Richtlinie des BMF vom 10.04.2024, 2024-0.127.137
4. Steuerrechtlich freier Verkehr

4.5. Versandhandel

4.5.1. Allgemeines

Versandhandel betreibt, wer in Ausübung seiner gewerblichen Tätigkeit vstW aus dem steuerrechtlich freien Verkehr (dh. eine bereits versteuerte Ware) eines MS an Privatpersonen in anderen MS liefert und den Versand der vstW an den Erwerber selbst durchführt oder durch andere durchführen lässt. Der Versandhandel an Privatpersonen ist demnach ausschließlich aus dem steuerrechtlich freien Verkehr und nicht im Steueraussetzungsverfahren möglich, auch wenn entsprechende Bewilligungen als Herstellungsbetrieb oder Lagerbetrieb vorhanden sein sollten.

Als Privatpersonen im Sinne dieser Bestimmung gelten alle Erwerber, die sich gegenüber dem Versandhändler nicht als Abnehmer ausweisen, deren innergemeinschaftliche Erwerbe nach den Vorschriften des UStG 1994 der Umsatzsteuer unterliegen. Eine solche Privatperson darf gemäß Art. 44 Abs. 1 SystemRL weder ein zugelassener Lagerinhaber noch ein registrierter oder zertifizierter Empfänger sein und keine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausüben.

Auf Grund von tabakmonopolrechtlichen Handelsbeschränkungen und Bestimmungen des TabStG 2022 ist der Versandhandel mit Tabakwaren aus und nach Österreich nicht zulässig.

Für den Versand vstW an Privatpersonen sind keinerlei verpflichtende Dokumente vorgesehen. Beim Versandhandel gilt das Bestimmungslandprinzip. Die Steuerschuld entsteht mit dem Empfang der Ware durch den privaten Empfänger im Bestimmungs-MS. Steuerschuldner ist grundsätzlich der ausländische Versender, bei Verstößen auch der inländische Empfänger (Abschnitt 6.1.3.6.6.).

4.5.2. Versand in das Steuergebiet

Wer beabsichtigt, vstW des freien Verkehrs als Versandhändler (Abschnitt 4.2.5.) an eine Privatperson im Steuergebiet zu liefern oder liefern zu lassen, bedarf einer Registrierung in National-SEED durch das Zollamt. Eine solche Registrierung kann für den Einzelfall erfolgen oder im Zusammenhang mit einer allgemeinen Zulassung.

Vor der Versendung ist dem Zollamt jede Lieferung unter Angabe der für die Versteuerung maßgeblichen Merkmale anzuzeigen und Sicherheit in Höhe der zu erwartenden Verbrauchsteuer zu leisten (Formular VSt 27).

Auf Antrag eines Versandhändlers kann eine im Steuergebiet niedergelassene Person oder Personenvereinigung als Beauftragter (Abschnitt 4.2.6.) zugelassen werden.

4.5.3. Versand aus dem Steuergebiet

Wer beabsichtigt, vstW des freien Verkehrs als Versandhändler in einen anderen MS zu liefern, hat dies dem Zollamt schriftlich anzuzeigen (Formular VSt 28). In der Anzeige sind die Menge der vstW und, soweit sie im Zeitpunkt der Anzeige bereits bekannt sind, Name und Anschrift des Empfängers oder der Empfänger sowie der Tag der jeweiligen Lieferung anzugeben.

4.6. Umsatzsteuerrechtliche Aspekte

4.6.1. Liefer- und Erwerbsschwelle

Die umsatzsteuerrechtlichen Vorschriften betreffend die Erwerbsschwelle und die Lieferschwelle (11.000 EUR - Art. 1 Abs. 4 Z 2 UStG 1994 - Anhang (Binnenmarktregelung)) bzw. 10.000 EUR - Art. 3 Abs. 4 Z 2 und Abs. 5 UStG 1994 - Anhang (Binnenmarktregelung)) sind für vstW nicht anzuwenden. Bei vstW, die Gegenstand einer Versendung oder Beförderung innerhalb der Union sind, kommt stets das Bestimmungslandprinzip zur Anwendung und die umsatzsteuerliche Besteuerung erfolgt im Bestimmungsland. Das wird bei Privaten durch die umsatzsteuerrechtliche Versandhandelsregelung (keine Lieferschwelle), bei Unternehmen und juristischen Personen über die Erwerbsbesteuerung (keine Erwerbsschwelle) erreicht.

4.6.2. One-Stop-Shop

Für die korrekte Durchführung der umsatzsteuerlichen Besteuerung kann das Verfahren mit dem EU-One-Stop-Shop (EU-OSS) angewendet werden. Dieses IT-Verfahren ermöglicht es Unternehmen, ihre umsatzsteuerlichen Erklärungspflichten für verschiedene Bestimmungs-MS vereinfacht von ihrem Sitz-MS aus durchzuführen. Die Unternehmen können mittels des EU-OSS unter gewissen Voraussetzungen für sonstige Leistungen an Nichtunternehmer oder für Versandhandelslieferungen innerhalb der EU die Umsatzsteuer elektronisch in nur einem einzigen MS erklären und bezahlen.

Neben diesem Verfahren für die Umsatzsteuer bleiben andere Abläufe (zB der Versandhandel bei Verbrauchsteuern) unverändert. Für Versandhandelsfälle von vstW kann daher die Umsatzsteuer über den EU-OSS erklärt bzw. entrichtet werden und zusätzlich ist das verbrauchsteuerrechtliche Verfahren bezüglich Versandhandel durchzuführen.

Ergänzend dazu bietet der Import-One-Stop-Shop (IOSS) die Möglichkeit, bei Importen aus Drittländern (für Sendungen bis 150 EUR) die Umsatzsteuer für Einfuhr-Versandhandelsumsätze innerhalb der EU elektronisch zu erklären und zu entrichten.

Art. 25a UStG 1994 - Anhang


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
10.04.2024
Materie:
Steuer Zoll
Betroffene Normen:
SystemRL, RL 2020/262, ABl. Nr. L 58 vom 27.02.2020 S. 4
DVO 2022/1637, ABl. Nr. L 247 vom 23.09.2022 S. 57
DelVO 2022/1636, ABl. Nr. L 247 vom 23.09.2022 S. 2
AlkStG 2022, Alkoholsteuergesetz 2022, BGBl. Nr. 703/1994
BierStG 2022, Biersteuergesetz 2022, BGBl. Nr. 701/1994
MinStG 2022, Mineralölsteuergesetz 2022, BGBl. Nr. 630/1994
TabStG 2022, Tabaksteuergesetz 2022, BGBl. Nr. 704/1994
Art. 25a UStG 1994 - Anhang, Umsatzsteuergesetz 1994 - Anhang (Binnenmarkt), BGBl. Nr. 663/1994
Art. 44 Abs. 1 SystemRL, RL 2020/262, ABl. Nr. L 58 vom 27.02.2020 S. 4
Art. 1 Abs. 4 Z 2 UStG 1994 - Anhang, Umsatzsteuergesetz 1994 - Anhang (Binnenmarkt), BGBl. Nr. 663/1994
Art. 3 Abs. 4 Z 2 UStG 1994 - Anhang, Umsatzsteuergesetz 1994 - Anhang (Binnenmarkt), BGBl. Nr. 663/1994
Art. 3 Abs. 5 UStG 1994 - Anhang, Umsatzsteuergesetz 1994 - Anhang (Binnenmarkt), BGBl. Nr. 663/1994
Verweise:
VS-1000 Abschnitt 6.1.3.6.6.
VS-1000 Abschnitt 4.2.5.
VS-1000 Abschnitt 4.2.6.
Schlagworte:
Verbrauchsteuern - Alkoholsteuer - Biersteuer - Mineralölsteuer - Tabaksteuer
Stammfassung:
2024-0.127.137

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
ZAAAA-76465