3.5. Umsatzsteuer
3.5.1. Allgemeine Zuständigkeitsregel
130Die Erhebung der Umsatzsteuer obliegt nach Maßgabe der Voraussetzungen der §§ 60 und 61 BAO entweder dem Finanzamt Österreich oder dem Finanzamt für Großbetriebe, soweit durch die Abgabenvorschriften die Erhebung nicht anderen Behörden übertragen ist. Anderen Behörden ist die Erhebung der Umsatzsteuer in folgenden Bestimmungen übertragen:
Gemäß § 26 Abs. 3 Z 1 UStG 1994 ist für die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer das Zollamt Österreich zuständig, soweit nicht nach § 26 Abs. 3 Z 2 UStG 1994 die Finanzämter für die Einhebung und zwangsweise Einbringung zuständig sind.
Gemäß Art. 28 Abs. 2 UStG 1994 ist der Bundesminister für Finanzen zuständig für das Bestätigungsverfahren über die Gültigkeit von Umsatzsteuer-Identifikationsnummern.
Gemäß Bundesgesetz, mit dem Begleitmaßnahmen zum Umsatzsteuergesetz 1994 vorgesehen werden, BGBl. Nr. 21/1995, ist der Bundesminister für Finanzen zuständig für die Erlassung eines Bescheides, mit dem festgestellt wird, dass die Betätigung einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse in erheblichem Umfang privatwirtschaftlich organisiert und ausgerichtet ist und eine Steuerbefreiung zur größeren Wettbewerbsverzerrungen führen könnte.
Die Zulassung eines Fiskalvertreters ist in § 27 Abs. 8 letzter Satz UStG 1994 keinem bestimmten Finanzamt zugewiesen. Zuständig ist das Finanzamt Österreich aufgrund von § 60 Abs. 1 Z 2 BAO. Das gilt auch dann, wenn für die Erhebung der Umsatzsteuer dessen, der den Antrag auf Zulassung als Fiskalvertreter gestellt hat, das Finanzamt für Großbetriebe zuständig ist. Die Zulassung als Fiskalvertreter betrifft nämlich nicht die Erhebung der Umsatzsteuer, weshalb § 61 Abs. 2 BAO diesbezüglich keine Zuständigkeit des Finanzamtes für Großbetriebe begründet (siehe dazu auch UStR 2000 Rz 3536). Sinngemäß ist auch das Finanzamt Österreich zuständig für das Zulassungsverfahren zum IOSS-Vertreter gemäß § 25b Abs. 1 Z 2 letzter Satz UStG 1994. Hinsichtlich der vertretenen Unternehmer ist eine Vollmacht beim für die vertretenen Unternehmer zuständigen Finanzamt bekanntzugeben.
Beispiel:
Ein Bilanzbuchhalter möchte als IOSS-Vertreter für mehrere Unternehmer tätig werden. Nachdem er den hierfür notwendigen Registrierungsantrag über das IOSS-Portal geschickt hat, hat das Finanzamt Österreich über seine Zulassung als IOSS-Vertreter und seine Registrierung zum IOSS zu entscheiden. Hinsichtlich der vertretenen Unternehmer ist jeweils die Vollmacht beim Finanzamt, das für den vertretenen Unternehmer zuständig ist, bekanntzugeben. Der Registrierungsantrag des vertretenen Unternehmers ist sodann von dem Finanzamt, das für den vertretenen Unternehmer zuständig ist, zu erledigen.
130a§ 61 Abs. 3 Z 2 BAO stellt klar, dass das Finanzamt für Großbetriebe bei all jenen Abgabepflichtigen, für die es bereits nach der allgemeinen Zuständigkeitsregel zuständig ist, auch für die Kontrolle der Aufzeichnungs-, Mitteilungs- und Aufbewahrungspflichten gemäß § 18a UStG 1994 zuständig ist, die in seinen Zuständigkeitsbereich fallen. Das bedeutet, dass das Finanzamt für Großbetriebe diese Pflichten bei all jenen Zahlungsdienstleistern zu überwachen hat, bei denen es bereits gemäß § 61 Abs. 2 BAO in Verbindung mit Abs. 1 für die Erhebung bundesgesetzlich geregelter Abgaben zuständig ist. Das gilt aufgrund dieser Klarstellung selbst dann, wenn die Überwachungsmaßnahmen nicht unter den Begriff "Erhebung" im Sinn des § 61 Abs. 2 BAO subsumiert werden könnten. Sofern ein Zahlungsdienstleister nicht in die Zuständigkeit des Finanzamtes für Großbetriebe fällt, ist aufgrund der Generalklausel des § 60 Abs. 1 BAO das Finanzamt Österreich für die Kontrolle jener Aufzeichnungs-, Mitteilungs- und Aufbewahrungspflichten und Meldeverpflichtungen gemäß § 18a UStG 1994 zuständig. Dies gilt auch für Zahlungsdienstleister, die ihr Unternehmen vom Ausland aus betreiben und im Inland weder eine Betriebsstätte haben noch Umsätze erzielen.
3.5.2. Spezialzuständigkeit des Finanzamtes Österreich
131Eine spezielle und ausschließliche Zuständigkeit des Finanzamtes Österreich besteht:
für die Prüfung der Vollständigkeit und Zulässigkeit, die Weiterleitung und die Zustellung von Erledigungen der Abgabenbehörden der anderen Mitgliedstaaten in Bezug auf Anträge auf Vorsteuererstattung für im Inland ansässige Unternehmer in Anwendung von Art. 18 der Richtlinie 2008/9/EG zur Regelung der Erstattung der Mehrwertsteuer gemäß der Richtlinie 2006/112/EG an nicht im Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige ( § 60 Abs. 2 Z 1 BAO; siehe auch Rz 41),
für die Erhebung der Umsatzsteuer von Unternehmern, die ihr Unternehmen vom Ausland aus betreiben und im Inland weder eine Betriebsstätte haben noch Umsätze aus der Nutzung eines im Inland gelegenen Grundbesitzes erzielen ( § 60 Abs. 2 Z 2 BAO; siehe auch Rz 42),
die Entgegennahme und Erledigung von Anzeigen gemäß § 120 Abs. 1 BAO und Anträgen auf Erteilung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ( Art. 28 UStG 1994) von Abgabepflichtigen, die unter § 61 Abs. 1 Z 5 bis 8 BAO fallen und denen noch keine Steuernummer bekanntgegeben worden ist ( § 60 Abs. 2 Z 5 BAO).
Das Finanzamt Österreich ist demnach dafür zuständig, Anträge inländischer Unternehmer auf Erstattung der Vorsteuer durch einen anderen EU-Mitgliedstaat entgegenzunehmen. Es ist weiters dafür zuständig, Anträge auf Vorsteuererstattung von Unternehmern, die in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässig sind, die über das elektronische Portal eines anderen EU-Mitgliedstaats übermittelt wurden, entgegenzunehmen ( § 3 Abs. 1 der V BGBl. II Nr. 279/1995 idF BGBl. II Nr. 16/2021). Es ist auch dafür zuständig, Anträge auf Vorsteuererstattung von Unternehmern, die in einem Drittstaat ansässig sind, entgegenzunehmen ( § 3a Abs. 1 der V BGBl. II Nr. 279/1995 idF BGBl. II Nr. 16/2021).
3.5.3. Spezialzuständigkeit des Finanzamtes für Großbetriebe
132Für die Erstattung der Umsatzsteuer auf der Grundlage des Internationalen Steuervergütungsgesetzes ( IStVG) ist das Finanzamt für Großbetriebe zuständig ( § 7 IStVG).
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Zusatzinformationen | |
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Gültig ab: | |
Materie: | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
Betroffene Normen: | BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 60 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 61 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 26 Abs. 3 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 26 Abs. 3 Z 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 Art. 28 Abs. 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 Begleitmaßnahmen zum Umsatzsteuergesetz, BGBl. Nr. 21/1995 § 27 Abs. 8 letzter Satz UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 60 Abs. 1 Z 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 61 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 25b Abs. 1 Z 2 letzter Satz UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 Art. 18 RL 2008/9/EG, ABl. Nr. L 44 vom S. 23 RL 2006/112/EG, ABl. Nr. L 347 vom S. 1 § 60 Abs. 2 Z 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 60 Abs. 2 Z 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 120 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 Art. 28 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 61 Abs. 1 Z 5 bis 8 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 60 Abs. 2 Z 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 3a Abs. 1 Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern, BGBl. Nr. 279/1995 § 3 Abs. 1 Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern, BGBl. Nr. 279/1995 IStVG, Internationales Steuervergütungsgesetz, BGBl. I Nr. 71/2003 § 7 IStVG, Internationales Steuervergütungsgesetz, BGBl. I Nr. 71/2003 § 61 Abs. 3 Z 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 18a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 60 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise: | |
Schlagworte: | Verfahrensrecht - Zuständigkeit - Auslegungsbehelf |
Stammfassung: | 2021-0.891.220 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
KAAAA-76470