bzw. nur geringfügige Zinserträge erzielt worden seien, sehe das Steuerabkommen die Möglichkeit der freiwilligen Meldung vor.

12Aus dem Text des Steuerabkommens gehe nicht hervor, in welchen Fällen anzunehmen sei, dass die Einmalzahlung ohne rechtlichen Grund bezahlt worden sei. Nach den Materialien zum Steuerabkommen liege eine derartige grundlose Einmalzahlung beispielsweise dann vor, wenn sich nachträglich herausstelle, dass die betroffene Person zum relevanten Zeitpunkt nicht in Österreich ansässig gewesen sei. Darüber hinaus sehe eine Information des Bundesministeriums für Finanzen weitere Fälle vor, beispielsweise wenn der Einmalzahlungsbetrag aufgrund eines Rechenfehlers in unrichtiger Höhe entrichtet worden sei oder Österreich an den Vermögenswerten kein Besteuerungsrecht habe ausüben können. Diese Konstellationen seien im vorliegenden Fall nicht gegeben, womit die Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 3 des Steuerabkommens nicht erfüllt seien.

13Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Einleitung des Vorverfahrens - die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung - erwogen hat:

14Die Revisionswerberin begründet die Zulässigkeit der Revision mit der fehlenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, wann eine Einmalzahlung iSd Art. 14 Abs. 3 des Steuerabkommens ohne rechtlichen Grund erfolgt sei.

15Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet.

16Das Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über die Zusammenarbeit im Bereich der Steuern samt Schlussakte einschließlich der dieser beigefügten Erklärungen, BGBl. III Nr. 301/2013 (Steuerabkommen), regelt in seinem 2. Teil die Nachversteuerung bzw. Legalisierung (vgl. ErlRV 2151 BlgNR 24. GP 8) von - bis zum Inkrafttreten des Steuerabkommens - unversteuerten Vermögenswerten u.a. auf Konten und Depots liechtensteinischer Banken (Art. 2 Abs. 1 lit. e Z i iVm lit. f Z i des Steuerabkommens). Die Nachversteuerung kann entweder durch Vornahme einer Einmalzahlung gemäß Art. 8 des Steuerabkommens oder durch eine freiwillige Meldung - personen- und vermögensbezogener Informationen an die zuständige österreichische Behörde - gemäß Art. 10 des Steuerabkommens erfolgen.

17Nach Art. 4 Abs. 1 des Steuerabkommens informieren die liechtensteinischen Banken die Konto- und Depotinhaber bis spätestens zwei Monate nach dem Inkrafttreten des Steuerabkommens über dessen Inhalt und die daraus resultierenden Rechte und Pflichten.

18Gemäß Art. 5 Abs. 1 des Steuerabkommens muss eine betroffene Person - die zu bestimmten Stichtagen ein Konto oder Depot bei derselben liechtensteinischen Bank unterhält - der liechtensteinischen Bank spätestens per Stichtag 3 (iSd Art. 2 Abs. 1 lit. k des Steuerabkommens, also per ) schriftlich mitteilen, für welche der beim Inkrafttreten dieses Abkommens bestehenden Konten oder Depots die Nachversteuerung durch Einmalzahlung nach Art. 8 des Steuerabkommens erfolgen soll und für welche Konten oder Depots sie die Ermächtigung zur freiwilligen Meldung nach Art. 10 des Steuerabkommens gewährt. Gemäß Art. 5 Abs. 1 letzter Satz des Steuerabkommens ist eine abgegebene Mitteilung ab Inkrafttreten des Steuerabkommens unwiderruflich.

19Betroffene Personen sind gemäß Art. 2 Abs. 1 lit. h Z i des Steuerabkommens in Österreich ansässige natürliche Personen, die als Vertragspartner einer liechtensteinischen Bank Konto- oder Depotinhaber sowie nutzungsberechtigte Personen hinsichtlich der entsprechenden Vermögenswerte sind.

20Nach Art. 5 Abs. 3 des Steuerabkommens erfolgt bei Konten oder Depots, bei denen die betroffene Person bis zum Stichtag 3 keine Mitteilung nach Art. 5 Abs. 1 des Steuerabkommens abgibt, die Nachversteuerung durch Einmalzahlung nach Art. 8 des Steuerabkommens. In Art. 10 Abs. 1 des Steuerabkommens ist korrespondierend vorgesehen, dass die Erhebung der Einmalzahlung nach Art. 8 des Steuerabkommens entfällt, wenn die betroffene Person die liechtensteinische Bank spätestens per Stichtag 3 schriftlich ermächtigt, die - näher geregelte - freiwillige Meldung an die zuständige österreichische Behörde zu erstatten.

21Gemäß Art. 8 des Steuerabkommens erheben u.a. liechtensteinische Banken per Stichtag 3 eine - näher geregelte - Einmalzahlung auf den bei ihnen verbuchten Vermögenswerten der betroffenen Person.

22Art. 14 Abs. 3 des Steuerabkommens räumt der betroffenen Person einen Anspruch auf Erstattung der Einmalzahlung gegenüber der zuständigen österreichischen Behörde ein, wenn diese ohne rechtlichen Grund bezahlt worden ist.

23Nähere Regelungen zur Frage, wann die Einmalzahlung als „ohne rechtlichen Grund bezahlt“ anzusehen ist, enthält das Steuerabkommen nicht. Nach den Materialien zum Steuerabkommen erfolgt die Einmalzahlung beispielsweise dann „grundlos“, wenn sich nachträglich herausstellt, dass die betroffene Person zum relevanten Zeitpunkt nicht in Österreich ansässig war (vgl. ErlRV 2151 BlgNR 24. GP 15). Nach den liechtensteinischen Materialien zum Steuerabkommen ist die Einmalzahlung beispielsweise dann „zu Unrecht“ erhoben worden, wenn die betroffene Person fälschlicherweise in den Unterlagen der Bank als in Österreich ansässig aufgeführt ist oder wenn eine betroffene Person die freiwillige Meldung gewählt hat und dies gegenüber der Zahlstelle auch so kommuniziert hat (siehe Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein Nr. 40/2013, Seite 42).

24Mit diesen Aussagen in den Materialien zum Steuerabkommen wird daher - aus Sicht beider Vertragsstaaten - zum Ausdruck gebracht, dass ein fehlender rechtlicher Grund für die Vornahme der Einmalzahlung nur dann gegeben ist, wenn die Bestimmungen des Steuerabkommens nicht eingehalten worden sind, somit, wenn die im Steuerabkommen geregelten Tatbestandsvoraussetzungen für die Vornahme der Einmalzahlung nicht erfüllt waren (ebenso ). Hinweise darauf, dass - wie von der Revisionswerberin vertreten - Umstände, die im Steuerabkommen keine Regelung erfahren, wie etwa die konkreten steuerlichen Verhältnisse der betroffenen Person - etwa ob bis zum Inkrafttreten des Steuerabkommens Einkünfte in einer bestimmten Höhe erzielt worden sind, die trotz Steuerpflicht in Österreich tatsächlich nicht besteuert wurden oder das Verhältnis der Einmalzahlung zum konkret geschuldeten Abgabenbetrag (bei tatsächlicher Veranlagung) - in diesem Zusammenhang relevant sein sollen (siehe hingegen zur Bezugnahme auf individuelle steuerliche Verhältnisse die Definition der Vermögenswerte in Art. 2 Abs. 1 lit. f Z ii des Steuerabkommens), sind weder den Materialien noch dem Steuerabkommen selbst zu entnehmen.

25Soweit die Revisionswerberin auf ergangene Informationen des Bundesministeriums für Finanzen zur Rückerstattung der Abgeltungsbeträge nach den Steuerabkommen mit der Schweiz und mit Liechtenstein und auf die in diesen Informationen vertretenen Rechtsansichten verweist, ist anzumerken, dass keine Bindung des Verwaltungsgerichtshofs an Auslegungsbehelfe der Finanzverwaltung ohne normativen Inhalt besteht (vgl. , mwN).

26Nach dem Gesagten ergibt sich, dass nach den Bestimmungen des Steuerabkommens eine abkommenskonform, somit unter Einhaltung und bei Erfüllung aller im Steuerabkommen normierten Voraussetzungen vorgenommene Einmalzahlung, nicht als „ohne rechtlichen Grund bezahlt“ angesehen werden kann. Eine nachträgliche „Korrektur“ einer derartigen Einmalzahlung - etwa im Wege der Erstattung (zur Gänze oder zum Teil) gemäß Art. 14 Abs. 3 des Steuerabkommens oder der Veranlagung der von der Abgeltungswirkung gemäß Art. 8 Abs. 6 ff des Steuerabkommens im konkreten Fall umfassten Abgaben unter Anrechnung der entrichteten Einmalzahlung - ist daher grundsätzlich nicht möglich.

27Zur Frage, ob im vorliegenden Revisionsfall die Tatbestandsvoraussetzungen für die Vornahme der Einmalzahlung erfüllt waren, wird zunächst auf die in der Revision nicht bestrittenen Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes verwiesen, wonach die Revisionswerberin fristgerecht die - in Art. 4 Abs. 1 des Steuerabkommens vorgesehene - Information über das Steuerabkommen von ihrer liechtensteinischen Bank erhalten habe. Dem ergänzenden Vorbringen in der Revision zufolge habe sie zwei Formulare, eines mit der Bezeichnung „Freiwillige Meldung für die Zukunft“ und ein weiteres mit der Bezeichnung „Freiwillige Meldung für die Vergangenheit“ erhalten.

28Diesbezüglich bringt die Revisionswerberin in der Revision erstmalig vor, nach dem Steuerabkommen sei nur eine einzige Mitteilung zu den betroffenen Konten vorgesehen, nicht hingegen gesonderte Mitteilungen für die Vergangenheit und/oder für die Zukunft. Die Übersendung zweier Formulare durch die liechtensteinische Bank sei daher nicht abkommensgemäß gewesen.

29Diese Rechtsansicht wird vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt. Das Steuerabkommen verpflichtet in Art. 4 Abs. 1 des Steuerabkommens die liechtensteinischen Banken, die betroffenen Personen umfassend zu informieren. Art. 5 Abs. 1 und 3 des Steuerabkommens normieren eine Verpflichtung der betroffenen Personen zur schriftlichen Bekanntgabe der gewählten Methode der Legalisierung sowie die Folgen bei Unterlassung dieser Bekanntgabe. Beide Bestimmungen finden sich in Teil 2 des Steuerabkommens, in dem nur die Nachversteuerung für die Vergangenheit - somit für Zeiträume vor dem Inkrafttreten des Steuerabkommens - geregelt ist. In Teil 3 des Steuerabkommens finden sich für Zeiträume nach dem Inkrafttreten des Steuerabkommens Bestimmungen über die laufende Erhebung einer Quellensteuer (Art. 18 des Steuerabkommens) oder die alternativ (wahlweise) abzugebende freiwillige Meldung (Art. 21 des Steuerabkommens).

30Weder in den genannten Bestimmungen noch an anderer Stelle regelt das Steuerabkommen, auf welche Art und Weise die liechtensteinischen Banken die betroffenen Personen zu informieren haben und in welcher Form - abgesehen vom ausdrücklich vorgesehenen Schriftlichkeitserfordernis in Art. 5 Abs. 1 des Steuerabkommens - die betroffenen Personen die Mitteilungen über die Legalisierungsmethode für die Vergangenheit bzw. über die Vorgehensweise für die zukünftig erzielten Kapitalerträge abzugeben haben. Nach dem Steuerabkommen besteht insbesondere auch keine Verpflichtung der liechtensteinischen Banken, den betroffenen Personen Formulare zu übermitteln, mittels derer sie die genannten Wahlmöglichkeiten bekannt geben können. Dass die Verwendung bestimmter Formulare gemäß Art. 24 Abs. 2 des liechtensteinischen Gesetzes zum Abkommen zwischen Liechtenstein und Österreich über die Zusammenarbeit im Bereich der Steuern (AStA-Gesetz), LGBl. Nr. 434/2013, vorgeschrieben gewesen wäre, wird in der Revision nicht behauptet. Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin widerspricht somit die Versendung zweier gesonderte Formulare „für die Zukunft“ und „für die Vergangenheit“ nicht den Regelungen des Steuerabkommens.

31Hinsichtlich der Bekanntgabe hat das Bundesfinanzgericht - was in der Revision ebenfalls nicht bestritten wird - festgestellt, die Revisionswerberin habe nur das Formular „Freiwillige Meldung für die Zukunft“ an die liechtensteinische Bank retourniert. Damit habe sie es verabsäumt, der liechtensteinischen Bank - durch Retournierung des weiteren Formulars „Freiwillige Meldung für die Vergangenheit“ - gemäß Art. 5 Abs. 1 des Steuerabkommens fristgerecht bekanntzugeben, für welche der beiden im Steuerabkommen vorgesehenen Methoden der Legalisierung sie sich entscheide. In Ermangelung dieser Erklärung habe die liechtensteinische Bank - wie in Art. 5 Abs. 3 des Steuerabkommens vorgesehen - die Nachversteuerung durch Einmalzahlung nach Art. 8 des Steuerabkommens vorgenommen.

32Zu den näheren Umständen der unterlassenen Bekanntgabe der Methode der Legalisierung für die Vergangenheit gegenüber der liechtensteinischen Bank brachte die Revisionswerberin im Verfahren Widersprüchliches vor. Im verfahrenseinleitenden Antrag auf Rückerstattung gab sie an, die Informationen der liechtensteinischen Bank seien für einen juristischen Laien wie sie „einigermaßen unübersichtlich und unverständlich“. Mit der Retournierung des ausgefüllten Formulars „Freiwillige Meldung für die Zukunft“ sei sie davon ausgegangen, dass die Erklärung auch für die Vergangenheit gelte, jedenfalls sei diese Erklärung so gemeint gewesen. In der Beschwerde - sowie im Vorlageantrag - brachte sie hingegen vor, sie habe nicht darauf geachtet, dass sie die „freiwillige Meldung“ auch für die Vergangenheit ausdrücklich hätte treffen müssen; aufgrund ihrer „vergessenen Wahl“ der freiwilligen Meldung für die Vergangenheit sei die Einmalzahlung vorgenommen worden.

33In der Revision wird erstmalig vorgebracht, die abgegebene Meldung für die Zukunft habe von der liechtensteinischen Bank durchaus gesamthaft verstanden werden können, somit nicht nur für die Zukunft, sondern als „Gesamt-Ermächtigung“ zur freiwilligen Meldung nach Art. 10 des Steuerabkommens, sodass die Erhebung der Einmalzahlung grundlos erfolgt sei.

34Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses aufgezeigt.

35In Art. 8 Abs. 3 letzter Satz des Steuerabkommens ist geregelt, dass die betroffene Person gegen die durch die liechtensteinischen Zahlstellen erstellte Bescheinigung - über die erhobene Einmalzahlung - innerhalb von 30 Tagen nach deren Zustellung Einspruch erheben kann, andernfalls diese als genehmigt gilt. Das Steuerabkommen selbst sieht daher eigene Rechtsschutzmöglichkeiten für Einwendungen betreffend Erklärungen vor. Auf diese Rechtsschutzmöglichkeiten wurde die Revisionswerberin auch in der ihr zugestellten Bescheinigung hingewiesen. Art. 5 Abs. 6 und 7 AStA-Gesetz treffen dazu nähere Regelungen (vgl. dazu auch Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein Nr. 62/2013, Seite 25 f).

36Nach Art. 5 Abs. 6 AStA-Gesetz kann die betroffene Person innerhalb von 30 Tagen ab Zustellung gegenüber der Zahlstelle schriftlich erklären, dass sie mit deren Bescheinigung der Einmalzahlung nicht einverstanden ist (Widerspruchserklärung). Die Zahlstelle bemüht sich in Folge mit der betroffenen Person um eine einvernehmliche Lösung in Übereinstimmung mit dem Abkommen und hat innerhalb von 60 Tagen ab Zustellung der Widerspruchserklärung eine neue Bescheinigung zu erstellen oder die Gültigkeit der ersten Bescheinigung zu bestätigen.

37Nach Art. 5 Abs. 7 AStA-Gesetz gilt die alte oder neu erstellte Bescheinigung als genehmigt, wenn die betroffene Person nicht innerhalb von 30 Tagen ab Zustellung der neuen Bescheinigung oder der Bestätigung der Gültigkeit der ersten Bescheinigung bei der Steuerverwaltung schriftlich den Erlass einer Verfügung beantragt. Diese unterliegt der Beschwerde nach Art. 117 und 118 des liechtensteinischen Steuergesetzes (SteG).

38Der Revisionswerberin wäre nach diesen Bestimmungen die Möglichkeit der Einleitung eines Verwaltungsverfahrens offen gestanden. Im Rahmen dieses - nach liechtensteinischem Recht durchzuführenden - Verfahrens hätte auch geklärt werden können, wie die von ihr abgegebene Erklärung unter Einbeziehung des „Erklärungsempfängers“ zu beurteilen ist, sowie allenfalls ob die Versäumung der in Art. 5 Abs. 1 des Steuerabkommens normierten Frist einer Wiedereinsetzung zugänglich ist (vgl. Art. 51 und 104 des liechtensteinischen Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltungspflege - LVG). Dass sie nach (wie in der Revision angegeben) erfolgter Beeinspruchung der ihr übermittelten Bescheinigung über die Einmalzahlung vom diesen Rechtsweg erfolgreich beschritten, die Einmalzahlung aber dennoch nicht rückerstattet erhalten hätte, behauptet die Revisionswerberin allerdings nicht.

39Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2023:RA2020130013.L00

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