1. Hauptstück Marktinfrastruktur
6. Abschnitt Aufsichtsbefugnisse
1. Unterabschnitt Aufsicht
§ 93. Überwachungsbefugnisse der FMA
(1) Die FMA hat alle Untersuchungen durchzuführen und jene Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind,
1. um die Ordnungsmäßigkeit und Fairness des Handels mit Instrumenten, die auf einem geregelten Markt eines Mitgliedstaates (§ 2 Z 5 BWG) zugelassen sind, beurteilen und sichern zu können;
2. um im Hinblick auf die Einstellung von Geboten im Sinne von Art. 3 Z 5 der Verordnung (EU) Nr. 1031/2010 die Wahrung der Bestimmungen gemäß Art. 59 der Verordnung (EU) Nr. 1031/2010 zu gewährleisten;
3. um anderen Verwaltungsbehörden, insbesondere dem Bundesminister für Finanzen, der Europäischen Kommission, ESMA und den zuständigen Behörden (Art. 4 Abs. 1 Nummer 40 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013) anderer Mitgliedstaaten, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach dem BWG und den für Kreditinstitute geltenden sonstigen Gesetzen (§ 69 Abs. 1 BWG) oder ihrer Aufgaben gemäß der Verordnung (EU) 600/2014 sowie den Richtlinien 2014/65/EU, und 2013/36/EU erforderlichen Informationen zu erteilen und um die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch gemäß den §§ 101 bis 103 zu gewährleisten;
(2) In ihrem Zuständigkeitsbereich (§ 92) ist die FMA unbeschadet der ihr aufgrund anderer bundesgesetzlicher Bestimmungen zustehenden Befugnisse berechtigt:
1. in Bücher, Schriftstücke und Datenträger unabhängig von der technischen Ausgestaltung Einsicht zu nehmen und Kopien von ihnen zu erhalten;
2. von jedermann Auskünfte anzufordern, auch von Personen, die an der Übermittlung von Aufträgen oder an der Ausführung der betreffenden Handlungen nacheinander beteiligt sind, sowie von deren Auftraggebern, und, falls notwendig, Personen gemäß den Verwaltungsverfahrensgesetzen vorzuladen und zu befragen;
3. Prüfungen und Ermittlungen vor Ort durch eigene Prüfer oder sonstige Sachverständige durchzuführen;
4. zur Unterbindung von Gesetzesverletzungen und zur dauernden Gewährleistung der Einhaltung der Konzessionsvoraussetzungen Maßnahmen gemäß § 92 Abs. 8 WAG 2018 in Verbindung mit § 70 Abs. 4 BWG zu treffen;
5. Maßnahmen gegen Geschäftsleiter gemäß § 92 Abs. 1 und 8 WAG 2018 sowie gemäß § 70 Abs. 2 und 4 BWG zu treffen;
6. von den Abschlussprüfern geregelter Märkte und Datenbereitstellungsdiensten Auskünfte einzuholen;
7. die Aussetzung des Handels mit einem Finanzinstrument durch das Börseunternehmen gemäß § 17 Abs. 5 und durch den Betreiber eines MTF oder eines OTF gemäß § 75 Abs. 5 zu verlangen;
8. von jeder Person die Bereitstellung von Informationen, einschließlich aller einschlägigen Unterlagen, über Volumen und Zweck einer mittels eines Warenderivats eingegangenen Position oder offenen Forderung sowie über alle Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten am Basismarkt zu verlangen;
9. von jeder Person zu verlangen, dass sie Schritte zur Verringerung der Größe der Position oder offenen Forderung unternimmt;
10. für jede Person die Möglichkeiten einzuschränken, eine Position in Warenderivaten einzugehen;
11. den Vertrieb oder Verkauf von Finanzinstrumenten oder strukturierten Einlagen auszusetzen, wenn die Wertpapierfirma kein wirksames Genehmigungsverfahren für Produkte entwickelt hat oder anwendet oder in anderer Weise gegen § 29 Abs. 2 und 3, § 30 oder § 31 WAG 2018 verstoßen hat;
12. den Widerruf der Zulassung eines Finanzinstruments durch Aufsichtsmaßnahmen gemäß § 92 Abs. 1 und § 93 Abs. 7 oder den Handelsausschluss gemäß § 75 Abs. 5 zu verlangen;
13. in Bezug auf Warenderivate Informationen in genormten Formaten von Teilnehmern der entsprechenden Spotmärkte anzufordern, Meldungen über Geschäfte zu erhalten und direkt auf die Systeme der Händler zuzugreifen;
14. den Verdacht strafbarer Handlungen gemäß § 78 StPO einer Staatsanwaltschaft oder Sicherheitsbehörde anzuzeigen;
15. von Rechtsträgern gemäß § 26 WAG 2018 bereits existierende Aufzeichnungen von Telefongesprächen oder elektronischen Mitteilungen oder Datenverkehrsaufzeichnungen anzufordern;
16. Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung gemäß § 134 Z 2, § 135 Abs. 2 und § 137 Abs. 1 StPO und bereits zum Akt genommene Ergebnisse solcher Ermittlungshandlungen einzusehen und Kopien von ihnen zu erhalten, wenn ein begründeter Verdacht eines Verstoßes gegen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 besteht und diese Aufzeichnungen für eine Ermittlung in Zusammenhang mit diesen Verstößen von Belang sein könnten; auf die Auskunft über Daten der Nachrichtenübermittlung und die Überwachung von Nachrichten sind die Verfahrensvorschriften gemäß § 153 Abs. 3 bis 6 anzuwenden;
17. vorläufige Beschlagnahmen und Beschlagnahmen anzuordnen; die vorläufige Beschlagnahme erlischt, wenn nicht binnen vier Wochen von der FMA ein Beschlagnahmebescheid erlassen wird;
18. Durchsuchungen (§ 117 Z 2 und 3 lit. a StPO) durchzuführen; §§ 119 bis 122 StPO sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass auf Durchsuchungen gemäß § 117 Z 2 lit. b StPO die Verfahrensvorschriften gemäß § 153 Abs. 2, 4 bis 7 und 9 anzuwenden sind;
19. öffentliche Bekanntmachungen vorzunehmen und alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, damit die Öffentlichkeit ordnungsgemäß informiert wird, unter anderem durch die Richtigstellung falscher oder irreführender offengelegter Informationen, einschließlich der Anordnung gegenüber Emittenten oder anderen Personen, die falsche oder irreführende Informationen verbreitet haben, eine Berichtigung zu veröffentlichen;
20. ein vorübergehendes Verbot der Ausübung der Berufstätigkeit zu verhängen.
(3) Dem gemäß § 98 bestellten Börsekommissär stehen die in Abs. 2 Z 1 und 2 genannten Befugnisse gegenüber den Geschäftsleitern, allen sonstigen Funktionären und Mitarbeitern des Börseunternehmens, den Abwicklungsstellen und den Börsesensalen zu.
(4) Mit der Einsichtnahme nach Abs. 2 Z 1 kann auch ein beeideter Wirtschaftsprüfer beauftragt werden, der die Räumlichkeiten des Börseunternehmens, der Vermittler und der Abwicklungsstellen unter Vorlage des Prüfungsauftrags betreten darf.
(5) Die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort kann im Rahmen der ihm gemäß § 92 Abs. 1 übertragenen Aufsicht über allgemeine Warenbörsen unbeschadet der ihm aufgrund anderer bundesgesetzlicher Bestimmungen zustehenden Befugnisse die Befugnisse gemäß Abs. 2 Z 1 bis 3, 14, 17 und 19 ausüben.
(6) Verletzt eine natürliche oder juristische Person eine der in § 92 Abs. 2 genannten Bestimmungen oder Bestimmungen eines auf Basis der vorgenannten Bestimmungen erlassenen Bescheides, so kann die FMA die in § 70 Abs. 4 Z 1 BWG genannte Maßnahme gegen die natürliche oder juristische Person ergreifen; gegenüber einem Rechtsträger gemäß § 26 Abs. 1 WAG 2018 kann die FMA auch die Maßnahme gemäß § 70 Abs. 4 Z 2 BWG ergreifen.
(7) Erfolgt die Rechtsverletzung gemäß Abs. 6 durch das Börseunternehmen und besteht Gefahr im Verzug oder wird einem Auftrag gemäß Abs. 6 durch das Börseunternehmen nicht fristgerecht entsprochen, so haben die Aufsichtsbehörden zur Erfüllung ihrer Aufsichtspflicht und zur Hintanhaltung von Missständen
1. bei Säumigkeit des Börseunternehmens die erforderlichen Entscheidungen und Maßnahmen gemäß diesem Bundesgesetz für die Dauer der Gefahr und Säumigkeit zu treffen,
2. die Geschäftsleiter, aber auch sonstige Funktionäre des Börseunternehmens ihrer Funktion vorübergehend zu entheben. Dauerhaft hat die Enthebung zu erfolgen, wenn diese beharrlich ihre Pflichten verletzen, und das volkswirtschaftliche Interesse an einem funktionsfähigen Börsewesen nur durch die Enthebung gewahrt werden kann; in diesem Fall ist die Leitung der Börse vorübergehend fachlich geeigneten Aufsichtspersonen zu übertragen,
3. die vorübergehende oder dauernde Schließung von Börsen anzuordnen, wenn andere Aufsichtsmittel zur Abwehr schwerer volkswirtschaftlicher Schäden nicht ausreichen.
(8) Die der FMA durch Maßnahmen gegen das Börseunternehmen gemäß dieser Bestimmung entstehenden Kosten sind von dem Börseunternehmen zu ersetzen. Die Kosten von Aufsichtsmaßnahmen und Untersuchungen, die durch einzelne Mitglieder, Emittenten, Sensale oder Abwicklungsstellen verursacht werden, sind dem Börseunternehmen von diesen zu ersetzen.
(9) Das Landesgericht für Strafsachen Wien als Einzelrichter hat über einen Antrag der FMA nach Abs. 2 Z 16, 17 oder 18 mit Beschluss (§ 86 StPO) zu entscheiden, wobei der Grundsatz der Gesetz- und Verhältnismäßigkeit nach § 5 StPO anzuwenden ist. Die FMA hat ihren Antrag zu begründen (§ 102 Abs. 2 Z 2 bis 4; Anträge nach Abs. 2 Z 16 haben überdies die in § 138 Abs. 1 Z 1, 3 und 4 StPO vorgesehenen Angaben zu enthalten) und dem Gericht samt den Akten zu übermitteln.
(10) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bleiben durch die Bestimmungen des 14. Abschnitts des Telekommunikationsgesetzes 2021 – TKG 2021, BGBl. I Nr. 190/2021, unberührt.
Datenquelle: RIS — https://www.ris.bka.gv.atGesamte Rechtsvorschrift (RIS)
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