ABSCHNITT I
§ 2. Erteilung der Gebrauchserlaubnis
(1) Die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis ist nur auf Antrag zulässig. Wenn für die Durchführung eines Vorhabens eine Gebrauchserlaubnis erforderlich ist, gilt als Antrag auf Erteilung der Gebrauchserlaubnis
1. das Ansuchen um Erteilung der baupolizeilichen oder straßenpolizeilichen Bewilligung,
2. die Einreichung nach § 70a sowie § 70b der Bauordnung für Wien.
Ein Antrag auf Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nach Tarif A Post 11 ist mindestens 4 Wochen, ein Antrag auf Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nach Tarif D Post 1 und D Post 4 mindestens 8 Wochen, vor der beabsichtigten Gebrauchnahme einzubringen. Die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nach Tarif D Post 2 oder einer sonstigen Regelung, aus der sich das Recht zu einem im Tarif D Post 2 umschriebenen Gebrauch ergibt, ist jeweils für die Zeit vom 1. März bis Ende Feber des Folgejahres für denselben Bewilligungswerber in Bezug auf denselben Standort oder von Teilflächen desselben nur einmal zulässig; insbesondere ist die zeitliche Verlängerung oder örtliche Erweiterung nicht zulässig.
(2) Die Gebrauchserlaubnis ist zu versagen, wenn dem Gebrauch gegenwärtige bzw. zu erwartende öffentliche Rücksichten, beispielsweise Umstände sanitärer oder hygienischer Art, Gründe der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, des Winterdienstes (Säuberung von Schnee, Bestreuung bei Schnee und Glatteis u. dgl.), des Platzbedarfes für Lade- und Liefertätigkeit, der Aufenthaltsqualität für Personen zu nicht kommerziellen Zwecken (insbesondere Gewährleistung von Aufenthalts- und Kommunikationsbereichen), städtebauliche Interessen und Vorhaben, Bauführungen betreffend die Verkehrsinfrastruktur, Gesichtspunkte des Stadt- und Grünlandbildes, des Klimaschutzes sowie sonstiger öffentlicher Interessen im Zusammenhang mit der Klimawandelanpassung, dem Schutz von Bäumen und Grünflächen einschließlich ihres ober- und unterirdischen pflanzlichen Lebensraumes sowie unversiegelten Flächen im öffentlichen Raum iSd § 8a, Nutzungskonzepte und Zonierungspläne (§ 1b), Schutzzonen nach § 7 der Bauordnung für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930, in der jeweils geltenden Fassung, oder Umstände des Natur-, Denkmal- oder Bodenschutzes, entgegenstehen. Bei Erteilung der Gebrauchserlaubnis sind Bedingungen, Befristungen oder Auflagen vorzuschreiben, soweit dies zur Wahrung dieser Rücksichten erforderlich ist. Eine Beeinträchtigung des Gemeingebrauches ist möglichst gering zu halten.
(2a) Die Gebrauchserlaubnis kann insbesondere versagt werden, wenn den Interessen des Gemeingebrauches oder dem Schutz des öffentlichen Grundes in der Gemeinde gemäß § 1 der Vorrang gegenüber der Sondernutzung gebührt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn
1. der mit der Sondernutzung verfolgte Zweck ebenso durch die Inanspruchnahme von privatem Grund erreicht werden kann;
2. die Sondernutzung an anderer Stelle bei geringerer Beeinträchtigung des Gemeingebrauches erfolgen kann;
3. der öffentliche Grund in der Gemeinde gemäß § 1, beispielsweise Belag oder Ausstattung, durch die Art der Sondernutzung beschädigt werden kann und der Antragsteller nicht ausreichend Gewähr dafür leistet, dass die Beschädigung auf seine Kosten unverzüglich wieder behoben wird;
4. durch eine Häufung von Sondernutzungen der Gemeingebrauch besonders beeinträchtigt wird;
5. saisonalen temporären Nutzungen, beispielsweise für Punsch- und Maronistände, Weihnachtsmärkte, Christbaummärkte, Silvesterpfade, Gelegenheitsmärkte u. dgl., nach erfolgter Interessensabwägung der Vorrang gebührt, oder der Gemeingebrauch durch die Sondernutzung wesentlich eingeschränkt würde und dieser daher der Sondernutzung vorgeht sowie
6. Bäume sowie Grünflächen einschließlich ihres ober- und unterirdischen pflanzlichen Lebensraumes und unversiegelte Flächen im öffentlichen Raum iSd § 8a durch die Art der Sondernutzung beschädigt werden können und die Sondernutzung sowie deren Ausmaß am beantragten Standort nicht aufgrund von Gesetzen oder Verordnungen zwingend notwendig ist.
Abs. 2 vorletzter und letzter Satz gelten sinngemäß.
(2b) Eine Gebrauchserlaubnis für die gleiche Gebrauchsart nach derselben Tarifpost oder derselben Ziffer der Anlage I wie jene, die nach § 4 Abs. 1b einer Sperrfrist unterliegt, ist in Bezug auf denselben Standort, Teilflächen davon oder angrenzenden öffentlichen Grund in der Gemeinde gemäß § 1 für die Zeit der Sperrfrist nach § 4 Abs. 1b zu versagen; eine Gebrauchserlaubnis mit Bewilligungsbeginn ab Ablauf der Sperrfrist ist zulässig und kann abweichend vom § 2 Abs. 1 letzter Satz einmalig erteilt werden.
(2c) Die Gebrauchserlaubnis kann weiters versagt werden, wenn der Gebrauch das örtliche Gemeinschaftsleben störende Missstände herbeiführt oder herbeizuführen droht; Abs. 2 vorletzter und letzter Satz gelten sinngemäß.
(3) Die Gebrauchserlaubnis kann einer physischen Person, einer juristischen Person, einer Mehrheit solcher Personen, einer Erwerbsgesellschaft des bürgerlichen Rechts oder einer Personengesellschaft nach Unternehmensrecht erteilt werden. In den Fällen des § 3 Abs. 1 darf die Gebrauchserlaubnis demjenigen erteilt werden, der öffentlichen Grund in der Gemeinde (§ 1) gemäß einem in Tarif A Post 1 und Post 3 sowie Anlage I Z 15, 16 und 18 umschriebenen Gebrauch benutzt sowie dem Eigentümer der Baulichkeit.
(4) Bescheide über die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis, bei deren Erlassung ein Versagungsgrund nach Abs. 2 gegeben war, leiden an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler.
(5)
1. Parteistellung haben im Verfahren zur Erteilung der Gebrauchserlaubnis neben dem Antragsteller nur der Eigentümer der Liegenschaft, bei Bauwerken auf fremden Grund und Boden überdies der Eigentümer der Baulichkeit, von der aus der Gebrauch erfolgt oder erfolgen soll und jener Eigentümer, der durch den Gebrauch in seinem Frontrecht berührt sein kann, sofern sie spätestens bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen wegen einer Beeinträchtigung der Ausübung der in § 5 Abs. 6 lit. a, b und d der Bauordnung für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930, in der jeweils geltenden Fassung, angeführten Rechte vorbringen. Dem Eigentümer kommt keine Parteistellung zu, sofern die Liegenschaft oder die Baulichkeit in einer Entfernung von mehr als 20 m von der den Gegenstand der Gebrauchserlaubnis betreffenden Fläche liegt oder wenn innerhalb des letzten vor der Einbringung des Antrages auf Erteilung der Gebrauchserlaubnis liegenden Jahres für die den Gegenstand der Gebrauchserlaubnis betreffende Fläche bereits eine gleichartige Gebrauchserlaubnis erteilt war. Die Eigentümer sind nur durch Anschlag an allgemein zugänglicher Stelle des Hauses (jeder Stiege) zu laden. Dieser Anschlag ist von der Behörde spätestens zwei Wochen vor dem Verhandlungstermin anzubringen. Mit der Anbringung des Anschlages ist die Ladung vollzogen und eine weitere Form der Ladung nicht erforderlich. Die Eigentümer haben die Anbringung des Anschlages zu dulden und darf dieser vor dem Verhandlungstermin nicht entfernt werden. Eine etwaige Entfernung vor dem Verhandlungstermin bewirkt nicht die Ungültigkeit der Ladung. Die Behörde kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit statt einer Ladung durch Hausanschlag die Eigentümer persönlich verständigen oder wenn ein Verwalter bestellt ist (beispielsweise nach §§ 19 ff Wohnungseigentumsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 70/2002, in der Fassung BGBl. I Nr. 58/2018) dem Verwalter die Ladung spätestens zwei Wochen vor dem Verhandlungstermin nachweislich schriftlich mit dem Auftrag zur Kenntnis bringen, diese unverzüglich den Eigentümern durch Anschlag im Haus bekannt zu geben; ein Hausanschlag durch die Behörde oder eine sonstige Form der Ladung ist in diesen Fällen nicht erforderlich.
2. Die Behörde kann von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung (Ziffer 1) absehen, wenn die Eigentümer (Ziffer 1) vom Einlangen eines Antrages auf Erteilung einer Gebrauchserlaubnis verständigt werden und ihnen unter Bekanntgabe der Zeit und des Ortes der möglichen Akteneinsicht die Gelegenheit eingeräumt wird, allfällige Einwendungen im Sinne der Ziffer 1 gegen die beabsichtigte Gebrauchnahme binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen. Für die Verständigung der Eigentümer vom Einlangen eines Antrages samt Möglichkeit der Erhebung von Einwendungen gilt Ziffer 1 dritter bis achter Satz sinngemäß. Werden innerhalb dieser Frist keine Einwendungen im Sinne der Ziffer 1 vorgebracht, erlangen die Eigentümer keine Parteistellung. Die Akteneinsicht kann nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten auch elektronisch oder unter Verwendung sonstiger geeigneter technischer Kommunikationsmittel gewährt werden.
(6) Dem Antrag auf Erteilung der Gebrauchserlaubnis und der Anzeige nach § 1 Abs. 3 sind alle für die Beurteilung des Vorhabens und die zur Wahrung der Parteistellung notwendigen Unterlagen (zB Pläne, Namen und Anschrift der Liegenschaftseigentümer) beizuschließen und ist die Art des Gebrauches anzugeben.
(6a) Dem Antrag auf Erteilung der Gebrauchserlaubnis für einen Turmdrehkran nach Tarif D Post 1 ist eine statische Vorbemessung einschließlich eines Fundierungskonzeptes anzuschließen. Diese Unterlagen sind von einem nach den für die Berufsausübung maßgeblichen Vorschriften berechtigten Sachverständigen für das einschlägige Fachgebiet zu erstellen und müssen von diesem oder dessen berechtigten Vertreter unter Beisetzung ihrer Eigenschaft unterfertigt sein. Verantwortlich für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Gutachten und Berechnungen einschließlich der zugehörigen Pläne für den statischen Nachweis sowie für deren Übereinstimmung mit den übrigen Unterlagen (Abs. 6) ist ihr Verfasser. Diese Verantwortlichkeit wird durch die behördliche Bewilligung und die behördlichen Überprüfungen auf der Grundlage dieser Unterlagen weder eingeschränkt noch aufgehoben. Die behördliche Überprüfung schafft nicht die Vermutung, dass die Unterlagen vollständig und richtig sind.
(7)
1. Die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nach Tarif D Post 2 und jeder damit zusammenhängende in der angeschlossenen Anlage I und im angeschlossenen Tarif angegebene Gebrauch (zB Sonnenschutzvorrichtungen, Leitungen) ist auf maximal 7 Jahre, bei erstmaliger Bewilligung jedoch nur auf maximal ein Jahr, jene nach Tarif D Post 1 und D Post 4 auf maximal 12 Monate befristet zulässig.
2. Die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nach Tarif C Post 4 bezüglich hauptsächlich dem Verkauf von Zeitungen dienender Verkaufsstände (Zeitungskioske) und C Post 5 und jeder damit zusammenhängende in der angeschlossenen Anlage I und im angeschlossenen Tarif angegebene Gebrauch (zB Sonnenschutzvorrichtungen, Leitungen) ist auf maximal 7 Jahre, bei erstmaliger Bewilligung jedoch nur auf maximal 5 Jahre befristet zulässig.
3. Bei Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nach Tarif A Post 1, A Post 3, B Post 8, B Post 20, B Post 22, B Post 24, B Post 25, B Post 28, C Post 1, C Post 1a, C Post 4 bezüglich Zeitungsverkaufseinrichtungen sowie Anlage I kann die Gebrauchserlaubnis unbefristet erteilt werden.
4. Die Erteilung aller sonstigen Gebrauchserlaubnisse ist nur befristet auf maximal 10 Jahre zulässig.
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