3. Teil Pflichtangebote und freiwillige Angebote zur Kontrollerlangung
§ 22. Pflicht zur Stellung eines Angebots bei kontrollierender Beteiligung
(1) Wer eine kontrollierende Beteiligung an einer Gesellschaft (Zielgesellschaft) erlangt, muß ein den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes entsprechendes Angebot für alle Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft stellen und dies innerhalb von 20 Börsetagen der Übernahmekommission anzeigen (§ 10 Abs. 1).
(2) Eine kontrollierende Beteiligung ist eine Beteiligung, die es dem Bieter allein oder gemeinsam mit anderen Rechtsträgern (§ 23 Abs. 1) ermöglicht, einen beherrschenden Einfluß auf die Zielgesellschaft auszuüben.
(3) Eine kontrollierende Beteiligung liegt auch dann vor, wenn Anteilsrechte oder sonstige Rechte an einem anderen Rechtsträger als der Zielgesellschaft bestehen, die mittelbar einen beherrschenden Einfluß auf die Zielgesellschaft ermöglichen.
(4) Eine kontrollierende Beteiligung liegt jedenfalls dann vor, wenn der Beteiligte allein oder gemeinsam mit anderen Rechtsträgern (§ 23 Abs. 1) die Voraussetzungen eines der Tatbestände des § 244 Abs. 2 Z 1 bis 3 HGB erfüllt.
(5) Die Übernahmekommission hat durch Verordnung nähere Voraussetzungen für das Entstehen einer kontrollierenden Beteiligung zu umschreiben. Hiebei ist auf die für die Entstehung eines beherrschenden Einflusses wesentlichen rechtlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten Bedacht zu nehmen, insbesondere auf
1. die Höhe des Hundertsatzes der Beteiligung am stimmberechtigten Grundkapital,
2. die Streuung des sonstigen stimmberechtigten Aktienbesitzes,
3. das üblicherweise in den Hauptversammlungen vertretene stimmberechtigte Grundkapital und
4. die Bestimmungen der Satzung.
Die Verordnung hat einen Hundertsatz der auf die ständig stimmberechtigten Aktien entfallenden Stimmrechte festzulegen, bei dessen Erreichen durch den Bieter allein oder gemeinsam mit anderen Rechtsträgern (§ 23 Abs. 1) das Vorliegen einer kontrollierenden Beteiligung vermutet wird; die Satzung kann einen niedrigeren Hundertsatz als den in der Verordnung festgelegten vorsehen, jedoch nicht weniger als 20 vom Hundert (§ 27 Abs. 1 Z 1). Diese Vermutung kann insbesondere durch den Nachweis widerlegt werden, daß ein anderer Aktionär gemeinsam mit den mit ihm konzernmäßig verbundenen Aktionären über mehr Stimmrechte an der Zielgesellschaft als der Bieter und die mit ihm gemeinsam vorgehenden Rechtsträger (§ 23 Abs. 1) verfügt.
(6) Die Verordnung kann weiters vorsehen, daß ein Angebot nach Abs. 1 auch zu stellen hat, wer zu einer kontrollierenden Beteiligung, ohne daß ihm die Mehrheit der Stimmrechte der Zielgesellschaft zusteht (§ 244 Abs. 2 Z 1 HGB), innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten Aktien hinzuerwirbt, die ihm zusätzlich zwei vom Hundert oder einen höheren in der Verordnung festgelegten Hundertsatz der Stimmrechte der Gesellschaft verschaffen.
(7) Auf Pflichtangebote sind die Bestimmungen des zweiten Teils anzuwenden, soweit in diesem Teil nichts anderes bestimmt wird.
(8) Das Angebot muß auf Erwerb durch Kauf gegen Barzahlung einer bestimmten, spätestens zehn Börsetage nach der unbedingten Verbindlichkeit des Angebots zu entrichtenden Geldsumme lauten. Der Bieter kann daneben auch den Tausch in andere Wertpapiere anbieten. Beteiligungspapierinhaber, die von der Nachfrist gemäß § 19 Abs. 3 Gebrauch gemacht haben, haben Anspruch auf Barzahlung spätestens zehn Börsetage nach Ablauf der Nachfrist.
(9) Ein Erwerb von Aktien, der eine Verpflichtung zum Angebot auslösen würde, ist unzulässig, wenn der Erwerber bei sorgfältiger Prüfung nicht überzeugt ist, daß ihm die zur vollständigen Erfüllung seiner Verpflichtung notwendigen Mittel rechtzeitig zur Verfügung stehen.
(10) Das Angebot darf nicht bedingt sein, es sei denn, daß die Bedingung gesetzlich geboten ist.
(11) Auf freiwillige Angebote, nach deren Inhalt der Bieter zusammen mit gemeinsam mit ihm vorgehenden Rechtsträgern (§ 23 Abs. 1) eine kontrollierende Beteiligung erlangen könnte, finden – abgesehen von Abs. 10 – die Bestimmungen dieses Teils sinngemäß Anwendung. Diese Angebote sind kraft Gesetzes dadurch bedingt, daß der Bieter und mit ihm gemeinsam vorgehende Rechtsträger nach Ablauf der Angebotsfrist über mehr als 50 vom Hundert der auf die ständig stimmberechtigten Aktionäre entfallenden Stimmrechte verfügen; Aktien, für die bis zu diesem Zeitpunkt das Angebot bereits angenommen wurde, werden dem Bieter zugerechnet.
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