2. Hauptstück Organisatorische Anforderungen
1. Abschnitt Organisation
§ 31. Produktüberwachungspflichten für Vertreiber
(1) Der Rechtsträger hat bei seiner Entscheidung über die Palette der Finanzinstrumente, die von ihm selbst oder von anderen Rechtsträgern begeben werden, und der Dienstleistungen, die er den Kunden anzubieten oder zu empfehlen beabsichtigt, die nachstehenden Anforderungen so zu erfüllen, wie es unter Berücksichtigung der Art des Finanzinstruments, der Wertpapierdienstleistung und des Zielmarkts des Produkts angemessen und verhältnismäßig ist.
(2) Ein Rechtsträger hat die in diesem Bundesgesetz festgelegten Anforderungen auch dann zu erfüllen, wenn er Finanzinstrumente anbietet oder empfiehlt, die von nicht unter die Richtlinie 2014/65/EU fallenden Unternehmen konzipiert wurden. Dabei hat der Rechtsträger über wirksame Vorkehrungen zu verfügen, um von den betreffenden Konzepteuren ausreichende Informationen gemäß § 30 Abs. 16 über die Finanzinstrumente zu erhalten. Der Rechtsträger hat den Zielmarkt für das jeweilige Finanzinstrument festzulegen, auch wenn der Zielmarkt vom Konzepteur nicht abgegrenzt wurde.
(3) Der Rechtsträger hat über angemessene Produktüberwachungsvorkehrungen zu verfügen, die sicherstellen, dass die Produkte und Dienstleistungen, die er anbieten oder empfehlen will, mit den Bedürfnissen, Merkmalen und Zielen eines bestimmten Zielmarkts vereinbar sind und dass die beabsichtigte Vertriebsstrategie dem bestimmten Zielmarkt entspricht. Der Rechtsträger hat die Situation und die Bedürfnisse der Kunden, auf die er sich konzentrieren will, zu ermitteln und in angemessener Weise zu bewerten, um sicherzustellen, dass die Interessen der Kunden nicht aufgrund kommerziellen oder finanziellen Drucks beeinträchtigt werden. Dabei bestimmt der Rechtsträger jegliche Kundengruppen, mit deren Bedürfnissen, Merkmalen und Zielen das Finanzinstrument oder die Dienstleistung nicht vereinbar ist.
(4) Der Rechtsträger hat von Konzepteuren, die unter die Richtlinie 2014/65/EU fallen, Informationen zu erhalten, um das erforderliche Verständnis und Wissen in Bezug auf die Produkte zu erlangen, die er empfehlen oder verkaufen will, damit sichergestellt ist, dass diese Produkte entsprechend den Bedürfnissen, Merkmalen und Zielen des bestimmten Zielmarkts vertrieben werden.
(5) Der Rechtsträger hat alle zumutbaren Schritte zu unternehmen, um zu gewährleisten, dass er auch von Konzepteuren, die nicht unter die Richtlinie 2014/65/EU fallen, ausreichende und zuverlässige Informationen erhält, damit sichergestellt ist, dass die Produkte entsprechend den Merkmalen, Zielen und Bedürfnissen des Zielmarkts vertrieben werden. Sind relevante Informationen nicht öffentlich zugänglich, hat der Vertreiber alle zumutbaren Schritte zu unternehmen, um diese relevanten Informationen vom Konzepteur oder seinem Beauftragten zu erhalten. Akzeptable öffentlich zugängliche Informationen sind Informationen, die klar und verlässlich sind und zur Erfüllung regulatorischer Anforderungen, etwa der Offenlegungspflichten gemäß der Richtlinie 2003/71/EG oder der Richtlinie 2004/109/EG, erstellt werden. Diese Verpflichtung gilt für Produkte, die auf den Primär- und Sekundärmärkten verkauft werden, und wird je nach Grad der Erhältlichkeit öffentlich zugänglicher Informationen und der Komplexität des Produkts in einer dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechenden Weise angewandt.
(6) Der Rechtsträger hat den Zielmarkt und die Vertriebsstrategie anhand der von den Konzepteuren erhaltenen Informationen und der Informationen über seine eigenen Kunden zu bestimmen. Handelt ein Rechtsträger sowohl als Konzepteur als auch als Vertreiber, ist nur eine Zielmarktbestimmung erforderlich.
(7) Der Rechtsträger hat bei seiner Entscheidung über die Palette der Finanzinstrumente und Dienstleistungen, die er anbieten oder empfehlen will, und über die jeweiligen Zielmärkte Verfahren und Maßnahmen aufrechtzuerhalten, die die Einhaltung aller gemäß diesem Bundesgesetz geltenden Anforderungen sicherstellen, einschließlich jener, die für die Offenlegung, für die Bewertung der Eignung oder Angemessenheit, für Vorteile und für den ordnungsgemäßen Umgang mit Interessenkonflikten gelten. In diesem Zusammenhang ist mit besonderer Sorgfalt zu verfahren, wenn Vertreiber neue Produkte anbieten oder empfehlen wollen oder wenn es bei den Dienstleistungen, die sie erbringen, Veränderungen gibt.
(8) Der Rechtsträger hat seine Produktüberwachungsvorkehrungen in regelmäßigen Abständen zu überprüfen und zu aktualisieren, damit sichergestellt ist, dass diese belastbar und zweckmäßig bleiben, und erforderlichenfalls geeignete Maßnahmen zu ergreifen.
(9) Der Rechtsträger hat die von ihm angebotenen oder empfohlenen Finanzinstrumente und die von ihm erbrachten Dienstleistungen regelmäßig zu überprüfen und dabei alle Ereignisse zu berücksichtigen, die das potenzielle Risiko für den bestimmten Zielmarkt wesentlich beeinflussen könnten. Der Rechtsträger hat zumindest zu bewerten, ob das Produkt oder die Dienstleistung den Bedürfnissen, Merkmalen und Zielen des bestimmten Zielmarkts weiterhin entspricht und ob die beabsichtigte Vertriebsstrategie immer noch geeignet ist. Der Rechtsträger hat den Zielmarkt erneut zu überprüfen und die Produktüberwachungsvorkehrungen zu aktualisieren, wenn ihm bewusst wird, dass er den Zielmarkt für ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Dienstleistung nicht richtig bestimmt hat oder dass das Produkt oder die Dienstleistung den Gegebenheiten des bestimmten Zielmarkts nicht mehr gerecht wird, insbesondere falls das Produkt aufgrund von Marktveränderungen illiquide oder hochgradig volatil wird.
(10) Der Rechtsträger hat sicherzustellen, dass seine Compliance-Funktion die Entwicklung und regelmäßige Überprüfung der Produktüberwachungsvorkehrungen kontrolliert, damit jegliches Risiko, dass der Rechtsträger die in dieser Bestimmung festgelegten Verpflichtungen nicht erfüllt, erkannt wird.
(11) Der Rechtsträger hat sicherzustellen, dass die maßgeblichen Mitarbeiter über die notwendige Sachkenntnis verfügen, um die Merkmale und Risiken der Produkte, die er anbieten oder empfehlen will, und der erbrachten Dienstleistungen sowie die Bedürfnisse, Merkmale und Ziele des bestimmten Zielmarkts zu verstehen.
(12) Der Rechtsträger hat sicherzustellen, dass die Geschäftsleitung eine tatsächliche Kontrolle über den Produktüberwachungsprozess des Rechtsträgers ausübt, mit dem die Palette der Anlageprodukte, die der Rechtsträger auf den jeweiligen Zielmärkten anbietet oder empfiehlt, und der Dienstleistungen, die der Rechtsträger auf den jeweiligen Zielmärkten erbringt, festgelegt wird. Der Rechtsträger hat dabei sicherzustellen, dass die Compliance-Berichte an die Geschäftsleitung systematisch auch Informationen über die vom Rechtsträger angebotenen oder empfohlenen Produkte und die erbrachten Dienstleistungen enthalten. Die Compliance-Berichte sind der FMA auf Verlangen zur Verfügung zu stellen.
(13) Die Vertreiber haben den Konzepteuren Informationen über die Verkäufe und, sofern angebracht, Informationen über die vorgenannten Überprüfungen zu übermitteln, um die von den Konzepteuren durchgeführten Produktüberprüfungen zu unterstützen.
(14) Arbeiten verschiedene Rechtsträger beim Vertrieb eines Produkts oder einer Dienstleistung zusammen, hat der Rechtsträger mit der direkten Kundenbeziehung die Letztverantwortung für die Erfüllung der in dieser Bestimmung festgelegten Produktüberwachungspflichten zu tragen. Jedoch sind die zwischengeschalteten Rechtsträger verpflichtet,
1. sicherzustellen, dass relevante Produktinformationen vom Konzepteur an den Endvertreiber in der Vertriebskette weitergegeben werden;
2. für den Fall, dass der Konzepteur Informationen über die Produktverkäufe benötigt, um seine eigenen Produktüberwachungspflichten zu erfüllen, ihm die Erlangung dieser Informationen zu ermöglichen und
3. die Produktüberwachungspflichten für Konzepteure, so wie relevant, in Bezug auf die von ihnen erbrachten Dienstleistungen anzuwenden.
Datenquelle: RIS — https://www.ris.bka.gv.atGesamte Rechtsvorschrift (RIS)
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