BWG § 2. Begriffsbestimmungen, BGBl. I Nr. 107/2017, gültig von 03.01.2018 bis 31.07.2017

I. Allgemeine Bestimmungen

§ 2. Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Bundesgesetzes sind:

1. Geschäftsleiter:

a) Diejenigen natürlichen Personen, die nach dem Gesetz oder der Satzung zur Führung der Geschäfte, insbesondere zur Festlegung der Strategie, Ziele und der Gesamtpolitik, sowie zur organschaftlichen Vertretung des Kredit- oder Finanzinstitutes nach außen vorgesehen sind;

b) bei Kreditgenossenschaften diejenigen natürlichen Personen, die vom Vorstand, dem Aufsichtsrat oder der Generalversammlung mit der Führung der Geschäfte, insbesondere der Festlegung der Strategie, Ziele und der Gesamtpolitik, betraut sowie als Geschäftsleiter namhaft gemacht wurden; zur Vertretung der Kreditgenossenschaft sind – unbeschadet einer Prokura (§ 48 UGB) oder Handlungsvollmacht (§ 54 UGB) – ausschließlich die Geschäftsleiter befugt; die Betrauung als Geschäftsleiter ist im Firmenbuch einzutragen;

c. bei Zweigstellen ausländischer Kredit- oder Finanzinstitute diejenigen natürlichen Personen, die zur Führung der Geschäfte und zur Vertretung der Zweigstellen nach außen vorgesehen sind; diese sind für die Einhaltung der für Zweigstellen ausländischer Kredit- oder Finanzinstitute anwendbaren Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gemäß § 9 VStG verantwortlich;

d. bei Zweigstellen von Kreditinstituten gemäß § 9 Abs. 1 und Finanzinstituten gemäß § 11 oder § 13 diejenigen Personen, die zur Führung der Geschäfte und zur Vertretung der Zweigstelle nach außen vorgesehen sind; diese sind für die Einhaltung der in § 9 Abs. 7, § 11 Abs. 5 oder § 13 Abs. 4 genannten Bestimmungen durch Zweigstellen gemäß § 9 VStG verantwortlich;

1a. Leitungsorgan: das Organ oder die Organe eines Kreditinstituts in seiner beziehungsweise ihrer Geschäftsleitungs- und Aufsichtsfunktion, die nach innerstaatlichem Recht eines Mitgliedstaates bestellt werden, um die Strategie, Ziele und Gesamtpolitik des Instituts festzulegen und die Entscheidungen der Geschäftsleitung zu kontrollieren und zu überwachen. Zum Leitungsorgan gehören auch die Personen, die die Geschäfte des Instituts effektiv führen; sehen die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates vor, dass das Leitungsorgan mehrere verschiedene Organe mit spezifischen Funktionen umfasst, so gelten die durch die Richtlinie 2013/36/EU vorgegebenen Anforderungen an das Leitungsorgan lediglich für diejenigen Mitglieder des Leitungsorgans, denen die Rechtsvorschriften des jeweiligen Mitgliedstaates die entsprechenden Befugnisse zuweisen;

1b. Höheres Management: diejenigen natürlichen Personen, die in einem Institut Führungsaufgaben wahrnehmen oder leitende Tätigkeiten ausüben und der Geschäftsleitung gegenüber für das Tagesgeschäft verantwortlich und rechenschaftspflichtig sind;

2. Einlagensicherungssysteme: Einlagensicherungssysteme gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes – ESAEG, BGBl. I Nr. 117/2015, einschließlich Einlagensicherungssysteme in einem Drittland;

3. Sicherungseinrichtung: Sicherungseinrichtung gemäß § 1 Abs. 1 ESAEG;

4. Satzung: entsprechend der Rechtsform des Unternehmens die Satzung, der Gesellschafts- oder der Genossenschaftsvertrag;

5. Mitgliedstaat: jeder Staat, der dem Europäischen Wirtschaftsraum angehört;

6. Anlegerentschädigungssysteme: Anlegerentschädigungssysteme gemäß § 44 Z 9 ESAEG, einschließlich Anlegerentschädigungssysteme in einem Drittland;

8. Drittland: jeder Staat, der nicht dem Europäischen Wirtschaftsraum angehört;

13. Ausländisches Kreditinstitut: wer außerhalb der Mitgliedstaaten nach den Vorschriften des Sitzstaates berechtigt ist, Geschäfte nach § 1 Abs. 1 zu betreiben;

14. Ausländisches Finanzinstitut: wer außerhalb der Mitgliedstaaten nach den Vorschriften des Sitzstaates berechtigt ist, Geschäfte nach § 1 Abs. 2 zu betreiben;

17. Repräsentanz: eine Betriebsstelle, die einen rechtlich unselbständigen Teil eines nicht in Österreich zugelassenen Kreditinstitutes bildet und keine Geschäfte gemäß § 1 Abs. 1 betreibt;

18. Leiter einer Repräsentanz: diejenigen natürlichen Personen, die zur Leitung des Betriebs der Repräsentanz und der Vertretung der Repräsentanz nach außen vorgesehen sind; diese sind für die Einhaltung der in § 73 Abs. 2 genannten Pflichten durch Repräsentanzen gemäß § 9 VStG verantwortlich;

22. Nichtbank: jeder, der weder Kreditinstitut noch ein in einem Mitgliedstaat oder Drittland zugelassenes CRR-Kreditinstitut, einschließlich deren Zweigstellen ist;

26. Interner Ansatz: Ansatz oder Modell, das in den Art. 143 Abs. 1, 221, 225, 312 Abs. 2, 283, 363 und 259 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 geregelt wird und dessen Anwendung durch ein Kreditinstitut eine Bewilligung voraussetzt;

27. Risiko einer übermäßigen Verschuldung: Risiko, das aus einer faktischen oder möglichen Verschuldung eines Kreditinstitutes für dessen Stabilität entsteht und das unvorhergesehene Korrekturen seines Geschäftsplanes erfordert, einschließlich der Veräußerung von Aktivposten aus einer Notlage heraus, was zu Verlusten oder Bewertungsanpassungen der verbleibenden Aktivposten führen könnte;

28. Modellrisiko: Möglicher Verlust aus den Konsequenzen von Entscheidungen, die auf den Ergebnissen von internen Ansätzen basieren und die auf Fehler in der Entwicklung, Umsetzung und Anwendung solcher Ansätze zurückgehen;

29. Wertpapierdienstleistung: eine Wertpapierdienstleistung oder Anlagetätigkeit gemäß § 1 Z 3 WAG 2018

33. anerkannte Clearingstelle: eine Einrichtung, die

a) von einer staatlichen Stelle oder einer staatlich anerkannten Stelle geregelt und überwacht wird,

b) für Mitglieder unmittelbar und für Nichtmitglieder über einen Clearing-Teilnehmer zugänglich ist,

c) Geschäfte in Finanzdienstleistungen abwickelt und in diese Geschäfte selbst als Vertragspartner eintritt und die

d) von ihren Abwicklungspartnern angemessene Einschüsse zur Risikoabdeckung verlangt;

34. Zentralverwahrer: juristische Person gemäß Art. 2 Abs. 1 Z 1 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 zur Verbesserung der Wertpapierlieferungen und -abrechnungen in der Europäischen Union und über Zentralverwahrer sowie zur Änderung der Richtlinien 98/26/EG und 2014/65/EU und der Verordnung (EU) Nr. 236/2012, ABl. Nr. L 257 vom S. 1;

34a. benanntes Kreditinstitut: Kreditinstitut, das von einem Zentralverwahrer gemäß Art. 54 Abs. 2 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 benannt ist;

35. Investmentfondsanteile: Anteile an einem Investmentfonds gemäß § 3 Abs. 2 Z 30 InvFG 2011;

40. Schuldtitel: Wertpapiere, die Forderungsrechte verbriefen, und hiervon abgeleitete Finanzinstrumente;

41. systemisches Risiko: Risiko einer Störung im Finanzsystem insgesamt oder von Teilen des Finanzsystems, die schwerwiegende negative Auswirkungen im Finanzsystem und in der Realwirtschaft nach sich ziehen kann;

42. bedeutendes Tochterunternehmen: Unternehmen, das eine Bilanzsumme von 5vH gemessen an der Kreditinstitutsgruppe hat und anhand der Kriterien Größe, Geschäftstruktur, Kundenkreis, Geschäftsart, örtlicher Tätigkeitsbereich, nachgeordnete Institute und dessen wichtiger Bedeutung für den österreichischen Finanzsektor unter Berücksichtigung von Finanzmarktstabilitätsgründen von der FMA als bedeutend eingestuft wird; die Einstufung eines Kreditinstituts als bedeutendes Tochterunternehmen für die Zwecke des Art. 13 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 ist von der FMA durch Bescheid festzustellen. Wird ein Kreditinstitut als bedeutendes Kreditinstitut eingestuft, hat die FMA eine Ausfertigung des Bescheides der zuständigen Behörde des EU-Mutterkreditinstitutes oder des übergeordneten Kreditinstitutes der EU-Mutterfinanzholdinggesellschaft zu übermitteln;

43. Kapitalpuffer-Anforderung für Systemrelevante Institute: die von Systemrelevanten Instituten zur Berechnung des individuellen oder konsolidierten Kapitalpuffers anzuwendende Kapitalpuffer-Anforderung, die gemäß § 23c Abs. 5 bestimmt wird;

44. Kapitalpuffer-Anforderung für Globale Systemrelevante Institute: Die von Globalen Systemrelevanten Instituten zur Berechnung des konsolidierten Kapitalpuffer anzuwendende Kapitalpuffer-Anforderung, die gemäß § 23b Abs. 6 bestimmt wird;

44a. Kapitalpuffer-Anforderung für den antizyklischen Kapitalpuffer: Kapitalpuffer-Anforderung, die gemäß § 23a Abs. 1 bestimmt wird;

44b. Kapitalpuffer-Anforderung für den Systemrisikopuffer: Kapitalpuffer-Anforderung, die gemäß § 23d Abs. 1 bestimmt wird;

45. kombinierte Kapitalpuffer-Anforderung: Summe der Kapitalpuffer-Anforderung für die Einhaltung des Kapitalerhaltungspuffers und gegebenenfalls der Kapitalpuffer-Anforderung für die Einhaltung des antizyklischen Kapitalpuffers, des Systemrisikopuffers und der Kapitalpuffer-anforderung für Systemrelevante Institute oder Globale Systemrelevante Institute unter Berücksichtigung von § 23b Abs. 7 bis 9 und § 23c Abs. 8;

49. Delta-Faktor: jener Faktor, der die voraussichtliche Änderung des Optionspreises im Verhältnis zu einer geringen Preisschwankung des zugrundeliegenden Instruments, jeweils bezogen auf Geldeinheiten, angibt;

54. Gamma-Risiko: die Sensitivität des Deltafaktors gegenüber Preisänderungen des Basisinstruments;

55. Vega-Risiko: die Sensitivität des Optionspreises gegenüber Schwankungen der Volatilität des Basisinstruments;

59. Abfertigungsbeiträge: die Beiträge gemäß §§ 6 und 7 des Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetzes – BMSVG, BGBl. I Nr. 100/2002, die der Betrieblichen Vorsorgekasse (BV-Kasse) tatsächlich zugeflossen sind, einschließlich allfälliger Verzugszinsen;

59a. Selbständigenvorsorgebeiträge: die Beitrage gemäß §§ 52 und 64 BMSVG, die der BV-Kasse tatsächlich zugeflossen sind, einschließlich allfälliger Verzugszinsen;

71. vertragliche Netting-Vereinbarungen: bilaterale Schuldumwandlungsverträge und sonstige bilaterale Aufrechnungsvereinbarungen; ein bilateraler Schuldumwandlungsvertrag liegt vor, wenn gegenseitige Forderungen und Verbindlichkeiten automatisch so zusammengefasst werden, dass sich bei jeder Schuldumwandlung ein einziger Nettobetrag ergibt und ein einziger rechtsverbindlicher neuer Vertrag geschaffen wird, der die früheren Verträge erlöschen lässt;

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