SolvaV § 38. Aufbau der Ratingsysteme, BGBl. II Nr. 266/2013, gültig von 10.10.2006 bis 31.12.2013

2. Teil Kreditrisiko

2. Hauptstück Auf internen Ratings basierender Ansatz

2. Abschnitt Mindestanforderungen

§ 38. Aufbau der Ratingsysteme

(1) Ein Ratingsystem umfasst alle Methoden, Prozesse, Kontrollen, Datenerhebungs- und Datenverarbeitungssysteme, die zur Beurteilung von Kreditrisiken, zur Zuordnung von Forderungen zu Ratingklassen oder Pools sowie zur Quantifizierung von Ausfall- und Verlustschätzungen für bestimmte Forderungsarten dienen. Bei der Verwendung von Ratingsystemen hat das Kreditinstitut folgende Anforderungen zu erfüllen:

1. Wendet das Kreditinstitut mehrere unterschiedliche Ratingsysteme an, so hat es die Kriterien für die Zuordnung eines Schuldners oder einer Transaktion zu einem Ratingsystem zu dokumentieren und in einer Weise anzuwenden, die das jeweilige Risikoprofil von Schuldner oder Transaktion angemessen widerspiegelt und

2. die Zuordnungskriterien und -verfahren sind in regelmäßigen Abständen daraufhin zu prüfen, ob sie für das jeweilige Portfolio und die aktuellen externen Bedingungen noch angemessen sind.

(2) Kreditinstitute, die direkte Schätzungen der Risikoparameter verwenden, können diese als Ratingstufen auf einer kontinuierlichen Ratingskala betrachten.

(3) Ein Ratingsystem für Forderungen gemäß § 22b Abs. 2 Z 1 bis 3 BWG hat zusätzlich folgende Anforderungen zu erfüllen:

1. Sowohl den Risikomerkmalen des Schuldners als auch denen des Geschäfts ist Rechnung zu tragen;

2. es hat eine Schuldner-Ratingskala, die ausschließlich die Quantifizierung des Ausfallsrisikos des Schuldners widerspiegelt, zu beinhalten; eine Schuldnerklasse ist die Einstufung in der Schuldner-Ratingskala des Ratingsystems auf der Grundlage einer spezifizierten und abgegrenzten Menge von Ratingkriterien, aus denen die Schätzungen der Ausfallwahrscheinlichkeit abgeleitet werden, und die nachfolgenden Anforderungen erfüllt:

a) die Schuldner-Ratingskala hat mindestens sieben Klassen für nicht ausgefallene Schuldner und eine Klasse für im Ausfall befindliche Schuldner zu umfassen;

b) das Verhältnis der verschiedenen Schuldnerklassen zueinander ist zu dokumentieren, indem jeweils die Höhe des Ausfallrisikos angegeben ist, das der entsprechenden Ratingklasse entspricht, und die Kriterien, anhand derer die Höhe des Ausfallrisikos abgegrenzt ist und

c) sind Portfolios des Kreditinstituts auf ein bestimmtes Marktsegment und eine bestimmte Bandbreite des Ausfallrisikos konzentriert, so ist innerhalb dieser Bandbreite eine ausreichende Anzahl von Schuldnerklassen zu bilden, um eine übermäßige Konzentration von Schuldnern in bestimmten Klassen zu vermeiden; bei erheblichen Konzentrationen in einer Schuldnerklasse ist durch empirische Nachweise zu belegen, dass diese Schuldnerklasse eine hinreichend enge PD-Bandbreite umfasst und das Ausfallsrisiko aller Schuldner dieser Klasse innerhalb dieser Bandbreite liegt und

3. bei der Verwendung eigener LGD-Schätzungen hat ein Ratingsystem eine Fazilitäts-Ratingskala zu umfassen, die ausschließlich die LGD-bezogenen Transaktionsmerkmale widerspiegelt; eine Fazilitätsklasse ist eine Einstufung in der Fazilitäts-Ratingskala des Ratingsystems auf Grundlage einer spezifizierten und abgegrenzten Menge von Ratingkriterien, aus denen eigene Schätzungen der LGD abgeleitet werden;

Fazilitätsklassen haben folgende Anforderungen zu erfüllen:

a) einzelne Fazilitätsklassen werden definiert, wobei die Definition sowohl eine Beschreibung der Art und Weise der Zuordnung der Forderung zu der Klasse zu umfassen hat als auch eine Beschreibung der Kriterien, anhand derer die Höhe des Risikos über die Klassen hinweg abgegrenzt wird und

b) bei erheblichen Konzentrationen in einer Fazilitätsklasse ist durch empirische Nachweise zu belegen, dass diese Fazilitätsklasse eine hinreichend enge LGD-Bandbreite umfasst und das Risiko aller Forderungen dieser Klasse innerhalb dieser Bandbreite liegt.

(4) Bei der Berechnung der gewichteten Forderungsbeträge von Spezialfinanzierungen gemäß § 74 Abs. 3 ist Abs. 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Schuldner-Ratingskala nicht ausschließlich die Quantifizierung des bei diesen Forderungen bestehenden Schuldnerausfallrisikos widerspiegelt und mindestens vier Klassen für nicht ausgefallene Schuldner und mindestens eine Klasse für im Ausfall befindliche Schuldner vorgesehen sind.

(5) Ein Ratingsystem für Forderungen gemäß § 22b Abs. 2 Z 4 BWG hat folgende zusätzliche Anforderungen zu erfüllen:

1. Es werden sowohl das Schuldner- als auch das Transaktionsrisiko widergespiegelt und alle relevanten Schuldner- und Geschäftsmerkmale erfasst;

2. der Grad der Risikodifferenzierung hat zu gewährleisten, dass die Anzahl der Forderungen in einer bestimmten Klasse oder einem bestimmten Forderungspool ausreicht, um eine aussagekräftige Quantifizierung und Validierung der Verlusteigenschaften auf Ebene der Klasse oder des Pools zu ermöglichen; übermäßige Konzentrationen von Forderungen und Schuldnern in den Klassen oder Pools sind zu vermeiden;

3. das Verfahren zur Zuordnung von Forderungen zu Klassen oder Pools ermöglicht eine aussagekräftige Differenzierung der Risiken, führt zu einer Zusammenfassung hinreichend gleichartiger Forderungen und ermöglicht eine genaue und konsistente Schätzung der Verlusteigenschaften auf der Ebene der Klasse oder des Pools; bei angekauften Forderungen spiegelt die Zusammenfassung dieser Forderungen die Kreditvergabepraxis des Verkäufers und die Heterogenität seiner Kundenstruktur wider und

4. bei der Zuordnung von Forderungen zu Klassen oder Pools sind die folgenden Risikobestimmungsfaktoren zu berücksichtigen:

a) Die Risikomerkmale des Schuldners;

b) die Risikomerkmale des Geschäfts, einschließlich Produkt- und Besicherungsarten; und

c) den Verzugsstatus, wenn dieser bei der betreffenden Forderung ein wesentlicher Risikobestimmungsfaktor ist.

Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.

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