KStG 1988 § 6b. Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften, BGBl. I Nr. 111/2010, gültig von 01.04.2012 bis 22.07.2013

1. TEIL PERSÖNLICHE STEUERPFLICHT

2. ABSCHNITT Befreiungen

§ 6b. Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften

(1) Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften sind in dem in § 5 Z 14 genannten Umfang von der Körperschaftsteuer befreit, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

1. Die Gesellschaft ist eine Kapitalgesellschaft, die ein Grundkapital von mindestens 7,3 Millionen Euro hat.

2. Die Satzung kann die Ausgabe von Genussrechten (§ 174 des Aktiengesetzes) vorsehen, wenn mit ihnen das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationsgewinn der Gesellschaft verbunden und der Gesamtnennbetrag der Genussrechte mit der Höhe des aufgebrachten Grundkapitals beschränkt ist.

3. Der Geschäftsgegenstand ist auf das Veranlagen des Eigenkapitals und die damit zusammenhängenden Nebenleistungen beschränkt.

4. Körperschaften öffentlichen Rechts dürfen insgesamt nicht mehr als 50% der Anteile halten.

5. Die Veranlagung des Eigenkapitals gliedert sich in den Finanzierungsbereich und den Veranlagungsbereich. Der Finanzierungsbereich umfasst die Veranlagung des jeweiligen Eigenkapitals der Kapitalgesellschaft nach Maßgabe des Abs. 2 und hat nachhaltig zumindest 70% des Eigenkapitals zu umfassen. Diese Relation ist bis zum Ablauf des fünften auf das Jahr der Eintragung der neu gegründeten Gesellschaft in das Firmenbuch folgenden Kalenderjahres herzustellen. Unterschreitungen der 70%-Quote, die sich aus Beteiligungsveräußerungen in der Abschichtungsphase der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft ergeben, sind unschädlich. Im Veranlagungsbereich erfolgt die Veranlagung ausschließlich in Form von Geldeinlagen und sonstigen Forderungen bei Kreditinstituten, in Forderungswertpapieren oder in Anteilscheinen an Kapitalanlagefonds mit Sitz im EU/EWR-Raum, die ihrerseits ausschließlich in Geldeinlagen und sonstigen Forderungen bei Kreditinstituten oder in Forderungswertpapieren veranlagen.

6. Die Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft hat Investitionsentscheidungen gewinnorientiert zu treffen, Beteiligungen nach kaufmännischen Grundsätzen zu verwalten und insbesondere

a) für jede Investition einen Unternehmensplan mit Einzelheiten über die Produkt-, Absatz- oder Rentabilitätsplanung zu erstellen, aus dem die Zukunftsfähigkeit des Vorhabens hervorgeht,

b) eine klare und realistische Ausstiegsstrategie für jede Beteiligung vorzulegen,

c) einen Investoren- oder beratenden Ausschuss einzurichten, der an Entscheidungsfindungen beteiligt ist und

d) eine auch an die Rendite geknüpfte Vergütung zu erhalten.

(2) Der Bundesminister für Finanzen bestimmt durch Verordnung die Art der Veranlagung des Eigenkapitals im Finanzierungsbereich. Dabei gilt Folgendes:

1. Als Beteiligungen gelten

a) Kommanditanteile einer Kommanditgesellschaft, wenn damit die Stellung als Mitunternehmer verbunden ist;

b) stille Beteiligungen im Sinne des § 179 UGB, wenn damit die Stellung als Mitunternehmer verbunden ist;

c) Aktien und Geschäftsanteile einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung;

d) Genussrechte im Sinne des § 174 des Aktiengesetzes, wenn damit das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationsgewinn einer Kapitalgesellschaft verbunden ist;

e) stille Beteiligungen im Sinne des § 179 UGB, die keine Stellung als Mitunternehmer vermitteln, wenn die Beteiligung am Einzelunternehmen einer natürlichen Person oder am Unternehmen einer Personengesellschaft besteht, an denen keine juristischen Personen oder solche lediglich als Arbeitsgesellschafter ohne Vermögenseinlage beteiligt sind;

f) die Geldveranlagung neben Beteiligungen im Sinne der lit. a bis d in Form von Darlehen, Schuldverschreibungen, nicht unter lit. b fallenden stillen Beteiligungen oder nicht unter lit. d fallenden Genussrechten, sowie in Form von Zuzahlungen in wirtschaftlich begründeten Fällen.

2. Für jede Beteiligung an einem einzelnen Unternehmen gilt Folgendes:

a) Höchstens bis zu 20% des Eigenkapitals der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft dürfen veranlagt werden;

b) Der Erwerb oder die Erhöhung einer solchen Beteiligung darf 1,5 Millionen Euro je Zwölfmonatszeitraum nicht überschreiten;

c) Mindestens 70% der Beteiligung hat in der Form der Z 1 lit. a bis d zu erfolgen;

d) Eine Beteiligung an einem Konzernunternehmen eines Gesellschafters der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft ist ausgeschlossen, § 14 Abs. 5 des Beteiligungsfondsgesetzes ist sinngemäß anzuwenden;

e) Beteiligungen können höchstens 49% des Betriebsvermögens bzw. Nennkapitals des Beteiligungsunternehmens umfassen und dürfen keine beherrschende Stellung vermitteln;

f) Beteiligungen dürfen nicht eingegangen werden, soweit das in lit. b festgesetzte Höchstausmaß bereits durch die Beteiligung einer oder mehrerer Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften ausgeschöpft worden ist;

g) Im Beteiligungsvertrag muss sich das Zielunternehmen verpflichten, die empfangenen Kapitalbereitstellungen nach Maßgabe von Kapitel 6 der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Förderung von Risikokapitalinvestitionen in kleine und mittlere Unternehmen, ABl. Nr. C 194 vom  S. 2, auf andere Beihilfen mit Ausnahme von „De-minimis“-Beihilfen und Forschungs- und Entwicklungsbeihilfen im Ausmaß von 50% bzw. 20% anzurechnen, wenn das Zielunternehmen für denselben Zweck bereits Beihilfen beantragt hat.

3. Beteiligungen dürfen nicht eingegangen werden an Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten, ABl. Nr. C 244 vom  S. 2, sowie an Unternehmen der Industriezweige Schiffsbau, ABl. Nr. C 317 vom  S. 11, Kohle (sowohl höher, mittel und niedrig inkohlte A- und B-Kohlesorten im Sinne des internationalen Kohle-Klassifizierungssystems der UN-Wirtschaftskommission für Europa) sowie Stahl laut Anhang I der Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung 2007-2013, ABl. Nr. C 54 vom  S. 13. Beteiligungen dürfen nicht zur Förderung unmittelbar exportbezogener Tätigkeiten gemäß den Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Förderung von Risikokapitalinvestitionen in kleine und mittlere Unternehmen, ABl. Nr. C 194 vom  S. 2, eingegangen werden.

4. Die Beteiligung kann nur an nicht börsenotierten, kleinen und mittleren Unternehmen mit Sitz in Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes unter Einhaltung der nachstehenden Bedingungen erworben werden:

a) Bei mittleren Unternehmen in Gebieten, die unter die Ausnahmeregelung des Artikels 87 Abs. 3 lit. a oder c des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft fallen, und bei kleinen Unternehmen für die Bereitstellung von Kapital für die nachfolgenden Zwecke:

aa) Für die Untersuchung, Ausreifung und Entwicklung einer Geschäftsidee vor der Start-up-Phase bereitgestellte Finanzmittel (Seed-Kapital);

bb) Zur Produktentwicklung und Markteinführung für Unternehmen, die ihr Produkt oder ihre Dienstleistung noch nicht vermarktet haben und noch keinen Gewinn erwirtschaften (Start-up-Kapital) oder

cc) Für Wachstum und Expansion von Unternehmen mit oder nach Erreichen der Gewinnschwelle. Das Kapital kann für zusätzliche Produktionskapazitäten, für Markt- und Produktentwicklung und für die Bereitstellung zusätzlichen Betriebskapitals eingesetzt werden (Expansionskapital).

b) Bei mittleren Unternehmen, die ihren Sitz nicht in den in lit. a genannten Gebieten haben, für die Zwecke der lit. a sublit. aa und bb.

Unter kleinen und mittleren Unternehmen sind solche gemäß Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 70/2001/EG über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen, ABl. Nr. L 10 vom  S. 33, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1976/2006 vom , ABl. Nr. L 368 S. 85, zu verstehen.

(3) Die Kapitalgesellschaft hat das Vorliegen der Voraussetzungen jährlich durch Bestätigung eines inländischen Wirtschaftsprüfers oder einer inländischen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft nachzuweisen. Das Finanzamt Wien 1/23 hat das Vorliegen der Voraussetzungen zu bescheinigen und sämtliche Kapitalgesellschaften, die diese Voraussetzungen erfüllen, einmal jährlich im „Amtsblatt der Österreichischen Finanzverwaltung“ zu veröffentlichen.

(4) Verletzt eine Kapitalgesellschaft nachhaltig die genannten Voraussetzungen, hat sie den Bruttobetrag aller Ausschüttungen für von der Verletzung der Voraussetzungen betroffene Geschäftsjahre, die bei den Aktionären eine Steuerbefreiung gemäß § 27 Abs. 7 des Einkommensteuergesetzes 1988 vermitteln, gemäß § 22 Abs. 1 neben ihrem Einkommen zu versteuern.

(5) Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften sind verpflichtet, dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit sowie dem Finanzamt Wien 1/23 bis zum 31. März des Folgejahres Jahresberichte vorzulegen, die eine zusammenfassende Tabelle mit einer Aufstellung der Investitionen, die von der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft durchgeführt wurden, einschließlich einer Liste aller Unternehmen, die Risikokapitalbeihilfen empfangen haben, sowie Angaben über die Größe der einzelnen Investitionstranchen, die jeweils gewählte Form der Finanzierung, die Größe der einzelnen Unternehmen, die Entwicklungsphase der einzelnen Unternehmen und ihre Tätigkeit, enthalten. Die Jahresberichte haben überdies eine Kurzbeschreibung der Geschäftstätigkeit der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft mit Angaben zu den potentiellen Abmachungen und den letztlich abgeschlossenen Transaktionen zu enthalten.

Die Aufbewahrungsfrist nach § 132 Abs. 1 BAO verlängert sich für Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften auf 10 Jahre.

Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.

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