BWG § 76. Staatskommissär, BGBl. Nr. 22/1995, gültig von 01.01.1995 bis 31.12.2001

XIV. Abschnitt: Aufsicht

§ 76. Staatskommissär

(1) Sofern gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, hat der Bundesminister für Finanzen zur Ausübung seines Aufsichtsrechtes bei Kreditinstituten, deren Bilanzsumme 5 Milliarden Schilling übersteigt, einen Staatskommissär und dessen Stellvertreter zu bestellen. Sie sind in dieser Funktion den Weisungen des Bundesministers für Finanzen unterworfen.

(2) Zum Staatskommissär und zu dessen Stellvertreter dürfen nur eigenberechtigte natürliche Personen mit Hauptwohnsitz im Inland bestellt werden, die

1. Beamte des Aktivstandes oder Vertragsbedienstete einer österreichischen Gebietskörperschaft sind,

2. weder einem Organ des Kreditinstitutes angehören noch in einem Abhängigkeitsverhältnis zu diesem stehen und

3. die auf Grund ihrer Ausbildung und ihres beruflichen Werdeganges die erforderlichen Sachkenntnisse besitzen.

(3) Der Staatskommissär oder dessen Stellvertreter sind vom Bundesminister für Finanzen aus ihrer Funktion abzuberufen, wenn die Voraussetzungen für die Bestellung nach Abs. 2 nicht mehr vorliegen oder anzunehmen ist, daß sie ihre Aufgaben nicht mehr ordnungsgemäß erfüllen werden.

(4) Der Staatskommissär und dessen Stellvertreter sind vom Kreditinstitut zu den Hauptversammlungen, Generalversammlungen und sonstigen Mitgliederversammlungen, zu den Sitzungen des Aufsichtsrates sowie zu entscheidungsbefugten Ausschüssen des Aufsichtsrates rechtzeitig einzuladen. Auf ihren Antrag ist ihnen jederzeit das Wort zu erteilen. Alle Niederschriften über die Sitzungen der oben angeführten Organe sind dem Staatskommissär und dessen Stellvertreter zu übersenden.

(5) Der Staatskommissär oder im Falle von dessen Verhinderung dessen Stellvertreter haben gegen Beschlüsse der im Abs. 4 genannten Organe, durch die er gesetzliche oder sonstige Vorschriften oder Bescheide des Bundesministers für Finanzen für verletzt erachten, unverzüglich Einspruch zu erheben und hievon dem Bundesminister für Finanzen zu berichten. Im Einspruch haben sie anzugeben, gegen welche Vorschriften nach ihrer Ansicht der Beschluß verstößt. Durch den Einspruch wird die Wirksamkeit des Beschlusses bis zur aufsichtsbehördlichen Entscheidung aufgeschoben. Das Kreditinstitut kann binnen einer Woche, gerechnet vom Zeitpunkt des Einspruches, die Entscheidung des Bundesministers für Finanzen beantragen. Wird nicht binnen einer Woche nach Einlangen des Antrages entschieden, tritt der Einspruch außer Kraft. Wird der Einspruch bestätigt, so ist die Vollziehung des Beschlusses unzulässig.

(6) Beschlüsse eines im Abs. 4 genannten Organs, die außerhalb einer Sitzung oder im Ausland gefaßt werden, sind sogleich dem Staatskommissär und dessen Stellvertreter mitzuteilen. In einem solchen Fall können der Staatskommissär oder im Falle von dessen Verhinderung sein Stellvertreter Einspruch nur schriftlich binnen zwei Bankarbeitstagen nach Zustellung des Beschlusses erheben.

(7) Dem Staatskommissär und dessen Stellvertreter steht das Recht zu, in die Schriftstücke und Datenträger des Kreditinstitutes Einsicht zu nehmen, soweit es für die Erfüllung der im Abs. 5 genannten Aufgaben erforderlich ist. Unterlagen, die den Sitzungsteilnehmern der in den Abs. 4 genannten Organe zur Verfügung stehen, sind ihnen spätestens zwei Bankarbeitstage vor der Sitzung zu übermitteln.

(8) Der Staatskommissär und dessen Stellvertreter haben ihnen bekanntgewordene Tatsachen, auf Grund derer die Erfüllung der Verpflichtungen des Kreditinstitutes gegenüber dessen Gläubigern und insbesondere die Sicherheit der ihm anvertrauten Vermögenswerte nicht mehr gewährleistet ist, unverzüglich der Aufsichtsbehörde mitzuteilen und jährlich einen schriftlichen Bericht über ihre Tätigkeit zu übermitteln.

(9) Dem Staatskommissär und dessen Stellvertreter ist von der Aufsichtsbehörde eine Vergütung (Funktionsgebühr) zu leisten, die in einem angemessenen Verhältnis zu der mit der Aufsicht verbundenen Arbeit und zu den Aufwendungen hiefür steht. Jedem Kreditinstitut, bei dem ein Staatskommissär und dessen Stellvertreter bestellt sind, ist ein von der Aufsichtsbehörde zu bestimmender und an sie zu entrichtender jährlicher Pauschalbetrag (Aufsichtsgebühr) vorzuschreiben. Die Aufsichtsgebühr hat in einem angemessenen Verhältnis zu den mit der Aufsicht verbundenen Aufwendungen zu stehen.

Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.

Fundstelle(n):
zur Änderungsdokumentation
TAAAA-76603