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WAG 2018 § 92. Weitere Aufsichtsmaßnahmen, BGBl. I Nr. 36/2022, gültig ab 09.04.2022

3. Hauptstück Aufsicht und sonstige Maßnahmen

2. Abschnitt Aufsichtsbefugnisse und Verfahrensvorschriften

§ 92. Weitere Aufsichtsmaßnahmen

(1) Zur Abwendung einer Gefahr für die finanziellen Belange der Kunden eines Rechtsträgers gemäß § 90 Abs. 1 Z 1 und 2 im Zusammenhang mit dessen Tätigkeit, kann die FMA bei solchen Rechtsträgern in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft (§ 3 Abs. 5 Z 1) befristete Maßnahmen durch Bescheid anordnen, die spätestens 18 Monate nach Wirksamkeitsbeginn außer Kraft treten. Die FMA kann durch Bescheid insbesondere

1. Kapital- und Gewinnentnahmen sowie Kapital- und Gewinnausschüttungen ganz oder teilweise untersagen;

2. eine fachkundige Aufsichtsperson (Regierungskommissär) bestellen, die dem Berufsstand der Rechtsanwälte oder der Wirtschaftsprüfer angehört; die Aufsichtsperson, der alle Rechte gemäß § 90 Abs. 3 zustehen, hat

a) diesem Rechtsträger alle Geschäfte zu untersagen, die geeignet sind, die obige Gefahr zu vergrößern oder

b) im Falle, dass dem Rechtsträger die Fortführung der Geschäfte ganz oder teilweise untersagt wurde, einzelne Geschäfte zu erlauben, die die obige Gefahr nicht vergrößern;

3. Geschäftsleitern des Rechtsträgers unter gleichzeitiger Verständigung des zur Bestellung der Geschäftsleiter zuständigen Organs die Führung des Unternehmens ganz oder teilweise untersagen; das zuständige Organ hat binnen eines Monats die entsprechende Anzahl von Geschäftsleitern neu zu bestellen; die Bestellung bedarf zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung der FMA, die zu versagen ist, wenn die neu bestellten Geschäftsleiter nicht geeignet scheinen, die obige Gefahr abwenden zu können;

4. die Fortführung des Geschäftsbetriebes ganz oder teilweise untersagen.

(2) Die FMA kann auf Antrag der gemäß Abs. 1 Z 2 oder Abs. 3 bestellten Aufsichtsperson (Regierungskommissär) einen Stellvertreter bestellen, wenn und solange dies aus wichtigen Gründen, insbesondere wegen vorübergehender Verhinderung der Aufsichtsperson, erforderlich ist. Für die Bestellung des Stellvertreters sowie für dessen Rechte und Pflichten finden die für die Aufsichtsperson geltenden Bestimmungen Anwendung. Die Aufsichtsperson (Regierungskommissär) kann sich mit Genehmigung der FMA zur Erfüllung ihrer Aufgaben fachlich geeigneter Personen bedienen, soweit dies nach Umfang und Schwierigkeit der Aufgaben erforderlich ist. Die Genehmigung der FMA hat diese Personen namentlich zu benennen und ist auch dem Rechtsträger zuzustellen. Diese Personen handeln auf Weisung und im Namen der Aufsichtsperson (Regierungskommissär) oder ihres Stellvertreters.

(3) Die FMA hat vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag und von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder Meldungen über geeignete Regierungskommissäre einzuholen. Ist ein Regierungskommissär nach Abs. 1 Z 2 oder ein Stellvertreter nach Abs. 2 zu bestellen und ist keine Bestellung auf Grund dieser Meldungen möglich, so hat die FMA die nach dem Sitz des Rechtsträgers zuständige Rechtsanwaltskammer oder die Kammer der Wirtschaftstreuhänder zu benachrichtigen, damit diese einen fachlich geeigneten Rechtsanwalt oder Wirtschaftsprüfer als Regierungskommissär namhaft machen. Bei Gefahr in Verzug kann die FMA

1. einen Rechtsanwalt oder

2. einen Wirtschaftstreuhänder

vorläufig als Regierungskommissär bestellen. Diese Bestellung tritt mit der Bestellung eines Rechtsanwaltes oder Wirtschaftsprüfers nach dem ersten Satz außer Kraft.

(4) Alle von der FMA gemäß Abs. 1 und 2 angeordneten Maßnahmen ruhen für die Dauer eines Geschäftsaufsichtsverfahrens.

(5) Dem Regierungskommissär ist von der FMA eine Vergütung (Funktionsgebühr) zu leisten, die in einem angemessenen Verhältnis zu der mit der Aufsicht verbundenen Arbeit und den Aufwendungen hierfür steht. Der Regierungskommissär ist zur Rechnungslegung über das jeweils vorangegangene Quartal sowie nach Beendigung seiner Tätigkeit berechtigt. Die FMA hat die Vergütung unverzüglich nach Rechnungsprüfung zu leisten.

(6) Die FMA ist zur Information der Öffentlichkeit berechtigt, von ihr getroffene Maßnahmen nach Abs. 1, 3 und 8 in einer Zeitung mit Verbreitung im gesamten Bundesgebiet oder im Internet oder durch Aushang an geeigneter Stelle in den Geschäftsräumlichkeiten des Rechtsträgers gemäß § 90 Abs. 1 Z 1 und 2 bekannt zu machen. Veröffentlichungen von Maßnahmen nach Abs. 8 in Verbindung mit § 70 Abs. 4 Z 1 BWG sind jedoch nur vorzunehmen, wenn dies nach Art und Schwere des Verstoßes zur Information der Öffentlichkeit erforderlich ist. Diese Veröffentlichungsmaßnahmen können auch kumulativ getroffen werden. Der von der Veröffentlichung Betroffene kann eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung in einem bescheidmäßig zu erledigenden Verfahren bei der FMA beantragen. Die FMA hat diesfalls die Einleitung eines solchen Verfahrens in gleicher Weise bekannt zu machen. Wird im Rahmen der Überprüfung die Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung festgestellt, so hat die FMA die Veröffentlichung richtig zu stellen oder auf Antrag des Betroffenen entweder zu widerrufen oder aus dem Internetauftritt zu entfernen. Wurde einer Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 1, 3 oder 8 in einem höchstgerichtlichen Verfahren aufschiebende Wirkung zuerkannt, so hat die FMA dies in gleicher Weise bekannt zu machen. Die Veröffentlichung ist richtig zu stellen oder auf Antrag des Betroffenen entweder zu widerrufen oder aus dem Internetauftritt zu entfernen, wenn der Bescheid aufgehoben wird.

(7) Bescheide, mit denen Geschäftsleitern die Führung eines Rechtsträgers gemäß § 90 Abs. 1 Z 1 bis 3 ganz oder teilweise untersagt wird (Abs. 1 Z 3 und Abs. 8), sind wie auch eine allfällige Aufhebung dieser Maßnahme von der FMA dem Firmenbuchgericht zur Eintragung in das Firmenbuch zu übermitteln.

(8) Verletzt ein Rechtsträger gemäß § 90 Abs. 1 Z 1 bis 3 Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, einer auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung, der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 oder, soweit anwendbar, der Verordnung (EU) Nr. 1031/2010 oder einer aufgrund dieser EU-Verordnungen oder der Richtlinie 2014/65/EU erlassenen delegierten Verordnung oder eines für die Aufsicht über Rechtsträger gemäß § 26 relevanten technischen Standards im Sinne von Art. 10 bis 15 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 oder eines aufgrund dieser Bestimmungen erlassenen Bescheides oder eines aufgrund von Art. 40 oder 41 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 erlassenen Beschlusses, so hat die FMA die in § 70 Abs. 4 Z 1 bis 3 BWG genannten Maßnahmen in Bezug auf diesen Rechtsträger zu ergreifen; soweit Wertpapierdienstleistungen aufgrund einer Legalkonzession erbracht werden, ist anstelle der Rücknahme der Konzession oder Bewilligung die Fortführung der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen aufgrund dieser Legalkonzession zu untersagen. Verletzt ein in § 90 Abs. 1 Z 4 bis 7 genannter Rechtsträger, ein Versicherungsunternehmen im Rahmen des § 2 Abs. 2 oder eine Kapitalanlagegesellschaft im Rahmen des § 2 Abs. 3 Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, einer auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung, der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 oder einer aufgrund dieser EU-Verordnung oder der Richtlinie 2014/65/EU erlassenen delegierten Verordnung oder eines für die Aufsicht über diese Rechtsträger relevanten technischen Standards im Sinne von Art. 10 bis 15 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 oder eines Bescheides, so hat die FMA die in § 70 Abs. 4 Z 1 BWG genannten Maßnahmen in Bezug auf diesen Rechtsträger zu ergreifen.

(9) Bei einer Prüfung gemäß § 90 Abs. 3 sind die Prüfungsorgane mit einem schriftlichen Prüfungsauftrag zu versehen und haben sich vor Beginn der Prüfung unaufgefordert auszuweisen sowie den Prüfungsauftrag vorzuweisen. Im Übrigen ist § 71 Abs. 1 bis 6 BWG anzuwenden.

(10) Zur Prüfung von Zweigstellen und Repräsentanzen in Mitgliedstaaten kann die FMA auch die zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaates um die Vornahme der Prüfung ersuchen, wenn dies das Verfahren vereinfacht oder beschleunigt oder wenn dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Einfachheit, Raschheit oder Kostenersparnis gelegen ist; unter diesen Voraussetzungen ist auch die Teilnahme eigener Prüfer an einer von den zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaates durchgeführten Prüfung möglich.

(11) Die FMA kann durch Kundmachung im Internet oder in einer Zeitung mit Verbreitung im gesamten Bundesgebiet die Öffentlichkeit informieren, dass eine namentlich genannte natürliche oder juristische Person zur Vornahme bestimmter Wertpapierdienstleistungsgeschäfte (§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 5) nicht berechtigt ist, sofern diese Person dazu Anlass gegeben hat und eine Information der Öffentlichkeit erforderlich und im Hinblick auf mögliche Nachteile des Betroffenen verhältnismäßig ist. Diese Veröffentlichungsmaßnahmen können auch kumulativ getroffen werden. Die Person muss in der Veröffentlichung eindeutig identifizierbar sein; zu diesem Zweck können, soweit der FMA bekannt, auch Geschäftsanschrift oder Wohnanschrift, Firmenbuchnummer, Internetadresse, Telefonnummer und Telefaxnummer angegeben werden. Der von der Veröffentlichung Betroffene kann eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung in einem bescheidmäßig zu erledigenden Verfahren bei der FMA beantragen. Die FMA hat diesfalls die Einleitung eines solchen Verfahrens in gleicher Weise bekannt zu machen. Wird im Rahmen einer Überprüfung die Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung festgestellt, so hat die FMA die Veröffentlichung richtig zu stellen oder auf Antrag des Betroffenen entweder zu widerrufen oder aus dem Internetauftritt zu entfernen.

(12) Die FMA hat auf individuelle Anfrage in angemessener Frist Auskünfte über den Konzessionsumfang von Rechtsträgern gemäß § 90 Abs. 1 Z 1 und 2 zu erteilen. Die FMA registriert sämtliche Rechtsträger und hat eine Datenbank zu führen, die Informationen über den aktuellen Umfang der bestehenden Konzessionen dieser Rechtsträger enthält, und hat über Internet eine Abfrage dieser Daten zu ermöglichen. Jede Zulassung und jeder Entzug der Zulassung ist der ESMA mitzuteilen. Die FMA hat weiters in dieser Datenbank ein Verzeichnis der Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten zu führen, die im Inland zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen im Wege der Dienstleistungsfreiheit oder über eine Zweigstelle berechtigt sind, soweit diese Tätigkeit im Inland gemäß Art. 34 oder 35 der Richtlinie 2014/65/EU notifiziert wurde.

(13) Die FMA teilt der ESMA die Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren mit, die in Österreich vorgesehen sind.

Datenquelle: RIS — https://www.ris.bka.gv.atGesamte Rechtsvorschrift (RIS)

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