Richtlinie des BMF vom 10.04.2024, 2024-0.127.137
6. Steuerschuld

6.2. Zerstörung, unwiederbringlicher Verlust, Vernichtung

Die vollständige Zerstörung oder der unwiederbringliche Gesamt- oder Teilverlust von vstW, die sich in einem Verfahren der Steueraussetzung befinden, gelten unter nachfolgend erläuterten Umständen nicht als Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr. Dasselbe gilt auch für Vernichtungen von vstW (in einem Verfahren der Steueraussetzung), sofern diese unter amtlicher Aufsicht erfolgen.

Im Falle einer Zerstörung, einem unwiederbringlicher Gesamt- oder Teilverlust oder einer Vernichtung kommt es nicht zur Steuerschuldentstehung, und zwar sowohl für vstW, die einem Verfahren der Steueraussetzung unterliegen, als auch für vstW, die im steuerrechtlich freien Verkehr zwischen MS befördert werden (Bezug zu gewerblichen Zwecken, Versandhandel).

Für vstW, die sich innerhalb des Steuergebietes im steuerrechtlich freien Verkehr befinden (zB im Handel), können die Zerstörung, der unwiederbringlicher Verlust und die Vernichtung keine steuerschuldrechtlichen Folgen entfalten. Ein Recht auf Vergütung oder Erstattung einer entrichteten Verbrauchsteuer kann aus derartigen Ereignissen nicht abgeleitet werden.

Im Zusammenhang mit der Zerstörung, dem unwiederbringlichen Verlust oder einer Vernichtung wird oft auch vom Untergang einer Sache gesprochen.

6.2.1. Zerstörung oder unwiederbringlicher Verlust in Folge unvorhersehbarer Ereignisse oder höherer Gewalt

Die Steuerschuld entsteht nicht, wenn vstW in Folge unvorhersehbarer Ereignisse oder höherer Gewalt vollständig zerstört oder unwiederbringlich verloren gegangen sind. VstW gelten dann als vollständig zerstört oder unwiederbringlich verloren gegangen, wenn sie als solche nicht mehr genutzt werden können.

Das Nichtentstehen einer Steuerschuld bezieht sich dabei sowohl auf den Verlust der Gesamtmenge als auch auf den Verlust von Teilmengen der vstW.

Die vollständige Zerstörung bzw. der unwiederbringliche Verlust ist dem Zollamt nachzuweisen (zB Unfallbericht der Polizei). In Betriebsbeschreibungen (als Teil von Bewilligungen) ist eine mit dem jeweiligen Betrieb abgestimmte Vorgehensweise hinsichtlich Zerstörung oder unwiederbringlichem Verlust aufzunehmen.

Höhere Gewalt oder ein unvorhersehbares Ereignis sind gegeben, wenn ein von außen kommendes, unvorhersehbares und unbeherrschbares außergewöhnliches Ereignis eintritt, welches auch durch äußerste Sorgfalt nicht verhütet bzw. abgewendet werden kann (zB Blitzschlag, Erdbeben, Unfall).

Beispiele:

- Im Zuge eines Verkehrsunfalls mit einem LKW, der vstW unter Steueraussetzung befördert, versickert Benzin im Erdreich oder verbrennen die vstW am LKW.

- Das Dach einer mit vstW befüllten Lagerhalle eines Steuerlagers stürzt während eines Sturms ein und zerstört den darin gelagerten Bestand an vstW.

Art. 6, 45 SystemRL

6.2.2. Unwiederbringlicher Verlust aufgrund der Beschaffenheit der vstW - Schwund

Die Steuerschuld entsteht nicht, wenn vstW auf Grund ihrer Beschaffenheit unwiederbringlich verloren gegangen sind.

Je nach Beschaffenheit der vstW kann es zu Gesamt- oder Teilverlusten (auch natürlicher Schwund) kommen. Natürliche Einflüsse (zB Wärme) bewirken dabei das allmähliche Abnehmen des Volumens und/oder des Gewichtes von vstW (zB Verdampfen von Mineralöl oder Alkohol im Zuge der Lagerung). Zur Berücksichtigung hinsichtlich des Nichtentstehens der Steuerschuld ist der unwiederbringliche Gesamt- oder Teilverlust dem Zollamt nachzuweisen.

Diese Art von Verlusten treten häufig auch im Zusammenhang mit Herstellungsvorgängen auf (zB Lagerung von Flüssigkeiten). In vielen Fällen sind derartige Verluste vorhersehbar und dementsprechend in den Betriebs- und Ablaufbeschreibungen unter Angabe der voraussichtlichen Verlustmengen abzuhandeln.

Werden beispielsweise im Zuge einer Bestandsaufnahme (zB Steuerlager) Fehlmengen festgestellt, deren Ursprung nachweislich auf den Umstand des natürlichen Schwunds zurückzuführen ist, führen diese Unregelmäßigkeiten zu keiner Steuerschuldentstehung. Das gleiche gilt für Verluste in Folge von Herstellungsvorgängen, wenn diese in den Betriebs- und Ablaufbeschreibungen angeführt sind und die darin festgelegten (Verlust-)Mengen nicht überschreiten.

Art. 6, 45 SystemRL

6.2.3. Unwiederbringlicher Verlust, insbesondere aufgrund der Beschaffenheit der vstW, iZm einer Beförderung

Die Steuerschuld entsteht nicht, wenn vstW in einem Beförderungsvorgang auf Grund ihrer Beschaffenheit teilweise oder vollständig unwiederbringlich verloren gehen. Die Steuerschuld entsteht aber für jene Mengen eines solchen Teilverlusts, die über einem von der Kommission festgesetzten Schwellenwert liegt.

Art. 1 der DelVO SystemRL sieht für Tabakwaren einen Schwellenwert von 0% vor.

Für die anderen vstW wurde bislang kein Schwellenwert festgelegt. Für Teilverluste bei diesen anderen vstW, die sich während einer Beförderung von vstW aufgrund ihrer Beschaffenheit ergeben haben, entsteht keine Steuerschuld, sofern dies (plausibel ist und) dem Zollamt nachgewiesen wird.

Wird eine Schwundmenge festgestellt, ist grundsätzlich im Einzelfall zu entscheiden, ob für diese die Steuerschuld entsteht oder nicht.

Beispiel:

- Mengen an vstW, die im Zuge der Beförderung verdunsten oder in Abschlauchleitungen verbleiben.

Art. 1 DelVO SystemRL

6.2.4. Vernichtung

Die Vernichtung ist eine gezielte und willentliche Einwirkung auf eine vstW, damit sie unbrauchbar gemacht wird oder als solche nicht mehr genutzt werden kann. Sie wird grundsätzlich durch den Wirtschaftsbeteiligten (nicht amtlich) durchgeführt. Als Folge der Vernichtung entfällt für die vstW die Steuerschuldentstehung.

Die Vernichtung von Alkohol und Tabakwaren, die sich unter Steueraussetzung im Steuerlager befinden, ist dem Zollamt im Vorhinein anzuzeigen und grundsätzlich vom Zollamt zu überwachen. Bei den anderen vstW erfolgt die Überwachung mittels Maßnahmen der amtlichen Aufsicht. Der Verfahrensablauf hinsichtlich Vernichtungen ist in die Betriebsbeschreibung (als Teil der Bewilligung) aufzunehmen.

Die Vernichtung ist grundsätzlich an die Örtlichkeit des Steuerlagers gebunden. Lediglich das TabStG 2022 sieht eine Vernichtung außerhalb eines Steuerlagers vor.

Beispiele:

- Aufgrund von Fehlern im Zuge der Produktion kann es für den Hersteller erforderlich werden, die vstW zu vernichten.

- Bei Lagerarbeiten passiert es, dass mehrere Paletten mit Dosenbier umstürzen. Die Bierdosen weisen überwiegend Schäden auf (Bierdosen eingedrückt, Aufschrift abgekratzt, unleserlich) und lassen sich in diesem Zustand nicht mehr verkaufen. Eine Vernichtung des Dosenbiers ist erforderlich.

- Beim Abfüllen werden aufgrund einer defekten Abfüllanlage unterschiedliche Füllmengen in die Behältnisse eingefüllt, wodurch die Füllmengenangaben am Etikett mit den tatsächlichen Mengen nicht übereinstimmen und die Ware daher unverkäuflich wurde. Die vstW werden im Anschluss vernichtet.

Art. 6 SystemRL


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
10.04.2024
Materie:
Steuer Zoll
Betroffene Normen:
SystemRL, RL 2020/262, ABl. Nr. L 58 vom 27.02.2020 S. 4
DVO 2022/1637, ABl. Nr. L 247 vom 23.09.2022 S. 57
DelVO 2022/1636, ABl. Nr. L 247 vom 23.09.2022 S. 2
AlkStG 2022, Alkoholsteuergesetz 2022, BGBl. Nr. 703/1994
BierStG 2022, Biersteuergesetz 2022, BGBl. Nr. 701/1994
MinStG 2022, Mineralölsteuergesetz 2022, BGBl. Nr. 630/1994
TabStG 2022, Tabaksteuergesetz 2022, BGBl. Nr. 704/1994
Art. 6 SystemRL, RL 2020/262, ABl. Nr. L 58 vom 27.02.2020 S. 4
Art. 45 SystemRL, RL 2020/262, ABl. Nr. L 58 vom 27.02.2020 S. 4
Art. 1 DelVO 2022/1636, ABl. Nr. L 247 vom 23.09.2022 S. 2
Schlagworte:
Verbrauchsteuern - Alkoholsteuer - Biersteuer - Mineralölsteuer - Tabaksteuer
Stammfassung:
2024-0.127.137

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
ZAAAA-76465