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Richtlinie des BMF vom 20.06.2012, BMF-010203/0249-VI/6/2012
3 Umsatzsteuer

3.9 Innergemeinschaftliche Erwerbe

3.9.1 Innergemeinschaftliche Erwerbe - Voraussetzungen

545Ein innergemeinschaftlicher Erwerb liegt vor, wenn

  • ein Gegenstand von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat gelangt und

  • der Erwerber Unternehmer oder eine juristische Person (zB ein Verein) ist und

  • der Lieferer des Gegenstandes Unternehmer ist und dieser die Lieferung gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Der Lieferer darf nach dem Recht des Mitgliedstaates nicht Kleinunternehmer sein.

546Werden somit von Unternehmern an einen Verein Gegenstände aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet nach Österreich geliefert, so ist der Verein grundsätzlich (Einschränkungen siehe Abschnitt 3.9.2) zur Abfuhr der Erwerbsteuer in Österreich verpflichtet. Der Lieferer kann unter den Voraussetzungen für eine innergemeinschaftliche Lieferung die Lieferung steuerfrei belassen. Der Verein muss in diesen Fällen eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (UID-Nummer) beantragen. Als Erwerber ist er aber verpflichtet Erwerbsteuer an das zuständige Finanzamt zu entrichten. Der Vorsteuerabzug hinsichtlich der Erwerbsteuer steht jedoch nur zu, wenn der Gegenstand für den steuerpflichtigen Unternehmensbereich angeschafft wurde.

3.9.2 Erwerbsschwelle

3.9.2.1 Unterbleiben der Erwerbsbesteuerung

547Eine Erwerbsbesteuerung im Sinne der Rz 546 unterbleibt, wenn der Gesamtbetrag der Entgelte für diese Erwerbe den Betrag von 11.000 Euro

  • im vorangegangenen Jahr nicht überstiegen und

  • im laufenden Jahr noch nicht überstiegen hat.

548Auf die Anwendung der Erwerbsschwelle kann jedoch gemäß Art. 1 Abs. 5 UStG 1994 durch Abgabe einer schriftlichen Erklärung gegenüber dem Finanzamt oder durch Verwendung der UID gegenüber dem Lieferer verzichtet werden. Der Verein kann dadurch zu einer uneingeschränkten Erwerbsbesteuerung optieren, ist daran allerdings für mindestens zwei Kalenderjahre gebunden.

549Beispiel 1:

Ein nicht umsatzsteuerpflichtiger gemeinnütziger Sportverein bezieht erstmalig eine Lieferung von Sportgeräten (zur Versorgung der Mitglieder zum Selbstkostenpreis) aus Dänemark (Steuersatz 25%) in Höhe von (a) 10.000 Euro, (b) 25.000 Euro netto. Bisher wurden noch keine innergemeinschaftlichen Erwerbe getätigt.

Im Fall (a) ist die Umsatzsteuer vom Verkäufer in Dänemark in Höhe von 2.500 Euro abzuführen, da die Erwerbsschwelle von 11.000 Euro (noch) nicht überschritten wurde. Der Verein hat aber die Möglichkeit, auf die Anwendung der Erwerbsschwelle zu verzichten und den Umsatz in Österreich zu versteuern. Der Umsatz wäre dann für den dänischen Verkäufer steuerfrei (österreichische UID-Nummer des Vereins ist erforderlich). In Österreich wäre dann 2.000 Euro an Erwerbsteuer abzuführen. Die Ersparnis für den Sportverein beträgt 500 Euro. Ein Vorsteuerabzug steht allerdings nicht zu.

Im Fall (b) wurde die Erwerbsschwelle von 11.000 Euro überschritten. Die Besteuerung ist jedenfalls in Österreich vorzunehmen. Der Umsatz ist für den dänischen Verkäufer steuerfrei (österreichische UID-Nummer des Vereins ist erforderlich). Der Verein muss 5.000 Euro Erwerbsteuer an das österreichische Finanzamt abführen.

Beispiel 2:

Ein nicht unternehmerisch tätiger gemeinnütziger Verein kauft im Jahr 01 erstmals Waren um 20.000 Euro netto aus Deutschland ein. Da die Erwerbsschwelle überschritten wird, ist Erwerbssteuer in Höhe von 4.000 Euro in Österreich abzuführen. Der Verein muss eine UID beantragen, damit der deutsche Unternehmer die Lieferung steuerfrei belassen kann. Im Jahr 02 werden keine innergemeinschaftlichen Erwerbe getätigt. Im Jahr 03 kauft der Verein Waren um 3.000 Euro netto aus Frankreich ein.

Da die Erwerbsschwelle weder im laufenden Jahr überschritten wird noch im vorangegangenen Kalenderjahr überschritten wurde, bleibt es grundsätzlich bei der Besteuerung in Frankreich. Gibt der Verein allerdings dem Lieferanten seine UID bekannt, liefert dieser steuerfrei nach Österreich. Die Bekanntgabe der UID gilt als Verzicht auf die Erwerbsschwelle, der Verein muss Erwerbssteuer in Höhe von 600 Euro abführen. Der Verzicht bindet den Verein mindestens für zwei Kalenderjahre, wobei die Zweijahresfrist vom Beginn des ersten Kalenderjahres zu berechnen ist, für das der Verzicht gilt.

Bezieht der Verein auch im Jahr 04 Waren aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet, hat er die innergemeinschaftlichen Erwerbe zu versteuern, auch wenn sie unter der Erwerbsschwelle liegen.

Im Jahr 05 kann der Verein den Verzicht auf die Erwerbsschwelle widerrufen. Dieser Widerruf ist innerhalb der Frist zur Abgabe der Voranmeldung für den Voranmeldungszeitraum dieses Kalenderjahres, in dem erstmals ein Erwerb getätigt worden ist, gegenüber dem Finanzamt schriftlich zu erklären.

3.9.2.2 Besonderheiten bei verbrauchsteuerpflichtigen Waren

550Rechtslage bis

Verbrauchsteuerpflichtige Waren im Sinne des Art. 1 Abs. 6 UStG 1994 sind Mineralöle, Alkohol, alkoholische Getränke und Tabakwaren. Die Erwerbsschwellenregelung findet auf den Erwerb dieser Waren (und auf den Erwerb neuer Fahrzeuge) keine Anwendung. Der innergemeinschaftliche Erwerb solcher Waren ist daher auch von einem Erwerber im Sinne des Abschnitt 3.9.1 zweiter Punkt (zB Verein), dessen Erwerbe unter der Erwerbsschwelle liegen, zu versteuern.

Rechtslage ab

Verbrauchsteuerpflichtige Waren im Sinne des Art. 1 Abs. 6 UStG 1994 sind Alkohol, alkoholische Getränke, Tabakwaren und Energieerzeugnisse, jeweils im Sinne der geltenden Gemeinschaftsvorschriften, nicht jedoch über das Erdgasverteilungsnetz geliefertes Gas sowie Elektrizität. Zu den Energieerzeugnissen zählen neben den Mineralölen insbesondere Kohle und Koks. Die Erwerbsschwellenregelung findet auf den Erwerb dieser Waren und auf den Erwerb neuer Fahrzeuge keine Anwendung. Der innergemeinschaftliche Erwerb solcher Waren ist daher auch von einem Schwellenerwerber zu versteuern.

Rechtslage ab

Verbrauchsteuerpflichtige Waren im Sinne des Art. 1 Abs. 6 UStG 1994 sind Alkohol, alkoholische Getränke, Tabakwaren und Energieerzeugnisse, jeweils im Sinne der geltenden Gemeinschaftsvorschriften, nicht jedoch über das Erdgasverteilungsnetz oder an ein solches Netz angeschlossenes Netz geliefertes Gas. Zu den Energieerzeugnissen zählen neben den Mineralölen insbesondere Kohle und Koks, nicht jedoch Elektrizität. Die Erwerbsschwellenregelung findet auf den Erwerb dieser Waren und auf den Erwerb neuer Fahrzeuge keine Anwendung. Der innergemeinschaftliche Erwerb solcher Waren ist daher auch von einem Schwellenerwerber zu versteuern.

551Bei verbrauchsteuerpflichtigen Waren, die Gegenstand einer innergemeinschaftlichen Versendung oder Beförderung sind, kommt stets das Bestimmungslandprinzip zur Anwendung. Das wird bei Privaten durch die Versandhandelsregelung (keine Lieferschwelle), bei Unternehmern und juristischen Personen über die Erwerbsbesteuerung (keine Erwerbsschwelle) erreicht.

Beispiel:

Ein Weinhändler I in Italien versendet 15 Karton Wein per Bahn

a) an einen Privaten in Klagenfurt.

b) an einen Verein in Villach.

ad a) auch wenn I die Lieferschwelle in Österreich nicht überschreitet, liegt der Ort der Lieferung in Österreich.

ad b) I liefert in Italien. Unabhängig davon, ob die innergemeinschaftliche Lieferung in Italien steuerfrei ist, hat der Verein jedenfalls einen innergemeinschaftlichen Erwerb in Österreich zu versteuern, auch wenn er die Erwerbsschwelle nicht überschritten hat.

3.10 Verweis auf UStR 2000

552Für begünstigte Rechtsträger gehen die vorstehend in den VereinsR 2001 getroffenen Regelungen den UStR 2000 vor. Im Übrigen wird auf die UStR 2000 verwiesen.


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
Materie:
Steuer
Betroffene Normen:
EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
VerG, Vereinsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 66/2002
FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
GrStG 1955, Grundsteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 149/1955
BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955
Werbeabgabegesetz 2000, BGBl. I Nr. 29/2000
KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934
GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987
§§ 34 bis 47 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 1 Abs. 5 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Art. 1 Abs. 6 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Verweise:
UStR 2000, Umsatzsteuerrichtlinien 2000
Schlagworte:
Auslegungsbehelf - Vereine - Betriebe gewerblicher Art - Körperschaften öffentlichen Rechts - Innergemeinschaftliche Erwerbe - Erwerb - Umsatzsteuer-Identifikationsnummer - UID-Nummer - Erwerbsschwelle
Stammfassung:
06 5004/10-IV/6/01

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
FAAAA-76463