BWG § 22. Solvabilität, BGBl. Nr. 445/1996, gültig von 23.08.1996 bis 31.12.1996

V. Abschnitt: Kapitalerhaltungspuffer, Kapitalerhaltungsmaßnahmen und makroprudenzielle Instrumente

1. Unterabschnitt Kapitalerhaltungspuffer und kombinierte Kapitalpufferanforderung

§ 22. Solvabilität

(1) Die Eigenmittel jedes Kreditinstitutes und jeder Kreditinstitutsgruppe haben jederzeit zumindest 8 vH der Bemessungsgrundlage zu betragen. Der Bundesminister für Finanzen kann diesen Satz durch Verordnung auf 8,5 vH erhöhen wenn dies im volkswirtschaftlichen Interesse an einem funktionsfähigen Bankwesen gelegen ist. Unabhängig davon darf das bei Konzessionserteilung geforderte Anfangskapital oder die Anfangsdotation nicht unterschritten werden.

(2) Die gewichteten Aktivposten, die außerbilanzmäßigen Geschäfte und die besonderen außerbilanzmäßigen Finanzgeschäfte bilden die Bemessungsgrundlage für die erforderlichen Eigenmittel. Diese wird wie folgt berechnet:

1. Die um Wertberichtigungen gekürzten Buchwerte der Aktivposten sind mit den in Abs. 3 genannten Gewichten zu multiplizieren;

2. für die in Anlage 1 genannten außerbilanzmäßigen Geschäfte - abzüglich hiefür gebildeter Rückstellungen - ist der risikogewichtete Wert gemäß Abs. 4 zu ermitteln;

3. für besondere außerbilanzmäßige Finanzgeschäfte gemäß Anlage 2 sind die potentiellen Kosten von Ersatzkontrakten bei Nichterfüllung durch den Vertragspartner (potentieller Eindeckungsaufwand zuzüglich eines allgemeinen Zuschlages) gemäß Abs. 5 und 6 zu ermitteln; für einzelne Geschäfte gebildete Rückstellungen können von diesem Wert abgezogen werden; diese Kosten werden mit dem zugehörigen Gewicht für den Vertragspartner gemäß Abs. 3 multipliziert, wobei das höchste Gewicht 50 vH beträgt.

(3) Alle Aktivposten sind mit einem Gewicht von 100 vH zu versehen, sofern sie nicht gemäß den Z 1 bis 8 gesondert zu gewichten sind:

1. Gewicht Null:

a) Kassenbestand in Schilling und in Valuten in frei konvertierbarer Fremdwährung, gemünzte Edelmetalle, soweit sie inländische oder ausländische gesetzliche Zahlungsmittel sind;

b) Forderungen an den Bund, die Länder, die Gemeinden und an Zentralregierungen sowie Zentralbanken der Zone A;

hinsichtlich der Länder und Gemeinden hat der Bundesminister für Finanzen die Europäische Kommission zu unterrichten;

c) Forderungen an die Europäischen Gemeinschaften;

d) Forderungen mit ausdrücklicher Haftung des Bundes, der Länder, der Gemeinden, der Zentralregierungen oder der Zentralbanken der Zone A;

e) Forderungen an Zentralregierungen und Zentralbanken der Zone B, die auf die nationale Währung des jeweiligen Kreditnehmers lauten und auch in dieser Währung refinanziert sind;

f) Forderungen mit ausdrücklicher Haftung der Zentralregierungen oder der Zentralbanken der Zone B, die auf die gemeinsame nationale Währung des Kreditnehmers und des Haftenden lauten und auch in dieser Währung refinanziert sind;

g) Aktivposten, die durch Wertpapiere des Bundes, der Zentralregierungen sowie der Zentralbanken der Zone A oder der Europäischen Gemeinschaften ausreichend besichert sind, sofern diese Wertpapiere beim kreditgebenden Institut hinterlegt sind; den genannten Wertpapieren sind jene gleichgestellt, für die der Bund, die Zentralregierungen der Zone A, die Zentralbanken der Zone A oder die Europäischen Gemeinschaften haften;

h) Aktivposten, die durch Bareinlagen beim kreditgebenden Institut, durch Einlagen Zertifikate oder ähnliche Wertpapiere, die vom kreditgebenden Institut ausgegeben und bei ihm hinterlegt sind, ausreichend gesichert sind;

i) Treuhandvermögen, soweit das Kreditinstitut nur das Gestionsrisiko trägt, Schuldverschreibungen aus eigener Emission sowie die gemäß § 25 Abs. 13 gehaltene Liquiditätsreserve;

j) Aktivposten, die von den eigenen Eigenmitteln abzuziehen sind;

k) Rechnungsabgrenzungsposten, die Korrekturposten zu eigenen Verbindlichkeiten sind;

2. Gewicht 20 vH:

a) Forderungen an die Europäische Investitionsbank und Forderungen mit ausdrücklicher Haftung dieser Bank;

b) Forderungen an multilaterale Entwicklungsbanken (Anlage 3) und Forderungen mit ausdrücklicher Haftung dieser Institute;

c) Forderungen an sonstige Regionalregierungen und sonstige örtliche Gebietskörperschaften der Zone A, soweit sie nicht mit einem Gewicht Null versehen werden können;

d) Forderungen mit ausdrücklicher Haftung der sonstigen Regionalregierungen oder der sonstigen örtlichen Gebietskörperschaften der Zone A;

e) Forderungen an inländische Sozialversicherungsträger, Kammern und gesetzlich anerkannte Religionsgemeinschaften, soweit sie Körperschaften öffentlichen Rechts sind;

f) Forderungen mit ausdrücklicher Haftung der in lit. e genannten Institutionen;

g) Aktivposten, die durch

aa) Wertpapiere der Länder,

bb) Wertpapiere der Gemeinden,

cc) Wertpapiere mit ausdrücklicher Haftung eines Landes,

dd) Wertpapiere mit ausdrücklicher Haftung einer Gemeinde,

ee) Einlagen bei anderen Kreditinstituten der Zone A oder durch

ff) Einlagenzertifikate oder durch ähnliche Wertpapiere anderer Kreditinstitute der Zone A

ausreichend besichert sind; der Bundesminister für Finanzen hat die Europäische Kommission über die für diese Regelung maßgeblichen Gründe zu unterrichten;

h) Forderungen an Kreditinstitute der Zone A, sofern sie bei diesen nicht Eigenmittel darstellen;

i) Forderungen an Kreditinstitute der Zone B mit einer Ursprungslaufzeit bis zu einem Jahr, ausgenommen Forderungen, die Eigenmittel dieser Kreditinstitute sind;

j) Aktivposten mit ausdrücklicher Haftung eines Kreditinstituts der Zone A;

k) Forderungen mit einer Ursprungslaufzeit bis zu einem Jahr und einer ausdrücklichen Haftung eines Kreditinstituts der Zone B;

l) Aktivposten, die durch Wertpapiere der Europäischen Investitionsbank oder einer multilateralen Entwicklungsbank ausreichend besichert sind;

m) Forderungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts, die vom Bund, einem Land oder einer Gemeinde getragen werden und keine Erwerbszwecke verfolgen, sowie Unternehmen ohne Erwerbscharakter im Besitz einer dieser Gebietskörperschaften;

n) Aktivposten mit ausdrücklicher Haftung der in lit. m genannten Institutionen;

o) im Einzug befindliche Werte;

3. Gewicht 50 vH:

a) Forderungen, die durch Hypotheken auf Wohneigentum, das vom Kreditnehmer gegenwärtig oder künftig selbst genutzt, vermietet oder Dritten zu einem dieser Zwecke ins Eigentum übertragen wird, im vollen Umfang gesichert sind; ausgenommen jedoch gewerbsmäßige Zimmervermietung;

b) jene Rechnungsabgrenzungsposten, für die das Kreditinstitut den Vertragspartner nicht bestimmen kann;

4. Investmentfondsanteile, die Miteigentumsrechte vermitteln, können mit den anteiligen Werten aus der Risikogewichtung des Fondsvermögens angesetzt werden; sie können anteilig auch mit jenen Gewichten versehen werden, die sich aus der größtmöglichen Ausnutzung der gemäß Fondsbestimmungen zulässigen höchsten Risikokategorien ergeben;

5. Aktivposten aus dem Leasinggeschäft sind mit dem Barwert der diskontierten Leasingforderungen anzusetzen und mit dem Gewicht des Leasingnehmers zu versehen;

6. der Bundesminister für Finanzen kann durch Verordnung ein Gewicht von 10 vH für jene Forderungen an Kreditinstitute festlegen, die in Österreich auf den Interbankenmarkt und den Markt für öffentliche Anleihen spezialisiert sind, wenn diese Forderungen durch eine Verbindung von Aktivposten, die in Z 1 oder 2 genannt sind, ausreichend gesichert sind; hinsichtlich gleichartiger Forderungen an in Mitgliedstaaten zugelassene Kreditinstitute kann der Bundesminister für Finanzen die Verordnung erlassen, wenn eine Mitteilung der Europäischen Kommission an den Bundesminister für Finanzen vorliegt, wonach die zuständigen Behörden des Ursprungsmitgliedstaates das Vorliegen der zuvor genannten Voraussetzungen bestätigen; der Bundesminister für Finanzen hat die Europäische Kommission über die Erlassung der Verordnungen und die hiefür maßgeblichen Gründe zu unterrichten;

7. der Bundesminister für Finanzen kann durch Verordnung ein Gewicht von 20 vH für jene Aktivposten festlegen, die durch Sicherheiten in Form von Wertpapieren der sonstigen Regionalregierungen oder sonstigen örtlichen Gebietskörperschaften der Zone A ausreichend gesichert sind, wenn dies im volkswirtschaftlichen Interesse an einem funktionsfähigen Bankwesen gelegen ist; der Bundesminister für Finanzen hat die Europäische Kommission über die Erlassung der Verordnung und die hiefür maßgeblichen Gründe zu unterrichten;

8. Optionsscheine, Optionsrechte und Gewinnansprüche aus der Marktwertbewertung besonderer außerbilanzmäßiger Finanzgeschäfte sind nicht als Aktivposten, sondern als besondere außerbilanzmäßige Finanzgeschäfte gemäß Abs. 5 und 6 zu gewichten.

(4) Die außerbilanzmäßigen Geschäfte gemäß Anlage 1 sind zunächst mit folgenden Hundertsätzen zu multiplizieren:

1. Posten mit hohem Kreditrisiko: 100 vH;

2. Posten mit mittlerem Kreditrisiko: 50 vH;

3. Posten mit unterdurchschnittlichem Kreditrisiko: 20 vH;

4. Posten mit niedrigem Kreditrisiko: 0 vH.

Danach werden die gemäß Z 1 bis 4 gewichteten Posten mit dem jeweiligen Gewicht entsprechend dem Verfahren für Aktivposten gemäß Abs. 3 multipliziert. Bei Pensionsgeschäften und Termingeschäften mit Aktivposten sind die Gewichte der betreffenden Aktivposten, bei Haftungen das Gewicht des Hauptschuldners maßgeblich.

(5) Die besonderen außerbilanzmäßigen Finanzgeschäfte gemäß Anlage 2 sind nach einer der in Abs. 6 genannten Methoden zu gewichten. Die gewählte Methode ist für jede einzelne Währung oder für jede einzelne der in Anlage 2 genannten Geschäftsarten einheitlich anzuwenden. Ein Methodenwechsel ist nur vom Ursprungsrisikoansatz hin zum Marktbewertungsansatz zulässig. Von der Eigenmittelunterlegung sind jene Verträge ausgenommen, die an anerkannten Handelsplätzen gehandelt werden, an denen sie täglichen Einschußsätzen unterworfen sind, und Wechselkursverträge mit einer Ursprungslaufzeit von 14 Kalendertagen oder weniger. Besteht zwischen dem Kreditinstitut und seinem Vertragspartner ein gesonderter zweiseitiger Schuldumwandlungsvertrag, gemäß dem die zu einem bestimmten Zeitpunkt fälligen gegenseitigen Verpflichtungen automatisch mit anderen ähnlichen Verpflichtungen, die zum selben Zeitpunkt fällig sind, laufend in schuldersetzender Weise saldiert werden, so kann das Kreditinstitut den Anspruch aus dem jeweiligen Saldo der Eigenmittelunterlegung zu Grunde legen. Diese Bestimmung ist nur anwendbar, wenn das Kreditinstitut geprüft hat, daß die anzuwendenden Rechtsordnungen und die Vorschriften der zuständigen Aufsichtsbehörden dem nicht entgegenstehen. Der Bankprüfer hat die Zulässigkeit und Richtigkeit der vorgenommenen Kompensationen im bankaufsichtlichen Prüfungsbericht zu bestätigen.

(6) Folgende Bewertungsmethoden sind zulässig:

1. Marktbewertungsansatz (“marking to market“): In einem ersten Schritt ist für jeden Vertrag ein gegenwärtiger Marktwert zu ermitteln; als positiver Marktwert gilt jener Betrag, den man unter der Fiktion einer Vertragsauflösung als Differenzleistung zu den Marktpreisveränderungen vom Partner erhalten sollte; existiert für einen Vertrag kein liquider Markt, so kann als Marktwert jener rechnerische Wert herangezogen werden, der sich aus der Zugrundelegung von Marktbedingungen ergibt; die Summe aller Verträge mit positiven Marktwerten ergibt den potentiellen Eindeckungsaufwand; danach ist in einem zweiten Schritt für jeden Vertrag zur Erfassung des zukünftigen potentiellen Kreditrisikos ein allgemeiner Zuschlag zu ermitteln, der sich aus der Multiplikation der Nominalwerte aller Verträge mit den folgenden Prozentsätzen errechnet:

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Restlaufzeit Zinssatz- Wechselkursverträge

verträge und Verträge gem. Z 3

bis 5 der Anlage 2

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höchstens ein Jahr 0  vH 1 vH

länger als ein Jahr 0,5 vH 5 vH

Bei Floating/Floating-Zinsswaps („Basis-swaps“ in einer einzigen Währung ist kein allgemeiner Zuschlag zu berechnen; in einem dritten Schritt werden der potentielle Eindeckungsaufwand und der allgemeine Zuschlag addiert; die Summe ist mit jenen Risikogewichten zu multiplizieren, die den jeweiligen Vertragspartnern gemäß Abs. 3 zuzuordnen sind;

2. Ursprungsrisikoansatz:

In einem ersten Schritt ist der Nominalwert eines jeden Vertrages mit den folgenden Prozentsätzen zu multiplizieren:

---------------------------------------------------------------------

Ursprungs- Zinssatz- Wechselkursverträge

laufzeit verträge und Verträge gem. Z 3

bis 5 der Anlage 2

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höchstens ein Jahr 0,5 vH 2 vH

mehr als ein Jahr 1  vH 5 vH

und nicht mehr als

2 Jahre

zusätzliche 1  vH 3 vH

Berücksichtigung

eines jeden

weiteren Jahres

Bei Zinssatzverträgen kann entweder die Ursprungs- oder die Restlaufzeit gewählt werden; die gewählte Laufzeitberechnung ist im Monatsausweis anzumerken in einem zweiten Schritt sind die so ermittelten Werte mit dem Gewicht des Vertragspartners gemäß Abs. 3 zu multiplizieren.

(7) Sofern außerbilanzmäßige Geschäfte oder besondere außerbilanzmäßige Finanzgeschäfte mit ausdrücklichen Haftungen versehen sind, können sie so gewichtet werden, als ob sie für den Haftenden eingegangen worden wären. Ist ein möglicher Ausfall aus diesen Geschäften im vollen Umfang durch einen als Sicherheit dienenden Wert abgesichert, der in Abs. 3 Z 1 lit. g und h oder in Abs. 3 Z 2 lit. g und l oder in der Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß Abs. 3 Z 7 genannt ist, dann sind entsprechend der Sicherheit deren Gewichte anzuwenden.

(8) Werden Aktivposten, außerbilanzmäßige Geschäfte oder besondere außerbilanzmäßige Finanzgeschäfte auf Grund einer ausdrücklichen Haftung oder einer entsprechenden Sicherheit niedriger gewichtet, so gilt das niedrigere Gewicht nur für den Teil, der durch die Haftung oder die entsprechende Sicherheit im vollem Umfang gesichert ist.

(9) Abweichend zu Abs. 3 können Forderungen an Regionalregierungen und örtliche Gebietskörperschaften der Mitgliedstaaten unter den Voraussetzungen der Z 1 und 2 mit 0 vH gewichtet werden. Dies gilt auch für außerbilanzmäßige Geschäfte, die für diese entstehen, sowie für Forderungen anderer und für zugunsten anderer entstandene außerbilanzmäßige Geschäfte, die durch die betreffenden Regionalregierungen und örtlichen Gebietskörperschaften garantiert werden:

1. Ein Mitgliedstaat hat gemäß Art. 7 der Richtlinie 89/647/EWG ein Gewicht von 0 vH für die jeweilige eigene Regionalregierung oder örtliche Gebietskörperschaft festgelegt und

2. die Europäische Kommission hat dies dem Bundesministerium für Finanzen mitgeteilt.

(10) Der Bundesminister für Finanzen kann durch Verordnung nachfolgende Bestimmungen ändern, wenn dies auf Grund von inhaltlich ausreichend bestimmten Verpflichtungen der Republik Österreich, die sich aus dem Beitritt zur Europäischen Union ergeben, erforderlich ist:

1. Die vorübergehende Herabsetzung des Hundertsatzes gemäß Abs. 1 oder der in Abs. 3 vorgesehenen Gewichte zur Berücksichtigung von besonderen Situationen;

2. die Definition der Zone A (§ 2 Z 18);

3. die Liste der multilateralen Entwicklungsbanken (Anlage 3);

4. die Änderung der in Abs. 3 genannten Aktivposten zur Berücksichtigung der Entwicklungen auf den Finanzmärkten;

5. die Liste, die Klassifizierung und die Bewertung der außerbilanzmäßigen Geschäfte (Anlage 1) sowie der besonderen außerbilanzmäßigen Finanzgeschäfte (Anlage 2); der Bundesminister für Finanzen wird die Europäische Kommission unterrichten, wenn in Anlage 1 ein neues außerbilanzmäßiges Geschäft aufgenommen wird.

Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.

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