2.2. Nichtbeachtung der Ordnungsmäßigkeitskriterien
Wenn Bücher und Aufzeichnungen und auch Kassensysteme den Formvorschriften des § 131 BAO entsprechen, besteht die Vermutung, dass sie ordnungsmäßig geführt wurden, wenn nicht ein begründeter Anlass gegeben ist, ihre sachliche Richtigkeit in Zweifel zu ziehen ( § 163 Abs. 1 BAO).
Solange die (widerlegbare) Vermutung der Ordnungsmäßigkeit und der inhaltlichen Richtigkeit der Aufzeichnungen besteht, sind diese Aufzeichnungen Basis für die Erhebung der Abgaben.
Bei einem geringen formellen Mangel wird allein aus diesem Grund die sachliche Richtigkeit der Aufzeichnungen nicht in Zweifel zu ziehen sein. Ein Beispiel für einen geringen Mangel wäre, wenn bei der Tagesabrechnung das Tagesergebnis einem falschen Tag (Vortag) zugeordnet wird.
Liegen formelle Mängel vor, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen (bzw. des Kassensystems, das als Grundlage für die Losungsermittlung dient und somit Voraussetzung für die sachliche Richtigkeit von Büchern und Aufzeichnungen darstellt) in Zweifel zu ziehen, sind die Grundlagen für die Abgabenerhebung zu schätzen ( § 184 Abs. 3 BAO).
Ein gravierender formeller Mangel liegt zum Beispiel vor, wenn aufgrund einer fehlenden Nummerierung, die der Dokumentation der vollständigen Erfassung aller Geschäftsvorfälle dient, der Nachweis der Vollständigkeit nicht mehr erbracht werden kann. Bei einer Vielzahl von formellen Mängeln kann im Wege der Gesamtbetrachtung die sachliche Richtigkeit der Bücher und Aufzeichnungen bzw. des Kassensystems in Zweifel gezogen werden.
In weiterer Folge ist die Vermutung der Ordnungsmäßigkeit nicht mehr gegeben und es sind - unter Zugrundelegung der Beweislage des jeweiligen Einzelfalles - die Werte als Besteuerungsgrundlage zu nehmen, die nach dem höchsten Grad der Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit entsprechen. In diesem Fall kann dies aufgrund der vorliegenden Beweismittel und der Beweiswürdigung letztendlich zu einer Schätzungsverpflichtung der Abgabenbehörde nach § 184 BAO führen.
Nach § 163 Abs. 2 BAO besteht auch ein begründeter Anlass, die sachliche Richtigkeit der Bücher und Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen, wenn die Bemessungsgrundlagen nicht ermittelbar oder berechenbar sind bzw. wenn eine Überprüfung der Vollständigkeit und Richtigkeit wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht nicht möglich ist.
Dies kann dann der Fall sein, wenn der Mitwirkungspflicht nicht entsprochen wird, indem Auskünfte verweigert und vorhandene Unterlagen überhaupt nicht vorgelegt werden.
Werden Unterlagen, die für eine Überprüfung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Aufzeichnungen notwendig sind, nicht oder nur zum Teil vorgelegt und ist daher keine Überprüfungsmöglichkeit gegeben, kann dies mangels ausreichender Aufklärung über die Ermittlung der Grundlagen für die Abgabenerhebung zur Schätzung nach § 184 BAO führen.
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Zusatzinformationen | |
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Gültig ab: | |
Materie: | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
Betroffene Normen: | § 131 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 132 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 163 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 184 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 163 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Losungsermittlung - Registrierkassen - elektronische Registrierkassen - Kassensystem - Einzelaufzeichnungspflicht |
Stammfassung: | BMF-010102/0007-IV/2/2011 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
GAAAA-76454