BWG § 76. Staatskommissär, BGBl. I Nr. 22/2009, gültig von 01.04.2009 bis 02.01.2018

XIV. Abschnitt: Aufsicht

§ 76. Staatskommissär

(1) Sofern gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, hat der Bundesminister für Finanzen bei Kreditinstituten, deren Bilanzsumme eine Milliarde Euro übersteigt, einen Staatskommissär und dessen Stellvertreter für eine Funktionsperiode von längstens fünf Jahren zu bestellen; die Wiederbestellung ist zulässig. Die Staatskommissäre und deren Stellvertreter handeln als Organe der FMA und sind in dieser Funktion ausschließlich deren Weisungen unterworfen.

(2) Zum Staatskommissär und zu dessen Stellvertreter dürfen nur eigenberechtigte natürliche Personen mit Hauptwohnsitz im EWR bestellt werden, die

1. weder einem Organ des Kreditinstituts oder eines Unternehmens der betreffenden Kreditinstitutsgruppe angehören, noch in einem Abhängigkeits- oder Konkurrenzverhältnis zum Kreditinstitut oder einem dieser Unternehmen stehen,

2. die auf Grund ihrer Ausbildung, ihres beruflichen Werdeganges und der während ihrer Funktionsperiode ausgeübten beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit die erforderlichen Sachkenntnisse jederzeit besitzen und

3. die das jeweils bundesgesetzlich bestimmte Pensionsantrittsalter noch nicht erreicht haben und eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit insofern aktiv ausüben, als sie keinen Ruhegenuss aus einer früheren eigenen hauptberuflichen Tätigkeit beziehen.

(3) Der Staatskommissär oder dessen Stellvertreter sind vom Bundesminister für Finanzen aus ihrer Funktion abzuberufen, wenn die Voraussetzungen für die Bestellung nach Abs. 2 nicht mehr vorliegen oder anzunehmen ist, dass sie ihre Aufgaben nicht mehr ordnungsgemäß erfüllen werden. Die FMA hat dem Bundesminister für Finanzen die für die Bestellung und Abberufung von Staatskommissären maßgeblichen Umstände, insbesondere Informationen gemäß Abs. 1 sowie gemäß §§ 6, 7, 21 und 92 unverzüglich mitzuteilen.

(4) Der Staatskommissär und dessen Stellvertreter sind vom Kreditinstitut zu den Hauptversammlungen, Generalversammlungen und sonstigen Mitgliederversammlungen, zu den Sitzungen des Aufsichtsrates, der Prüfungsausschüsse sowie zu entscheidungsbefugten Ausschüssen des Aufsichtsrates rechtzeitig einzuladen. Auf ihren Antrag ist ihnen jederzeit das Wort zu erteilen. Alle Niederschriften über die Sitzungen der oben angeführten Organe sind dem Staatskommissär und dessen Stellvertreter zu übersenden.

(5) Der Staatskommissär oder im Falle von dessen Verhinderung dessen Stellvertreter haben gegen Beschlüsse der im Abs. 4 genannten Organe, durch die sie gesetzliche oder sonstige Vorschriften oder Bescheide des Bundesministers für Finanzen oder der FMA für verletzt erachten, unverzüglich Einspruch zu erheben und hievon der FMA zu berichten. Im Einspruch haben sie anzugeben, gegen welche Vorschriften nach ihrer Ansicht der Beschluss verstößt. Durch den Einspruch wird die Wirksamkeit des Beschlusses bis zur aufsichtsbehördlichen Entscheidung aufgeschoben. Das Kreditinstitut kann binnen einer Woche, gerechnet vom Zeitpunkt des Einspruches, die Entscheidung der FMA beantragen. Wird nicht binnen einer Woche nach Einlangen des Antrages entschieden, tritt der Einspruch außer Kraft. Wird der Einspruch bestätigt, so ist die Vollziehung des Beschlusses unzulässig.

(6) Beschlüsse eines im Abs. 4 genannten Organs, die außerhalb einer Sitzung oder im Ausland gefasst werden, sind sogleich dem Staatskommissär und dessen Stellvertreter mitzuteilen. In einem solchen Fall können der Staatskommissär oder im Falle von dessen Verhinderung sein Stellvertreter Einspruch nur schriftlich binnen zwei Bankarbeitstagen nach Zustellung des Beschlusses erheben.

(7) Dem Staatskommissär und dessen Stellvertreter steht das Recht zu, in die Schriftstücke und Datenträger des Kreditinstituts Einsicht zu nehmen, soweit es für die Erfüllung der im Abs. 5 genannten Aufgaben erforderlich ist. Unterlagen, die den Sitzungsteilnehmern der in Abs. 4 genannten Organe zur Verfügung stehen, sind ihnen spätestens zwei Bankarbeitstage vor der Sitzung zu übermitteln.

(8) Der Staatskommissär und dessen Stellvertreter haben ihnen bekannt gewordene Tatsachen, auf Grund derer die Erfüllung der Verpflichtungen des Kreditinstituts gegenüber dessen Gläubigern und insbesondere die Sicherheit der ihm anvertrauten Vermögenswerte nicht mehr gewährleistet ist, unverzüglich der FMA mitzuteilen und jährlich einen schriftlichen Bericht über ihre Tätigkeit zu übermitteln.

(9) Dem Staatskommissär und dessen Stellvertreter ist vom Bundesministerium für Finanzen eine Vergütung (Funktionsgebühr) zu leisten, die in einem angemessenen Verhältnis zu der mit der Aufsicht verbundenen Arbeit und zu den Aufwendungen hiefür steht. Jedem Kreditinstitut, bei dem ein Staatskommissär und dessen Stellvertreter bestellt sind, ist ein vom Bundesministerium für Finanzen zu bestimmender und an das Bundesministerium für Finanzen zu entrichtender jährlicher Pauschalbetrag (Aufsichtsgebühr) vorzuschreiben. Die Aufsichtsgebühr hat in einem angemessenen Verhältnis zu den mit der Aufsicht verbundenen Aufwendungen zu stehen.

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