Viertes Hauptstück Vermögenswirtschaft und Gemeindehaushalt
V. Abschnitt Gemeinsame Bestimmungen
§ 90. Genehmigungspflicht
(1) Für folgende abgeschlossene Rechtsgeschäfte und gesetzte Maßnahmen hat die Gemeinde, soweit in Abs. 2 nicht anderes bestimmt ist, die Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde zu beantragen:
1. die Veräußerung von unbeweglichem Gemeindevermögen;
2. die Verpfändung und sonstige Belastung von unbeweglichem Gemeindevermögen (inkl. Dienstbarkeiten, Baurechten und Superädifikate);
3. die Aufnahme und Gewährung von Darlehen,
4. die Übernahme von Haftungen, insbesondere Bürgschaften und Garantien, der Beitritt zu Schulden und die Übernahme von Schulden sowie das Eingehen von Wechselverbindlichkeiten;
5. die Begründung einer Zahlungsverpflichtung, die wirtschaftlich einer Kreditverpflichtung gleichkommt (z. B. durch einen Leasingvertrag);
6. der Abschluss eines derivativen Finanzgeschäftes mit Grundgeschäft, insbesondere zum Austausch von Zinsen- und/oder Kapitalbeträgen;
7. die Errichtung, Übernahme, Umwandlung, Veräußerung oder Auflösung von Einrichtungen und Unternehmen gemäß § 71b Abs. 1 sowie die Änderung des Unternehmensgegenstandes dieser Einrichtungen und Unternehmen durch die Gemeinde sind an eine Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde gebunden;
8. der Verzicht auf die Sicherstellung einer Forderung durch eine bestehende Hypothek sowie auf eine bestehende Dienstbarkeit oder bestehende Reallast;
9. der An- oder Verkauf von aktiven Finanzinstrumenten, außer liquide Mittel, Forderungen und Beteiligungen, sowie deren Verpfändung;
10. der An- und Verkauf von Forderungen sowie deren Verpfändung;
11. die Abgabe einer Nachstehungserklärung bezüglich der bücherlichen Rangordnung.
(2) Bei der Aufsichtsbehörde anzuzeigen, jedoch genehmigungsfrei, sind die in Abs. 1 genannten Rechtsgeschäfte und Maßnahmen bei Vorliegen folgender Voraussetzungen:
1. im Fall der Z 1, wenn der Kaufpreis den ortsüblichen Preis nicht unterschreitet.; dies muss durch ein Gutachten eines Amtssachverständigen oder eines gerichtlich beeideten Sachverständigen vor Beschlussfassung im Gemeinderat nachgewiesen werden;
2. im Fall der Z 2, – soweit es sich nicht um Baurechte und Superädifikate handelt –, wenn der Wert ein Prozent der Sachanlagen des zweitvorangegangenen Haushaltsjahres nicht übersteigt;
3. im Fall der Z 3, wenn die Darlehensaufnahme drei Prozent der Sachanlagen des zweitvorangegangenen Haushaltsjahres nicht übersteigt und durch die Annuitätenleistung der Ausgleich des Ergebnishaushaltes und die Sicherstellung der Liquidität nicht gefährdet ist;
4. im Fall der Z 5, wenn beim Finanzierungsleasing die Anschaffungskosten und beim operating Leasing die Gesamtkosten drei Prozent der Sachanlagen des zweitvorangegangenen Haushaltsjahres nicht übersteigen und durch die jährliche Mindestleasingzahlung oder das jährliche Leasingentgelt der Ausgleich des Ergebnishaushaltes und die Sicherstellung der Liquidität nicht gefährdet ist;
5. im Fall der Z 7 – soweit es sich nicht um die Errichtung einer Privatstiftung oder eines Unternehmens oder einer Einrichtung handelt, wenn der Anteil am Eigenkapital oder geschätzten Nettovermögen des Unternehmens bis zu 20 Prozent beträgt (sonstige Beteiligung) und die Gemeinde keine Beherrschung hat;
6. im Fall der Z 8, wenn der Wert der Forderung ein Prozent der langfristigen und kurzfristigen Forderungen des zweitvorangegangenen Haushaltsjahres sowie der Wert der bestehenden Dienstbarkeit oder bestehenden Reallast ein Prozent der Sachanlagen des zweitvorangegangenen Haushaltsjahres nicht übersteigt;
7. im Fall der Z 9 – soweit es sich nicht um mündelsichere Veranlagungen handelt –, wenn der Stand bei Anschaffung in Euro des aktiven Finanzinstrumentes ein Prozent der aktiven Finanzinstrumente/langfristiges Finanzvermögen und der aktiven Finanzinstrumente/kurzfristiges Finanzvermögen des zweitvorangegangenen Haushaltsjahres nicht übersteigt;
8. im Fall der Z 10, wenn der Wert der Forderung ein Prozent der langfristigen und kurzfristigen Forderungen des zweitvorangegangenen Haushaltsjahres nicht übersteigt;
9. im Fall der Z 11, wenn der Wert der grundbücherlich besicherten Forderung, für die eine Nachstehungserklärung abgegeben werden soll, ein Prozent der langfristigen und kurzfristigen Forderungen des zweitvorangegangenen Haushaltsjahres nicht übersteigt.
(3) Für die Beurteilung der Genehmigungspflicht ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.
(4) Die Genehmigung ist durch die Aufsichtsbehörde innerhalb von drei Monaten ab Einlangen des Genehmigungsantrages der Gemeinde zu erteilen oder zu versagen. Im Falle von Sachverhaltserhebungen (z. B. Anforderung von Urkunden) und der Wahrung des Parteiengehörs verlängert sich diese Frist auf sechs Monate. Die Genehmigung kann versagt werden, wenn das Rechtsgeschäft oder die andere Maßnahme mit der Gefahr einer dauernden Schmälerung des Gemeindevermögens, eines negativen Nettovermögens, einer mangelnden Liquidität oder eines langfristigen Ungleichgewichtes des Ergebnishaushaltes verbunden wäre oder wenn das Rechtsgeschäft oder die andere Maßnahme einer Bestimmung dieses Gesetzes widerspricht und die Rechtswidrigkeit nicht innerhalb einer von der Aufsichtsbehörde zu bestimmenden Frist behoben wird. Ist das Rechtsgeschäft oder die andere Maßnahme im Haushaltskonsolidierungskonzept (§ 74b) vorgesehen, kann die Aufsichtsbehörde eine Genehmigung erteilen.
(5) Beschlüsse des Gemeinderates über Rechtsgeschäfte und andere Maßnahmen gemäß Abs. 1 werden erst mit der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde rechtswirksam. Bis zu diesem Zeitpunkt entsteht für die Gemeinde keine Leistungspflicht. Die Gemeinde haftet auch nicht für einen Schaden, der nur deswegen eingetreten ist, weil die Aufsichtsbehörde die Genehmigung versagt hat. Die Tatsache, dass ein Rechtsgeschäft oder eine Maßnahme der aufsichtsbehördlichen Genehmigung bedarf und die daran geknüpften Rechtsfolgen sind in jeder über ein solches Rechtsgeschäft verfassten Urkunde anzuführen.
(6) Folgende Rechtsgeschäfte und Maßnahmen bedürfen jedenfalls keiner Genehmigung:
1. die Abschreibung von Trennstücken gemäß den § 13 bis 22 des Liegenschaftsteilungsgesetzes, BGBl. Nr. 3/1930, auf Grund eines Anmeldungsbogens (einer Beurkundung) der Vermessungsbehörde;
2. die Einräumung einer Dienstbarkeit der Errichtung, der Erhaltung und des Betriebes von Leitungen auf gemeindeeigenen Grundstücken, die dem Fernmeldewesen, der Telekommunikation, der Energieversorgung sowie der Wasserversorgung und der Abwasserentsorgung dienen;
3. die Gewährung von Gehaltsvorschüssen für Gemeindebedienstete.
Anm.: in der Fassung LGBl. Nr. 1/1999, LGBl. Nr. 29/2010, LGBl. Nr. 81/2010, LGBl. Nr. 125/2012, LGBl. Nr. 29/2019
Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.
Fundstelle(n):
zur Änderungshistorie
VAAAA-77178