zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Richtlinie des BMF vom 30.11.2021, 2021-0.835.983
10. Steuersätze (§ 10 UStG 1994)
10.2. Ermäßigter Steuersatz von 10%

10.2.9. Elektronische Publikationen

10.2.9.1. Allgemeines

1339Für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ist es ohne Bedeutung, ob die elektronische Publikation im Rahmen einer sonstigen Leistung oder einer Lieferung - auch auf physischen Trägern (zB CD, DVD oder USB-Stick) - überlassen wird. Ebenso ist es unmaßgeblich, ob es sich um eine dauerhafte oder vorübergehende Überlassung handelt und ob die elektronische Publikation auch tatsächlich in einer physischen Version erhältlich ist.

10.2.9.2. Voraussetzungen und Abgrenzung

1340Maßgebend für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ist, dass die elektronische Publikation im Wesentlichen die gleiche Funktion wie das physische Druckwerk im Sinne der Anlage 1 Z 33 UStG 1994 erfüllt. Elektronische Bücher, Broschüren, Zeitungen usw. sind demnach nur dann begünstigt, wenn sie - wären sie auf Papier gedruckt - in der herkömmlichen Form dem ermäßigten Steuersatz unterliegen würden.

Die elektronisch publizierten Inhalte müssen somit für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes - ebenso wie Druckwerke im Sinne der Anlage 1 Z 33 UStG 1994 - grundsätzlich aus schriftlichen bzw. lesbaren Inhalten bestehen, also vorwiegend text- bzw. bildbasiert sein und dürfen grundsätzlich keine interaktive Funktion haben. Sie haben ihrem Wesen nach und somit im Kern der Funktion eines physischen Druckwerks zu entsprechen. Eine Recherchedatenbank ist daher keine elektronische Publikation im Sinne der Anlage 1 Z 33 UStG 1994, da diesfalls eine andere Dienstleistung - nämlich der Zugang zu Recherche-Archiven - im Vordergrund steht.

Der Bezug der gesamten elektronischen Publikation (zB Buch, Zeitung) ist für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nicht erforderlich. Auch elektronische Publikationen, die nur Teile der (gesamten) elektronischen Publikation oder des physischen Druckwerks darstellen (zB Artikel einer Zeitung), unterliegen dem ermäßigten Steuersatz.

Beispiel:

Auf der Homepage einer Zeitung sind gewisse Artikel gegen Bezahlung eines Entgelts einsehbar.

Lösung:

Der Download des Artikels unterliegt ab Inkrafttreten dem ermäßigten Steuersatz in Höhe von 10%.

1341Die Begünstigung ist nicht anzuwenden, wenn das elektronische Medium vollständig oder im Wesentlichen (audio)visuelle Inhalte (zB Videos) aufweist oder eine Interaktionsmöglichkeit hat (zB Routenplanfunktion einer elektronischen Karte), die physischen Druckwerken originär nicht zukommen können. Folgende Funktionen von elektronischen Publikationen sind für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes jedoch unschädlich:

  • Kommentar-Funktion von Artikeln im Rahmen eines Online-Forums;

  • Suchfunktion in elektronischen Zeitschriften;

  • begleitende Videoinhalte (zB Interviews im Rahmen von Artikeln einer elektronischen Zeitschrift) oder begleitende interaktive Grafiken;

  • Verlinkungen innerhalb eines elektronischen Buches;

  • Verlinkungen zu Internetadressen;

  • die Möglichkeit, am Text Notizen vorzunehmen.

1342Im Gegensatz zu Videozeitungen oder Podcasts unterliegen Hörbücher, die im Wesentlichen inhaltsgleich zu gedruckten Büchern iSd Anlage 1 Z 33 lit. a UStG 1994 sind, dem ermäßigten Steuersatz.

10.2.9.3. Leistungszeitpunkt

1343Der anzuwendende Steuersatz richtet sich nach dem Zeitpunkt der Leistungserbringung. Bei elektronischer Zurverfügungstellung von Publikationen bspw. in Form des (temporären) Downloads, ist dies der Zeitpunkt der Zugriffsmöglichkeit auf die publizierten Inhalte (vgl. verb. Rs C-250/14, Air France-KLM und Rs C-289/14, Hop!-Brit Air SAS). Die Gewährung der Zugriffsmöglichkeit unterliegt somit bis zum dem Normalsteuersatz - ab dem ermäßigten Steuersatz.

Beispiel 1:

Ein Kunde erwirbt am das Recht, eine digitale Einzelausgabe einer Zeitung (vom ) herunterzuladen. Die Bezahlung erfolgt umgehend - der tatsächliche Download erfolgt erst am .

Lösung:

Der Download unterliegt dem Normalsteuersatz, weil der Leistungszeitpunkt am und somit vor Inkrafttreten des ermäßigten Steuersatzes liegt.

Beispiel 2:

Ein Kunde erwirbt am das Recht, eine digitale Zeitschrift herunterzuladen. Weiters erhält der Kunde das Recht, nicht nur auf die neuen Ausgaben dieser Zeitschrift, sondern auch auf ältere Ausgaben dieser Zeitschrift zuzugreifen.

Lösung:

Der Download der neuen und älteren Ausgaben der digitalen Zeitschrift unterliegt dem ermäßigten Steuersatz, weil der Leistungszeitpunkt - nämlich die Gewährung der Zugriffsmöglichkeit - nach dem liegt.

Beispiel 3:

Ein Kunde erwirbt am das Recht, auf Inhalte einer digitalen Recherchedatenbank zuzugreifen.

Lösung:

Die Nutzung der Recherchedatenbank unterliegt dem Normalsteuersatz (siehe Rz 1340), weil keine elektronische Publikation im Sinne der Anlage 1 Z 33 UStG 1994 vorliegt, sondern eine andere Dienstleistung - nämlich der Zugang zu Recherche-Archiven - im Vordergrund steht.

Hinsichtlich der Änderung des Steuersatzes und Anzahlungen siehe Rz 1476.

. Reparaturdienstleistungen

1344Seit unterliegen Reparaturdienstleistungen (einschließlich Ausbesserung und Änderung) betreffend Fahrräder, Schuhe, Lederwaren, Kleidung oder Haushaltswäsche dem ermäßigten Steuersatz in Höhe von 10%. Nicht begünstigt sind hingegen Lieferungen inklusive Werklieferungen.

Von der Begünstigung sind auch Elektrofahrräder umfasst, nicht jedoch andere Krafträder (zur Definition des Kraftrades siehe Rz 1937).

Unter Lederwaren sind jedenfalls Waren im Sinne des Kapitels 42 der Kombinierten Nomenklatur zu verstehen.

Haushaltswäsche ist ein Sammelbegriff, der zB Bettwäsche, Polsterbezüge, Geschirrtücher, Handtücher, Tischdecken, Tischsets, Vorhänge umfasst. Polstermöbel gelten hingegen nach dem allgemeinen Begriffsverständnis nicht als Haushaltswäsche.

Der Begriff Kleidung ist unabhängig vom Material, aus dem diese besteht. Die Reinigung von Kleidung fällt nicht unter den ermäßigten Steuersatz von 10%, da die Reinigung keine Reparaturleistung im Sinne des § 10 Abs. 2 Z 10 UStG 1994 darstellt.

Eine begünstigte Reparatur betreffend Fahrräder, Schuhe, Lederwaren, Kleidung oder Haushaltswäsche wird jedenfalls dann angenommen, wenn der Entgeltsanteil, welcher auf das bei der Reparatur verwendete Material entfällt, weniger als 50% des für die Reparatur geleisteten Gesamtentgelts beträgt.

Beispiel:

Ein Änderungsschneider verrechnet für Arbeiten (Kürzen und Erneuerung eines Reißverschlusses) an einem Kleid 40 Euro. Der Entgeltsanteil, der auf das verwendete Material entfällt, beträgt 5 Euro.

Die Arbeiten am Kleid unterliegen zur Gänze dem ermäßigten Steuersatz iHv 10%.

Beispiel:

Eine Fahrradwerkstätte verrechnet für Arbeiten (Service inklusive Austausch von Bremsbelägen) an einem Fahrrad 70 Euro. Der Entgeltsanteil, der auf das verwendete Material entfällt, beträgt 10 Euro.

Die Arbeiten am Fahrrad unterliegen zur Gänze dem ermäßigten Steuersatz iHv 10%.

Randzahlen 1345 bis 1350: derzeit frei.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zusatzinformationen
Gültig ab:
Materie:
Steuer
Betroffene Normen:
Verweise:
Anlage 1 Z 33 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Anlage 1 Z 33 lit. a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
UStR 2000, Umsatzsteuerrichtlinien 2000 Rz 1340
UStR 2000, Umsatzsteuerrichtlinien 2000 Rz 1476
UStR 2000, Umsatzsteuerrichtlinien 2000 Rz 1937
Schlagworte:
Umsatzsteuer
Stammfassung:
09 4501/58-IV/9/00

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
VAAAA-76462