106a. Verfahren zur Sonderregelung für EU-Kleinunternehmer ( Art. 6a UStG 1994)
106a.1. Voraussetzung für die Registrierung zum Verfahren
3972Unternehmer, die ihr Unternehmen im Inland betreiben, haben die Möglichkeit, über ein eigens hierfür eingerichtetes Portal die Kleinunternehmerbefreiung in anderen Mitgliedstaaten in Anspruch zu nehmen. Voraussetzung für die Registrierung zu diesem Portal ist, dass der unionsweite Jahresumsatz des Unternehmers 100.000 Euro im vorangegangenen Kalenderjahr nicht und im laufenden Kalenderjahr noch nicht überstiegen hat und die Anwendung der Befreiung in zumindest einem anderen Mitgliedstaat bestätigt wurde.
Beispiel:
Ein Händler betreibt sein Unternehmen im Inland und ist ausschließlich in Österreich tätig. Im Kalenderjahr 2025 führt er hierdurch Umsätze iHv 50.000 Euro in Österreich aus. Er plant, sein Geschäftsfeld im Jahr 2026 auf Kunden in Deutschland zu erweitern.
Lösung:
Der Unternehmer kann sich für das Verfahren nach Art. 6a UStG 1994 registrieren und in der Vorabmitteilung ( Art. 6a Abs. 2 UStG 1994) mitteilen, die Sonderregelung für Kleinunternehmer in Deutschland nach dem dort geltenden Recht in Anspruch nehmen zu wollen. Nach Bestätigung durch Deutschland und Erteilung der Kleinunternehmer-Identifikationsnummer ( Art. 6a Abs. 3 UStG 1994) kann er die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer in Deutschland in Anspruch nehmen.
Der Unternehmer hat die Registrierung zur Sonderregelung elektronisch im Wege einer Vorabmitteilung zu beantragen. Die Überprüfung der Einhaltung des unionsweiten Jahresumsatzes erfolgt durch das Finanzamt, während die Überprüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Befreiung den Behörden des jeweiligen Mitgliedstaates obliegt.
3973Liegen die Voraussetzungen für die Registrierung zum Verfahren vor, ist dem Unternehmer eine Kleinunternehmer-Identifikationsnummer zu erteilen.
Lehnt der Mitgliedstaat, für den die Befreiung beantragt wurde, die Anwendung der Befreiung innerhalb von 35 Werktagen ab Übermittlung der Vorabmitteilung nicht ab, gilt dies als Bestätigung. Liegen auch die übrigen Voraussetzungen vor, wird die Kleinunternehmer-Identifikationsnummer umgehend erteilt, sofern zur Verhinderung von Steuerhinterziehung oder Steuervermeidung kein längerer Zeitraum notwendig ist (siehe Art. 6a Abs. 3 UStG 1994).
Beantragt der Unternehmer die Befreiung für mehrere Mitgliedstaaten und bestätigen diese Mitgliedstaaten die Anwendung der Befreiung nicht gleichzeitig, ist die Kleinunternehmer-Identifikationsnummer mit der ersten Bestätigung eines Mitgliedstaates zu erteilen, sofern auch die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Hinsichtlich der anderen Mitgliedstaaten erfolgt eine Aktualisierung der Kleinunternehmer-Identifikationsnummer, sobald diese die Anwendung der Befreiung bestätigen.
106a.2. Angaben in der Vorabmitteilung
3974Die Vorabmitteilung hat folgende Angaben zu enthalten:
Name, Tätigkeit, Rechtsform, E-Mail-Adresse und Anschrift des Unternehmers.
Umsatzsteuer-Identifikationsnummern anderer Mitgliedstaaten sowie Identifikationsnummern, die dem Unternehmer im Rahmen der Registrierung zu einem One-Stop-Shop (vgl. § 25a, § 25b und Art. 25a UStG 1994) erteilt wurden und Kleinunternehmer-Identifikationsnummern. Zu den Identifikationsnummern zählen etwa UID-Nummern, die dem Unternehmer in anderen Mitgliedstaaten erteilt wurden, Identifikationsnummern, die dem Unternehmer im Rahmen der Registrierung zu einem One-Stop-Shop erteilt wurden, oder Kleinunternehmer-Identifikationsnummern. Unerheblich soll sein, ob die Identifikationsnummer noch gültig ist.
Mitgliedstaat oder Mitgliedstaaten, in dem bzw. in denen der Unternehmer die Steuerbefreiung in Anspruch zu nehmen beabsichtigt.
Den Jahresumsatz, der in jedem Mitgliedstaat im laufenden Kalenderjahr vor Einreichung der Vorabmitteilung bewirkt wurde.
Den Jahresumsatz, der in jedem Mitgliedstaat im vorangegangenen Kalenderjahr bewirkt wurde.
Den Jahresumsatz, der in einem Mitgliedstaat in dem Kalenderjahr vor dem vorangegangenen Kalenderjahr bewirkt wurde, wenn dies nach dem Recht dieses Mitgliedstaates Voraussetzung für die Anwendung der Befreiung ist.
Änderungen dieser Angaben sind elektronisch über das Portal zu melden. Darunter fallen auch Änderungen hinsichtlich des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer beabsichtigt, eine Steuerbefreiung in Anspruch zu nehmen oder nicht mehr in Anspruch zu nehmen.
106a.3. Quartalsweise Meldungen
3975Der Unternehmer hat über das entsprechende Portal für jedes Kalendervierteljahr binnen eines Monats den Umsatz zu melden, der in den einzelnen Mitgliedstaaten bewirkt wurde. Zu beachten ist, dass der Unternehmer nach dem Recht anderer Mitgliedstaaten verpflichtet sein kann, die zu meldenden Umsätze nach Wirtschaftssektoren aufzuteilen.
3976Wird der unionsweite Schwellenwert überschritten, ist der Unternehmer verpflichtet, binnen 15 Werktagen das Überschreiten über das Portal zu melden (Überschreitensmeldung). Die Überschreitensmeldung hat den Betrag der Lieferungen und sonstigen Leistungen zu enthalten, die seit Beginn des laufenden Kalendervierteljahres bis zum Zeitpunkt des Überschreitens des Schwellenwertes bewirkt wurden.
106a.4. Beendigung und amtswegiger Ausschluss
3977Der Unternehmer kann die Teilnahme am Verfahren jederzeit freiwillig über das Portal beenden. Die freiwillige Beendigung gilt ab dem ersten Tag des nächsten Kalendervierteljahres, nach dem der Unternehmer die Beendigung im Portal bekannt gegeben hat. Gibt der Unternehmer die Beendigung erst im letzten Monat eines Kalendervierteljahres bekannt, wird diese am ersten Tag des zweiten Monats des nächsten Kalendervierteljahres wirksam. Mit diesem Datum wird die Kleinunternehmer-Identifikationsnummer ungültig.
3978Ein Ausschluss erfolgt amtswegig, wenn die Voraussetzungen des Art. 6a Abs. 1 UStG 1994 nicht mehr vorliegen. Dies ist zB der Fall, wenn der unionsweite Jahresumsatz des Unternehmers 100.000 Euro überschreitet, und keine Überschreitensmeldung (siehe Rz 3976) erfolgt ist. Der Ausschluss wird mit dem Zeitpunkt wirksam, an dem die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen.
Weiters ist der Unternehmer amtswegig auszuschließen, wenn angenommen werden kann, dass er seine Tätigkeit eingestellt hat. Eine Einstellung der Tätigkeit wird angenommen, wenn der Unternehmer die Abgabe der quartalsweisen Meldungen für acht Kalendervierteljahre unterlässt oder für acht Kalendervierteljahre keine Umsätze in den quartalsweisen Meldungen angibt.
106a.5. Festsetzung inländischer Umsätze
3979Nimmt ein Unternehmer, der sein Unternehmen nicht im Inland betreibt, die Befreiung in § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 über ein Verfahren im Sinne des Art. 6a UStG 1994 in einem anderen Mitgliedstaat in Anspruch und unterlässt er die Einreichung der quartalsweisen Meldungen pflichtwidrig, hat das Finanzamt die Steuer für die im Inland ausgeführten Umsätze festzusetzen. Eine Festsetzung hat auch dann zu erfolgen, wenn die Angaben in der quartalsweisen Meldung unvollständig oder unrichtig sind.
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Zusatzinformationen | |
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Gültig ab: | 09.12.2024 |
Materie: | Steuer |
Betroffene Normen: | UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 Art. 6a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 Art. 6a Abs. 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 Art. 6a Abs. 3 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 25a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 25b UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 Art. 25a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 Art. 6a Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Schlagworte: | Umsatzsteuer |
Stammfassung: | 09 4501/58-IV/9/00 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
VAAAA-76462