FPG § 12. Sonderbestimmungen für Minderjährige, BGBl. I Nr. 122/2009, gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2013

2. Hauptstück Zuständigkeit und besondere Verfahrensregeln

2. Abschnitt Besondere Verfahrensregeln für das 3. bis 6. und das 12. bis 15. Hauptstück

§ 12. Sonderbestimmungen für Minderjährige

(1) Minderjährige Fremde, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, sind in Verfahren nach den Hauptstücken 2 bis 10 handlungsfähig. Sie können zu einer mündlichen Verhandlung einen gesetzlichen Vertreter und eine an der Sache nicht beteiligte Person ihres Vertrauens beiziehen.

(2) Der gesetzliche Vertreter eines Fremden nach Abs. 1 hat das Recht,

1. auch gegen den Willen des Minderjährigen Akteneinsicht zu nehmen und zu dessen Gunsten Beweisanträge zu stellen und

2. innerhalb der einer Partei offen stehenden Frist Rechtsmittel einzulegen, Beschwerden einzubringen und Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder auf Wiederaufnahme des Verfahrens zu stellen.

(3) Minderjährige Fremde, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und deren Interessen von ihrem gesetzlichen Vertreter nicht wahrgenommen werden können, können im eigenen Namen nur Verfahrenshandlungen zu ihrem Vorteil setzen. Gesetzlicher Vertreter wird mit Einleitung eines solchen Verfahrens der Jugendwohlfahrtsträger der Hauptstadt des Bundeslandes, in dem sich der Minderjährige aufhält. Wäre dieselbe Behörde für das fremdenpolizeiliche Verfahren und die Vertretung zuständig, so wird der örtlich nächstgelegene Jugendwohlfahrtsträger gesetzlicher Vertreter.

(4) Gelingt es dem Fremden nicht, eine behauptete und auf Grund der bisher vorliegenden Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zweifelhafte Minderjährigkeit, auf die er sich in einem Verfahren nach diesem Bundesgesetz beruft, durch unbedenkliche Urkunden oder sonstige geeignete und gleichwertige Bescheinigungsmittel nachzuweisen, kann die Behörde im Rahmen einer multifaktoriellen Untersuchungsmethodik zur Altersdiagnose (§ 2 Abs. 1 Z 25 AsylG 2005) auch die Vornahme radiologischer Untersuchungen, insbesondere Röntgenuntersuchungen, anordnen. Jede Untersuchungsmethode hat mit dem geringst möglichen Eingriff zu erfolgen. Die Mitwirkung des Fremden an einer radiologischen Untersuchung ist nicht mit Zwangsmittel durchsetzbar. Bestehen nach der Altersdiagnose weiterhin begründete Zweifel, so ist zu Gunsten des Fremden von seiner Minderjährigkeit auszugehen. Behauptet ein Fremder, ein bestimmtes Lebensjahr noch nicht vollendet zu haben und daher minderjährig zu sein, so ist – außer im Fall offenkundiger Unrichtigkeit – unverzüglich mit dem zuständigen Jugendwohlfahrtsträger Kontakt aufzunehmen und dieser zu hören.

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