GewO 1994 § 365s. Erhöhte Pflichten, BGBl. I Nr. 50/2016, gültig von 01.07.2016 bis 17.07.2017

IV. Hauptstück Behörden und Verfahren

2. Besondere Verfahrensbestimmungen

§ 365s. Erhöhte Pflichten

(1) Die Gewerbetreibenden haben auf risikoorientierter Grundlage gegenüber den in § 365p Abs. 1 und Abs. 2 und § 365q Abs. 1 festgelegten Maßnahmen verstärkte Sorgfaltspflichten in Fällen anzuwenden, bei denen ihrem Wesen nach ein erhöhtes Risiko der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung besteht und die Geschäftsbeziehung einer verstärkten kontinuierlichen Überwachung zu unterziehen. Gewerbetreibende haben in den Fällen, in denen der Kunde zur Feststellung der Identität nicht physisch anwesend war (Ferngeschäfte), dem Kunden Bestell- und Auftragsformulare an den Wohnsitz bzw. den Sitz mit eingeschriebener Briefsendung zuzustellen. Der Kunde ist aufzufordern, dem rückzuübermittelnden Bestell- oder Auftragsformular eine leserliche Kopie eines amtlichen Lichtbildausweises beizulegen, anhand derer die Gewerbetreibenden die Kundenangaben zur Identität in der Bestellung oder im Auftrag zu überprüfen haben.

(2) Versteigerer haben, wenn der untere Schätzwert oder der Ausrufpreis - falls kein Schätzpreis angegeben ist - und das Gebot des Kunden mindestens 15000 Euro betragen, die Zahlung in bar erfolgen soll und der Kunde zu keinem Zeitpunkt zur Feststellung der Identität physisch anwesend war (Ferngeschäfte), die Übermittlung einer leserlichen Kopie eines amtlichen Lichtbildausweises zu verlangen und anhand dieser die Identifizierung vorzunehmen. Dabei ist besondere Aufmerksamkeit darauf zu richten, das erhöhte Geldwäscherisiko infolge der physischen Abwesenheit des Kunden auszugleichen, indem zusätzliche Maßnahmen gesetzt werden, die Angaben zu überprüfen, etwa durch Abwicklung der ersten Zahlung über ein Konto, das im Namen des Kunden bei einem Kreditinstitut errichtet wurde.

(2a) Die Identifizierung im Sinne der beiden vorigen Absätze entfällt, wenn die Identität des Kunden durch eine qualifizierte elektronische Signatur im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG, ABl. Nr. L 257 vom S. 73, in der Fassung der Berichtigung ABl. Nr. L 257 vom S. 19, nachgewiesen wird. § 40b Abs. 1 Z 1 lit. b bis d BWG ist sinngemäß anzuwenden.

(3) Hinsichtlich Transaktionen oder Geschäftsbeziehungen zu politisch exponierten Personen, die in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Drittland ansässig sind, haben die Gewerbetreibenden sowie gegebenenfalls deren leitendes Personal und deren Angestellte

1. angemessene, risikobasierte Verfahren einzusetzen, mit denen bestimmt werden kann, ob es sich bei dem Kunden um eine politisch exponierte Person handelt oder nicht,

2. die Zustimmung der Führungsebene einzuholen, bevor sie Geschäftsbeziehungen mit diesen Kunden aufnehmen,

3. angemessene Maßnahmen zu ergreifen, mit denen die Herkunft des Vermögens und die Herkunft der Gelder bestimmt werden kann, die im Rahmen der Geschäftsbeziehung oder der Transaktion eingesetzt werden und

4. die Geschäftsbeziehung einer verstärkten fortlaufenden Überwachung zu unterziehen.

Dies gilt auch, wenn der Kunde bereits akzeptiert wurde und sich bezüglich des Kunden oder des wirtschaftlichen Eigentümers in Folge herausstellt, dass es sich um eine politisch exponierte Person handelt oder diese in Folge zu einer politisch exponierten Person wird.

(4) Die Gewerbetreibenden haben der Gefahr der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung aus Produkten oder Transaktionen, die die Anonymität begünstigen können, besondere Aufmerksamkeit zu widmen und allenfalls Maßnahmen zu ergreifen, um einem Missbrauch in dieser Hinsicht vorzubeugen.

(5) Der Bundesminister für Wirtschaft, Jugend und Familie kann durch Verordnung bezogen auf Arten von Kunden, Geschäftsbeziehungen oder Transaktionen weitere Fälle festlegen, bei denen ihrem Wesen nach ein erhöhtes Risiko der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung besteht, insbesondere im Zusammenhang mit Staaten, in denen laut glaubwürdiger Quelle ein erhöhtes Risiko der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung anzunehmen ist, und für diese den Gewerbetreibenden zusätzlich zu den Pflichten des § 365p weitere angemessene Sorgfaltspflichten vorschreiben und die Gewerbetreibenden verpflichten, diese Geschäftsbeziehung einer verstärkten kontinuierlichen Überwachung zu unterziehen.

Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.

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