BWG § 30. Kreditinstitutsgruppe, BGBl. I Nr. 159/2015, gültig von 29.12.2015 bis 28.05.2021

VI. Abschnitt: Ordnungsnormen

4. Unterabschnitt: Gruppenbetrachtung

§ 30. Kreditinstitutsgruppe

(1) Eine Kreditinstitutsgruppe liegt vor, wenn ein übergeordnetes Kreditinstitut, eine übergeordnete Finanzholdinggesellschaft oder gemischte Finanzholdinggesellschaft mit Sitz im Inland bei einem oder mehreren Kreditinstituten, in einem Mitgliedstaat oder Drittland zugelassenen CRR-Kreditinstituten, Finanzinstituten, CRR-Finanzinstituten, Wertpapierfirmen, CRR-Wertpapierfirmen oder Anbietern von Nebendienstleistungen (nachgeordnete Institute) mit Sitz im Inland oder Ausland

1. die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 244 Abs. 1 UGB für die Erstellung eines Konzernabschlusses erfüllt,

2. über die Mehrheit der Stimmrechte der Gesellschaft verfügt,

3. das Recht besitzt, die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen, und gleichzeitig Gesellschafter ist,

5. beherrschenden Einfluss ausüben kann oder tatsächlich ausübt,

6. auf Grund eines Vertrages mit einem oder mehreren Gesellschaftern des Unternehmens das Recht zur Entscheidung besitzt, wie Stimmrechte der Gesellschafter, soweit sie mit seinen eigenen Stimmrechten zur Erreichung der Mehrheit aller Stimmen erforderlich sind, bei Bestellung oder Abberufung der Mehrheit der Mitglieder des Leitungs- oder eines Aufsichtsorgans auszuüben sind, oder

7. eine Beteiligung gemäß Art. 4 Abs. 1 Nummer 35 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 am nachgeordneten Institut hält, und diese Beteiligung von einem gruppenangehörigen Unternehmen gemeinsam mit einem oder mehreren Unternehmen geleitet wird, die nicht der Kreditinstitutsgruppe angehören, wenn die Haftung der betreffenden Unternehmen auf ihren Kapitalanteil beschränkt ist.

Als Finanzinstitute im Sinne dieser Bestimmung gelten auch Unternehmen, die als gemeinnützige Bauvereinigungen anerkannt sind, und Unternehmen, die gemäß Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie 2013/36/EU dauernd von der Anwendung der für Kreditinstitute geltenden Richtlinien ausgeschlossen sind. Zentralbanken der Mitgliedstaaten gelten nicht als Finanzinstitute.

(2) Ergänzend zu Abs. 1 liegt eine Kreditinstitutsgruppe vor, wenn eine Mutterfinanzholdinggesellschaft, gemischte Mutterfinanzholdinggesellschaft, EU-Mutterfinanzholdinggesellschaft oder gemischte EU-Mutterfinanzholdinggesellschaft ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hat und

1. dieser Gesellschaft mindestens ein Kreditinstitut mit Sitz im Inland nachgeordnet ist (Abs. 1 Z 1 bis 7),

2. der Gruppe jedoch kein in einem Mitgliedstaat zugelassenes CRR-Kreditinstitut, das seinen Sitz im Sitzstaat der jeweiligen Holdinggesellschaft hat, als nachgeordnetes Institut angehört, und

3. das Kreditinstitut mit Sitz im Inland eine höhere Jahresbilanzsumme als jedes andere in einem Mitgliedstaat zugelassene gruppenangehörige CRR-Kreditinstitut hat; bei gleich hoher Bilanzsumme entscheidet, wer zuerst die Zulassung erhalten hat.

Ist die Einstufung als Kreditinstitutsgruppe in Hinblick auf die relative Bedeutung der Tätigkeiten eines Kreditinstitutes im Inland unangemessen, kann die FMA von der Anwendung des 1. und 2. Unterabsatzes absehen und in Einklang mit § 77b Abs. 4 Z 2 die Aufgaben und Zuständigkeiten an eine andere Behörde übertragen. Die FMA gibt dem EU-Mutterunternehmen, der EU-Mutterfinanzholdinggesellschaft, der gemischten EU-Mutterfinanzholdinggesellschaft oder dem Institut mit der höchsten Bilanzsumme vor Erlass des diesbezüglichen Bescheids Gelegenheit zur Stellungnahme. Die FMA informiert die Europäische Kommission und die EBA von einer gemäß Art. 111 Abs. 5 der Richtlinie 2013/36/EU getroffenen Entscheidung.

(2a) Auf Finanzinstitute und Anbieter von Nebendienstleistungen, die Kreditinstituten gemäß § 1 Abs. 1, auf die die Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 gemäß § 3 keine Anwendung finden, nachgeordnet sind, müssen die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, die für Kreditinstitutsgruppen gelten, nicht angewendet werden, wenn

1. deren Bilanzsumme entweder kleiner ist als zehn Millionen Euro oder weniger als 1 vH der Bilanzsumme des übergeordneten Kreditinstitutes beträgt, wobei jeweils auf den kleineren der beiden Beträge abzustellen ist, oder

2. deren Bilanzsumme weniger als 1 vH der Bilanzsumme des übergeordneten Kreditinstitutes beträgt und das betreffende Unternehmen für die Ziele der Bankaufsicht nur von untergeordneter Bedeutung ist.

Erfüllen mehrere nachgeordnete Institute die Voraussetzungen der Z 1 oder 2 und sind diese zusammengenommen für die Ziele der Aufsicht über Kreditinstitute nicht von untergeordneter Bedeutung, so sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, die für Kreditinstitutsgruppen gelten, anzuwenden.

(3) Mittelbar gehaltene Beteiligungen sind nur einzubeziehen, wenn sie über ein Tochterunternehmen gemäß Art. 4 Abs. 1 Nummer 16 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 gehalten werden. § 244 Abs. 4 und 5 UGB ist anzuwenden.

(4) Eine Kreditinstitutsgruppe liegt hinsichtlich folgender übergeordneter Institute nicht vor:

1. Das Kreditinstitut mit Sitz im Inland ist gleichzeitig einem anderen Kreditinstitut, einer anderen Finanzholdinggesellschaft oder einer anderen gemischten Finanzholdinggesellschaft, jeweils mit Sitz im Inland, nachgeordnet;

3. das Kreditinstitut mit Sitz im Inland, ausgenommen die Zentralorganisation, ist Mitglied eines Kreditinstitute-Verbundes (§ 30a).

(5) Übergeordnetes Kreditinstitut einer Kreditinstitutsgruppe ist jenes Kreditinstitut mit Sitz im Inland, das selbst keinem anderen gruppenangehörigen Kreditinstitut mit Sitz im Inland nachgeordnet ist. Erfüllen mehrere Kreditinstitute diese Voraussetzung, so gilt dasjenige von ihnen als übergeordnetes Kreditinstitut, das die höchste Bilanzsumme hat.

(6) Das übergeordnete Kreditinstitut ist für die Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, die für die Kreditinstitutsgruppe gelten, verantwortlich.

(7) Die Institute der Kreditinstitutsgruppe haben angemessene interne Kontrollverfahren einzurichten und dem übergeordneten Kreditinstitut alle für die Konsolidierung erforderlichen Unterlagen zu übermitteln und Auskünfte zu erteilen. Sie haben einander außerdem alle erforderlich erscheinenden Informationen zu geben, um für die Kreditinstitutsgruppe und die ihr angehörenden Institute eine angemessene Risikoerfassung, -beurteilung, -begrenzung, -steuerung und -überwachung im Sinne der §§ 39 und 39a und die bankbetrieblich erforderliche Erfassung, Ermittlung und Auswertung von Kreditrisiken sicherzustellen. Ferner haben Unternehmen, an denen ein Kreditinstitut beteiligt ist, Auskünfte über jene Beteiligungen zu erteilen, die zur Feststellung der Konsolidierungspflicht des übergeordneten Kreditinstitutes in Bezug auf indirekte Beteiligungen erforderlich sind.

(7a) Die in § 5 Abs. 1 Z 6 bis 9 und § 28a Abs. 5 Z 1 bis 4 festgelegten Anforderungen sind unter Beachtung der Unterschiede in Bezug auf Geschäftsmodell und Organisation entsprechend auch auf die Geschäftsleiter und Mitglieder des Aufsichtsrates von Finanzholdinggesellschaften und gemischten Finanzholdinggesellschaften anzuwenden.

(8) Das übergeordnete Kreditinstitut hat die Informationsübermittlung und Auskunftserteilung durch die nachgeordneten Institute, eine übergeordnete Finanzholdinggesellschaft oder gemischte Finanzholdinggesellschaft sicherzustellen. Kommt die übergeordnete Holdinggesellschaft ihrer Informationspflicht gemäß Abs. 7 nicht nach, so hat das übergeordnete Kreditinstitut dies der FMA anzuzeigen. Ist bei Erwerb einer konsolidierungspflichtigen Beteiligung die Übermittlung der für die Konsolidierung erforderlichen Auskünfte nicht sichergestellt, so darf das übergeordnete Institut diese Beteiligung nicht erwerben.

(8a) Die auf einer konsolidierten Basis beaufsichtigten verbundenen Unternehmen mit Sitz im Ausland haben der FMA auf Verlangen alle für die konsolidierte Aufsicht erforderlichen Unterlagen zu übermitteln und Auskünfte zu erteilen, soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben der FMA nach diesem Bundesgesetz oder nach der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 erforderlich und nach dem Recht des anderen Staates zulässig ist.

(9) Tochterunternehmen mit Sitz im Inland, die einer Konsolidierungspflicht gegenüber Finanzholdinggesellschaften, gemischten Finanzholdinggesellschaften, Kreditinstituten, CRR-Kreditinstituten, Wertpapierfirmen, CRR-Wertpapierfirmen, CRR-Finanzinstituten oder Finanzinstituten als Mutterunternehmen mit Sitz im Ausland unterliegen, haben dem Mutterunternehmen alle für die Konsolidierung erforderlichen Unterlagen zu übermitteln und Auskünfte zu erteilen; sie haben weiters dem Mutterunternehmen und den übrigen diesem nachgeordneten Instituten alle für die bankbetrieblich notwendige Erfassung, Ermittlung und Auswertung von Kreditrisiken erforderlichen Unterlagen zu übermitteln und Auskünfte zu erteilen.

(9a) Unterliegt ein Kreditinstitut, dessen Mutterunternehmen ein Institut, eine Finanzholdinggesellschaft oder eine gemischte Finanzholdinggesellschaft mit Sitz außerhalb der Europäischen Union ist, keiner Aufsicht auf konsolidierter Basis gemäß Teil 1 Titel II Kapitel 2 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013, so

1. hat die FMA zu prüfen, ob dieses Institut einer Aufsicht auf konsolidierter Basis durch die zuständige Behörde des Drittlandes unterliegt und diese Aufsicht den Grundsätzen dieses Bundesgesetzes und der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 über die Beaufsichtigung auf konsolidierter Basis entspricht;

2. hat die FMA, falls keine gleichwertige Beaufsichtigung stattfindet, die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes und der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 über die Beaufsichtigung auf konsolidierter Basis entsprechend auf das Kreditinstitut anzuwenden. In diesem Fall hat die FMA nach Konsultation der zuständigen Behörden eines Drittlandes und der EBA diese Überprüfung auf Wunsch des Mutterunternehmens, eines in der Gemeinschaft zugelassenen Unternehmens oder auf eigene Initiative vorzunehmen;

3. kann die FMA, falls die Anwendung dieser Aufsichtstechnik angemessen ist und die zuständige Behörde des Drittlandes zustimmt, zur Erreichung der Ziele der Aufsicht auf konsolidierter Basis verlangen, dass eine Finanzholdinggesellschaft oder gemischte Finanzholdinggesellschaft mit Sitz in der Europäischen Union gegründet wird und die Bestimmungen über die Aufsicht auf konsolidierter Basis auf den konsolidierten Abschluss dieser Holdinggesellschaft angewandt werden. Die Anwendung dieser Aufsichtstechnik ist von der FMA den zuständigen Behörden des Drittlandes, der Europäischen Kommission, der EBA und den zuständigen Behörden der anderen jeweils zuständigen Mitgliedstaaten mitzuteilen;

4. berücksichtigt die FMA gemäß Art. 127 Abs. 2 der Richtlinie 2013/36/EU vorliegende allgemeine Orientierungen des Europäischen Bankenausschusses (EBC) und konsultiert hierzu die EBA, bevor sie entscheidet.

(10) Unterlagen und Auskünfte gemäß Abs. 7 und 9 umfassen insbesondere folgende Bereiche der Konsolidierung und der bankbetrieblich notwendigen Erfassung, Ermittlung und Auswertung von Risiken, sowohl konsolidiert als auch bei den einzelnen Instituten:

1. Aktiv- und Passivposten sowie Positionen der Ertragsrechnung,

2. außerbilanzielle Geschäfte (Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 575/2013),

3. Derivate (Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 575/2013),

4. Eigenmittel (Teil 2 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013),

5. Großkredite (Teil 4 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013),

6. qualifizierte Beteiligungen (Teil 2 Titel IV der Verordnung (EU) Nr. 575/2013),

7. Jahresabschluss samt Anhang und Lagebericht,

8. Kreditregister und vergleichbare Einrichtungen im Ausland,

9. Devisenpositionen,

10. Positionen, die in die Konsolidierung eines Kurs-, Liquiditäts-, Zinsänderungs- oder Wertpapierrisikos einfließen,

11. Unternehmenssteuerung (§ 39),

12. kreditinstitutseigene Verfahren zur Bewertung der Eigenkapitalausstattung (§ 39a),

13. Offenlegungspflichten (Teil 8 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013),

14. Liquidität (Teil 6 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013) und

15. Leverage (Teil 7 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013).

Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.

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